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Mehraufwendungen


Begriff und allgemeine Definition von Mehraufwendungen

Als Mehraufwendungen werden im deutschen Recht zusätzliche Ausgaben bezeichnet, die einer natürlichen oder juristischen Person im Vergleich zu gewöhnlichen Aufwendungen entstehen. Diese Abweichung von gewöhnlichem Aufwand ist insbesondere bedeutsam im Steuerrecht, Sozialrecht und Arbeitsrecht. Die Mehraufwendungen sind stets im Vergleich zu einem Bezugsniveau – etwa der typischen privaten Lebensführung oder dem üblichen betriebsbedingten Aufwand – zu messen.

Im weiteren Sinne handelt es sich um Kosten, die über das hinausgehen, was „ohnehin“ entstehen würde, beispielsweise aufgrund besonderer Umstände, gesetzlicher Vorgaben oder atypischer Situationen. Die Abgrenzung zur sogenannten Doppelbelastung (Doppelaufwendungen) sowie die Anerkennung von Mehraufwendungen für steuerliche Zwecke sind häufig Gegenstand gerichtlicher und behördlicher Prüfungen.


Mehraufwendungen im Steuerrecht

Einkommensteuerliche Behandlung

Im Einkommensteuerrecht sind Mehraufwendungen insbesondere im Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung, Abwesenheit vom Lebensmittelpunkt und berufsbedingten Reisen relevant. § 9 EStG (Werbungskosten) kennt den Begriff ausdrücklich, beispielsweise bei Auswärtstätigkeiten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG).

Doppelte Haushaltsführung

Wer aus beruflichen Gründen einen zweiten Haushalt am Beschäftigungsort führen muss, kann sogenannte beruflich veranlasste Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten abziehen. Hierzu zählen insbesondere:

  • Zusätzliche Unterkunftskosten am Beschäftigungsort (Mietzahlungen)
  • Fahrtkosten für Familienheimfahrten (i.d.R. eine Fahrt pro Woche)
  • Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten drei Monate

Der Abzug der Mehraufwendungen ist jedoch auf den notwendigen Umfang beschränkt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG); unübliche Luxusaufwendungen sind ausgeschlossen.

Auswärtstätigkeit und Verpflegungsmehraufwand

Entstehen durch eine vorübergehende berufliche Auswärtstätigkeit über die regulären Kosten hinaus Aufwendungen für Verpflegung, können diese ebenfalls als Werbungskosten geltend gemacht werden (§ 9 Abs. 4a EStG). Diese Mehraufwendungen werden pauschal angesetzt (sogenannte Verpflegungspauschalen), wobei für Inlands- und Auslandsreisen unterschiedliche Beträge gelten, die jährlich durch das Bundesministerium der Finanzen festgelegt werden.

Umzugskosten

Auch bei beruflich veranlassten Umzügen können gemäß § 9 EStG Mehraufwendungen steuermindernd angesetzt werden, soweit sie die üblichen Kosten am bisherigen Wohnort übersteigen.

Abgrenzung zu Betriebsausgaben

Im Rahmen betrieblicher Ausgaben gelten Mehraufwendungen als „Betriebsausgaben“, sofern sie durch den Betrieb veranlasst wurden (§ 4 Abs. 4 EStG). Die Finanzverwaltung prüft im Einzelfall, ob tatsächlich „zusätzliche“ Kosten anfallen oder bereits bestehende Aufwendungen nur verlagert werden.


Sozialrechtliche Relevanz von Mehraufwendungen

Leistungen nach SGB II und SGB XII

Im Sozialrecht sind Mehraufwendungen insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bedeutsam.

Mehrbedarfe

Hier werden Mehraufwendungen als Grundlage von Mehrbedarfszuschlägen gesehen (§ 21 SGB II; § 30 SGB XII). Zu den anerkannten Mehraufwendungen zählen u. a.:

  • kosten für Alleinerziehende
  • kosten für Schwangerschaft
  • kosten aufgrund von Behinderungen oder Krankheit (z. B. Ernährungskosten)
  • Unterkunfts- und Heizkosten, die den Regelsatz überschreiten

Diese Mehraufwendungen werden nur anerkannt, sofern sie den jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen und nicht vom Grundbedarf umfasst sind.

Unfallversicherungsrecht

Im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung kann es nach § 45 SGB VII zu Mehraufwendungen kommen, etwa im Fall von Verletztenrenten, wenn die Unfallfolgen notwendige Mehraufwendungen im Vergleich zum Zustand vor dem Unfall verursachen.


