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Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung

Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung: Begriff und Einordnung

Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung bezeichnen staatlich geförderte Instrumente, die vorübergehend zusätzliche Erwerbsarbeit schaffen oder die Beschäftigungsfähigkeit arbeitsuchender Personen verbessern. Sie sind Teil der öffentlich verantworteten Arbeitsförderung und dienen der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Im Kern geht es darum, Tätigkeiten mit öffentlichem oder gemeinnützigem Nutzen zu organisieren und zu finanzieren, ohne reguläre Arbeitsplätze zu verdrängen.

Zielsetzung

  • Heranführung an reguläre Beschäftigung durch praktische Tätigkeit und strukturierte Tagesarbeit
  • Abbau individueller Vermittlungshemmnisse, etwa durch Stabilisierung, Training und Qualifizierung
  • Schaffung eines zusätzlichen, gesellschaftlich sinnvollen Nutzens (z. B. im sozialen, kulturellen oder ökologischen Bereich)
  • Förderökonomische Zielerreichung unter dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit

Abgrenzung zu anderen Instrumenten

Der Begriff wird heute oft als Oberbegriff für verschiedene Eingliederungsinstrumente verwendet. Historisch bezeichnete er vor allem zeitlich befristete, öffentlich geförderte Beschäftigungen im öffentlichen Interesse. In der Praxis finden sich heute unterschiedliche Ausprägungen:

  • Geförderte Beschäftigung mit Entgeltzuschüssen (reguläres Arbeitsverhältnis, Zuschuss für den Arbeitgeber)
  • Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (kein Arbeitsverhältnis, zusätzliche Tätigkeiten mit Gemeinwohlbezug)
  • Kombinationen aus Beschäftigung und Qualifizierung (z. B. praxisnahe Trainingsmodule)

Welche Variante vorliegt, entscheidet über Status, Vergütung, Sozialschutz und Mitwirkungspflichten der Teilnehmenden.

Rechtliche Systematik und Zuständigkeiten

Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung sind Teil der öffentlich organisierten Arbeitsförderung. Zuständig sind je nach Leistungsart die Agenturen für Arbeit oder die Jobcenter. Sie kooperieren mit kommunalen oder freien Trägern, die Maßnahmen konzipieren und durchführen. Die Förderung erfolgt im Rahmen einer gesetzlich vorgegebenen Ermessenspraxis unter Beachtung der Grundsätze von Eignung, Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit, Transparenz und Gleichbehandlung.

Zuständigkeiten und Träger

  • Agenturen für Arbeit: zuständig vor allem für arbeitslosenversicherungsrechtliche Leistungsberechtigte
  • Jobcenter: zuständig vor allem für Grundsicherungsberechtigte
  • Maßnahmeträger: gemeinnützige, kommunale oder auch private Träger, die Inhalte umsetzen

Förderlogik und Bewilligung

Die Bewilligung erfolgt auf Basis eines individuellen Förderbedarfs. Maßgeblich ist, dass die Maßnahme geeignet ist, die Chancen auf Eingliederung zu erhöhen. Zudem gilt:

  • Zusätzlichkeit und öffentliches/überwiegendes Gemeinwohlinteresse der Tätigkeiten
  • Keine Verdrängung regulärer Beschäftigung und keine Wettbewerbsverzerrung
  • Beachtung arbeitsmarktlicher Zweckmäßigkeit und regionaler Bedarfe

Vertrags- und Maßnahmeregelungen

Rechtsverhältnisse entstehen je nach Maßnahmeart unterschiedlich:

  • Bei geförderter Beschäftigung: regulärer Arbeitsvertrag zwischen Teilnehmendem und Arbeitgeber; zusätzlich Förderbescheid/Verwaltungsakt gegenüber dem Arbeitgeber
  • Bei Arbeitsgelegenheiten: Zuweisung durch einen Verwaltungsakt; Teilnahmevereinbarung mit dem Träger, jedoch ohne Begründung eines regulären Arbeitsverhältnisses

Teilnahme, Rechte und Pflichten

Zugangsvoraussetzungen

Voraussetzung ist in der Regel Arbeitslosigkeit oder Arbeitsuche sowie ein festgestellter Förderbedarf. Die Auswahl berücksichtigt Qualifikationsstand, Integrationsprognose und Zumutbarkeit. Die Teilnahme erfolgt freiwillig oder auf Grundlage einer verbindlichen Zuweisung, abhängig von der Maßnahmeart und der individuellen Eingliederungsstrategie.

