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Lohnnebenkosten


Definition und rechtliche Grundlagen der Lohnnebenkosten

Die Lohnnebenkosten bilden im deutschen Arbeits- und Steuerrecht einen bedeutenden Bestandteil der Gesamtkosten, die Arbeitgeber für ihre Beschäftigten neben dem eigentlichen Arbeitsentgelt (Bruttolohn) tragen. Unter Lohnnebenkosten werden sämtliche gesetzlichen und freiwilligen Aufwendungen verstanden, die zusätzlich zum Arbeitslohn für den Beschäftigten zu zahlen sind, insbesondere Sozialabgaben, Umlagen, Beiträge und weitere gesetzlich vorgeschriebene Leistungen.

Abgrenzung zu anderen Kostenbestandteilen

Lohnnebenkosten sind strikt vom Bruttolohn (Grundvergütung, Gehalt) und von arbeitnehmerfinanzierten Beiträgen abzugrenzen. Sie umfassen ausschließlich Arbeitgeberanteile beziehungsweise Arbeitgeberverpflichtungen, die sich aus unterschiedlichen Regelungskomplexen ergeben.

Rechtliche Einordnung der Lohnnebenkosten

Sozialversicherungsbeiträge

Der größte Teil der Lohnnebenkosten entfällt auf die gesetzlich vorgeschriebenen Beiträge zur Sozialversicherung. Für jede beschäftigte Person in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zahlt der Arbeitgeber zusammen mit dem Arbeitnehmer anteilige Beiträge zu folgenden Zweigen der Sozialversicherung:

  • Krankenversicherung
  • Rentenversicherung
  • Arbeitslosenversicherung
  • Pflegeversicherung
  • Unfallversicherung

Während für Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung die Beitragspflicht jeweils hälftig zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt ist (mit Ausnahmen, z.B. beim Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung), trägt der Arbeitgeber die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung allein.

Gesetzliche Grundlagen

Die Verpflichtung zur Zahlung der sozialversicherungsrechtlichen Lohnnebenkosten ergibt sich aus diversen Gesetzen, insbesondere:

  • Sozialgesetzbuch (SGB), insbesondere SGB IV, V, VI, VII, XI
  • Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) bezüglich der Unfallversicherung
  • Beitragsverfahrensverordnung (BVV)
  • Umlagegesetz (AAG)

Beiträge im Überblick

| Versicherung | Gesamtbeitrag (Stand 2024) | Arbeitgeberanteil |
|—————————-|————————–|———————————————–|
| Krankenversicherung | ca. 14,6 % + Zusatzbeitrag | 7,3 % + hälftiger Zusatzbeitrag |
| Rentenversicherung | 18,6 % | 9,3 % |
| Arbeitslosenversicherung | 2,6 % | 1,3 % |
| Pflegeversicherung | 3,4 % | 1,7 % (kinderlose AN zahlen Mehrbeitrag) |
| Unfallversicherung | Je nach Gefahrtarif | 100 % |

Umlagen und Sonderabgaben

Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG)

Arbeitgeber kleinerer und mittlerer Betriebe zahlen zusätzlich Umlagen nach dem AAG, um bei Krankheit der Beschäftigten (Umlage U1), bei Mutterschaft (Umlage U2) oder für Ausgleich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entlastet zu werden. Die Beitragshöhe wird jeweils durch die Krankenkassen festgelegt.

Sonstige gesetzliche Umlagen und Abgaben

Hierzu zählen beispielsweise Beiträge an die Industrie- und Handelskammern (IHK), Beiträge zur Insolvenzgeldumlage und gegebenenfalls zum Versorgungswerk.

Betriebliche Altersversorgung und freiwillige Leistungen

Zur umfassenden Darstellung der Lohnnebenkosten zählen auch betriebliche Altersversorgungsbeiträge, soweit diese durch den Arbeitgeber getragen werden und auf kollektivrechtlichen oder einzelvertraglichen Grundlagen beruhen. Gleiches gilt für weitere freiwillige Nebenleistungen wie Zuschüsse zur betrieblichen Gesundheitsförderung, vermögenswirksame Leistungen oder anteilige Fahrtkostenzuschüsse.

Steuerliche Behandlung der Lohnnebenkosten

Betriebsausgabenabzug

Lohnnebenkosten stellen für den Arbeitgeber Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) dar und mindern somit den steuerpflichtigen Gewinn.

Steuerfreie Bezüge und Sachbezüge

Einige Lohnnebenkosten-Komponenten, insbesondere gesetzlich vorgeschriebene Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, bleiben beim Arbeitnehmer steuerfrei. Bestimmte freiwillige Leistungen sind nur innerhalb gesetzlicher Höchstgrenzen steuerfrei (§ 3 EStG).

