Definition und Begriffserklärung der Mehrehe
Die Mehrehe, auch als Polygamie oder Mehrfachehe bezeichnet, ist eine Eheform, bei der eine Person gleichzeitig mit mehr als einer weiteren Person verheiratet ist. Der Begriff unterscheidet sich von der Bigamie, bei der lediglich zwei Ehen parallel bestehen. Die rechtlichen Regelungen zur Mehrehe sind weltweit sehr unterschiedlich und reichen von strikter Ächtung bis hin zur ausdrücklichen Duldung und rechtlichen Anerkennung. In den meisten westlichen Staaten ist eine Mehrehe gesetzlich untersagt, während sie in anderen Ländern – häufig aus kulturellen oder religiösen Gründen – legal möglich ist.
Rechtliche Aspekte der Mehrehe in Deutschland
Verbot der Mehrehe im deutschen Recht
Nach deutschem Recht ist die Mehrehe ausdrücklich verboten. Grundlage hierfür bildet insbesondere § 1306 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der besagt, dass eine bereits verheiratete Person keine weitere Ehe eingehen darf. Auch nach Auflösung einer vorherigen Ehe durch Tod oder Scheidung ist zur erneuten Eheschließung der Nachweis der Auflösung der vorherigen Ehe erforderlich.
Strafrechtliche Konsequenzen
Die bewusste Eingehung einer Mehrehe wird in Deutschland nach § 172 Strafgesetzbuch (StGB) als Doppelehe (Bigamie) strafrechtlich verfolgt. Der Versuch oder die Vollendung einer weiteren Eheschließung bei bestehender Ehe kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden. Die Strafverfolgung richtet sich hierbei sowohl gegen die bereits verheiratete Person als auch gegen den Ehepartner, der bei Kenntnis der Vorehe die weitere Eheschließung eingeht.
Zivilrechtliche Folgen
Eine unter Verstoß gegen das Verbot der Mehrehe geschlossene Ehe ist nach § 1314 Abs. 2 Nr. 2 BGB nichtig. Dies hat zur Folge, dass die Ehe rechtlich als nicht existent gilt, mit weitreichenden Konsequenzen für Unterhalts-, Sorgerechts- und erbrechtliche Ansprüche.
Umgang mit im Ausland geschlossenen Mehrehen
Personen, die in einem Staat, in dem Mehrehe erlaubt ist, eine solche Ehe geschlossen haben und danach nach Deutschland einreisen, sehen sich mit erheblichen rechtlichen Hürden konfrontiert. Gemäß Art. 11 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) wird das für die Eheschließung maßgebliche ausländische Recht grundsätzlich anerkannt, sofern es nicht gegen den deutschen ordre public verstößt. Gemäß Art. 6 EGBGB entspricht die Anerkennung einer Mehrehe regelmäßig nicht dem deutschen öffentlichen Ordnungsgedanken, weshalb solche Ehen in Deutschland zumeist nicht anerkannt werden.
Bestimmte Rechtsfolgen, wie etwa Unterhaltsansprüche oder das Sorgerecht, können für Partner und Kinder aus Mehrehen erschwert oder ausgeschlossen sein. Ausnahmen bestehen lediglich in besonders gelagerten Härtefällen, etwa zur Vermeidung unzumutbarer Härten oder bei Schutzbedürftigkeit von Kindern.
Mehrehe im Völker- und internationalen Privatrecht
Situation in anderen Rechtssystemen
Europäische Staaten
In den meisten europäischen Staaten, darunter Österreich und die Schweiz, ist die Mehrehe ebenfalls untersagt. Ähnlich wie das deutsche Recht stellen diese Staaten Bigamie unter Strafe und erkennen ausländische Mehrehen nur in Ausnahmefällen an.
Staaten mit Anerkennung der Mehrehe
In zahlreichen Ländern Afrikas, des Nahen und Mittleren Ostens sowie in Teilen Südasiens ist die Mehrehe, meist in Form der Polygynie (ein Mann mit mehreren Frauen), im Rahmen religiöser und traditioneller Normen zulässig und rechtlich geregelt. Die rechtlichen Regelungen variieren dabei von einer umfassenden gesetzlichen Legitimation bis hin zu spezialgesetzlichen Ausnahmen.
Kollisionsrechtliche Fragestellungen
Bei der Beurteilung, welche rechtlichen Folgen eine im Ausland geschlossene Mehrehe im Inland hervorrufen kann, ist regelmäßig zu prüfen, welches Recht auf die Ehe anwendbar ist. Hier spielen insbesondere die Regeln des Internationalen Privatrechts (IPR) eine wesentliche Rolle.
