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Luftfahrzeugführer


Begriff und rechtliche Einordnung des Luftfahrzeugführers

Der Begriff Luftfahrzeugführer bezeichnet im deutschen Luftrecht die Person, die das rechtliche und tatsächliche Kommando über ein Luftfahrzeug während des Fluges innehat. Die Tätigkeit des Luftfahrzeugführers ist umfassend gesetzlich geregelt, insbesondere im Luftverkehrsgesetz (LuftVG), in der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) sowie durch europarechtliche Vorschriften. Der Luftfahrzeugführer ist für die Führung und Steuerung sämtlicher Arten von Luftfahrzeugen – darunter Flugzeuge, Hubschrauber, Segelflugzeuge, Ballone, Drachen und Luftschiffe – entweder als Pilot oder als verantwortlicher Luftfahrzeugführer verantwortlich.

Rechtlicher Status und Verantwortungsbereich

Der Luftfahrzeugführer trägt die unmittelbare Verantwortung für die sichere Durchführung des Fluges. Seine Pflichten bestehen unabhängig davon, ob er Eigentümer oder Halter des Luftfahrzeugs ist oder dieses lediglich betreibt.

Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen rechtlichen Regelungen finden sich im:

  • Luftverkehrsgesetz (LuftVG): Nach § 4 LuftVG ist für das Führen eines Luftfahrzeugs eine gültige Lizenz erforderlich. § 27 LuftVO besagt, dass der Luftfahrzeugführer für „die sichere und ordnungsgemäße Führung des Luftfahrzeugs“ verantwortlich ist.
  • Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO): Sie enthält umfangreiche Vorschriften zu den Rechten und Pflichten des Luftfahrzeugführers, insbesondere zu Verhaltensregeln im Luftraum, den Mitführungspflichten von Dokumenten und dem Verhalten bei Notfällen oder Unfällen.
  • Europäische Durchführungsverordnungen (z. B. EU 1178/2011, EU 965/2012): Sie regeln die Erteilung von Pilotenlizenzen, medizinischen Tauglichkeitsnachweisen, Ausbildung und fortlaufende Überprüfungen auf europäischer Ebene.

Lizenzierung und Anforderungen an den Luftfahrzeugführer

Lizenzen und Berechtigungen

Für das rechtmäßige Führen eines Luftfahrzeugs ist der Erwerb einer gültigen Lizenz zwingend erforderlich. Die Lizenzen unterscheiden sich u. a. nach Luftfahrzeugarten und befördert.

  • Privatpilotenlizenz (PPL)
  • Berufspilotenlizenz (CPL)
  • Verkehrspilotenlizenz (ATPL)
  • Lizenzen für Segelflugzeuge und Ballone
  • Berechtigungen für spezielle Flugoperationen (z. B. Nachtflug, Instrumentenflug)

Die Ausstellung dieser Lizenzen ist an den Nachweis theoretischer und praktischer Kenntnisse, einer abgeschlossenen Flugausbildung und regelmäßiger medizinischer Tauglichkeitsuntersuchungen geknüpft.

Medizinische und fachliche Voraussetzungen

Der Luftfahrzeugführer muss in regelmäßigen Abständen einen Nachweis über seine gesundheitliche Eignung erbringen. Die Tauglichkeit wird jeweils von einer zugelassenen flugmedizinischen Untersuchungsstelle beurteilt. Zudem müssen Luftfahrzeugführer ihre Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten regelmäßig nachweisen und auffrischen (Checkflüge, Schulungen, Erfahrungsnachweise).

Pflichten und Verantwortungen des Luftfahrzeugführers

Allgemeine Pflichten

Der Luftfahrzeugführer hat umfangreiche Pflichten, darunter:

  • Sicherstellung der Lufttüchtigkeit: Kontrolle der Funktionsfähigkeit und Wartung des Luftfahrzeugs vor jedem Flug.
  • Überprüfung von Ausrüstung und Beladung: Die Einhaltung zulässiger Gewichte sowie die ordnungsgemäße Sicherung der Ladung und Passagiere.
  • Dokumentations- und Mitführungspflichten: Verpflichtung, die erforderlichen Dokumente einschließlich Flugbuch, Bordbuch, Zulassungs- und Versicherungspapiere sowie Lizenz- und Tauglichkeitsnachweise mitzuführen.
  • Befolgung von Flugregeln und Anweisungen: Beachten der Vorschriften zu Flugbetrieb, Luftraumstrukturen, Flugplänen und Sicherheitsmindesthöhen sowie das Einhalten von Anweisungen der Flugsicherung.

