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Massekosten


Massekosten – Definition und rechtliche Einordnung

Begriffsbestimmung

Massekosten sind ein zentraler Begriff im Insolvenzrecht und bezeichnen Kosten, die während eines Insolvenzverfahrens unmittelbar zur Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse entstehen. Sie stehen in rechtlicher Abgrenzung zu den Insolvenzforderungen und den sonstigen Masseverbindlichkeiten. Die grundlegende gesetzliche Regelung zu Massekosten findet sich im deutschen Recht insbesondere in § 54 Insolvenzordnung (InsO).

Abgrenzung zu anderen Kostenarten im Insolvenzverfahren

Insolvenzforderungen

Insolvenzforderungen sind gemäß § 38 InsO Verbindlichkeiten, die bereits vor der Verfahrenseröffnung begründet waren. Auf diese Forderungen wird die Insolvenzmasse nach Abschluss der Verwertung anteilig verteilt (sogenannte Quote). Sie sind von Massekosten strikt zu unterscheiden, da letztere vorrangig aus der Masse zu begleichen sind.

Masseverbindlichkeiten

Neben den Massekosten gibt es weitere Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO), die während der Insolvenzbegründung im Zusammenhang mit der Insolvenzmasse entstehen, z. B. neue, vom Insolvenzverwalter eingegangene Verpflichtungen. Ehe jedoch die „einfachen“ Masseverbindlichkeiten bedient werden, sind zunächst die Massekosten voll zu befriedigen.

Gesetzliche Grundlagen und Systematik

Rechtsgrundlage

Die zentrale Vorschrift ist § 54 InsO, der folgende Tatbestände als Massekosten festschreibt:

  1. die Gerichtskosten des Insolvenzverfahrens,
  2. die Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, seines Vertreters und des Sachwalters,
  3. die Vergütung und Auslagen des endgültigen Insolvenzverwalters und anderer zur Durchführung des Verfahrens herangezogener Personen.

Systematische Stellung der Massekosten

Die Massekosten zählen zu den sog. privilegierten Masseverbindlichkeiten. Sie sind bei der Verteilung der Insolvenzmasse vorrangig zu berücksichtigen (§ 53 InsO). Dies bedeutet, dass sämtliche Massekosten vollumfänglich aus der Insolvenzmasse zu begleichen sind, bevor andere Masseverbindlichkeiten oder Insolvenzforderungen berücksichtigt werden.

Arten und Beispiele der Massekosten

Gerichtskosten

Zu Massekosten gehören insbesondere die in der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) geregelten Gerichtskosten. Dazu zählen Gebühren für die Verwaltung und gerichtliche Abwicklung des Verfahrens.

Vergütung und Auslagen des Insolvenzverwalters

Die Vergütung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters sowie dessen notwendige Auslagen sind ausdrücklich als Massekosten definiert. Darunter fallen Honorare für die Abwicklung der Masse, Reisekosten, Sachverständigenkosten und Kosten für notwendige Hilfspersonen.

Kosten für den Sachwalter und weitere Verfahrensbeteiligte

Im Falle eines Schutzschirmverfahrens oder einer Eigenverwaltung entstehen weitere Massekosten für den Sachwalter und gegebenenfalls bestellte Gläubigerausschüsse oder weitere, vom Gericht eingesetzte Personen.

Rangfolge und Befriedigung der Massekosten

Gemäß § 53 InsO werden Massekosten als erste Forderungen aus der Insolvenzmasse bezahlt, was deren Vorrangstellung im Rahmen des Insolvenzverfahrens begründet. Erst nach vollständiger Befriedigung der Massekosten können weitere Masseverbindlichkeiten und anschließend die Insolvenzforderungen bedient werden.

Rechtsprechung und Auslegungsfragen

In der Rechtsprechung und Literatur wird regelmäßig die genaue Abgrenzung der Massekosten zu sonstigen Masseverbindlichkeiten diskutiert. Von zentraler Bedeutung ist, welche Aufwendungen ausschließlich im Interesse der Masse erfolgen und damit Status als Massekosten haben. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) mehrfach zur Einordnung von Rechtsverfolgungskosten, Steuerberatergebühren oder spezialisierten Dienstleistungsverträgen zur Unterstützung des Verwalters Stellung genommen.