Mehraufwendungen im Arbeitsrecht

Reisekostenerstattung und Auswärtstätigkeit

Arbeitnehmer haben bei betriebsbedingter Auswärtstätigkeit Anspruch auf Ersatz von Mehraufwendungen, soweit dies im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Insbesondere umfassen diese:

  • Fahrtkosten
  • Übernachtungskosten
  • Verpflegungsmehraufwendungen gemäß steuerlicher Pauschalen

Der Umfang der zu erstattenden Mehraufwendungen ist im Einzelnen abhängig von der vertraglichen und tariflichen Ausgestaltung.


Weitere rechtliche Aspekte und Sonderfälle

Mehraufwendungen in der Rechtsprechung

Die höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere des Bundesfinanzhofs (BFH) und der Landessozialgerichte, befasst sich regelmäßig mit der Auslegung des Begriffs Mehraufwendungen. Im Fokus steht dabei die Frage, ob ein Aufwand tatsächlich „zusätzlich“ besteht oder ob eine Kausalität zum jeweiligen Rechtsgrund (z. B. Berufsausübung, Bedürftigkeit) vorliegt.

Nachweispflichten und Belegprinzip

Die steuerliche Anerkennung oder sozialrechtliche Berücksichtigung von Mehraufwendungen setzt regelmäßig einen Nachweis durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z. B. Belege, Fahrtenbücher, Abrechnungen) voraus. Bei Pauschbeträgen genügt meist eine plausible Glaubhaftmachung der Abwesenheit oder der besonderen Umstände.


Literatur und weiterführende Vorschriften

  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Zweites und Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB XII)
  • Einkommensteuer-Richtlinien (EStR)
  • Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen zu Pauschbeträgen für Mehraufwendungen bei Auswärtstätigkeit

Zusammenfassung

Mehraufwendungen sind rechtlich zusätzliche, über das Übliche hinausgehende Aufwendungen, die unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich oder sozialrechtlich berücksichtigt werden können. Ihre Anerkennung setzt einen konkreten Mehrbedarf im Einzelfall voraus und ist an strikte gesetzliche und verwaltungsseitige Voraussetzungen geknüpft. Die genaue Abgrenzung zu allgemeinen Ausgaben und die Nachweispflichten sind essentiell für die Berücksichtigung von Mehraufwendungen in der Praxis.

Häufig gestellte Fragen

Wann können Mehraufwendungen steuerlich geltend gemacht werden?

Mehraufwendungen können steuerlich geltend gemacht werden, wenn sie durch die beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit entstehen, also außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte oder des eigenen Haushalts. Dies umfasst insbesondere Verpflegungsmehraufwendungen, Übernachtungskosten sowie Reisenebenkosten. Die steuerliche Anerkennung setzt voraus, dass die entstehenden Kosten notwendig, angemessen und nachweisbar sind. Im Rahmen der Einkommensteuer werden insbesondere Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigt. Die tatsächlichen Kosten müssen außerhalb der Pauschalen mit geeigneten Belegen, wie Rechnungen oder Quittungen, nachgewiesen werden. Gesetzliche Grundlage für die steuerliche Absetzbarkeit von Mehraufwendungen ist insbesondere § 9 EStG (Werbungskosten). Steuerpflichtige sollten beachten, dass doppelte Haushaltsführung oder längere Auswärtstätigkeiten eigenen Regelungen unterliegen und bestimmte Höchstbeträge nicht überschritten werden dürfen.

Unter welchen Voraussetzungen erkennt das Finanzamt Verpflegungsmehraufwendungen an?

Das Finanzamt erkennt Verpflegungsmehraufwendungen nur an, wenn der Steuerpflichtige aus beruflichen Gründen länger als acht Stunden außerhalb der eigenen Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte tätig ist. Die Höhe der anerkannten Pauschalen orientiert sich an den gesetzlichen Vorgaben und unterscheidet zwischen eintägigen und mehrtägigen Auswärtstätigkeiten. Zusätzlich müssen keine Einzelnachweise über tatsächlich entstandene Kosten vorgelegt werden, da die Pauschalen bereits eine typisierende Abgeltung darstellen. Liegt eine Mahlzeitengestellung durch den Arbeitgeber vor, werden die Pauschalen anteilig gekürzt. Relevant ist weiterhin, dass private Reisen, Urlaub oder Fahrten ohne dienstlichen Anlass nicht zu steuerlich begünstigten Mehraufwendungen führen.