Melde- und Nachweispflichten

Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, sämtliche Lohnnebenkosten ordnungsgemäß zu berechnen, abzuführen und nachzuweisen. Dies betrifft insbesondere die Meldung zur Sozialversicherung über die elektronische Lohnsteuerbescheinigung und die Übermittlung der Beitragsnachweise an die jeweiligen Sozialversicherungsträger gemäß § 28a ff. SGB IV.

Lohnnebenkosten im internationalen Vergleich und bei Auslandssachverhalten

Bei Entsendungen, grenzüberschreitender Beschäftigung sowie Betriebsstätten im Ausland kommen besondere Regelungen zur Anwendung, beispielsweise nach EU-Verordnungen (z.B. VO 883/2004) und Doppelbesteuerungsabkommen. Dabei ist zu beachten, welchem Sozialversicherungsrecht und welcher Beitragspflicht das Arbeitsverhältnis unterliegt.

Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Lohnnebenkostenerhebung

Bei fehlerhafter oder unterlassener Abführung von Lohnnebenkosten drohen empfindliche Sanktionen, wie

  • Bußgelder
  • Verzugszinsen
  • Nachzahlungsforderungen
  • Strafrechtliche Konsequenzen gemäß § 266a Strafgesetzbuch (StGB) bei Vorenthalten und Veruntreuung von Arbeitsentgelt

Die Sozialversicherungsträger sind berechtigt, regelmäßige Prüfungen nach § 28p SGB IV durchzuführen.

Bedeutung der Lohnnebenkosten für Arbeitgeber und Arbeitsrecht

Die Höhe der Lohnnebenkosten beeinflusst maßgeblich Beschäftigungsentscheidungen, die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und den Arbeitsmarkt insgesamt. Im wirtschafts- und sozialpolitischen Diskurs ist ihre Entwicklung regelmäßig Gegenstand von Reformvorschlägen und Gesetzesänderungen.

Entwicklung der Lohnnebenkosten

Der prozentuale Anteil der Lohnnebenkosten an den Gesamtpersonalkosten variiert, ist jedoch ein bedeutender Faktor der kurzfristigen und langfristigen Personalplanung. Gesetzgeberische Maßnahmen wirken sich unmittelbar auf die Kostenstruktur der Arbeitgeber aus.


Quellenangaben (Auszug)

  • Sozialgesetzbuch (SGB), insbesondere SGB IV, V, VI, VII, XI
  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG)
  • Gesetz über die Pflegeversicherung (SGB XI)
  • Lohnsteuer-Richtlinien (LStR)
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Sozialversicherungsrechengrößen
  • Deutsche Rentenversicherung: Grundlagen zu Beiträgen und Meldepflichten

Dieser Beitrag bietet eine umfassende, rechtliche Darstellung der Lohnnebenkosten unter Berücksichtigung aller relevanten gesetzlichen Grundlagen und Ausprägungen im deutschen Rechtssystem.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich zur Zahlung der Lohnnebenkosten verpflichtet?

Die rechtliche Verpflichtung zur Zahlung der Lohnnebenkosten obliegt grundsätzlich dem Arbeitgeber. Dieser ist nach verschiedenen deutschen Gesetzen, insbesondere dem Sozialgesetzbuch (SGB), dazu verpflichtet, die anfallenden Sozialversicherungsbeiträge wie Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung einzubehalten beziehungsweise seinen Arbeitgeberanteil zu leisten und fristgerecht an die zuständigen Einzugsstellen abzuführen. Die Höhe und der Anteil der Arbeitgeberverpflichtung sind gesetzlich geregelt und unterliegen ständigen gesetzlichen Änderungen. Säumige oder unterlassene Zahlungen können zu erheblichen Nachzahlungsforderungen, Säumniszuschlägen sowie straf- und bußgeldrechtlichen Konsequenzen führen. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber die Pflicht, alle erforderlichen Meldungen und Nachweise für die Versicherungsträger korrekt und pünktlich zu erstellen und aufzubewahren.

Welche Rechtsfolgen drohen bei nicht fristgemäßer Abführung von Lohnnebenkosten?

Die nicht fristgemäße Abführung von Lohnnebenkosten stellt eine Verletzung gesetzlicher Pflichten dar und kann arbeits-, steuer- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zum einen drohen Säumniszuschläge, die für verspätete Zahlungen von den Einzugsstellen erhoben werden. Zum anderen kann eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung als Vorenthalten von Arbeitsentgelt gemäß § 266a StGB strafbar sein, was neben Geldstrafen auch Freiheitsstrafen nach sich ziehen kann. Zudem behalten sich Sozialversicherungsträger und Finanzämter das Recht vor, offene Beiträge direkt beim Arbeitgeber einzufordern oder zur Zwangsvollstreckung zu schreiten. Auch haftet der Arbeitgeber persönlich für nicht abgeführte Beiträge, unabhängig davon, ob er den Fehler zu verantworten hat oder nicht.