Besondere Verantwortlichkeit bei Unfällen und Notfällen

Bei Störungen, Unfällen oder Notfällen hat der Luftfahrzeugführer schnell und sicher zu handeln und die Behörden zu informieren. Darüber hinaus bestehen Pflichten zur Unfall- und Störungsmeldung gemäß § 5 LuftVO und entsprechenden EU-Vorgaben.

Weisungsbefugnis

Im Rahmen des Flugbetriebs hat der Luftfahrzeugführer das Recht, Weisungen an die Besatzung und Passagiere zu erteilen, um die Sicherheit des Fluges zu gewährleisten. Diese Weisungsbefugnis ist verbindlich und bei Zuwiderhandlungen kann der Ausschluss von Personen aus dem Flug erfolgen.

Haftung des Luftfahrzeugführers

Zivilrechtliche Haftung

Der Luftfahrzeugführer haftet grundsätzlich für Schäden, die aus schuldhaften Pflichtverletzungen entstehen. Die Haftung kann sich sowohl auf Sach- und Personenschäden im Luftfahrzeug als auch auf Dritte erstrecken. Allerdings sind Umfang und Voraussetzungen der zivilrechtlichen Haftung im Luftverkehrsrecht (insbesondere im LuftVG und in internationalen Abkommen wie dem Montrealer Übereinkommen) teilweise speziell geregelt.

Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechtliche Aspekte

Verstöße gegen luftrechtliche Vorschriften können als Ordnungswidrigkeiten oder in schwereren Fällen als Straftaten verfolgt werden. Die Sanktionen reichen von Bußgeldern bis zu Freiheitsstrafen, insbesondere bei Gefährdung der Luftverkehrssicherheit oder grober Fahrlässigkeit.

Abgrenzung und Sonderfälle

Luftfahrzeugführer vs. Luftfahrzeughalter

Der Luftfahrzeugführer darf nicht mit dem Luftfahrzeughalter verwechselt werden. Während der Halter Eigentümer oder Besitzer und damit der wirtschaftlich Verantwortliche ist, hat nur der Luftfahrzeugführer das tatsächliche und rechtliche Kommando während des Fluges.

Besondere Regelungen für verschiedene Luftfahrzeugtypen

Je nach Luftfahrzeugtyp (zum Beispiel Drohnen, unbemannte Luftfahrzeuge, Ultraleichtflugzeuge) gelten gesonderte Regelungen bezüglich der Ausbildung, Lizenzierung und Pflichten.

Internationale Regelungen

Viele der luftfahrtrechtlichen Vorschriften in Deutschland beruhen auf internationalen Vereinbarungen, wie dem Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (Chicagoer Abkommen), den Regelungen der International Civil Aviation Organization (ICAO) und der Europäischen Union (EASA-Regelungen). Diese Vorschriften sorgen für weitgehende Vereinheitlichung und gegenseitige Anerkennung von Lizenzen und Fachkundenachweisen im internationalen Luftverkehr.

Literatur und weiterführende Rechtsquellen

  • Luftverkehrsgesetz (LuftVG)
  • Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO)
  • Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 (Pilotenlizenzen)
  • ICAO Annex 1 – Personnel Licensing
  • Montrealer Übereinkommen

Dieser Artikel bietet eine umfassende rechtliche Darstellung des Begriffs Luftfahrzeugführer und beleuchtet alle maßgeblichen Aspekte zur Ausübung, den Pflichten, der Haftung sowie den nationalen und internationalen rechtlichen Rahmenbedingungen.

Häufig gestellte Fragen

Wer gilt nach deutschem Luftrecht als verantwortlicher Luftfahrzeugführer (Pilot in Command)?

