Begriff und Rechtsnatur der Mediendienste
Mediendienste sind ein zentraler Begriff im deutschen und europäischen Medienrecht. Sie bezeichnen telemediale Angebote, die primär Informationen, Inhalte oder Unterhaltung für die Allgemeinheit über elektronische Informations- und Kommunikationsdienste bereitstellen. Die Definition sowie die damit verbundenen rechtlichen Rahmenbedingungen sind in unterschiedlichen Gesetzen geregelt und werden fortlaufend im Zusammenhang mit der Digitalisierung und Konvergenz der Medienlandschaft weiterentwickelt.
Historische Entwicklung und Abgrenzung
Die Rechtsfigur des Mediendienstes wurde mit dem Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV) von 1997 eingeführt, der insbesondere als Reaktion auf die zunehmende Digitalisierung der Medien und die Auflösung der klassischen Unterscheidung zwischen Rundfunk und Presse entstand. Mit dem am 1. März 2007 in Kraft getretenen Telemediengesetz (TMG) und dem Rundfunkstaatsvertrag (RStV; nun Medienstaatsvertrag – MStV) wurde die rechtliche Unterscheidung zwischen Mediendiensten und Telediensten aufgegeben. Die Begriffe wurden durch „Telemedien“ ersetzt. Dennoch besitzen „Mediendienste“ weiterhin Bedeutung für die historische und teilweise für die europäische Terminologie.
Abgrenzung zu Rundfunk- und Telediensten
Mediendienste sind abzugrenzen von Rundfunkdiensten, da sie keine linear verbreiteten (sogenannten „linearen“) Inhalte enthalten, sondern dem Nutzer auf Abruf („on demand“) zur Verfügung gestellt werden. Ebenfalls sind sie abzugrenzen von Telediensten, die rein technische und keine redaktionellen oder inhaltlichen Angebote bereitstellen (beispielsweise reine E-Mail-Dienste oder Suchmaschinen).
Rechtsquellen und Begriffsbestimmung
Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV)
Der mittlerweile außer Kraft getretene Mediendienste-Staatsvertrag definierte Mediendienste als Informations- und Kommunikationsdienste, die zur individuellen Nutzung von kombinierbaren Daten bestimmt sind und im Allgemeinen zur öffentlichen Verbreitung geeignet und bestimmt sind.
Telemediengesetz (TMG)
Mit dem TMG von 2007 wurden die bislang fragmentierten Kategorien von Mediendiensten und Telediensten zusammengeführt. Telemedien umfassen heute alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste soweit sie nicht Rundfunk oder Telekommunikationsdienste sind (§ 1 Abs. 1 TMG).
Definition im europäischen Kontext
Auch die eCommerce-Richtlinie 2000/31/EG der Europäischen Union verwendet verwandte Begriffe. „Dienste der Informationsgesellschaft“ bezeichnen demnach ebenfalls elektronische, auf individuelle Nachfrage bereitgestellte Dienstleistungen, die in der Regel gegen Entgelt erfolgen.
Rechtliche Einordnung und Pflichten
Anbieterpflichten
Die zentralen Anbieterpflichten für Mediendienste bzw. Telemedien ergeben sich aus § 5 TMG (Impressumspflicht), Datenschutzrechtsvorschriften (DSGVO und BDSG), sowie aus spezifischen Pflichten des Medienstaatsvertrags (MStV) insbesondere zu journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten.
Impressumspflichten
Betreiber von Mediendiensten sind verpflichtet, leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar Name, Anschrift und Kontaktdaten bereitzuhalten. Bei journalistisch-redaktionellen Angeboten werden zusätzlich Angaben über die verantwortliche Person verlangt.
Datenschutz und Datensicherheit
Mediendiensteanbieter unterliegen umfassenden Datenschutzgesetzen. Zu beachten sind insbesondere die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und besondere Vorschriften zum Schutz von Nutzerinformationen und Kommunikationsinhalten.
