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Markt, regulierter (Börse)


Begriff und Abgrenzung: Regulierte Märkte (Börse)

Ein regulierter Markt im Kontext der Börsen bezeichnet einen durch Rechtsvorschriften umfassend überwachten und organisierten Handelsplatz für Finanzinstrumente. Dieser Markttyp ist als Unterfall der organisierten Märkte rechtlich definiert und unterliegt einer strengen staatlichen Kontrolle. Die Regelungen zielen insbesondere auf ein hohes Maß an Transparenz, Integrität des Handels und Schutz der Marktteilnehmer ab.

Ein regulierter Markt unterscheidet sich von anderen Handelsplattformen, wie multilateralen Handelssystemen (MTF) oder organisierten Handelssystemen (OTF), insbesondere hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen für die gehandelten Wertpapiere, der Pflichten der Marktbetreiber sowie der staatlichen Kontrolle.

Rechtliche Grundlagen

Europäische Rechtsgrundlagen

Die zentrale Rechtsquelle für die Definition und Regulierung regulierter Märkte ist die Richtlinie 2014/65/EU über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) sowie deren Durchführungsverordnungen. Nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II ist ein geregelter Markt ein von einem Marktbetreiber betriebenes und/oder verwaltetes multilaterales System, das eine regelmäßige Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten gemäß den eigenen Vorschriften zulässt und das von der zuständigen Behörde dauerhaft zugelassen und überwacht wird. Nur Märkte, die diesen strengen Anforderungen genügen, sind als regulierte Märkte anerkannt.

Nationale Rahmenbedingungen (Deutschland)

In Deutschland sind die einschlägigen Bestimmungen zur Organisation und Überwachung geregelter Märkte insbesondere im Börsengesetz (BörsG), im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und einschlägigen Rechtsverordnungen enthalten. Hieraus ergeben sich detaillierte Vorgaben, unter anderem für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel, die Pflichten des Börsenbetreibers und die Maßgaben für die Überwachung und Regulierung des Marktes.

Zulassungsvoraussetzungen

Gemäß § 32 BörsG bedarf die Errichtung und der Betrieb eines regulierten Marktes einer förmlichen Zulassung durch die zuständige Behörde. Ferner müssen zugelassene Wertpapiere bestimmte Voraussetzungen erfüllen, wie sie insbesondere § 32 ff. BörsG und die Börsenordnungen vorsehen. Die Zulassung erfolgt anhand transparenter und objektivierbarer Kriterien.

Überwachung und Aufsicht

Die fortlaufende Überwachung der regulierten Märkte obliegt in Deutschland der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und den zuständigen Börsenaufsichtsbehörden der Länder. Marktmanipulation und Insiderhandel unterliegen den Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschriften des WpHG und weiteren Rechtsakten.

Funktionsweise und Merkmale regulierter Märkte

Organisation und Handel

Regulierte Märkte werden in der Regel von Börsen betrieben. In Deutschland sind dies insbesondere die Frankfurter Wertpapierbörse, die Börse Stuttgart und weitere Regionalbörsen. Die Organisation erfordert klare und transparente Handelsregeln, einen geregelten Ablauf der Transaktionen sowie umfangreiche Maßnahmen zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Preisbildung.

Zulassung und Pflichten der Emittenten

Emittenten von Finanzinstrumenten, die auf einem regulierten Markt gehandelt werden sollen, müssen umfangreiche Zulassungsvoraussetzungen und Veröffentlichungspflichten erfüllen. Dazu zählen die Vorlage eines gebilligten Prospekts gemäß der EU-Prospektverordnung und fortlaufende Berichterstattungspflichten, beispielsweise zur Ad-hoc-Publizität und Directors‘ Dealings.

Transparenzanforderungen

Die Teilnehmer und die Öffentlichkeit müssen über sämtliche preissensible Informationen transparent informiert werden. Dies gewährleistet eine ausgewogene Marktinformation und verhindert unlautere Handelspraktiken. Die Transparenzanforderungen umfassen sowohl die Vor- als auch die Nachhandelstransparenz und werden durch elektronische Handelssysteme und Meldepflichten unterstützt.

Abgrenzung zu anderen Markttypen

Der regulierte Markt ist von anderen Handelsplattformen, namentlich Multilateralen Handelssystemen (MTF) sowie Organisierten Handelssystemen (OTF), rechtlich und tatsächlich abzugrenzen. Während für regulierte Märkte besonders hohe Anforderungen und umfassende Überwachungspflichten gelten, sind die Zugangsvoraussetzungen für MTF und OTF in der Regel weniger streng. Im Gegensatz zum geregelten Markt unterliegen diese anderen Handelsplattformen nicht denselben Transparenz- und Zulassungsvorschriften für Emittenten und Wertpapiere.

