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Marktgewerbe


Begriff und rechtliche Einordnung des Marktgewerbes

Das Marktgewerbe ist ein eigenständiger Begriff aus dem deutschen Gewerberecht und beschreibt besondere Formen der gewerblichen Tätigkeit auf Märkten, Messen, Ausstellungen und ähnlichen Veranstaltungen. Marktgewerbe unterliegt spezifischen gesetzlichen Regelungen, die sich deutlich von den Vorschriften für das stationäre Gewerbe unterscheiden. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet insbesondere die Gewerbeordnung (GewO) in Verbindung mit weiteren spezialgesetzlichen Vorschriften.


Gesetzliche Grundlagen und Definition

Allgemeine Definition

Der Gesetzgeber versteht unter Marktgewerbe gemäß § 55 GewO – auch als sogenanntes „Reisegewerbe auf Märkten, Messen und ähnlichen Veranstaltungen“ bezeichnet – gewerbliche Tätigkeiten, die auf bestimmten, zeitlich und räumlich begrenzten Veranstaltungen ausgeübt werden. Hierzu zählen insbesondere Messen, Ausstellungen, Märkte und Volksfeste. Das Marktgewerbe hebt sich insbesondere durch die Eventbezogenheit von sog. stehenden Gewerbebetrieben ab.

Abgrenzung zu anderen Gewerbearten

Das Marktgewerbe ist abzugrenzen von:

  • dem stehenden Gewerbe (permanent an einem Standort betriebene Geschäfte, § 14 GewO)
  • dem Reisegewerbe (Ausübung der Tätigkeit ohne vorherige Bestellung außerhalb von festen Geschäftsräumen, §§ 55-60b GewO)

Das Marktgewerbe bezieht sich ausschließlich auf Tätigkeiten, die auf den gesetzlich privilegierten Veranstaltungen (§ 69 GewO) ausgeübt werden.


Typen und Erscheinungsformen des Marktgewerbes

Erfasste Veranstaltungen und Formen

Folgende Veranstaltungsarten werden vom Marktgewerbe umfasst:

  • Messen: zeitlich begrenzte Veranstaltungen mit einer großen Vielzahl von Anbieterinnen und Anbietern, meist zur Präsentation und zum Vertrieb neuer Produkte.
  • Märkte: regelmäßig bzw. unregelmäßig stattfindende Verkaufsveranstaltungen wie Wochenmärkte, Jahrmärkte oder Flohmärkte.
  • Ausstellungen: Verkaufsschauen oder Präsentationen mit Angebot zum Erwerb von Produkten.
  • Volksfeste: regelmäßig wiederkehrende Feste, auf denen auch Verkaufsstände zugelassen sind.

Gewerbliche Tätigkeiten im Rahmen des Marktgewerbes

Erlaubt sind u.a.:

  • Verkauf von Waren aller Art
  • Gastronomische Angebote (Essens- und Getränkeverkauf)
  • Schaustellung von Personen, Tieren oder Gegenständen

Ausgenommen sind bestimmte erlaubnispflichtige Tätigkeiten oder solche, die ausdrücklich von der Marktgewerbeerlaubnis ausgeschlossen sind.


Rechtliche Anforderungen und Verfahren

Erlaubnisverfahren und Marktprivileg

Marktfestsetzung

Für die Ausübung eines Marktgewerbes ist die Festsetzung der jeweiligen Veranstaltung durch die zuständige Behörde zwingend erforderlich (§§ 69 ff. GewO). Die Festsetzung erfolgt durch einen Verwaltungsakt und hat zur Folge, dass auf der festgesetzten Veranstaltung besondere Vorschriften, das sogenannte Marktprivileg, Anwendung finden. Diese betreffen unter anderem:

  • Erleichterung im Zulassungsverfahren für Händlerinnen und Händler
  • Abweichende Öffnungszeitenregelungen
  • Sonderregelungen beim Verkauf von Waren (z.B. Ausnahmen vom Ladenschlussgesetz)

Teilnahmeberechtigung

Unternehmen und natürliche Personen, die am Marktgewerbe teilnehmen wollen, müssen – abhängig von der Art des Marktes und vom Angebot – bestimmte Voraussetzungen erfüllen, insbesondere die Zuverlässigkeit nachweisen und ggf. weitere Bedingungen bezüglich Gesundheit, Hygiene oder Produktsicherheit einhalten.


