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Lohnzuschläge


Definition und Bedeutung von Lohnzuschlägen

Lohnzuschläge sind zusätzliche Vergütungsbestandteile, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neben dem Grundlohn oder Grundgehalt für bestimmte Arbeitsleistungen oder -bedingungen erhalten. Sie stellen einen wichtigen Aspekt im deutschen Arbeitsrecht dar und dienen in erster Linie dem Ausgleich besonderer Belastungen, der Wertschätzung spezieller Arbeitszeiten oder als Anreiz für erhöhte Arbeitsleistungen. Lohnzuschläge sind tariflich, arbeitsvertraglich oder gesetzlich geregelt und unterliegen vielfältigen rechtlichen Vorgaben.

Arten von Lohnzuschlägen

Gesetzlich geregelte Lohnzuschläge

Bestimmte Lohnzuschläge sind im deutschen Gesetz explizit vorgesehen:

Nachtarbeitszuschlag:
Nach § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) haben Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, Anspruch auf einen angemessenen Zuschlag oder eine entsprechende bezahlte Freistellung. Die Höhe des Zuschlags ist gesetzlich nicht festgelegt, wird aber durch Tarifverträge oder betriebliche Übung konkretisiert. Die Arbeitsgerichte haben einen Zuschlag von 25 % des Bruttostundenlohns für angemessen erachtet, bei Dauernachtarbeit bis zu 30 %.

Sonn und Feiertagszuschläge:
Für Arbeit an Sonn- und Feiertagen besteht kein allgemeiner gesetzlicher Anspruch auf Zuschläge. Allerdings sind entsprechende Regelungen oft in Tarifverträgen enthalten oder ergeben sich aus Betriebsvereinbarungen. Fallen Zuschläge an, sind sie bis zu bestimmten Grenzen steuer- und sozialversicherungsfrei (§ 3b EStG).

Überstundenzuschläge:
Das Arbeitszeitgesetz verpflichtet Arbeitgeber nicht zur Zahlung von Überstundenzuschlägen. Ein Anspruch kann sich jedoch aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder individuellem Arbeitsvertrag ergeben.

Tarifliche und vertragliche Lohnzuschläge

Viele Branchen sehen im Tarifvertrag weitere Zuschläge vor, wie beispielsweise:

  • Schichtzuschläge: Für Arbeit in wechselnden Schichtsystemen.
  • Erschwerniszuschläge: Bei besonders belastenden oder gefährlichen Tätigkeiten.
  • Mehrarbeitszuschläge: Für Arbeit, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht, aber noch keine Überstunden im arbeitszeitgesetzlichen Sinn darstellt.
  • Sonstige Zuschläge: Beispielsweise bei Arbeit im Freien unter extremen Wetterbedingungen oder für bestimmte technische Tätigkeiten.

Betriebliche Übung und Individualvereinbarungen

Unabhängig von gesetzlichen oder tariflichen Anforderungen können Lohnzuschläge auch durch betriebliche Übung entstehen. Gewährt der Arbeitgeber regelmäßig und vorbehaltlos Zuschläge, kann daraus ein Anspruch aller vergleichbaren Arbeitnehmer resultieren.

Rechtlicher Rahmen und Voraussetzungen

Anspruchsgrundlagen

Lohnzuschläge können sich aus verschiedenen Rechtsquellen ergeben:

  • Gesetz: Beispielsweise für Nachtarbeit (ArbZG).
  • Tarifvertrag: Häufiger Ursprung von Zuschlagsansprüchen im Arbeitsleben.
  • Betriebsvereinbarung: Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (betriebliche Lohngestaltung).
  • Arbeitsvertrag: Individuelle Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
  • Betriebliche Übung: Durch regelmäßige und wiederholte Gewährung.

Bemessungsgrundlage

Regelmäßig bemessen sich die Lohnzuschläge am Bruttostundenlohn (Grundlohn). Unklarheiten über die Berechnungsgrundlage werden durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder arbeitsgerichtliche Rechtsprechung geklärt. Zuschläge gelten in der Regel nur für tatsächlich gearbeitet Stunden und nicht für Urlaubs- oder Krankheitstage.

Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung

Steuerprivilegierung von Lohnzuschlägen

Bestimmte Lohnzuschläge sind gemäß § 3b Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei:

  • Nachtarbeit: Bis zu 25% des Grundlohns (zwischen 20.00 und 6.00 Uhr), bei Dauernachtarbeit bis zu 40%.
  • Sonntagsarbeit: Bis zu 50% des Grundlohns.
  • Feiertagsarbeit: Bis zu 125% des Grundlohns, an bestimmten Feiertagen bis zu 150%.

Die Steuerbefreiung gilt nur für den Grundlohn, der maximal 50 Euro pro Stunde beträgt.

Sozialversicherungsrechtliche Behandlung

Auch im Sozialversicherungsrecht sind diese Zuschläge beitragsfrei (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV). Voraussetzung ist, dass der maßgebliche Grundlohn die genannte Grenze nicht übersteigt und es sich um tatsächlich geleistete Arbeit handelt.

Möglichkeiten der Abweichung durch Tarifverträge

Tarifverträge können von gesetzlichen Vorgaben abweichen oder eigenständige Zuschlagsregelungen treffen. Hierbei ist zu beachten, dass tarifliche Regelungen grundsätzlich Vorrang vor einzelvertraglichen Abreden haben, soweit sie für das Arbeitsverhältnis gelten.

Ausschluss und Verfall von Lohnzuschlägen

Vielfach sind in Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen Ausschlussfristen vereinbart, innerhalb derer Ansprüche auf Zuschläge geltend gemacht werden müssen. Nach Ablauf dieser Fristen erlischt der Anspruch endgültig. Zudem ist auf die Schriftform zu achten, die für die Geltendmachung häufig vorgeschrieben wird.

Unabdingbarkeit und Abweichungsmöglichkeiten

Zuschläge, die aus gesetzlichen Vorschriften resultieren (z.B. Nachtarbeitszuschläge gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG), können nur zugunsten der Arbeitnehmer abbedungen werden. Eine Verschlechterung ist insoweit unzulässig.

Lohnzuschläge im Kontext von Teilzeit, Krankheit und Urlaub

Ansprüche auf Lohnzuschläge bestehen grundsätzlich nur für tatsächlich geleistete Arbeit. Für Urlaubs- und Krankheitstage ist die Gewährung von Zuschlägen nur vorgesehen, wenn dies vertraglich, tariflich oder durch betriebliche Übung geregelt ist oder wenn das Bundesurlaubsgesetz dies (mittelbar) vorsieht.

Praxisbeispiele

Beispiel 1: Nachtschicht in der Industrie

Ein Industriemitarbeiter arbeitet zwischen 22.00 und 6.00 Uhr. Nach Tarifvertrag erhält er einen Nachtzuschlag von 25 % auf den Bruttostundenlohn, steuer- und beitragsfrei gemäß § 3b EStG.

Beispiel 2: Sonntagsschicht im Einzelhandel

Eine Arbeitnehmerin wird sonntags eingesetzt und erhält 50 % Zuschlag zum Grundlohn für die tatsächlich geleisteten Stunden. Auch dieser Zuschlag kann steuerfrei gewährt werden.

Fazit: Bedeutung der Lohnzuschläge im Arbeitsrecht

Lohnzuschläge sind unverzichtbarer Bestandteil der Vergütung im deutschen Arbeitsrecht. Sie honorieren Belastungen und besondere Einsatzbereitschaft. Ihre rechtliche Gestaltung ist komplex und vielschichtig, weshalb eine genaue Kenntnis von Tarifverträgen, gesetzlichen Rahmenbedingungen und betrieblichen Regelungen erforderlich ist.


Siehe auch:

  • Arbeitsentgelt
  • Arbeitszeitgesetz
  • Tarifvertrag
  • Einkommensteuergesetz (EStG)

Häufig gestellte Fragen

Wann besteht aus rechtlicher Sicht ein Anspruch auf Lohnzuschläge?