Jugendschutz
Anbieter von Mediendiensten/Telemedien haben gemäß Medienstaatsvertrag und Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) Maßnahmen zu treffen, um insbesondere Kinder und Jugendliche vor entwicklungsbeeinträchtigenden oder jugendgefährdenden Inhalten zu schützen. Zu den Maßnahmen gehören Alterskennzeichnungen, Filterprogramme und Sendezeitbeschränkungen.
Haftung und Verantwortlichkeit
Inhalte Dritter
Mediendiensteanbieter haften grundsätzlich nicht für fremde Informationen, solange keine Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten besteht oder Hinweise auf solche Inhalte umgehend entfernt werden (§§ 7-10 TMG). Dies betrifft insbesondere Forenbetreiber, soziale Netzwerke und Hosting-Provider.
Eigene Inhalte
Für selbst erstellte, publizierte Inhalte haften Anbieter in vollem Umfang nach den allgemeinen Gesetzen, beispielsweise dem Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht, Presserecht und dem Strafrecht.
Aufsichtsbehörden und Sanktionen
Die Kontrolle und Überwachung der Einhaltung medienrechtlicher Vorschriften erfolgt durch die zuständigen Landesmedienanstalten sowie Datenschutzbehörden. Bei Verstößen gegen die gesetzlichen Vorgaben drohen Bußgelder, Untersagungsverfügungen oder strafrechtliche Konsequenzen.
Internationaler und europäischer Rechtsrahmen
Europäische Richtlinien
Im europäischen Raum normieren insbesondere die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) und die eCommerce-Richtlinie den Rechtsrahmen für Mediendienste. Diese EU-Richtlinien sind in nationales Recht, beispielsweise durch den Medienstaatsvertrag und das TMG, umgesetzt. Sie legen Mindeststandards zu Transparenz, Jugendschutz, Werbung und Verbraucherrechten fest.
Internationale Entwicklungen
Mit der stetigen Weiterentwicklung digitaler Technologien und global agierender Plattformen (wie soziale Netzwerke, Streamingdienste) entstehen fortlaufend neue Herausforderungen an die Regulierung von Mediendiensten. Internationale Abkommen und die Harmonisierung des Medienrechts gewinnen hierbei weiter an Bedeutung.
Praxisbeispiele und Anwendungsbereiche
Beispiele für Mediendienste
- Online-Nachrichtenseiten
- Videoplattformen
- Podcasts
- Soziale Netzwerke, die redaktionelle Inhalte verbreiten
- Blogs mit journalistisch-redaktionellem Charakter
Sonderformen und hybride Angebote
Viele moderne Plattformen vereinen Merkmale von Mediendiensten, Rundfunk und Pressediensten, was die rechtliche Einordnung gelegentlich erschwert. Hier ist stets eine Bewertung im Einzelfall anhand der jeweils angebotenen Dienste notwendig.
Fazit
Mediendienste sind ein vielschichtiger Begriff, dessen rechtliche Einordnung im Schnittbereich von Medien-, Datenschutz- und Verbraucherrecht liegt. Während die Begriffsverwendung im nationalen Recht zurückgeht und von Telemedien abgelöst wurde, bleibt die Unterscheidung im europäischen und internationalen Kontext weiterhin relevant. Anbieter von Mediendiensten unterliegen einer Vielzahl spezifischer Rechtsvorschriften, deren Einhaltung sorgfältig zu prüfen ist, um rechtliche Risiken zu minimieren.
Siehe auch:
- Telemediengesetz
- Medienstaatsvertrag
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
- Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (EU)
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für das Anbieten eines Mediendienstes in Deutschland erfüllt werden?
