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Mehraufwands-Wintergeld


Definition und rechtlicher Rahmen des Mehraufwands-Wintergeldes

Das Mehraufwands-Wintergeld (MWG) ist eine staatliche Leistung im Rahmen der Saison-Kurzarbeitergeld-Regelungen in Deutschland, die im Baugewerbe zur Anwendung kommt. Es wurde eingeführt, um saisonbedingte Arbeitsausfälle – insbesondere in den Wintermonaten – abzumildern und die damit verbundenen sozialen Belastungen der Beschäftigten und Unternehmen zu reduzieren. Das Mehraufwands-Wintergeld ist rechtlich eng mit den Vorschriften des SGB III (Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung) verknüpft.

Historische Entwicklung

Das MWG ist Teil der Saison-Kurzarbeitergeldverordnung (Saison-KugV) und ging aus Vorläuferregelungen hervor, die bereits in den 1950er Jahren zur Sicherung der Beschäftigung im Bauhauptgewerbe eingeführt wurden. Die aktuelle Regelung erfuhr zahlreiche Anpassungen, insbesondere durch die Verordnung zur Sicherung der Beschäftigung im Winter (Winterbeschäftigungs-Verordnung) und das Gesetz zur Neuregelung der Förderung der Winterbeschäftigung.

Rechtsgrundlagen

Gesetzliche Fundstellen

Die maßgeblichen Regelungen zum Mehraufwands-Wintergeld finden sich in folgenden Gesetzen und Verordnungen:

  • Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), insbesondere §§ 101 ff. SGB III
  • Verordnung über die Gewährung von Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld (Saison-Kurzarbeitergeldverordnung, Saison-KugV)
  • Tarifverträge des Baugewerbes, insbesondere der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau)

Normzweck

Das MWG dient vorrangig der finanziellen Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Bauhauptgewerbe bei saisonbedingten Arbeitsausfällen im Zeitraum vom 1. Dezember bis 31. März (§ 102 SGB III). Es soll helfen, Beschäftigungsverhältnisse zu schützen, Kündigungen zu vermeiden und den Fachkräftebestand im Baugewerbe unabhängig von häufig auftretenden Witterungseinflüssen zu sichern.

Anspruchsvoraussetzungen

Anspruchsberechtigte Personengruppen

Anspruch auf Mehraufwands-Wintergeld haben grundsätzlich Arbeitnehmende im Bauhauptgewerbe, Gerüstbau und Dachdeckerhandwerk, sofern sie vorübergehenden Arbeitsausfall durch Witterungsbedingungen im genannten Zeitraum unterliegen. Voraussetzung ist zudem, dass für die betroffene Tätigkeit kein regulärer Anspruch auf Kurzarbeitergeld nach § 95 SGB III besteht.

Voraussetzungen im Einzelnen

Beschäftigungsverhältnis

Ein ununterbrochenes sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Betrieb ist erforderlich. Dies umfasst auch geringfügig Beschäftigte nicht; Auszubildende sind ebenfalls nicht anspruchsberechtigt.

Witterungsbedingter Arbeitsausfall

Der Arbeitsausfall muss auf witterungsbedingte Gründe, wie z. B. Frost, Schnee oder anhaltenden Regen, zurückzuführen sein, die eine Fortsetzung der Tätigkeit auf der Baustelle unmöglich machen.

Melde- und Nachweispflichten

Arbeitgebende haben bei Eintritt eines Arbeitsausfalls die Pflicht, diesen unverzüglich der zuständigen Agentur für Arbeit anzuzeigen (§ 99 SGB III). Es müssen sämtliche relevanten Angaben zur Begründung des Arbeitsausfalles und zur Anspruchsberechtigung der Mitarbeitenden vorgelegt werden.

Umfang und Berechnung des Mehraufwands-Wintergeldes

Höhe der Leistung

Das Mehraufwands-Wintergeld beträgt derzeit 1,00 Euro pro tatsächlicher Ausfallstunde, die im Rahmen der Schlechtwetterzeit gearbeitet wird (§ 102 SGB III). Die Höhe orientiert sich an tariflichen Bestimmungen und wird regelmäßig durch Änderungen im Gesetzes- oder Verordnungsweg angepasst.