Welche Lohnnebenkosten werden gesetzlich von der Lohnsteuer unterschieden?

Lohnnebenkosten umfassen im Unterschied zur Lohnsteuer sämtliche gesetzlich vorgeschriebenen Sozialabgaben, die im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis zu leisten sind. Diese beinhalten insbesondere die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung sowie die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (U1, U2 und U3), die Insolvenzgeldumlage und ggf. die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung. Während die Lohnsteuer ausschließlich die Einkommensbesteuerung des Arbeitslohns betrifft und vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer einbehalten und abgeführt wird, dienen Lohnnebenkosten der Absicherung sozialer Risiken und werden im Pflichtverhältnis zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherungsträgern verwaltet.

Welche Melde- und Nachweispflichten hat der Arbeitgeber im Bereich der Lohnnebenkosten?

Der Arbeitgeber unterliegt einer Vielzahl von Melde- und Nachweispflichten im Zusammenhang mit Lohnnebenkosten. Bereits bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses ist eine Anmeldung des Arbeitnehmers bei den Sozialversicherungsträgern vorzunehmen. Monatlich sind die Beitragsschätzungen zur Einzugsstelle zu übermitteln und im Folgemonat die tatsächlichen Beitragsnachweise abzugeben. Am Jahresende wird die Jahresmeldung für jeden einzelnen Mitarbeiter benötigt, die alle relevanten Daten zu Arbeitsentgelt und Versicherungszeiten enthält. Die Lohnkonten sind so zu führen, dass sie jederzeit eine lückenlose Kontrolle und Prüfung durch die Behörden ermöglichen. Die Einhaltung dieser Pflichten ist gesetzlich vorgeschrieben und Verstöße werden mit finanziellen Nachteilen oder Sanktionen geahndet.

Wie werden die Beitragssätze für Lohnnebenkosten rechtlich festgelegt und geändert?

Die Beitragssätze zu den einzelnen Sozialversicherungszweigen werden im Regelfall durch Bundesgesetze oder entsprechende Rechtsverordnungen festgelegt. Änderungen dieser Sätze unterliegen dem Gesetzgebungsverfahren beziehungsweise der Verordnungsermächtigung durch die jeweilige Bundesregierung. Die Anpassung der Sätze erfolgt meist zum Jahreswechsel und wird im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Arbeitgeber sind verpflichtet, solche Änderungen sofort umzusetzen und die korrekten Sätze bei den Abrechnungen zu beachten. Übergangs- oder Bestandsschutzregelungen finden im Regelfall nicht statt, sodass sich die Beitragspflicht direkt mit Inkrafttreten der Neuregelung ändert.

Gibt es rechtliche Ausnahmen oder Befreiungen von der Zahlung bestimmter Lohnnebenkosten?

Das Sozialversicherungsrecht sieht in einzelnen Fällen spezielle Ausnahmen oder Befreiungsregelungen von der Pflicht zur Zahlung bestimmter Lohnnebenkosten vor. So sind beispielsweise geringfügig Beschäftigte (Minijobber) nur teilweise beitragspflichtig, da der Arbeitgeber pauschale Beiträge entrichtet. Für Arbeitnehmer, die privat krankenversichert oder von der gesetzlichen Pflegeversicherungspflicht befreit sind, entfallen die zugehörigen Pflichtbeiträge. Ebenso gibt es besondere Regelungen etwa für Praktikanten, Werkstudenten, Auszubildende oder Saisonarbeitskräfte, bei denen je nach Beschäftigungsform und Entgeltgrenze die volle oder teilweise Sozialabgabenpflicht entfallen kann. Voraussetzung ist stets, dass die entsprechenden Nachweise rechtzeitig und ordnungsgemäß erbracht werden.

Wie werden Lohnnebenkosten im Rahmen einer Betriebsprüfung überprüft?

Im Rahmen der turnusmäßigen oder anlassbezogenen Betriebsprüfungen durch die Deutsche Rentenversicherung oder andere zuständige Behörden werden alle relevanten Unterlagen, Zahlungsnachweise und Meldungen im Zusammenhang mit Lohnnebenkosten auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Rechtzeitigkeit überprüft. Nicht oder nicht korrekt abgeführte Beiträge werden nacherhoben und gegebenenfalls mit Säumniszuschlägen sowie Bußgeldern belegt. Besonders geprüft werden auch Beschäftigungsverhältnisse, die dem Risiko der Scheinselbstständigkeit oder Schwarzarbeit unterliegen. Arbeitgeber sind verpflichtet, auf Anforderung sämtliche Unterlagen vorzulegen und an der Aufklärung mitzuwirken; eine Behinderung der Prüfung hat rechtliche Konsequenzen.