Ein Anspruch auf Lohnzuschläge ergibt sich grundsätzlich nicht automatisch aus dem Gesetz, sondern muss sich aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder dem individuellen Arbeitsvertrag ergeben. Das deutsche Arbeitsrecht sieht für die meisten Lohnzuschläge – etwa für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit – keine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung vor, sondern stellt diese unter den Grundsatz der Vertragsfreiheit. Eine gesetzliche Pflicht besteht lediglich in Einzelfällen, wie beispielsweise gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für Nachtarbeit. Dort ist festgelegt, dass Arbeitnehmer für Nachtarbeit Anspruch auf eine „angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag“ haben. Was angemessen ist, wird jedoch meist durch Tarifverträge konkretisiert. Liegt kein Tarifvertrag oder keine Betriebsvereinbarung vor, kann ein Anspruch auch durch betriebliche Übung entstehen, wenn der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum freiwillig Zuschläge zahlt und dadurch eine betriebliche Erwartungshaltung geschaffen hat.

Welche Lohnzuschläge sind steuer- und sozialversicherungsfrei?

Nach § 3b EStG (Einkommensteuergesetz) können bestimmte Lohnzuschläge steuerfrei sein, sofern bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden. Steuerfrei sind beispielsweise Zuschläge für tatsächliche Nachtarbeit (25 % des Grundlohns), für Sonntagsarbeit (50 %) und für Feiertagsarbeit (125 %, bzw. 150 % an bestimmten Feiertagen). Die Steuerfreiheit gilt jedoch nur für den Grundlohn bis maximal 50 Euro pro Stunde (brutto) und nur für die tatsächlich geleistete zuschlagspflichtige Arbeitszeit. Darüber hinaus gilt nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SvEV (Sozialversicherungsentgeltverordnung), dass diese steuerfreien Zuschläge auch sozialversicherungsfrei bleiben, sofern sie die steuerlichen Voraussetzungen erfüllen. Zuschläge, die über diese Höchstgrenzen hinaus gezahlt werden, unterliegen hingegen der Steuer- und Sozialversicherungspflicht.

Wie wirken sich Lohnzuschläge auf den Mindestlohn aus?

Lohnzuschläge dürfen grundsätzlich nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn (§ 1 MiLoG) angerechnet werden, sie werden zusätzlich zum Mindestlohn gezahlt. Der Mindestlohn bezieht sich auf den sogenannten „gewöhnlichen Arbeitslohn“ für die reguläre Arbeitsleistung. Zeichnet sich ein Arbeitsverhältnis jedoch dadurch aus, dass regelmäßig zuschlagspflichtige Tätigkeiten erbracht werden, wird in der Rechtsprechung geprüft, ob die Zuschläge für die Erfüllung der Mindestlohnvorgaben herangezogen werden dürfen – in aller Regel ist dies jedoch ausgeschlossen, insbesondere bei Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen, welche als Ausgleich für besondere Belastungen gedacht sind und den Mindestlohn nicht ersetzen. Nur in engen Ausnahmefällen, zum Beispiel bei Pauschalvergütungen, besteht unter strengen Voraussetzungen die Möglichkeit einer Anrechnung.

Was geschieht, wenn Lohnzuschläge unberechtigt nicht gezahlt werden?

Werden vertraglich, tariflich oder gesetzlich festgelegte Lohnzuschläge vom Arbeitgeber nicht gezahlt, handelt es sich um eine Pflichtverletzung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitnehmer kann die ausstehenden Zuschläge gerichtlich geltend machen und hat Anspruch auf Nachzahlung im Rahmen der gesetzlichen Verjährungsfrist, meist drei Jahre (§ 195 BGB). Ist im Verhältnis ein Ausschlussfristen-Regelung (z. B. aus Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag) vereinbart worden, müssen Ansprüche meist innerhalb einer kürzeren Frist schriftlich angemeldet werden, häufig innerhalb von drei Monaten. Nach Ablauf der Frist verfallen die Ansprüche unwiderruflich. Darüber hinaus kann ein wiederholter Zahlungsrückstand auch andere arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie ein Zurückbehaltungsrecht der Arbeitsleistung oder unter bestimmten Voraussetzungen ein Kündigungsrecht, nach sich ziehen.

Müssen Lohnzuschläge auf das Urlaubs- oder Weihnachtsgeld angerechnet werden?

Ob und in welchem Umfang Lohnzuschläge auf das Urlaubs- oder Weihnachtsgeld angerechnet werden müssen, hängt von der jeweiligen arbeitsvertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Regelung ab. In der Regel zählen Lohnzuschläge nicht zur Berechnungsgrundlage für Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, wenn diese als einmalige Sonderzahlungen gewährt werden. Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts (§ 11 Abs. 1 BUrlG) sind allerdings regelmäßig geleistete Lohnzuschläge, die für Arbeit zu ungewöhnlichen Zeiten bezahlt wurden, einzubeziehen. Das bedeutet: Zuschläge für regelmäßig geleistete Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind beim Urlaubsentgelt zu berücksichtigen. Bei Sonderzahlungen, wie Weihnachtsgeld, erfolgt eine Anrechnung meist nicht, es sei denn, im Kollektiv- oder Individualvertrag ist dies explizit geregelt.

Welche Auswirkungen hat ein Wechsel von Schicht- zu Normalarbeitszeiten auf den Anspruch auf Lohnzuschläge?

Erfolgt im Arbeitsverhältnis ein Wechsel von Schichtarbeit einschließlich zuschlagspflichtiger Zeiten hin zu einer regulären Tagesarbeitszeit, entfällt der Anspruch auf die entsprechenden Lohnzuschläge, da diese immer unmittelbar an die Arbeitszeit- und Arbeitsbedingungen (z.B. Nachtarbeit, Sonntagsarbeit) geknüpft sind. Die bisher gezahlten Zuschläge werden nur weiterhin gewährt, wenn eine anderslautende vertragliche oder tarifliche Vereinbarung existiert, wie etwa eine Besitzstandswahrung. Ohne eine solche Regelung kann der Arbeitgeber seine Zahlung einstellen, sobald keine zuschlagspflichtige Arbeit mehr geleistet wird.

Unterliegen Lohnzuschläge der Pfändung?

Lohnzuschläge sind grundsätzlich pfändbar, sofern sie nicht explizit durch Gesetz als unpfändbar deklariert sind. Maßgeblich ist dabei § 850a ZPO, der klarstellt, dass nur bestimmte Zuschläge wie Erschwerniszulagen in einem bestimmten Umfang unpfändbar sind, sofern sie als „Erschwerniszulagen“ im Sinne dieser Vorschrift gelten. Die gängigen Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, die zu den üblichen Gehaltsbestandteilen gezählt werden, sind grundsätzlich pfändbar, sofern sie sich im pfändbaren Einkommen widerspiegeln.

Wie sind Lohnzuschläge bei Teilzeit- oder Geringfügigbeschäftigten zu handhaben?

Auch Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte (Minijobber) haben, sofern sie zuschlagspflichtige Arbeitszeiten leisten, einen anteiligen Anspruch auf Lohnzuschläge. Die prozentuale Höhe der Zuschläge unterscheidet sich nicht von derjenigen für Vollzeitkräfte und richtet sich, wie auch bei anderen Arbeitnehmern, nach Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Individualvertrag. Bezüglich der Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit gilt auch für sie das gleiche wie für Vollzeitkräfte. Allerdings ist zu beachten, dass Zuschläge bei Minijobbern im Rahmen der 520-Euro-Grenze (seit 2022) steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben, solange diese zusammen mit dem Grundlohn inklusive der steuerfreien Zuschläge diese Grenze nicht überschreiten. Sind die Voraussetzungen aus § 3b EStG erfüllt, bleiben die Zuschläge auch für Minijobber steuerfrei.