Deutsche Behörden und Gerichte prüfen etwa, ob die Anerkennung einer ausländischen Mehrehe mit dem deutschen ordre public vereinbar ist. In aller Regel wird dies bei Kernfragen des Ehe- und Familienrechts (insbesondere Ehezustand, Unterhalt, Sorge- und Erbrecht) verneint.
Religionsrechtliche und kulturelle Aspekte der Mehrehe
Vereinzelt spielen religiöse Vorschriften, insbesondere im islamischen Recht (Scharia), eine maßgebliche Rolle bei der Zulassung und Ausgestaltung von Mehrehen. Das Recht auf Mehrehe ist dabei oft an strikte Voraussetzungen gebunden. Zudem existieren in bestimmten indigenen und traditionellen Gesellschaften Regelungen zur Mehrehe.
Die Anerkennung religiös motivierter Mehrehen im weltlichen (staatlichen) Recht ist jedoch in den meisten säkularen Rechtssystemen ausgeschlossen.
Mehrehe und Kinderrechte
Die Rechtsstellung von Kindern aus Mehrehen ist insbesondere in Staaten ohne umfassende Anerkennung der Mehrehe häufig problematisch. In Deutschland erhalten Kinder, unabhängig vom Status der Eltern, uneingeschränkt Rechte und Ansprüche. Die Abstammung und die Unterhaltsverpflichtung werden dabei nicht von der Wirksamkeit der elterlichen Ehe beeinflusst.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Mehrehe ist ein vielschichtiger Begriff, der weltweit sehr unterschiedlich rechtlich behandelt wird. Im deutschen Recht ist die Mehrehe strikt untersagt und ihre strafrechtliche und zivilrechtliche Verfolgung normiert. Auch im internationalen Kontext bestehen erhebliche Anerkennungshürden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dienen neben dem Familien- und Persönlichkeitsschutz auch der Wahrung des öffentlichen Interesses und der gesellschaftlichen Ordnung. Künftige Migrationsbewegungen und gesellschaftliche Entwicklungen können zu Anpassungen einzelner Regelungen führen, erfordern jedoch stets eine sorgfältige Abwägung zwischen kultureller Vielfalt und den Grundwerten der jeweiligen Rechtsordnung.
Häufig gestellte Fragen
Ist Mehrehe in Deutschland rechtlich zulässig?
In Deutschland ist die Mehrehe, auch Polygamie genannt, nach § 1306 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ausdrücklich verboten. Das bedeutet, dass eine Person, die bereits verheiratet ist, keine weitere Ehe eingehen darf, solange die bestehende Ehe nicht durch Scheidung oder Tod aufgelöst wurde. Verstöße gegen dieses Verbot sind nicht nur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich relevant, da nach § 172 Strafgesetzbuch (StGB) das Eingehen einer Doppelehe (Bigamie) strafbar ist und mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden kann. Auch Ehen, die im Ausland unter Beteiligung deutscher Staatsbürger mehrfach geschlossen werden, bleiben in Deutschland in der Regel rechtlich unwirksam. Das Verbot der Mehrehe dient dem Schutz der Institution Ehe und der in ihr begründeten Rechtsverhältnisse, wie etwa dem Sorge- und Unterhaltsrecht. Lediglich mit Blick auf das internationale Privatrecht können Ausnahmen bei der Anerkennung ausländischer Mehrehen auftreten, etwa wenn die Ehe im Herkunftsstaat wirksam geschlossen wurde und die Beteiligten keine deutschen Staatsangehörigen sind, jedoch schränkt § 1306 BGB auch hier die Anerkennung im deutschen Recht stark ein.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei einer Doppelehe in Deutschland?
Wer entgegen dem gesetzlichen Verbot des § 1306 BGB eine weitere Ehe schließt, macht sich nach § 172 StGB strafbar. Das Führen einer Doppelehe ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht. Darüber hinaus ist die zweite Ehe nach deutschem Recht nichtig (§ 1314 Abs. 1 BGB), d.h. sie wird von Anfang an als ungültig behandelt. Betroffene verlieren dadurch sämtliche aus der zweiten Ehe erwachsene Rechte, insbesondere im Bereich des Familien-, Erb- oder Steuerrechts. Zusätzlich hat die Nichtigkeit der Ehe Auswirkungen auf das Sorgerecht, den Versorgungsausgleich sowie auf Unterhaltsansprüche, da diese Rechte grundsätzlich nur innerhalb einer wirksamen Ehe entstehen. Die Behörde kann zudem aufenthaltsrechtliche Konsequenzen ableiten, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Familiennachzug, da ein Aufenthaltstitel zur Familienzusammenführung an das Bestehen einer rechtlich gültigen Ehe geknüpft ist.
Wird eine im Ausland geschlossene Mehrehe in Deutschland anerkannt?