Im deutschen Luftrecht, insbesondere nach dem Luftverkehrsgesetz (LuftVG) und der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO), gilt der verantwortliche Luftfahrzeugführer – häufig als „Pilot in Command“ (PIC) bezeichnet – als diejenige Person, die während eines Fluges die tatsächliche Befugnis und Verantwortung für die Führung des Luftfahrzeugs innehat. Diese Rechtsstellung beinhaltet weitgehende Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse in Bezug auf die sichere Durchführung des Fluges, unabhängig davon, wem das Luftfahrzeug gehört oder wer weitere Besatzungsmitglieder sind. Der verantwortliche Luftfahrzeugführer ist verpflichtet, alle geltenden Flugregeln, luftrechtlichen Vorschriften sowie betriebliche Verfahren zu beachten. Weiterhin ist er für die ordnungsgemäße Vorbereitung des Fluges – einschließlich Wetterbeurteilung, Flugplanung und Überprüfung der Lufttüchtigkeit des Luftfahrzeugs – zuständig sowie für die Einhaltung der vorgeschriebenen Melde- und Dokumentationspflichten. Im Falle von Rechtsverstößen, Unfällen oder besonderen Vorkommnissen ist ausschließlich der verantwortliche Luftfahrzeugführer gegenüber den Behörden auskunftspflichtig und trägt die rechtliche Hauptverantwortung. Abweichungen von Standardverfahren sind nur zulässig, wenn dies zur unmittelbaren Gefahrenabwehr notwendig ist und müssen im Nachgang ausführlich dokumentiert und gegebenenfalls gemeldet werden.

Welche Nachweisdokumente muss ein Luftfahrzeugführer laut Gesetz mitführen?

Jede Person, die als Luftfahrzeugführer ein Flugzeug oder anderes Luftfahrzeug im Geltungsbereich des Luftverkehrsgesetzes führt, ist gesetzlich verpflichtet, eine Reihe von Dokumenten ständig mitzuführen und auf Verlangen den zuständigen Behörden vorzulegen. Hierzu zählen insbesondere: ein gültiger Luftfahrerschein (Pilotenschein) für das entsprechende Muster und die jeweilige Berechtigung, ein amtlicher Lichtbildausweis zur Identifikation, ein gültiges Tauglichkeitszeugnis (Medical) entsprechend der persönlichen Lizenzkategorie sowie, abhängig von der Flugart, ggf. weitere Berechtigungsnachweise (Zusatzeintragungen, Sprachkenntnisse, spezielle Erlaubnisse für Nacht- oder Instrumentenflug). Zusätzlich müssen sich an Bord die luftfahrzeugbezogenen Dokumente befinden, wie das Lufttüchtigkeitszeugnis, die Zulassungsbescheinigung, das Bordbuch, der Versicherungsnachweis und ggf. spezielle Genehmigungen für grenzüberschreitende Flüge. Die genaue Liste ergibt sich aus § 4 LuftVO und den jeweils einschlägigen EU-Verordnungen (insb. Verordnung (EU) Nr. 1178/2011).

Wann haftet ein Luftfahrzeugführer für Verstöße gegen luftrechtliche Bestimmungen?

Ein Luftfahrzeugführer haftet grundsätzlich für sämtliche Verstöße gegen luftrechtliche Bestimmungen, die im Zusammenhang mit der Führung oder dem Betrieb des Luftfahrzeugs stehen – unabhängig davon, ob diese vorsätzlich oder fahrlässig verursacht wurden. Dies umfasst sowohl Ordnungswidrigkeiten wie das Nichtmitführen erforderlicher Dokumente, Verstöße gegen Flugregeln oder Verletzungen des Luftraums, als auch Straftaten nach Luftfahrtrecht, z.B. fahrlässige Gefährdung des Luftverkehrs (§ 315a StGB) oder unerlaubtes Betreiben eines Luftfahrzeugs ohne gültige Zulassung bzw. Lizenz. Die rechtliche Haftung des Luftfahrzeugführers bezieht sich zudem auf die Einhaltung aller für den konkreten Flug geltenden Gesetze und Vorschriften, auch dann, wenn wesentliche Aufgaben wie die Flugvorbereitung an Dritte delegiert wurden. In besonders schwerwiegenden Fällen können neben Ordnungsmaßnahmen, Bußgeldern oder Geldstrafen auch vorübergehende oder dauerhafte Entziehungen der Fluglizenz verhängt werden.

Welche Meldepflichten treffen einen Luftfahrzeugführer im Rahmen des deutschen Luftrechts?