Gewerbeanmeldung und Anzeige

Marktgewerbetreibende benötigen keine klassische Gewerbeerlaubnis nach § 34b GewO, sondern melden ihr Gewerbe der zuständigen Behörde an, sofern sie keiner Reisegewerbekarte oder einer anderen besonderen Genehmigung bedürfen. Die Vorgaben, etwa hinsichtlich der Dokumentation oder Kennzeichnungspflichten, richten sich nach der jeweiligen Art der Veranstaltung und des Angebots.


Gesetzliche Sonderregelungen und Privilegien

Marktprivilegien gemäß Gewerbeordnung

Die wichtigste Besonderheit des Marktgewerbes ist das sogenannte Marktprivileg, das sich in zahlreichen Abweichungen von den üblichen Vorschriften manifestiert. Zu den zentralen Erleichterungen zählen:

  • Befreiung von bestimmten gewerberechtlichen Vorgaben: Auf Märkten, Messen oder Ausstellungen sind viele gewerberechtlichen Beschränkungen gelockert.
  • Erleichterte Annahme von Warenverkäufen: Unmittelbare Warenverkäufe an anwesende Besucher sind zulässig, auch bei Waren, die sonst unter das Fernabsatzrecht fallen.
  • Reduzierte Prüfpflichten: Für bestimmte Tätigkeiten gelten erleichterte Nachweis- und Informationspflichten.

Pflichten und Beschränkungen für Marktgewerbetreibende

Gewerberechtliche Pflichten

Trotz der Erleichterungen sind zahlreiche gewerbliche Pflichten zu beachten. Hierzu gehören insbesondere:

  • Einhaltung von Hygienevorschriften (insbesondere bei Lebensmitteln)
  • Beachtung des Jugendschutzgesetzes
  • Ladenschutzregelungen, soweit Marktprivileg nicht greift
  • Einhaltung der Vorschriften zum Schutz des Wettbewerbs

Steuerliche Behandlung

Umsätze aus Marktgewerben unterliegen grundsätzlich den allgemeinen steuerlichen Vorschriften (insbesondere der Umsatz- und Einkommensteuer). Die Registrierung und steuerliche Erfassung erfolgt beim zuständigen Finanzamt.

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Das Marktgewerbe zieht die üblichen sozialversicherungsrechtlichen Folgen nach sich, insbesondere hinsichtlich der Anmeldung von Beschäftigten und der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen.


Marktkontrolle und Überwachung

Die Einhaltung der marktspezifischen Vorschriften wird von den Ordnungsbehörden und Marktaufsicht überprüft. Verstöße können zur Untersagung der Tätigkeit, Bußgeldern oder zum Entzug von Genehmigungen führen.


Bedeutung und Abgrenzung im Wirtschaftsrecht

Das Marktgewerbe spielt eine bedeutende Rolle im Bereich der temporären Verkaufsstätten und Veranstaltungen und ist rechtlich zwischen dem stehenden Gewerbe und dem Reisegewerbe angesiedelt. Es unterliegt eigenen, detailliert geregelten Bestimmungen, die sowohl Rechte als auch Pflichten enthalten und einen Ausgleich zwischen Anbietenden, Konsumierenden und öffentlichen Belangen schaffen.


Wichtige Rechtsvorschriften und weiterführende Informationen

  • Gewerbeordnung (GewO), insbesondere §§ 55-68 und §§ 69-71
  • Ladenschlussgesetz (LadSchlG)
  • Lebensmittelrechtliche Bestimmungen
  • Jugendschutzgesetz (JuSchG)
  • Steuerliche Vorschriften der Abgabenordnung (AO) und des Umsatzsteuergesetzes (UStG)

Mit diesen Regelungen wird gewährleistet, dass das Marktgewerbe als temporär und anlassbezogen organisierte Form der Gewerbetätigkeit rechtssicher und unter klar definierten Rahmenbedingungen durchgeführt werden kann.

