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Mergers & Acquisitions


Begriff und Grundlagen von Mergers & Acquisitions (M&A)

Mergers & Acquisitions (deutsch: Fusionen und Übernahmen, kurz M&A) beschreiben rechtlich und wirtschaftlich die Vorgänge rund um den Zusammenschluss, die Übernahme oder Teilübernahme von Unternehmen. M&A-Transaktionen zählen zu den zentralen Gestaltungsmitteln der Unternehmensentwicklung und des Strukturwandels in der Wirtschaft. Rechtlich umfassen sie komplexe Vorgänge, die zahlreiche Rechtsgebiete betreffen, insbesondere das Gesellschaftsrecht, das Vertragsrecht, das Kartell- und Wettbewerbsrecht, das Steuerrecht sowie das Arbeitsrecht.

Definition und Formen von M&A-Transaktionen

Fusion (Merger)

Eine Fusion, auch Verschmelzung genannt, bezeichnet den Zusammenschluss zweier oder mehrerer Unternehmen zu einer einheitlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Einheit. Im deutschen Recht ist die Fusion insbesondere durch das Umwandlungsgesetz (UmwG) geregelt. Die bekanntesten Formen der Fusion sind:

  • Verschmelzung durch Aufnahme: Ein bestehendes Unternehmen übernimmt das Vermögen eines anderen und führt dieses als eigene Rechtseinheit weiter.
  • Verschmelzung durch Neugründung: Zwei oder mehr Unternehmen gründen eine neue Gesellschaft, auf welche das Vermögen der ursprünglichen Unternehmen übertragen wird.

Unternehmensübernahme (Acquisition)

Die Übernahme (Acquisition) beschreibt den Erwerb eines Unternehmens oder einer Unternehmensbeteiligung. Akquisitionen können in unterschiedlicher Form erfolgen, insbesondere:

  • Asset Deal: Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter oder Vermögensgegenstände, z.B. Grundstücke, Maschinen, Verträge.
  • Share Deal: Erwerb der Unternehmensanteile (Aktien, GmbH-Anteile etc.) und somit mittelbar der unternehmerischen Kontrolle.

Sonstige M&A-Strukturen

Zu den weiteren Transaktionsformen zählen beispielsweise Joint Ventures, Unternehmensspaltungen, Carve-Outs und öffentliche Übernahmeangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG).

Rechtliche Rahmenbedingungen und Prüfungsbereiche bei M&A

M&A-Transaktionen unterliegen einer Vielzahl rechtlicher Anforderungen. Maßgeblich sind neben gesellschaftsrechtlichen und vertraglichen Vorgaben zahlreiche weitere Prüfungsbereiche.

Gesellschaftsrechtliche Aspekte

Maßgebliche Rechtsquellen sind das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Handelsgesetzbuch (HGB), das Aktiengesetz (AktG), das GmbH-Gesetz (GmbHG) sowie das Umwandlungsgesetz (UmwG). Die rechtlichen Voraussetzungen für Fusionen, Übernahmen und Umstrukturierungen regeln die Gründung, Kapitalausstattung, Geschäftsführung sowie den Schutz von Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern.

Verschmelzung und Spaltung

Das Umwandlungsgesetz enthält detaillierte Regelungen zur Verschmelzung und Spaltung von Gesellschaften einschließlich Integrationsvorschriften und notwendigen Zustimmungen der beteiligten Organe sowie Publizitätsvorschriften.

Übernahmerecht

Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) regelt die angebotspflichtige Übernahme von börsennotierten Gesellschaften, einschließlich der Pflichten bei Kontrollerlangung und Minderheitenschutzmechanismen.

Vertragsrechtliche Grundlagen

Der Abschluss und die Durchführung von M&A-Transaktionen erfolgen auf Basis umfangreicher Vertragswerke, unter anderem:

  • Letter of Intent (LOI)
  • Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure Agreements, NDA)
  • M&A-Hauptvertrag (Kauf- und Übertragungsvertrag)
  • Vollzugsdokumente (Closing Documents)

Die Vertragsgestaltung betrifft zahlreiche Themen wie Kaufpreisregelungen, Gewährleistungen und Garantien (Warranties & Representations), Freistellungen (Indemnities), Bedingungen (Conditions precedent), Haftung und Rücktrittsrechte.

Kartell- und wettbewerbsrechtliche Kontrolle

M&A-Transaktionen benötigen in vielen Fällen eine Freigabe durch die Kartellbehörden (z. B. Bundeskartellamt, Europäische Kommission). Die Fusionskontrolle prüft, ob durch den Zusammenschluss oder die Übernahme eine Marktbeherrschung entsteht oder verstärkt wird. Ohne Freigabe drohen Nichtigkeit der Transaktion und Bußgelder.