Bedeutung in der Praxis

Die korrekte Behandlung der Massekosten ist entscheidend für den geordneten Ablauf des Insolvenzverfahrens, da deren vorrangige Befriedigung kausal dafür ist, dass die Verwaltung und Abwicklung der Insolvenz geordnet durchgeführt werden können. Fehlerhafte Einstufungen oder Missachtungen der privilegierten Stellung können zu strafrechtlichen und zivilrechtlichen Konsequenzen führen.

Internationaler Vergleich

Auch in anderen Rechtsordnungen, etwa im österreichischen oder schweizerischen Insolvenzrecht, existieren vergleichbare Regelungen zu den sogenannten Massekosten, wenngleich Begrifflichkeit und Details der Ausgestaltung differieren können. Typischerweise genießen auch dort die Kosten der Verfahrensführung Priorität vor anderen Forderungen.

Literatur- und Gesetzesgrundlagen

  • § 53, § 54, § 55 Insolvenzordnung (InsO)
  • Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung (InsVV)
  • Bundesgerichtshof, diverse Entscheidungen zu Massekosten

Zusammenfassung

Massekosten sind diejenigen Kosten, die im Rahmen eines Insolvenzverfahrens für die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse anfallen. Sie sind in ihrer Rangfolge privilegiert und aus der Masse vorrangig zu bedienen. Ihre genaue rechtliche Einordnung und Abgrenzung ist für die korrekte und effiziente Durchführung eines Insolvenzverfahrens von elementarer Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Wann entstehen Massekosten im Insolvenzverfahren?

Massekosten entstehen im Insolvenzverfahren grundsätzlich dann, wenn für die Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Insolvenzmasse Ausgaben notwendig werden. Sie zählen zu den sogenannten Masseverbindlichkeiten und haben Vorrang vor einfachen Insolvenzforderungen. Dazu gehören insbesondere Kosten des Insolvenzverwalters, Gerichtsgebühren, Auslagen für die Sicherung und Verwertung der Masse sowie bestimmte Betriebs- und Verwaltungskosten, die während des Insolvenzverfahrens anfallen. Nach § 54 InsO umfasst dies insbesondere die Vergütung des Verwalters und seiner Hilfspersonen, Kosten externer Gutachter, Rechtsberatungskosten, Auslagen für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, aber auch wiederkehrende Kosten wie Miet- oder Energiekosten, soweit diese für die Masse anfallen und nach Verfahrenseröffnung entstehen. Wichtig ist, dass Massekosten nur dann den Vorrang und Zugriff auf die Masse genießen, wenn sie tatsächlich im Interesse der gemeinschaftlichen Gläubiger aufgewendet wurden oder zur Verwaltung bzw. Fortführung des Betriebs erforderlich sind. Die genaue Abgrenzung erfolgt im Einzelfall anhand der Zweckbindung der jeweiligen Aufwendung.

Wer trägt die Massekosten und wie werden sie bezahlt?

Die Massekosten werden vorrangig aus der Insolvenzmasse bedient, also aus dem Vermögen, das zur Zeit der Verfahrenseröffnung zum Schuldnervermögen gehört und zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger dient. Die Zahlung der Massekosten hat oberste Priorität, sodass sie vor allen anderen Insolvenzforderungen ausbezahlt werden. Ist die Insolvenzmasse nicht ausreichend, um alle Massekosten zu decken, spricht man von Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO). Ab diesem Zeitpunkt erfolgt eine anteilige Befriedigung der Massegläubiger, wobei der Insolvenzverwalter verpflichtet ist, den Eintritt der Masseunzulänglichkeit unverzüglich dem Insolvenzgericht anzuzeigen. Insolvenzgläubiger, deren Forderungen keine Masseverbindlichkeiten darstellen, gehen in diesem Fall leer aus oder müssen mit einer geringeren Quote rechnen.

Welche Ansprüche zählen zu den Massekosten?

Zu den Massekosten zählen gemäß §§ 53, 54 InsO insbesondere die Vergütung und Auslagen des Insolvenzverwalters, Kosten des vorläufigen Verwalters, Gerichtskosten, Honorare von Sachverständigen und notwendigen Beratern, Kosten der Masseverwaltung und -verwertung sowie bestimmte nach der Verfahrenseröffnung entstehende Dauerschuldverhältnisse, die der Insolvenzverwalter zur Fortführung des Betriebs aufrechterhält oder neu begründet. Ebenso fallen hierzu Kosten für die Aufrechterhaltung von Versicherungen, betriebsnotwendige Mietzahlungen oder Löhne für Arbeitnehmer, die der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung weiterbeschäftigt. Vorverfahrenstätigkeiten wie Gutachtenkosten vor Insolvenzeröffnung können, sofern im Zusammenhang mit der Masseverwaltung stehend, ebenfalls dazugehören, sofern sie nach Massegesichtspunkten erforderlich waren.

Wie unterscheiden sich Massekosten von sonstigen Kosten des Insolvenzverfahrens?

Massekosten haben eine spezielle insolvenzrechtliche Qualität: Sie gehören zu den Masseverbindlichkeiten, d.h. zu den während des Insolvenzverfahrens aus der Masse zu erfüllenden Verbindlichkeiten. Demgegenüber stehen die Insolvenzforderungen, also Ansprüche, die bereits vor der Eröffnung des Verfahrens gegen den Schuldner bestanden haben (§ 38 InsO). Massekosten werden also bevorzugt noch vor den Forderungen der Insolvenzgläubiger beglichen. Eine weitere Abgrenzung erfolgt zu den Kosten des Insolvenzverfahrens im engeren Sinn, etwa den Gerichtskosten, die lediglich für die Verfahrensdurchführung als solche entstehen und nicht unmittelbar mit der Masse verbunden sind. Letztere werden allerdings auch in der Massekosten-Reihenfolge berücksichtigt.

Was geschieht, wenn die Insolvenzmasse zur Deckung der Massekosten nicht ausreicht?

Reichen die vorhandene Masse und deren laufende Zuflüsse nicht aus, um alle als Massekosten qualifizierten Verbindlichkeiten zu erfüllen, tritt die sogenannte Masseunzulänglichkeit ein (§ 208 InsO). In diesem Fall ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, dies unverzüglich dem Insolvenzgericht anzuzeigen. Ab Eintritt und Anzeige der Masseunzulänglichkeit werden die Masseforderungen nur noch anteilig entsprechend ihrer Rangordnung (§ 209 InsO) bedient. Das kann dazu führen, dass verschiedene Massegläubiger, etwa Dienstleister oder Arbeitnehmer, nicht vollständig bezahlt werden können. Neue Verpflichtungen sind nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit möglichst zu vermeiden.

Welche Rechtsmittel stehen Massegläubigern zur Verfügung, wenn ihre Ansprüche nicht bedient werden?

Massegläubiger haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, ihre Ansprüche geltend zu machen. Scheitert die freiwillige Befriedigung durch den Insolvenzverwalter, können sie beim Insolvenzgericht beantragen, dass der Verwalter zur Zahlung verpflichtet wird (§ 55 InsO, § 208 InsO). Zudem können Massegläubiger Klage vor den ordentlichen Gerichten auf Leistung aus der Masse erheben. Im Fall der Masseunzulänglichkeit besteht allerdings nur noch ein Anspruch auf eine anteilige Befriedigung (Quotenanspruch) aus der verbleibenden Masse. Die Durchsetzung individueller Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Masse ist während des Insolvenzverfahrens jedoch grundsätzlich ausgeschlossen.

Können Massekosten nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch geltend gemacht werden?

Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ist die Durchsetzung von Massekostenforderungen grundsätzlich ausgeschlossen, da die Masse aufgebraucht und verteilt wurde. Ansprüche, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht geltend gemacht oder nicht anerkannt wurden, sind somit regelmäßig verloren. Es besteht lediglich die Möglichkeit, im Ausnahmefall nachträglich entdeckte Masse zu verwerten, sofern das Verfahren noch nicht formell aufgehoben wurde oder eine Nachtragsliquidation notwendig ist. Eine Weiterverfolgung solcher Ansprüche gegen den Schuldner persönlich ist nach Verfahrenseröffnung und -abschluss nur möglich, soweit es sich nicht um reine Masseforderungen, sondern etwa um deliktische Ansprüche handelt.