Häufig gestellte Fragen

Wer benötigt nach deutscher Rechtslage eine Reisegewerbekarte für ein Marktgewerbe?

Eine Reisegewerbekarte ist nach § 55 der Gewerbeordnung (GewO) grundsätzlich erforderlich, wenn eine selbstständige, erlaubnisfreie Tätigkeit außerhalb einer gewerblichen Niederlassung, ohne vorhergehende Bestellung durch den Kunden, ausgeübt wird. Dies betrifft insbesondere Tätigkeiten auf Märkten, Messen, Ausstellungen oder von Wohnwagen bzw. mobilen Ständen aus. Klassische Beispiele sind der Verkauf von Waren auf Wochen- oder Jahrmärkten sowie das gewerbsmäßige Anbieten von Dienstleistungen auf öffentlichen Plätzen. Von der Erlaubnispflicht ausgenommen sind Tätigkeiten, die lediglich auf eigens hierfür behördlich zugelassenen Märkten ausgeübt werden (z.B. auf sogenannten „festgesetzten Märkten“ nach §§ 67 ff. GewO) – hier genügt in vielen Fällen eine Gewerbeanzeige nach § 14 GewO. Für bestimmte Handwerke oder überwachungsbedürftige Gewerbe (z. B. Bewachungsgewerbe) können zusätzliche Erlaubnisse oder Nachweise erforderlich sein. Wer ohne die erforderliche Reisegewerbekarte tätig wird, handelt ordnungswidrig und muss mit empfindlichen Bußgeldern rechnen.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Ausgestaltung von Marktständen?

Die gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung von Marktständen richten sich hauptsächlich nach dem Ordnungsrecht und den Hygienevorschriften. Nach den jeweiligen Straßen- und Sondernutzungssatzungen der Kommunen ist vor allem auf die sichere Aufstellung des Standes, die Einhaltung von Durchgangsbreiten und Zufahrten für Rettungsdienste sowie auf einen festen Stand zu achten, um Unfallgefahren zu vermeiden. Neben dem Baurecht (etwa Brandschutzauflagen für elektrische Geräte und Stände), sind insbesondere die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes und der Lebensmittelhygiene-Verordnung zu beachten, sofern Lebensmittel angeboten werden. Hierzu zählen die notwendigen Handwaschmöglichkeiten, die Sauberkeit des Standes und ggf. Kühlmöglichkeiten. Für bestimmte Waren, wie Fleisch oder Molkereiprodukte, gelten spezielle Transport- und Aufbewahrungsanforderungen nach EU-Recht und nationalem Recht. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann zu Verwarnungen, Untersagungen und Bußgeldern führen.

Welche steuerlichen Pflichten treffen Anbieter im Marktgewerbe?

Marktgewerbetreibende unterliegen grundsätzlich den gleichen steuerlichen Pflichten wie andere Gewerbetreibende. Sie müssen ihr Gewerbe beim zuständigen Finanzamt anmelden, eine Steuernummer beantragen und sind verpflichtet, Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß aufzuzeichnen (§ 140 ff. Abgabenordnung). Die Umsatzsteuerpflicht greift, sofern die jährlichen Umsätze die gesetzlichen Grenzen für Kleinunternehmer (§ 19 UStG) überschreiten. Umsatzsteuer muss in diesen Fällen bereits beim Verkauf auf dem Markt berechnet und später an das Finanzamt abgeführt werden. Ebenfalls sind Gewinnermittlungen oder Einnahmenüberschussrechnungen zu erstellen und im Rahmen der Steuererklärung einzureichen. Hinzu kommen ggf. Pflichten zur Abführung von Gewerbesteuer, abhängig vom jährlichen Gewinn und der jeweiligen Gemeinde. Steuerstraftaten (z. B. Steuerhinterziehung durch nicht-erfasste Einnahmen) werden in Deutschland streng verfolgt.

Was gilt beim Warenangebot bezüglich Preisangaben und Verbraucherschutz?