Sind Mehraufwendungen bei einer doppelten Haushaltsführung absetzbar?

Mehraufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung – insbesondere für Unterkunft und Verpflegung – sind grundsätzlich als Werbungskosten absetzbar. Allerdings sind sie nur dann steuerlich absetzbar, wenn ein eigener Haushalt am Lebensmittelpunkt besteht und am Beschäftigungsort eine weitere Unterkunft unentbehrlich ist. Für Verpflegungsmehraufwendungen gilt eine Beschränkung: Die Pauschalen werden längstens für die ersten drei Monate nach Bezug der Zweitwohnung gewährt. Die Kosten für die Unterkunft unterliegen einem monatlichen Höchstbetrag, der sich regelmäßig durch Gesetzesänderungen anpasst. Eine doppelte Haushaltsführung muss zudem durch geeignete Nachweise belegt werden, etwa durch Mietverträge und Melderegisterauszüge.

Können Mehraufwendungen auch für Selbstständige oder Unternehmer geltend gemacht werden?

Ja, Selbstständige und Unternehmer können Mehraufwendungen als Betriebsausgaben absetzen, sofern diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen. Dies betrifft insbesondere Reisekosten, Verpflegungsmehraufwendungen im Rahmen von Dienstreisen sowie Übernachtungskosten. Entscheidend ist die betriebliche Veranlassung und die Einhaltung der steuerlichen Vorschriften, wie beispielsweise der Nachweispflichten gemäß § 4 Abs. 5 und § 9 EStG. Auch hier gelten die gleichen Pauschal- und Höchstbeträge wie bei Arbeitnehmern. Für die Geltendmachung in der Steuererklärung müssen die Kosten einzeln aufgezeichnet und belegt werden, Pauschalen können jedoch wie bei Arbeitnehmern verwendet werden.

Welche Nachweise sind für die Anerkennung von Mehraufwendungen erforderlich?

Je nach Art des Mehraufwandes gelten unterschiedliche Nachweispflichten. Bei Verpflegungsmehraufwendungen reicht beim Ansatz der gesetzlichen Pauschalen eine lückenlose Aufzeichnung der Reisedaten inklusive Ziel, Zweck, Dauer sowie Ausgangs- und Endzeit. Für Übernachtungs- oder sonstige Nebenkosten sind in jedem Fall Rechnungen oder anderweitige Zahlungsnachweise erforderlich. Bei doppelter Haushaltsführung müssen zudem Haushaltsführung und Zweitwohnung nachgewiesen werden, etwa durch Mietverträge und Meldebescheinigungen. Pauschalen dürfen nur für die im Gesetz genannten Fallgruppen ohne Einzelnachweis angesetzt werden. Ein Verzicht auf Nachweise führt zum vollständigen Verlust des steuerlichen Abzugsrechts.

In welchen Fällen können Mehraufwendungen abgelehnt werden?

Mehraufwendungen werden vom Finanzamt abgelehnt, wenn sie privat veranlasst sind, keine ausreichende berufliche Notwendigkeit vorliegt oder die gesetzlich vorgeschriebenen Nachweise fehlen. Ebenfalls erfolgt eine Ablehnung, wenn die beantragten Pauschalen oder Höchstbeträge überschritten werden oder Kosten doppelt geltend gemacht werden, etwa im Rahmen von Arbeitgebererstattungen. Auch bei Missachtung der Fristen, beispielsweise der drei Monate bei Verpflegungsmehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung, entfällt die steuerliche Anerkennung.

Unterscheiden sich die Regelungen bei Inlands- und Auslandsreisen?

Ja, die gesetzlichen Regelungen differenzieren zwischen Inlands- und Auslandsreisen. Für Auslandsreisen gelten meist andere, länderspezifische Pauschalbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten. Diese werden jährlich von den Finanzbehörden neu festgesetzt und hängen vom jeweiligen Zielland und -ort ab. Bei längeren Auslandsaufenthalten ist zu prüfen, in welchem Umfang die jeweiligen Sätze Anwendung finden. Die lückenlose und glaubhafte Dokumentation der Reise ist auch hier unerlässlich, um die Anerkennung durch das Finanzamt zu gewährleisten.