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Mehrehe

Definition und Grundbegriffe der Mehrehe

Mehrehe bezeichnet die gleichzeitige Ehe einer Person mit mehr als einem Ehepartner. Der Begriff wird häufig als Oberbegriff für verschiedene Erscheinungsformen verwendet. Im alltagssprachlichen Gebrauch überschneiden sich die Begriffe Mehrehe, Polygamie und Doppelehe teilweise, rechtlich werden sie jedoch unterschiedlich eingeordnet.

Begriffliche Einordnung

Unter Polygamie versteht man allgemein Ehen mit mehreren Partnern zur gleichen Zeit. Die häufigsten Unterformen sind die Polygynie (ein Mann, mehrere Ehefrauen) und die Polyandrie (eine Frau, mehrere Ehemänner). Der Begriff Doppelehe (Bigamie) bezeichnet speziell die Eheschließung mit einer weiteren Person, obwohl bereits eine gültige Ehe besteht.

Abgrenzungen

  • Gleichzeitige vs. aufeinanderfolgende Ehen: Mehrere Ehen nacheinander (nach Scheidung oder Auflösung) sind keine Mehrehe, sondern seriell-monogame Ehen.
  • Polygamie vs. Polyamorie: Polyamorie beschreibt mehrere einvernehmliche Liebesbeziehungen ohne Eheschließung. Rechtliche Ehewirkungen entstehen dabei nicht.
  • Religiöse Zeremonien: Religiöse Trauungen ohne zivilrechtliche Eheschließung begründen in Deutschland keine Ehe und entfalten grundsätzlich keine zivilrechtliche Wirkung.

Historischer und kultureller Kontext

Mehrehen sind in einigen Regionen der Welt kulturell oder religiös verankert und werden durch dortige Rechtsordnungen anerkannt. In vielen Staaten Europas und Nordamerikas ist die Mehrehe hingegen verboten. Die weltweite Rechtslage ist heterogen und wird von kulturgeschichtlichen Entwicklungen, Religionsrecht, Gleichberechtigungsgrundsätzen und Minderjährigenschutz beeinflusst.

Gesellschaftliche Debatten

Kontroversen betreffen vor allem Gleichbehandlung der Ehepartner, Schutz vor Zwangsverheiratung, wirtschaftliche Absicherung, Kindeswohl und die Stellung der Frau. Zentral ist die Frage, ob und inwieweit Mehrehen mit staatlichen Gleichberechtigungs- und Schutzstandards vereinbar sind.

Rechtslage in Deutschland

Grundprinzipien des Eherechts

Das deutsche Eherecht ist auf die monogame Ehe ausgerichtet. Eine wirksame Eheschließung setzt voraus, dass keine weitere Ehe einer der Beteiligten besteht. Die standesamtliche Trauung ist maßgeblich; ohne sie kommt keine zivilrechtliche Ehe zustande.

Zivilrechtliche Folgen einer Mehrehe

Zustandekommen und Wirksamkeit

Wird während einer bestehenden Ehe eine weitere Ehe geschlossen, ist diese zweite Eheschließung in Deutschland unwirksam. Die erste Ehe bleibt bestehen, bis sie durch Scheidung oder Tod endet. Standesämter prüfen daher vor der Eheschließung, ob Ehehindernisse wie eine bestehende Ehe vorliegen.

Vermögens- und Unterhaltsfragen

Da eine zweite Ehe bei bestehender erster Ehe rechtlich nicht wirksam ist, entstehen grundsätzlich keine ehelichen Rechte und Pflichten zwischen den Beteiligten der nichtigen Verbindung. In Konstellationen, in denen eine Person gutgläubig von einer wirksamen Eheschließung ausging, können gesetzliche Schutzmechanismen bestehen, die in begrenztem Umfang Ausgleichs- oder Unterhaltsansprüche vorsehen. Diese dienen dem Vertrauensschutz und können sich in ihrer Ausgestaltung an Regelungen orientieren, die auch bei der Auflösung wirksamer Ehen zum Tragen kommen.

Namens- und Registerrecht

Da eine Mehrehe in Deutschland nicht wirksam zustande kommt, entfalten etwaige Erklärungen zur Namensführung oder güterrechtliche Regelungen im Rahmen einer zweiten Eheschließung keine Wirkung. Personenstandsregister verzeichnen nur wirksame Ehen.

Strafrechtliche Einordnung

Das Eingehen einer weiteren Ehe trotz bestehender wirksamer Ehe ist in Deutschland strafbar. Strafbar machen kann sich die Person, die eine weitere Ehe eingeht, sowie unter Umständen auch derjenige, der wissentlich an einer solchen Eheschließung mitwirkt. Der Zweck der Strafbarkeit liegt im Schutz der monogamen Eheordnung, der Rechtssicherheit und des Vertrauens der Ehepartner in die Exklusivität der Ehe.

Ausländer- und aufenthaltsrechtliche Aspekte

Im Aufenthaltsrecht gilt die Mehrehe als Anerkennungshindernis. Familiennachzug wird in der Regel nur für einen Ehepartner gewährt. Bestehen im Ausland mehrere Ehen, führt dies häufig dazu, dass nur eine Verbindung für aufenthaltsrechtliche Zwecke berücksichtigt wird. Weitere Ehepartner erhalten in der Regel keine abgeleiteten Aufenthaltsrechte aus der Ehe.