Im Grundsatz werden im Ausland geschlossene Mehrehen von deutschen Behörden nicht anerkannt, sofern einer der Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits verheiratet war und das deutsche Recht Anwendung findet. Die Anerkennung richtet sich nach dem deutschen internationalen Privatrecht (IPR), insbesondere nach Art. 13 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB), wonach eine Ehe nicht anerkannt wird, wenn sie mit den Grundwertungen des deutschen Rechts, darunter das Verbot der Mehrehe, unvereinbar ist. Es gibt allerdings Ausnahmefälle: Ist keiner der Ehepartner deutscher Staatsangehöriger oder Inländer und wurde die Mehrehe im Herkunftsstaat beider Ehegatten wirksam geschlossen, kann die Ehe im Einzelfall für bestimmte Zwecke anerkannt werden, etwa für sozialrechtliche Fragen oder das Namensrecht. Insgesamt bleibt die grundsätzliche Unvereinbarkeit mit der deutschen Rechtsordnung jedoch bestehen.
Welche Rolle spielt die Staatsangehörigkeit beim Verbot der Mehrehe?
Die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen ist entscheidend für die Anwendung des Mehreheverbots in Deutschland. Für deutsche Staatsbürger gilt das Verbot unabhängig davon, wo die Ehe geschlossen wurde. Das bedeutet, ein Deutscher/eine Deutsche darf auch im Ausland keine weitere Ehe schließen, solange noch eine Ehe in Deutschland besteht, da das deutsche Recht bei Eheschließung, zumindest bei Beteiligung eines Deutschen nach Art. 13 EGBGB, Anwendung findet. Bei ausländischen Staatsangehörigen wird grundsätzlich das Heimatrecht angewendet, es sei denn, die Ehe entfaltet Rechtswirkungen in Deutschland (z.B. beim Familiennachzug), dann findet das deutsche Recht Anwendung und das Mehreheverbot greift auch hier.
Gibt es Ausnahmen oder Sonderregelungen bei bereits im Ausland bestehenden Mehrehen?
Bereits im Ausland geschlossene Mehrehen zwischen Ausländern werden in Deutschland grundsätzlich nicht als gültige Ehen anerkannt. Es gibt jedoch seltene Fälle, in denen das deutsche Recht im Sinne des Bestandsschutzes oder zur Vermeidung unbilliger Härten bestimmte Rechtsfolgen einer Mehrehe anerkennt. Das betrifft insbesondere den Bereich des Sozialrechts (z.B. Anspruch auf Witwenrente) oder Ordnungsrechts, sofern die Ehe im Herkunftsland rechtmäßig ist. Dennoch werden daraus abgeleitete Rechte auf Ehegattenunterhalt, steuerliche Vorteile oder gemeinsame Eheschließungserklärungen vor deutschen Behörden in der Regel nicht gewährt.
Wie wird das Verbot der Mehrehe im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsrecht gesehen?
Im deutschen Aufenthaltsrecht wird die rechtliche Wirksamkeit einer Ehe vorausgesetzt, um Ansprüche auf Familiennachzug zu begründen. Da Mehrehen nach deutschem Recht unwirksam sind, entsteht daraus kein Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis für den weiteren Ehepartner im Rahmen des Familiennachzuges. Ausländerbehörden prüfen, ob eine nachgewiesene Ehe mit den Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung vereinbar ist, und lehnen den Familiennachzug bei bestehenden Mehrfachverheiratungen grundsätzlich ab. Ausnahmen werden lediglich in besonderen humanitären Härtefällen erwogen, etwa wenn Minderjährige betroffen sind und eine Trennung mit erheblichem Nachteilsrisiko verbunden wäre.
Welche kirchenrechtlichen und sonstigen außerrechtlichen Wertungen beeinflussen die Gesetzgebung zur Mehrehe?
Im deutschen Recht spielt das staatliche Eheverständnis und damit das Zivilrecht die entscheidende Rolle. Kirchenrechtliche oder religiöse Wertungen (beispielsweise aus dem Islam oder anderen Glaubensgemeinschaften, in denen Mehrehe erlaubt ist) haben auf die zivilrechtliche Bewertung und Anerkennung der Mehrehe keinen Einfluss. Auch wenn nach religiösem Recht mehrere Ehen abgeschlossen wurden, sind diese aus Sicht des deutschen Rechts nicht rechtswirksam. Das Grundrecht auf Religionsfreiheit (Art. 4 GG) wird durch das zivilrechtliche Eheverbot eingeschränkt, sobald Rechtswirkungen in Deutschland geltend gemacht werden. Die Gesetzgebung ist hierbei eindeutig: Mehrehen werden aus Gründen des Gleichstellungs- und Fürsorgeprinzips zwischen Ehepartnern und dem Kindeswohl ausgeschlossen.