Berechnungsgrundlage

Die Berechnung erfolgt anhand der individuell tatsächlich gearbeiteten Ausfallstunden aufgrund witterungsbedingten Arbeitsausfalls. Hiervon zu trennen sind die Ansprüche auf Saison-Kurzarbeitergeld und das Zuschuss-Wintergeld.

Auszahlung

Die Auszahlung des MWG erfolgt zunächst durch den Arbeitgeber mit der Gehaltsabrechnung. Der Arbeitgeber beansprucht die Erstattung der geleisteten MWG-Zahlungen bei der Agentur für Arbeit.

Rechtliche Besonderheiten und Abgrenzung zu anderen Leistungen

Verhältnis zu Saison-Kurzarbeitergeld und Zuschuss-Wintergeld

Das MWG ist nicht zu verwechseln mit dem Saison-Kurzarbeitergeld (Saison-Kug) und dem Zuschuss-Wintergeld.

  • Saison-Kurzarbeitergeld deckt den Verdienstausfall wegen tatsächlichen Arbeitsausfalles ab.
  • Mehraufwands-Wintergeld kompensiert zusätzliche Aufwendungen und Minderverdienst ausschließlich bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall.
  • Zuschuss-Wintergeld wird als ergänzende finanzielle Leistung gezahlt, wenn aufgrund witterungsbedingter Kurzarbeit ein Entgeltausfall entsteht.

Steuerrechtliche Behandlung

Das MWG ist lohnsteuerfrei und unterliegt nicht der Sozialversicherungspflicht. Es zählt allerdings zum steuerpflichtigen Arbeitslohn im Rahmen des Progressionsvorbehalts und muss dementsprechend in der Steuererklärung angegeben werden.

Missbrauchsverhinderung

Gesetzlich geregelt ist eine Vielzahl an Kontrollmechanismen, die sicherstellen, dass Leistungen nur gewährt werden, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen. Dazu gehören Melde- und Nachweispflichten seitens der Betriebe sowie stichprobenartige Prüfungen und Sanktionen bei nachgewiesenem Missbrauch.

Verfahrensablauf und praktische Durchführung

Antragstellung

Das MWG wird im Regelfall vom Arbeitgeber beantragt, der die relevanten Daten und Nachweise der geleisteten Arbeitsstunden und der betroffenen Arbeitnehmer an die Agentur für Arbeit übermittelt.

Bewilligungsverfahren

Nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen durch die Agentur für Arbeit erfolgt die Bewilligung und Auszahlung an den Arbeitgeber. Die Auszahlung an die Arbeitnehmer wird über die reguläre Lohnabrechnung abgewickelt.

Anspruchsdauer und Ausschlussfristen

Das MWG kann für den Zeitraum vom 1. Dezember bis 31. März in Anspruch genommen werden. Nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungsmonats besteht eine Ausschlussfrist (Meldepflicht), nach deren Ablauf kein Anspruch mehr geltend gemacht werden kann.

Reformen und aktuelle Entwicklungen

Die Rahmenbedingungen und Ausgestaltung des Mehraufwands-Wintergeldes werden fortlaufend an die jeweiligen wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Erfordernisse angepasst. Hierzu zählen etwaige Anpassungen der Höhe des MWG, Erweiterungen des anspruchsberechtigten Personenkreises sowie Änderungen der Antrags- und Nachweisverfahren.

Sonstige rechtliche Hinweise

Die Inanspruchnahme von Mehraufwands-Wintergeld ist mit einer Vielzahl weiterer arbeits- und sozialrechtlicher Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht und zum Schutz vor unrechtmäßigen Kündigungen während der Schlechtwetterzeit, verbunden. Streitigkeiten über die Leistung und deren Voraussetzungen unterliegen der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte sowie der Sozialgerichtsbarkeit.