Sozial- und Steuerrecht

Sozial- und steuerrechtliche Begünstigungen an die Ehe knüpfen in Deutschland an eine wirksame monogame Ehe an. Leistungen oder Vergünstigungen, die an den Ehegattenstatus gebunden sind, können daher nicht für mehrere gleichzeitige Ehepartner beansprucht werden. Steuerliche Zusammenveranlagung und spousalbezogene Sozialleistungen kommen regelmäßig nur einer wirksamen Ehe zugute.

Kinder und familienrechtliche Bezüge

Die rechtliche Stellung von Kindern ist von der Wirksamkeit einer Ehe grundsätzlich unabhängig. Abstammung, Unterhalt und Sorge richten sich nach den einschlägigen familienrechtlichen Regeln, die das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellen. Eine unwirksame zweite Eheschließung ändert daran nichts.

Anerkennung ausländischer Mehrfachehen

Privatrechtliche Anerkennung und ordre public

Ob im Ausland wirksam geschlossene Mehrehen in Deutschland anerkannt werden, beurteilt sich nach Regeln des internationalen Privatrechts. Maßgeblich ist dabei auch der Vorbehalt der öffentlichen Ordnung (ordre public). Da die Mehrehe mit zentralen Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung kollidiert, werden ausländische Mehrehen in Deutschland regelmäßig nicht als Ehe anerkannt.

Teilwirkungen und praktische Folgen

Eine umfassende Anerkennung als Ehe findet in Deutschland in der Regel nicht statt. Teilwirkungen, wie sie manche Rechtsordnungen kennen, sind im deutschen Recht sehr zurückhaltend. Praktisch bedeutet dies, dass etwa Personenstandsregister, Steuerbehörden, Sozialleistungsträger und Ausländerbehörden ausländische Mehrehen in der Regel nicht als mehrere Eheverhältnisse behandeln. In Einzelfällen kann es jedoch zu statusrechtlichen Abgrenzungen kommen, etwa bei der Beurteilung, welche Beziehung im Inland als Ehe gilt.

Religiöse Eheschließungen

Religiöse Trauungen können das Eheverständnis einer Glaubensgemeinschaft prägen, haben aber ohne zivilrechtliche Eheschließung keine staatliche Wirkung. Mehrfach religiöse Verbindungen begründen in Deutschland keine zusätzliche Ehe und bleiben für staatliche Stellen grundsätzlich ohne eheliche Rechtsfolgen.

Abgrenzung zu anderen Lebensformen

Nichteheliche Lebensgemeinschaften sind zivilrechtlich keine Ehe und entfalten nicht die gleichen Rechtsfolgen. Sie können privatrechtlich gestaltet werden, ohne dass daraus ein ehelicher Status entsteht. Historische Institute, die von der Ehe abweichen, sind vom geltenden Eherecht abgelöst.

Häufig gestellte Fragen

Ist die Mehrehe in Deutschland erlaubt?

Nein. Das deutsche Eheverständnis ist monogam. Eine zweite Eheschließung während des Bestehens einer ersten Ehe ist unwirksam und kann strafbar sein. Standesämter dürfen eine Eheschließung bei bestehender Ehe nicht vornehmen.

Was passiert rechtlich, wenn jemand trotz bestehender Ehe erneut heiratet?

Die zweite Eheschließung ist unwirksam. Die erste Ehe bleibt bestehen. Zudem kann das Verhalten strafbar sein. Zivilrechtliche Ansprüche aus der unwirksamen zweiten Ehe bestehen grundsätzlich nicht; in Fällen gutgläubiger Beteiligung können Schutzmechanismen vorgesehen sein.

Wird eine im Ausland geschlossene Mehrehe in Deutschland anerkannt?

In der Regel nicht. Ausländische Mehrehen verstoßen gegen grundlegende Prinzipien der deutschen Rechtsordnung und werden deshalb meist nicht als Ehe anerkannt. Für aufenthalts-, steuer- und sozialrechtliche Zwecke wird regelmäßig nur eine Ehe berücksichtigt.

Welche Bedeutung hat die Mehrehe für das Aufenthaltsrecht?

Das Aufenthaltsrecht knüpft an anerkannte Eheverhältnisse an. Bei mehreren Ehen im Ausland wird der Familiennachzug üblicherweise nur für einen Ehepartner ermöglicht. Weitere Ehepartner erhalten im Regelfall keine abgeleiteten Rechte aus der Ehe.

Hat die Mehrehe Auswirkungen auf Steuern und Sozialleistungen?

Ja. Steuerliche und sozialrechtliche Vergünstigungen, die an den Ehegattenstatus anknüpfen, setzen eine wirksame monogame Ehe voraus. Mehrere gleichzeitige Ehepartner werden nicht anerkannt, sodass entsprechende Vorteile nur einmal in Anspruch genommen werden können.

Sind Kinder aus einer Mehrehe rechtlich schlechter gestellt?

Nein. Die rechtliche Stellung von Kindern richtet sich unabhängig vom Ehestatus der Eltern nach den Regeln zu Abstammung, Unterhalt und Sorge. Das Kindeswohl steht im Vordergrund; die Unwirksamkeit einer zweiten Ehe ändert daran nichts.

Welche Rolle spielen rein religiöse Mehrfachverbindungen?

Rein religiöse Mehrfachverbindungen ohne standesamtliche Eheschließung begründen in Deutschland keine staatlich anerkannte Ehe. Sie entfalten daher keine ehelichen Rechtsfolgen gegenüber staatlichen Stellen.