Status während der Maßnahme

  • Geförderte Beschäftigung: Es entsteht ein Arbeitsverhältnis mit den üblichen Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsrecht.
  • Arbeitsgelegenheiten: Es entsteht kein Arbeitsverhältnis; die Teilnahme begründet einen öffentlich-rechtlich geprägten Status mit besonderer Absicherung und Mehraufwandsentschädigung.

Arbeits- und Sozialschutz

Unabhängig von der Ausgestaltung gelten Schutzstandards:

  • Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit
  • Gleichbehandlung und Antidiskriminierung
  • Datenschutz und Vertraulichkeit
  • Bei Arbeitsverhältnis: Entgeltfortzahlung, Mitbestimmung, Urlaubsansprüche, soziale Sicherung einschließlich Versicherungspflichten

Vergütung, Mehraufwandsentschädigung und Leistungen

  • Geförderte Beschäftigung: Vergütung richtet sich nach Tarif, betrieblichen Regelungen oder individueller Vereinbarung; der Arbeitgeber erhält ggf. einen Zuschuss.
  • Arbeitsgelegenheiten: Es erfolgt eine Mehraufwandsentschädigung für den tatsächlichen Aufwand; sie ist kein Arbeitsentgelt.
  • Nebenkosten wie Qualifizierung, Betreuung, Arbeitskleidung oder Fahrtkosten können förderfähig sein, abhängig von der Ausgestaltung.

Mitwirkung, Zumutbarkeit und Konsequenzen

Teilnehmende müssen an der Maßnahme mitwirken und zumutbare Angebote annehmen. Bei fehlender Mitwirkung oder Abbruch ohne anerkannten Grund können leistungsrechtliche Konsequenzen vorgesehen sein. Umgekehrt gilt: Träger und Förderstellen haben die Maßnahme rechts- und sachgerecht zu gestalten; bei wesentlichen Mängeln kommt eine Beendigung oder Anpassung in Betracht.

Gestaltung und Durchführung

Dauer und Umfang

Die Dauer ist befristet und variiert je nach Instrument, regionalem Bedarf und Integrationsziel. Der zeitliche Umfang orientiert sich an arbeitsmarktlichen Standards, der Zumutbarkeit und dem Charakter der Tätigkeit. Verlängerungen oder Wiederholungen sind nur im Rahmen der Förderlogik und bei fortbestehendem Bedarf möglich.

Inhalte und Qualitätsanforderungen

  • Zusätzliche, gemeinwohlorientierte Tätigkeiten mit klarer Aufgabenbeschreibung
  • Betreuung, Anleitung und, je nach Maßnahme, Qualifizierungselemente
  • Transparente Zieldefinition, individuelle Förderplanung und Dokumentation des Verlaufs

Dokumentation und Evaluation

Träger dokumentieren Teilnahme, Inhalte, Anwesenheiten, Fortschritte und Ergebnisse. Förderstellen prüfen Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Einhaltung der Vorgaben. Evaluationen dienen der Qualitätsentwicklung und steuern künftige Förderentscheidungen.

Finanzierung, Vergabe und Kontrolle

Förderarten

  • Kostenerstattung für Maßnahmekosten (z. B. Betreuung, Sachmittel)
  • Entgeltzuschüsse an Arbeitgeber bei geförderter Beschäftigung
  • Leistungen an Teilnehmende (z. B. Mehraufwandsentschädigung, Fahrtkosten), je nach Ausgestaltung

Nachweise, Prüfungen und Rückforderung

Die Verwendung öffentlicher Mittel ist nachzuweisen. Prüfungen erstrecken sich auf Teilnehmerzahlen, Tätigkeitsprofile, Zusätzlichkeit, Finanzflüsse und Ergebnisqualität. Bei Unregelmäßigkeiten kommen Korrekturen bis hin zu teilweisen oder vollständigen Rückforderungen in Betracht.

Vergaberechtliche und beihilferechtliche Bezüge

Die Beauftragung externer Träger kann vergaberechtlichen Regeln unterliegen. Bei Zuschüssen an Arbeitgeber sind beihilferechtliche Grenzen und Transparenzanforderungen zu beachten, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Rechtsschutz, Aufsicht und Compliance

Bescheide und Rechtsbehelfe

Förderentscheidungen und Zuweisungen erfolgen regelmäßig durch Verwaltungsakte. Gegen belastende Entscheidungen stehen die vorgesehenen Rechtsbehelfe offen. Fristen und Formvorschriften sind zu beachten. Bei arbeitsvertraglichen Konstellationen gelten zusätzlich die üblichen arbeitsrechtlichen Instrumente.

Datenschutz und Gleichbehandlung

Personenbezogene Daten dürfen nur zweckgebunden verarbeitet werden. Es gelten Transparenz, Datenminimierung und Sicherheit. Bei Zugang, Durchführung und Beendigung sind Gleichbehandlung und Antidiskriminierung sicherzustellen. Dokumentierte Verfahren und Verantwortlichkeiten dienen der Nachweis- und Rechenschaftspflicht.

Historische Entwicklung und aktuelle Praxis

Wandel des Instruments

Historisch standen groß angelegte, öffentlich geförderte Beschäftigungsprojekte im Vordergrund. In der Folge wurde das Instrumentarium stärker differenziert, um passgenauer auf individuelle Integrationsbedarfe zu reagieren und Mitnahmeeffekte zu begrenzen. Heute werden Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen häufiger in modularen Formaten mit Qualifizierung, Coaching und betrieblichen Erprobungen umgesetzt.

Heutiger Sprachgebrauch

Der Begriff „Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung“ wird teils weiterhin verwendet, teils durch spezifischere Bezeichnungen ersetzt. Inhaltlich bleibt prägend, dass zusätzliche, gemeinwohlorientierte Tätigkeiten und integrationsfördernde Elemente kombiniert werden, ohne reguläre Beschäftigung zu verdrängen.

Häufig gestellte Fragen

Was unterscheidet Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung von regulären Jobs?

Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung sind zeitlich befristet, dienen einem Förderzweck und werden öffentlich finanziert. Tätigkeiten müssen zusätzlich sein und einen Gemeinwohlbezug haben. Reguläre Jobs beruhen auf marktwirtschaftlicher Nachfrage und sind nicht förderzweckgebunden.

Begründen solche Maßnahmen immer ein Arbeitsverhältnis?

Nein. Bei geförderter Beschäftigung entsteht ein reguläres Arbeitsverhältnis. Bei Arbeitsgelegenheiten besteht kein Arbeitsverhältnis; es handelt sich um eine öffentlich-rechtlich geprägte Teilnahme mit Mehraufwandsentschädigung.

Welche Rechte haben Teilnehmende in Bezug auf Arbeits- und Gesundheitsschutz?

Es gelten die allgemeinen Schutzstandards. Arbeitsplätze müssen sicher gestaltet sein, Einweisungen und Schutzmaßnahmen sind bereitzustellen. Bei Arbeitsverhältnissen kommen die üblichen arbeitsrechtlichen Schutzrechte hinzu.

Wie wird verhindert, dass reguläre Arbeitsplätze verdrängt werden?

Tätigkeiten müssen zusätzlich sein und dem Gemeinwohl dienen. Förderstellen prüfen vor Bewilligung und während der Durchführung, ob keine regulären Arbeitsplätze ersetzt oder Wettbewerbsverhältnisse verzerrt werden.

Wie lange können Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung dauern?

Die Dauer ist befristet und orientiert sich am Förderziel, der Integrationsstrategie und rechtlichen Rahmenbedingungen. Verlängerungen sind nur in begründeten Fällen und innerhalb der zulässigen Grenzen möglich.

Wer trägt die Kosten und wie erfolgt die Finanzierung?

Die Finanzierung erfolgt aus öffentlichen Mitteln. Je nach Ausgestaltung werden Maßnahmekosten, Entgeltzuschüsse oder Mehraufwandsentschädigungen getragen. Nachweise und Prüfungen sichern den zweckentsprechenden Mitteleinsatz.

Welche Folgen hat es, wenn eine zugewiesene Maßnahme nicht angetreten oder abgebrochen wird?

Bei fehlender Mitwirkung oder Abbruch ohne anerkannten Grund können leistungsrechtliche Konsequenzen vorgesehen sein. Die konkreten Folgen richten sich nach der jeweiligen Leistungsart und dem Einzelfall.

Können private Träger Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung durchführen?

Ja. Neben kommunalen und gemeinnützigen Trägern können auch private Träger Maßnahmen umsetzen, sofern die fachlichen, finanziellen und rechtlichen Anforderungen erfüllt sind und die Beauftragung vergaberechtskonform erfolgt.