Zusammenfassung: Das Mehraufwands-Wintergeld ist eine zentrale sozialpolitische Leistung im Bauhauptgewerbe, die Arbeitnehmer gegen witterungsbedingte Arbeitsplatzrisiken im Winter absichert und zugleich Unternehmen bei der Beschäftigungssicherung unterstützt. Umfangreiche gesetzliche sowie vertragliche Regelungen gewähren eine rechtssichere Abwicklung und tragen dazu bei, Arbeitsplätze auch in den saisonal schwierigen Wintermonaten zu erhalten.

Häufig gestellte Fragen

Für welchen Zeitraum kann das Mehraufwands-Wintergeld gewährt werden?

Das Mehraufwands-Wintergeld (MWG) kann ausschließlich während der Schlechtwetterzeit gemäß § 101 SGB III gewährt werden. Diese erstreckt sich rechtlich vom 1. Dezember bis zum 31. März des Folgejahres. Die Zahlung ist an die tatsächliche Ausführung von Arbeiten bei ungünstigen Witterungsbedingungen gebunden, wobei Arbeitgeber verpflichtet sind, die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung lückenlos zu dokumentieren. Das MWG wird nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden im vorgenannten Zeitraum gezahlt und nicht für Arbeitsausfälle oder Fehlzeiten außerhalb dieser Zeitspanne. Eine rückwirkende Beantragung für Zeiträume vor oder nach der Schlechtwetterzeit ist ausgeschlossen.

Wer ist aus rechtlicher Sicht anspruchsberechtigt auf das Mehraufwands-Wintergeld?

Anspruch auf Mehraufwands-Wintergeld haben ausschließlich Arbeitnehmer bestimmter bauwirtschaftlicher Branchen, insbesondere im Bauhauptgewerbe sowie im Dachdeckerhandwerk und Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau. Die Anspruchsberechtigung ist auf gewerbliche Arbeitnehmer beschränkt, in der Regel also auf Arbeiter, nicht auf Angestellte, Auszubildende oder leitende Angestellte. Weiterhin müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter den Geltungsbereich der tarifvertraglichen Regelungen zum Saison-Kurzarbeitergeld (Saison-KUG) fallen. Juristische Ausschlussmerkmale sind beispielsweise befristete Verträge mit einer Laufzeit, die außerhalb des Begünstigungszeitraums liegt, sowie Beschäftigte in Betrieben, die keine gewerblichen Tätigkeiten im Sinne des SGB III ausüben.

Welche Nachweispflichten bestehen für Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem MWG?

Arbeitgeber sind verpflichtet, sämtliche für die Gewährung des MWG relevanten Daten und Nachweise ordnungsgemäß zu dokumentieren und auf Verlangen der Bundesagentur für Arbeit vorzulegen. Hierzu zählen insbesondere Nachweise über die witterungsbedingte Ausführung der Arbeiten, Arbeitszeiterfassungen mit expliziter Ausweisung der Stunden, für die MWG beantragt wird, sowie Angaben zu Witterungsbedingungen und Arbeitsumständen am jeweiligen Tag. Weiterhin muss der Arbeitgeber regelmäßig die Lohnlisten, Arbeitszeitnachweise und weitere abrechnungsrelevante Belege führen und für eine eventuelle Prüfung durch die Agentur für Arbeit bereithalten. Fehlende oder fehlerhafte Nachweise können zur Versagung oder Rückforderung bereits gezahlter Leistungen führen.

Wie erfolgt die Antragsstellung und Bearbeitung des Mehraufwands-Wintergelds rechtlich korrekt?

Das MWG muss durch den Arbeitgeber für die anspruchsberechtigten Beschäftigten beantragt werden. Die Antragstellung erfolgt in der Regel im Zusammenhang mit dem Saison-Kurzarbeitergeld (Saison-KUG) bei der zuständigen Agentur für Arbeit. Rechtliche Grundlage ist § 101 SGB III sowie die dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften und Durchführungsanweisungen. Der Antrag muss monatlich und unter Vorlage aller vorgeschriebenen Unterlagen erfolgen. Insbesondere ist der Antrag fristgebunden: Er ist spätestens drei Monate nach Ablauf des jeweiligen Monats zu stellen, für den das MWG beansprucht wird. Wird diese Frist versäumt, ist ein Anspruch grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, die Versäumung erfolgte ohne Verschulden seitens des Antragstellers. Die Bundesagentur für Arbeit prüft den Antrag und entscheidet durch schriftlichen Bescheid.