Das Anbieten von Mediendiensten in Deutschland unterliegt einer Vielzahl rechtlicher Rahmenbedingungen, die sich primär aus dem Telemediengesetz (TMG), dem Medienstaatsvertrag (MStV) sowie weiteren Vorschriften wie dem Urheberrecht und dem Datenschutzrecht ergeben. Anbieter von Mediendiensten müssen insbesondere sicherstellen, dass sie ein Impressum mit den in § 5 TMG geforderten Angaben bereitstellen und die Informationspflichten zum Datenschutz gemäß DSGVO und § 13 TMG erfüllen. Zudem besteht bei bestimmten Mediendiensten eine Anmelde- oder sogar Zulassungspflicht nach § 54 MStV, insbesondere wenn es sich um Rundfunk handelt. Anbieter sind verpflichtet, keine strafbaren Inhalte zu verbreiten und den Jugendmedienschutz durch technische oder organisatorische Maßnahmen gemäß §§ 19 ff. JMStV zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen die Anforderungen an die Barrierefreiheit beachtet werden, was insbesondere öffentlich-rechtliche und größere private Anbieter (§ 7 MStV) betrifft. Bei Verstößen drohen empfindliche Bußgelder und Unterlassungsansprüche von Wettbewerbern oder Aufsichtsbehörden.
Wie ist die Haftung für Inhalte durch Anbieter von Mediendiensten geregelt?
Die Haftung für Inhalte richtet sich maßgeblich nach den §§ 7-10 TMG. Grundsätzlich sind Anbieter für eigene Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, voll verantwortlich (§ 7 Abs. 1 TMG). Für fremde Informationen, insbesondere bei der bloßen Durchleitung, Zwischenspeicherung oder Speicherung fremder Daten, sieht das Gesetz dagegen Haftungsprivilegien vor (§§ 8-10 TMG), sofern der Anbieter keine Kenntnis von einer rechtswidrigen Handlung oder Information hat oder nach Kenntniserlangung unverzüglich tätig wird, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren. Bei urheberrechtlichen, persönlichkeitsrechtlichen oder strafbaren Inhalten können jedoch Prüfpflichten, insbesondere bei offensichtlichen Rechtsverstößen oder nach Hinweis durch Dritte, entstehen. Die Rechtsprechung (vgl. BGH-Urteile „Sommer unseres Lebens“ und „Blogspot/Abbruch Auktion“) differenziert hierbei zwischen verschiedenen Anbietern wie Host-Provider, Access-Provider und Content-Provider, wobei die Anforderungen an Kontroll- und Überwachungspflichten unterschiedlich streng ausfallen.
Welche Bedeutung kommt dem Datenschutz bei Mediendiensten zu?
Der Datenschutz ist ein zentrales Thema bei Mediendiensten und wird maßgeblich durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Telemediengesetz (TMG) geregelt. Anbieter müssen sicherstellen, dass personenbezogene Daten ihrer Nutzer nur auf einer gesetzlichen Grundlage, insbesondere nach Art. 6 DSGVO, verarbeitet werden dürfen. Sie sind verpflichtet, die Nutzer in leicht zugänglicher, transparenter und verständlicher Form über Art, Umfang, und Zweck der Datenerhebung und -verarbeitung zu informieren (Art. 13, 14 DSGVO). Der Einsatz von Cookies oder Tracking-Technologien bedarf in der Regel einer ausdrücklichen und informierten Einwilligung (§ 25 TTDSG i.V.m. Art. 7 DSGVO). Darüber hinaus müssen technische und organisatorische Maßnahmen nach Art. 32 DSGVO getroffen werden, um die Sicherheit der Datenverarbeitung zu gewährleisten. Bei Verstößen gegen datenschutzrechtliche Vorgaben drohen hohe Bußgelder nach Art. 83 DSGVO sowie Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche der betroffenen Personen.
Welche Rolle spielt das Urheberrecht im Rahmen von Mediendiensten?
Das Urheberrecht hat im Zusammenhang mit Mediendiensten erhebliche Bedeutung, da Online-Angebote häufig mit der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG), Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und Verbreitung (§ 17 UrhG) geschützter Werke einhergehen. Anbieter müssen vor dem Einstellen von urheberrechtlich geschützten Inhalten lizenzrechtliche Fragen klären und gegebenenfalls entsprechende Nutzungsrechte einholen. Auch bei nutzer- oder drittgenerierten Inhalten sind die Anbieter gehalten, auf Rechtsverstöße zu reagieren und nach Bekanntwerden ggf. Inhalte unverzüglich zu sperren oder zu entfernen (§ 10 TMG). Bei Streams, Downloads, Einbettungen (Framing) und Verlinkungen sind die jeweiligen urheberrechtlichen Schranken sowie die aktuelle Rechtsprechung des EuGH (u.a. „Störerhaftung“) zu beachten. Auch die Haftung für Hyperlinks und eingebettete Inhalte unterliegt strengen Maßstäben, insbesondere wenn sich der Anbieter Inhalte zu eigen macht oder von einer Rechtsverletzung Kenntnis erlangt.
Welche Pflichten bestehen im Hinblick auf den Jugendmedienschutz?
Im Bereich des Jugendmedienschutzes sind die Vorgaben des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) relevant. Anbieter von Mediendiensten dürfen keine entwicklungsbeeinträchtigenden oder jugendgefährdenden Inhalte verbreiten (§§ 4-6 JMStV). Sie müssen technische oder sonstige Maßnahmen ergreifen, um den Zugang zu entsprechenden Inhalten für bestimmte Altersgruppen zu beschränken, beispielsweise durch Sendezeitbegrenzungen, Altersverifikationssysteme oder die Kennzeichnung nach anerkannten Jugendschutzprogrammen (§ 5 JMStV). Für Verstöße gegen den JMStV können Bußgelder verhängt werden, zudem besteht ein hohes Reputationsrisiko und die Gefahr, von den zuständigen Aufsichtsgremien angesprochen oder letztlich sogar offline genommen zu werden.
Welche Impressumspflichten müssen Anbieter von Mediendiensten beachten?
Die Impressumspflichten sind im § 5 Telemediengesetz geregelt. Anbieter von Mediendiensten, die geschäftsmäßig und nicht ausschließlich persönlicher oder familiärer Natur sind, müssen ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Impressum bereitstellen. Das Impressum muss u.a. folgende Informationen enthalten: Name und Anschrift des Anbieters, Kontaktdaten (E-Mail-Adresse, Telefonnummer), ggf. die Register- und Registernummer, bei bestimmten Berufsträgern (z. B. Rechtsanwälte) auch die Kammerzugehörigkeit sowie die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach § 27a UStG. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können Abmahnungen und Bußgelder nach sich ziehen (§ 16 TMG) und werden regelmäßig von Wettbewerbern oder Verbraucherverbänden verfolgt.
Welche Anforderungen gelten an die Barrierefreiheit von Mediendiensten?
Die Barrierefreiheit von Mediendiensten ist in verschiedenen Gesetzen geregelt, darunter im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und dem Medienstaatsvertrag (MStV). Insbesondere öffentliche Stellen und Anbieter medienrechtlich relevanter Angebote (§ 7 MStV) sind verpflichtet, ihre Dienste möglichst barrierefrei zu gestalten. Hierzu zählen die Bereitstellung von Untertiteln, Audiodeskriptionen und das Angebot von leicht verständlichen Texten. Die Konkretisierung technischer Standards erfolgt durch die BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung). Private Anbieter sind ebenfalls zur Barrierefreiheit verpflichtet, soweit dies zumutbar und technisch möglich ist. Beschwerden über fehlende Barrierefreiheit können von Betroffenen eingereicht und von den zuständigen Stellen geprüft werden.
Unterliegen Mediendienste einer speziellen behördlichen Aufsicht?
Ja, Mediendienste unterliegen je nach Art der Tätigkeit einer spezifischen behördlichen Aufsicht. Für journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote sind die Landesmedienanstalten zuständig. Diese überwachen u.a. die Einhaltung der Regelungen des Medienstaatsvertrags, des Jugendmedienschutzes und der Werberegelungen. Bei Datenschutzverstößen sind die Datenschutzaufsichtsbehörden federführend. Sogenannte Intermediäre und Plattformen stehen zunehmend im Fokus von Regulierungen wie dem NetzDG und dem Digital Services Act (DSA), die zusätzliche Melde- und Handlungspflichten begründen. Bei internationalen Angeboten sind aufgrund des „Marktortprinzips“ gegebenenfalls auch ausländische Behörden zuständig, sofern sich das Angebot primär an Nutzer in deren Staat richtet.