Im deutschen und europäischen Luftrecht bestehen für Luftfahrzeugführer umfangreiche Meldepflichten gegenüber den zuständigen Behörden. Hierzu zählen insbesondere die unverzügliche Meldung von Unfällen, schweren Störungen oder gefährlichen Ereignissen (z.B. Beinahe-Kollisionen, Ausfall wesentlicher Systeme) nach § 5 LuftVO in Verbindung mit der EU-Verordnung (EU) Nr. 376/2014. Weiterhin ist der Luftfahrzeugführer verpflichtet, außerplanmäßige Landungen, Notlandungen oder Landungen auf nicht zugelassenen Flugplätzen sofort der nächsten Polizeidienststelle sowie der Luftaufsicht zu melden. Meldepflichten bestehen außerdem im Zusammenhang mit Verstößen gegen luftrechtliche Vorschriften, etwa bei unbeabsichtigtem Einflug in gesperrte Lufträume. Im Einzelfall können Zusatzpflichten, wie die schriftliche Berichterstattung an die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU), begründet werden.

Welche besonderen Pflichten gelten im Falle eines Unfalls oder einer Notlage?

Kommt es während eines Fluges zu einem Unfall, einer Notlage oder einem sicherheitsrelevanten Vorfall, treffen den verantwortlichen Luftfahrzeugführer nach deutschem Luftrecht besondere Pflichten. Zunächst obliegt es ihm, unverzüglich alle notwenigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und für die Sicherheit der an Bord befindlichen Personen sowie Dritter am Boden zu ergreifen. Anschließend muss er, gemäß § 5 LuftVO sowie der EU-Verordnung mit sofortiger Wirkung alle erforderlichen Meldungen an die dafür vorgesehenen Stellen (z.B. Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung, Luftfahrtbehörde, Polizei) abgeben. Darüber hinaus ist er verpflichtet, den Unglücksort grundsätzlich bis zum Eintreffen der Behörden nicht ohne triftigen Grund zu verlassen, alle Unterlagen und Nachweise auf Verlangen auszuhändigen sowie die Umstände des Vorfalls so vollständig und wahrheitsgemäß wie möglich zu dokumentieren. Diese Pflichten dienen der zeitnahen und sachgerechten Untersuchung der Ursachen sowie der präventiven Verbesserung der Flugsicherheit.

Gibt es im Luftrecht Einschränkungen bezüglich der Delegation von Aufgaben durch den verantwortlichen Luftfahrzeugführer?

Zwar kann der verantwortliche Luftfahrzeugführer bestimmte Aufgaben im Rahmen des Flugbetriebs an andere entsprechend qualifizierte Crewmitglieder delegieren, jedoch bleibt die letztendliche Verantwortlichkeit und rechtliche Haftung stets bei ihm. Delegierbare Aufgaben betreffen typischerweise arbeitsorganisatorische Tätigkeiten, etwa das Führen des Funks, die Navigation, Überwachung technischer Systeme oder betriebliche Unterstützungsdienste im Cockpit. Hingegen dürfen keine Aufgaben delegiert werden, die die exklusive Entscheidungsverantwortung des verantwortlichen Luftfahrzeugführers berühren, wie die Durchführung des Starts, der Landung, das Treffen sicherheitsrelevanter Anordnungen oder das Treffen von Ausweichentscheidungen bei Notlagen. Die rechtliche Grundlage findet sich in den einschlägigen Vorschriften des LuftVG sowie in internationalen Standards (ICAO Annex 2, EASA-Regelungen).

Unter welchen Voraussetzungen darf ein Luftfahrzeugführer Flugaufträge eines Halters oder Luftfahrtunternehmens ablehnen?

Ein Luftfahrzeugführer hat nach deutschem Luftrecht und den Regelungen der EASA das Recht und unter Umständen die Pflicht, einen Flugauftrag des Halters oder Luftfahrtunternehmens abzulehnen, wenn dessen Durchführung seine persönliche Sicherheit oder die von Besatzung, Passagieren und Dritten gefährden könnte. Dazu zählen unzureichende Witterungsbedingungen, mangelnde Tauglichkeit oder Lizenzgültigkeit, technische Mängel am Luftfahrzeug, Überschreitung gesetzlicher Arbeitszeitgrenzen oder unzureichende Vorbereitung des Fluges. Die rechtskonforme Ausübung dieses Ablehnungsrechts ist nicht nur eine persönliche Befugnis, sondern eine gesetzliche Pflicht im Sinne des § 29 LuftVG und darf in keinem Fall zu arbeitsrechtlichen oder disziplinarischen Nachteilen führen, sofern sie sachlich begründet ist. Der Luftfahrzeugführer muss die Ablehnung dokumentieren und, falls erforderlich, den Grund gegenüber Behörden belegen.