Wie wird das Mehraufwands-Wintergeld rechtlich behandelt, wenn gleichzeitig Anspruch auf andere Leistungen besteht?

Das MWG ist eine eigenständige Leistung und unterliegt einem Vorrang- bzw. Nachrangverhältnis zu anderen Sozialleistungen. Es wird zusätzlich zum Arbeitsentgelt gezahlt und steht neben dem Saison-Kurzarbeitergeld (Saison-KUG). Im Fall von gleichzeitigen Ansprüchen, etwa auf Entgeltersatzleistungen wie Krankengeld, Ruhen oder Ausschluss des MWG-Anspruchs, ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang Ansprüche miteinander verrechnet oder ausgeschlossen werden. Anspruch auf MWG besteht grundsätzlich nur für tatsächlich geleistete Arbeit, nicht jedoch für Ausfallstunden, während deren Ansprüche auf andere Entgeltersatzleistungen bestehen. Besonderer Beachtung bedürfen hierbei die Kollisionsregelungen der §§ 96 ff. SGB III.

Welche rechtlichen Folgen hat eine fehlerhafte oder unberechtigte Inanspruchnahme von Mehraufwands-Wintergeld?

Eine zu Unrecht erfolgte Inanspruchnahme von MWG zieht erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich. Gemäß § 330 SGB III und § 45 SGB X kann die zuständige Agentur für Arbeit einen ergangenen Bewilligungsbescheid auch nachträglich zurücknehmen und überzahlte Beträge zurückfordern. Zusätzlich können Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren, insbesondere bei vorsätzlichen oder fahrlässigen Falschangaben, eingeleitet werden (§ 263 StGB – Betrug, § 404 SGB III – Ordnungswidrigkeiten). Arbeitgeber treffen verschärfte Kontroll- und Aufbewahrungspflichten, deren Verletzung ebenfalls zu haftungsrechtlichen Konsequenzen führen kann. Eine fehlerhafte Angabe kann zudem sozialrechtliche Sperrzeiten und Beitragsnacherhebungen zur Folge haben.

Welche Rechtsmittel stehen gegen Entscheidungen der Agentur für Arbeit hinsichtlich des MWG zur Verfügung?

Gegen einen ablehnenden Bescheid der Agentur für Arbeit hinsichtlich der Gewährung des MWG steht dem Arbeitgeber das Recht auf Widerspruch gemäß §§ 83 ff. SGG (Sozialgerichtsgesetz) zu. Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts schriftlich oder zur Niederschrift bei der Agentur für Arbeit einzulegen. Im weiteren Verfahren kann bei abgelehntem Widerspruch Klage vor dem zuständigen Sozialgericht erhoben werden. Während des Widerspruchs- und Klageverfahrens sind dessen aufschiebende Wirkungen und Fristen zu beachten. Ein besonderes Eilverfahren ist möglich, wenn eine sofortige Entscheidung notwendig erscheint (Antrag auf einstweilige Anordnung gemäß § 86b SGG).

Gibt es gesetzlich geregelte Ausschlussfristen im Zusammenhang mit dem Mehraufwands-Wintergeld?

Ja, für die Geltendmachung und Bewilligung des MWG gelten strikte gesetzliche Ausschlussfristen. Der Antrag auf MWG muss gemäß § 325 Abs. 4 SGB III spätestens innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungsmonats gestellt werden. Eine spätere Antragstellung ist grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, der Antragsteller kann nachweisen, dass ihn kein Verschulden an der Fristversäumung trifft (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 27 SGB X). Darüber hinaus gelten tarifvertragliche und sozialgesetzliche Fristen etwa für die Einreichung von Nachweisen und ggf. Rückforderung von zu Unrecht erhaltenen MWG-Leistungen. Fristversäumnisse führen regelmäßig zum Erlöschen des Anspruchs.