Rechtliche Folgen der Zulassung zum regulierten Markt

Schutz der Anleger und Marktteilnehmer

Die Teilnahme am regulierten Markt genießt ein besonders hohes Maß an Rechtssicherheit. Emittenten sind zu umfangreicher Publizität und Einhaltung strenger Verhaltenspflichten verpflichtet. Anleger profitieren von der institutionellen Aufsicht und der Verfolgung von Marktmissbrauchstatbeständen.

Insolvenz und Delisting

Auch im Falle von Insolvenzverfahren oder des sogenannten Delisting – der Entfernung eines Wertpapiers vom regulierten Markt – bestehen umfassende rechtliche Vorgaben zum Anlegerschutz und zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Verfahrens. Das Börsengesetz und die einschlägigen Vorschriften regeln die genauen Voraussetzungen, unter denen ein Delisting erfolgen kann.

Internationale Relevanz

Regulierte Märkte bestehen in nahezu allen wesentlichen Wirtschaftsnationen. Die Anforderungen in der Europäischen Union wurden durch die Umsetzung der MiFID II weithin harmonisiert. Vergleichbare Anforderungen finden sich in anderen Rechtsordnungen, etwa den USA (z.B. NYSE, Nasdaq), wobei die Detailregelungen national unterschiedlich ausgestaltet sein können.

Literatur und weiterführende Vorschriften

  • MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU)
  • Börsengesetz (BörsG)
  • Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)
  • EU-Prospektverordnung
  • Börsenordnungen der einzelnen Börsenplätze

Zusammenfassung:
Der Begriff „regulierter Markt (Börse)“ beschreibt einen gesetzlich geregelten und staatlich überwachten Börsenmarkt mit hohen Standards für Transparenz, Zulassung und Anlegerschutz. Die spezifischen Anforderungen und Pflichten, insbesondere in Bezug auf die Zulassung von Wertpapieren und die Pflichten der Marktteilnehmer, gewährleisten ein besonders hohes Maß an Integrität und Effizienz im Handel mit Finanzinstrumenten.

Häufig gestellte Fragen

Wie werden Teilnehmer am regulierten Markt (Börse) rechtlich zugelassen?

Die Zulassung von Teilnehmern zum Handel an einem regulierten Markt erfolgt nach strengen gesetzlichen Vorschriften, die insbesondere im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und im Börsengesetz (BörsG) geregelt sind. Grundvoraussetzung ist in der Regel eine Erlaubnis der zuständigen Aufsichtsbehörde (in Deutschland die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin). Darüber hinaus müssen potenzielle Handelsteilnehmer ihre Zuverlässigkeit, fachliche Eignung und geordnete wirtschaftliche Verhältnisse nachweisen. Für Unternehmen, die als Handelsteilnehmer auftreten möchten, gibt es zusätzliche Voraussetzungen bezüglich ihrer Rechtsform und ihres Geschäftszwecks. Auch die technische Ausstattung und die Einhaltung der handels- und aufsichtsrechtlichen Vorgaben (z. B. Meldepflichten nach MiFID II) werden überprüft. Zugelassene Teilnehmer sind verpflichtet, die Marktintegrität zu wahren und sich an die Handelsregeln der jeweiligen Börse zu halten.

Welche Transparenzvorschriften gelten am regulierten Markt?

Der regulierte Markt unterliegt umfangreichen Transparenzvorschriften nach europäischem (MiFID II, MiFIR, Marktmissbrauchsverordnung) und nationalem Recht. Emittenten von Wertpapieren müssen insbesondere über Insiderinformationen, Directors‘ Dealings und wesentliche Unternehmensereignisse unverzüglich öffentlich informieren (§ 26 WpHG). Zudem bestehen umfangreiche Regelungen zu regelmäßigen und ad-hoc-Publizitätspflichten, etwa zur Veröffentlichung von Jahres- und Zwischenberichten. Auf Handelsseite sind Bestimmungen zur Vor- und Nachhandelstransparenz einzuhalten, die dafür sorgen, dass Preise und Volumina von Aufträgen und abgeschlossenen Transaktionen in standardisierter Weise veröffentlicht werden. Ziel dieser Regelungen ist es, Marktmanipulation und Insiderhandel zu verhindern und die Marktintegrität sicherzustellen.

Welche Sanktionsmechanismen gibt es bei Verstößen am regulierten Markt?

Verstöße gegen die gesetzlichen und börslichen Vorschriften am regulierten Markt können mit einer Vielzahl von Sanktionen geahndet werden. Die BaFin und die Börsenaufsichtsbehörden haben umfangreiche Eingriffs- und Sanktionsmöglichkeiten. Dazu gehören Geldbußen, Abmahnungen, der Entzug der Zulassung zum Handel und im äußersten Fall strafrechtliche Verfolgung. Besonders schwerwiegende Verstöße, etwa Marktmanipulation oder Insiderhandel, werden strafrechtlich verfolgt und können mit Freiheitsstrafen geahndet werden (§ 119 WpHG). Auch Ordnungswidrigkeiten, wie die verspätete oder unterlassene Veröffentlichung von Insiderinformationen, werden mit empfindlichen Bußgeldern geahndet. Darüber hinaus sind auch Handelsüberwachungsstellen der Börsen befugt, Maßnahmen gegenüber Handelsteilnehmern zu ergreifen, etwa in Form von Sperrungen oder Verwarnungen.

Welche Rolle spielt das Börsengesetz (BörsG) im regulierten Markt?

Das Börsengesetz bildet die zentrale rechtliche Grundlage für den Betrieb von Börsen und die Organisation des regulierten Marktes in Deutschland. Es regelt neben den Zulassungsvoraussetzungen für Börsenbetreiber und Wertpapieremittenten auch die Aufgaben und Befugnisse der Börsenorgane (Börsenaufsicht, Handelsüberwachungsstelle), die Ausgestaltung der Handelsbedingungen sowie den Anlegerschutz und die Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen. Insbesondere legt das BörsG fest, unter welchen Voraussetzungen Wertpapiere zum Handel am regulierten Markt zugelassen werden, welche Pflichten im Hinblick auf die Publizität zu erfüllen sind und wie die Geschäftsabwicklung an der Börse rechtlich abzusichern ist.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt?

Die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt ist an detaillierte rechtliche Voraussetzungen gebunden, die unter anderem im BörsG, der Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) und der EU-Prospektverordnung geregelt sind. Emittenten müssen einen von der zuständigen Behörde gebilligten Wertpapierprospekt vorlegen, der umfassende Informationen über das Unternehmen und das angebotene Wertpapier enthält. Darüber hinaus werden Anforderungen an die Handelbarkeit, die Mindestgröße des Emissionsvolumens, die Streuung der Aktien (Mindeststreubesitz) sowie an die Unternehmensführung und Rechnungslegung gestellt. Weiterhin sind fortlaufende Berichtspflichten während der Börsennotierung zu erfüllen, beispielsweise die Veröffentlichung von Jahresabschlüssen und Ad-hoc-Mitteilungen.

Wie ist die Überwachung des Handels am regulierten Markt rechtlich organisiert?

Die Überwachung des Handels am regulierten Markt erfolgt auf mehreren Ebenen: Zum einen überwachen die Handelsüberwachungsstellen der jeweiligen Börsen den ordnungsgemäßen Ablauf des Börsenhandels, zum anderen obliegt der BaFin und den Landesbörsenaufsichtsbehörden die allgemeine Aufsicht über den Börsenbetrieb. Dazu gehören die Überwachung von Handelsaktivitäten, das Erkennen und Ahnden von Marktmissbrauch (wie Insiderhandel und Marktmanipulation) sowie die Aufklärung und Dokumentation von Unregelmäßigkeiten. Die Börsen sind verpflichtet, umfassende Daten über alle Transaktionen zu speichern und der Aufsichtsbehörde auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Verstöße werden umgehend gemeldet und können zu Sanktionen führen.

Welche rechtlichen Pflichten haben Emittenten am regulierten Markt nach erfolgter Zulassung?

Nach der Zulassung zum regulierten Markt unterliegen Emittenten umfangreichen fortlaufenden rechtlichen Pflichten. Neben der regelmäßigen Finanzberichterstattung (Jahresabschlüsse, Halbjahresfinanzberichte, Zwischenmitteilungen) müssen sie alle kursrelevanten Informationen ad hoc veröffentlichen (§ 26 ff. WpHG). Des Weiteren besteht eine Verpflichtung zur Führung und Veröffentlichung von Insiderverzeichnissen, zur Offenlegung von Geschäften mit Führungspersonen (Directors‘ Dealings) sowie zur Mitteilung von Stimmrechtsanteilen und sonstigen bedeutenden Beteiligungen. Die Einhaltung dieser Pflichten wird streng überwacht, Verstöße können zu empfindlichen Sanktionen führen und im schlimmsten Fall den Widerruf der Zulassung nach sich ziehen.