Steuerrechtliche Implikationen

Die steuerliche Planung und Strukturierung ist ein zentrales Element jeder M&A-Transaktion. Bedeutsam sind insbesondere folgende Steuerarten:

  • Ertragsteuern (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer)
  • Umsatzsteuer
  • Grunderwerbsteuer
  • Kapitalertragsteuer

Die Rechtsform der Unternehmen, die gewählte Transaktionsstruktur (Asset Deal/Share Deal), Verlustvorträge und internationale Aspekte (Doppelbesteuerungsabkommen) bestimmen die steuerlichen Auswirkungen erheblich.

Arbeitsrechtliche Dimensionen

M&A-Transaktionen haben weitreichende Auswirkungen auf arbeitsrechtliche Beziehungen. Wesentliche Regelungen finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 613a BGB) sowie spezielleren Vorschriften. Bei Betriebsübergängen besteht ein gesetzliches Schutzrecht für Arbeitnehmer, das insbesondere die Weitergeltung der Arbeitsverhältnisse und Informationspflichten vorsieht.

Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte

Mitbestimmungsrechte von Betriebsrat und ggf. der Gewerkschaften sind zu beachten, insbesondere im Rahmen von Restrukturierungen, Massenentlassungen oder der Veränderung der Unternehmensmitbestimmung.

Öffentlich-rechtliche Regelungen und Meldepflichten

Zahlreiche öffentlich-rechtliche Regelungen greifen bei M&A-Transaktionen ein, etwa:

  • Außenwirtschaftsrechtliche Meldepflichten, insbesondere Investitionskontrolle bei Erwerb deutscher Unternehmen durch nicht EU-Investoren gemäß Außenwirtschaftsverordnung (AWV)
  • Branchenbezogene Genehmigungsvorbehalte (z.B. Bankenaufsicht, Energieversorgung, Luftfahrt)
  • Veröffentlichungspflichten nach Börsenrecht und Transparenzvorschriften

Ablauf und Phasen einer M&A-Transaktion

Der rechtlich begleitete Ablauf einer M&A-Transaktion setzt sich grundsätzlich aus mehreren Phasen zusammen:

1. Vorbereitungsphase

  • Entwicklung einer M&A-Strategie
  • Auswahl und Ansprache potenzieller Zielunternehmen (Target)
  • Erstellung der Vertraulichkeitsvereinbarungen

2. Due Diligence

Im Rahmen der Due Diligence erfolgt eine umfassende rechtliche, steuerliche und wirtschaftliche Prüfung des Zielunternehmens. Ziel ist die Risikominimierung, Transparenz über rechtliche Verhältnisse und Wertermittlung. Geprüft werden insbesondere:

  • Gesellschaftsstruktur und -verträge
  • Laufende und potentiell schwebende Rechtsstreitigkeiten
  • Arbeitsrechtliche Verpflichtungen
  • Vertragsbeziehungen mit Kunden und Lieferanten
  • Gewerbliche Schutzrechte (Patente, Marken)
  • Steuerliche und finanzielle Lage

3. Vertragsverhandlung und -abschluss

  • Ausarbeitung und Verhandlung der Vertragsdokumente (SPA = Share Purchase Agreement / APA = Asset Purchase Agreement)
  • Festlegung von Kaufpreis, Sicherheiten und Garantien
  • Vereinbarung von zeitlichen Abläufen und aufschiebenden Bedingungen

4. Signing und Closing

  • Signing: Rechtswirksame Unterzeichnung der Vertragsunterlagen
  • Closing: Vollzug der Transaktion durch Übergang der Anteile oder Vermögensgegenstände nach Erfüllung aller Vertragsbedingungen (z. B. Freigabe durch Kartellbehörden)

5. Post-Merger-Integration

Nach Abschluss der Transaktion ist die Integration des Zielunternehmens in die bestehende Organisation zentrale Herausforderung – rechtlich u.a. durch Anpassung von Unternehmensverträgen, Harmonisierung von Arbeitsverträgen und Erfüllung von Nachmelde- und Anpassungspflichten.

Risiken und Haftung im Rahmen von M&A

Schwerwiegende Risiken für Käufer und Verkäufer bestehen insbesondere im Bereich der Gewährleistung und Haftung. Zu nennen sind dabei:

  • Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten
  • Haftung für falsche Garantien und Zusicherungen
  • Haftung für Altlasten, Verbindlichkeiten und steuerliche Risiken
  • Rücktrittsrechte und Nachvertragliche Pflichten

Besondere Bedeutung kommt Haftungsbegrenzungen, Freistellungsklauseln und deren Durchsetzbarkeit zu.

Internationale M&A-Transaktionen

Bei grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen treten zusätzliche rechtliche Fragestellungen auf, darunter:

  • Internationales Privatrecht (IPR) zur Bestimmung des anwendbaren Rechts
  • Einholung von Genehmigungen in mehreren Jurisdiktionen
  • Abstimmung steuerlicher Regelungen und Doppelbesteuerungsvermeidung
  • Kulturelle und arbeitsrechtliche Unterschiede

Fazit

Mergers & Acquisitions sind rechtlich vielschichtige Vorgänge, die umfangreiche Prüfungen, vertragliche Gestaltungen und die Beachtung einer Vielzahl nationaler und internationaler Vorschriften erfordern. Eine erfolgreiche Abwicklung setzt die sorgfältige Koordination aller rechtlichen, wirtschaftlichen und steuerlichen Aspekte voraus, um den Unternehmenserfolg und die Rechtssicherheit der Transaktion zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Prüfungen sollten vor einer M&A-Transaktion durchgeführt werden?

Vor einer M&A-Transaktion sind umfangreiche rechtliche Prüfungen (Due-Diligence-Prüfungen) unerlässlich. Hierbei müssen die wesentlichen Rechtsbereiche des Zielunternehmens sorgfältig durchleuchtet werden, um Risiken, Haftungen oder vertragliche Verpflichtungen zu identifizieren. Dazu gehören unter anderem die Überprüfung der Gesellschaftsstruktur und Gesellschafterverhältnisse, bestehende Gesellschaftsverträge, Satzungen und Nachträge, das Bestehen und die Wirksamkeit von Beteiligungen, fragliche Rechte Dritter an Gesellschaftsanteilen sowie etwaige Eintragungen im Handelsregister. Auch arbeitsrechtliche Strukturen, bestehende Verträge und Vergütungsmodelle, steuerliche Stellung der Gesellschaft, laufende oder potenzielle Rechtsstreitigkeiten, bestehende Lizenz- und Schutzrechte, sowie Compliance-Vorgaben werden analysiert. Zudem sollte geprüft werden, ob und welche Genehmigungen oder Zustimmungen für die Durchführung der Transaktion erforderlich sind, wie beispielsweise kartellrechtliche Freigaben nach dem GWB oder Fusionskontrollen nach ausländischem Recht.

Welche rechtlichen Gestaltungsformen kommen bei M&A-Transaktionen zum Einsatz?

Im rechtlichen Kontext existieren bei Mergers & Acquisitions verschiedene Gestaltungsformen, die sich insbesondere auf den Gegenstand und Ablauf der Transaktion auswirken. Zu den wichtigsten Formen zählen der Share Deal (Erwerb von Gesellschaftsanteilen), der Asset Deal (Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter des Unternehmens) und die Verschmelzung (Fusion) im Rahmen des Umwandlungsgesetzes (UmwG). Beim Share Deal geht die Kontrollmehrheit durch den Kauf von Anteilen über, während beim Asset Deal gezielt Vermögenswerte, Verträge und Verbindlichkeiten übertragen werden – was oftmals eine explizite Vertragsübertragung und gegebenenfalls Zustimmung der Vertragspartner erforderlich macht. Die Wahl der Gestaltungsform hat erhebliche Konsequenzen hinsichtlich Haftung, Steuerrecht, Vertragsübernahmen sowie der arbeitsrechtlichen Mitbestimmung und sollte stets mit Bedacht sowie unter rechtlicher Beratung festgelegt werden.

Welche Zustimmungserfordernisse bestehen bei einer M&A-Transaktion?

Im Rahmen einer M&A-Transaktion ist regelmäßig zu prüfen, ob und welche internen und externen Zustimmungen erforderlich sind. Auf Unternehmensebene können Gesellschafterbeschlüsse notwendig sein, die oft einer qualifizierten Mehrheit bedürfen, insbesondere bei herausgehobenen Geschäften wie Anteilsveräußerungen oder Umwandlungen. Sind Betriebsräte vorhanden, können Informations- oder Beteiligungspflichten gemäß BetrVG bestehen. Darüber hinaus können vertragliche Zustimmungserfordernisse aus bestehenden Finanzierungsverträgen, Lieferverträgen oder Lizenzverträgen resultieren. Externe Zustimmungserfordernisse ergeben sich häufig aus regulatorischen Vorgaben – beispielsweise im Fall von Fusionskontrollen durch das Bundeskartellamt, dem europäischen Fusionskontrollrecht oder branchenspezifischen Aufsichtsbehörden (etwa BaFin im Finanzsektor).

Welche Haftungsrisiken bestehen für Verkäufer und Käufer bei einer M&A-Transaktion?

Sowohl Verkäufer als auch Käufer sind mit erheblichen Haftungsrisiken konfrontiert. Für Verkäufer bestehen Risiken insbesondere aus der Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten, Falschdarstellungen oder der Verletzung abgegebener Garantien (Warranties) im Rahmen des Kaufvertrages. Auf Seiten der Käufer ergeben sich ebenfalls Risiken, etwa bei Übernahme versteckter Verbindlichkeiten, arbeitsrechtlicher Altlasten, anhängiger Rechtsstreitigkeiten oder im Falle steuerrechtlicher Risiken, die erst nach Vollzug der Transaktion zutage treten. Wesentliche rechtliche Absicherung erfolgt über detaillierte Kaufverträge, die Konsultation von Haftungsregelungen, Freistellungsklauseln (Indemnities), Beschränkungen der Haftungsdauer sowie etwaige Rücktritts- oder Anpassungsrechte im Schadensfall.

Wie werden Arbeitsverhältnisse rechtlich im Rahmen eines Unternehmensübergangs behandelt?

Beim Erwerb eines Unternehmens oder Unternehmensteils greifen arbeitsrechtlich die Vorschriften des § 613a BGB, wonach Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber übergehen. Übertragungsprozesse lösen Informationspflichten nach § 613a Abs. 5 BGB aus: Die betroffenen Mitarbeiter sind rechtzeitig über den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen sowie geplante Maßnahmen zu unterrichten. Den Arbeitnehmern steht ein Widerspruchsrecht zu, das innerhalb eines Monats nach Information ausgeübt werden kann. Der Erwerber haftet grundsätzlich gesamtschuldnerisch mit dem bisherigen Arbeitgeber für vor dem Übergang entstandene Verbindlichkeiten. Weitere Mitbestimmungsrechte können, je nach Unternehmensgröße und -struktur, Betriebsräte und Gewerkschaften betreffen.

Welche Besonderheiten gelten bei grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen aus rechtlicher Sicht?

Grenzüberschreitende M&A-Transaktionen unterliegen einer Vielzahl zusätzlicher rechtlicher Vorschriften. Neben verschiedenen nationalen Gesellschaftsrechten sind auch kartellrechtliche Anmelde- und Prüfpflichten in mehreren Jurisdiktionen zu beachten, etwa nach dem deutschen GWB, der europäischen Fusionskontrollverordnung (FKVO) sowie gegebenenfalls den jeweiligen ausländischen Standards. Unterschiedliche arbeits-, steuer- und bilanzrechtliche Regelungen, die Anwendung internationalen Privatrechts (IPR) sowie Compliance-Vorgaben, insbesondere im Bereich Geldwäsche und Exportkontrolle, müssen beachtet werden. Bei Beteiligungen von Investoren aus Drittstaaten entstehen oft zusätzliche Prüfungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV).

Was ist bei der Gestaltung von Garantien und Freistellungen im Kaufvertrag rechtlich zu beachten?

Garantien (Warranties) und Freistellungen (Indemnities) sind zentrale Instrumente zur Absicherung von Risiken im M&A-Kaufvertrag. Garantien sind Zusicherungen bestimmter Eigenschaften oder Tatsachen des Zielunternehmens durch den Verkäufer, deren Verletzung Schadenersatzansprüche auslösen kann. Freistellungsklauseln verpflichten den Verkäufer, bestimmte, häufig quantifizierte Risiken vollständig zu übernehmen, etwa Steuer- oder Rechtsstreitigkeiten, deren Ursache vor dem Closing datiert ist. Bei der Ausgestaltung sind Umfang, Dauer, Ausschlussfristen, Haftungsbegrenzungen (Caps), Selbstbehalte (Deductibles) und etwaige Kenntnisqualifikationen des Käufers rechtssicher und detailliert zu bestimmen, um spätere Streitigkeiten oder Haftungsdurchgriffe zu vermeiden. Darüber hinaus müssen die jeweiligen nationalen zwingenden Rechtsschutzbestimmungen beachtet werden.