Nach der Preisangabenverordnung (PAngV) sind Anbieter auf Märkten verpflichtet, alle Waren durch gut sichtbare Preisschilder auszuzeichnen. Dabei ist der Gesamtpreis anzugeben, der alle Preisbestandteile einschließlich Umsatzsteuer und sonstigen Abgaben enthält. Bei Waren, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche verkauft werden, ist zusätzlich auch der Grundpreis pro Mengeneinheit anzugeben. Darüber hinaus gilt auch beim Verkauf auf Märkten das Verbraucherschutzrecht: Das bedeutet beispielsweise, dass Verbraucher das Recht auf sachmängelfreie Ware nach §§ 434 ff. BGB haben, auch wenn nachträgliches Umtausch- oder Widerrufsrecht im stationären Handel nicht zwingend vorgeschrieben ist. Bei Verkauf von Lebensmitteln oder verderblicher Ware sind die Kennzeichnungspflichten gemäß LMIV (Lebensmittelinformationsverordnung, EU-VO Nr. 1169/2011) einzuhalten, beispielsweise zur Allergenkennzeichnung.

Welche Regelungen gelten für den Gesundheitsschutz und das Hygienepersonal bei Lebensmitteln?

Wer auf Märkten Lebensmittel verkauft, muss neben den allgemeinen hygienerechtlichen Vorschriften insbesondere die EU-Verordnung Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene und das Infektionsschutzgesetz beachten. Das Personal muss vor der erstmaligen Tätigkeit eine Bescheinigung über die Belehrung nach § 43 IfSG (früher „Gesundheitszeugnis“) besitzen, die nicht älter als drei Monate sein darf. Diese gilt dann unbefristet, solange die Tätigkeit nicht unterbrochen wird. Zudem sind regelmäßige betriebseigene Hygieneschulungen sowie betriebsinterne Selbstkontrollen durchzuführen und zu dokumentieren. Werden Verstöße festgestellt (z. B. Verkauf verdorbener Ware, keine Handwaschgelegenheiten), drohen Maßnahmen bis hin zur Schließung des Standes und empfindliche Bußgelder.

Wie wird der Standplatz für ein Marktgewerbe rechtlich zugeteilt und geregelt?

Die Zuteilung von Standplätzen auf Märkten erfolgt grundsätzlich über das Marktamt bzw. die zuständige kommunale Behörde. Die Zuteilung kann im Rahmen von Dauerstandplätzen (Pacht, langfristige Zuweisung) oder als Tagesstandplatz erfolgen. Häufig müssen sich Gewerbetreibende für einen Stand schriftlich bewerben, wobei bestimmte Unterlagen (z.B. Reisegewerbekarte, Auszug aus dem Gewerbezentralregister) vorzulegen sind. Die Standplatzvergabe unterliegt dem Gleichbehandlungsgrundsatz sowie dem Erfordernis der Transparenz; willkürliche Ablehnung ist ausgeschlossen und kann gegebenenfalls gerichtlich überprüft werden. Die Benutzung des Standplatzes ist häufig an Gebühren gekoppelt. Rechtsgrundlagen sind u. a. die örtlichen Marktordnungen und das Bundes-Immissionsschutzgesetz bezüglich Lärmschutz und Verkehrslenkung. Vorübergehende Sperrungen oder Änderungen des Standplatzes sind von der Behörde anzuordnen, falls Sicherheitsinteressen dies erfordern.

Welche Besonderheiten gelten bei der Haftung für Schäden auf dem Markt?

Marktgewerbetreibende haften grundsätzlich zivilrechtlich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB (§§ 823 ff.) für Schäden, die sie schuldhaft verursachen – beispielsweise wenn ein unsachgemäß gesicherter Stand umstürzt oder angebotene Waren zu Verletzungen führen. Der Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung wird daher dringend empfohlen, ist aber nicht zwingend vorgeschrieben. Betreiber von Ständen, die Arbeitnehmer beschäftigen, müssen zudem die Unfallverhütungsvorschriften der DGUV beachten. Bei Verstößen gegen behördliche Auflagen (z.B. Auflagen für die Standplatzbenutzung oder die Hygiene) kann die Haftung verschärft sein; in besonders gravierenden Fällen sogar bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen.