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Lohngleichheit


Lohngleichheit im Recht – Definition, Regelungen und Rechtsfolgen

Begriff und Grundprinzip der Lohngleichheit

Lohngleichheit bezeichnet im Recht die Verpflichtung, für gleiche oder gleichwertige Arbeit ein gleiches Entgelt unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, Alter, sexueller Orientierung oder sonstigen Diskriminierungsmerkmalen zu zahlen. Das Prinzip Lohngleichheit findet im nationalen wie auch europäischen und internationalen Recht vielfältigen Niederschlag und dient insbesondere der Verwirklichung von Chancengleichheit und der Verhinderung von Diskriminierung im Arbeitsleben.

Rechtliche Grundlagen der Lohngleichheit

Nationale Regelungen in Deutschland

Grundgesetz

Artikel 3 Absatz 2 und 3 des Grundgesetzes schreibt die Gleichberechtigung vor und verbietet die Benachteiligung oder Bevorzugung aufgrund bestimmter Merkmale, insbesondere auch bei der Entlohnung. Das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit wird hiervon umfasst.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) konkretisiert das Diskriminierungsverbot im Arbeitsleben. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG sind Benachteiligungen bei Sozialleistungen, wozu das Arbeitsentgelt zählt, untersagt. Das AGG schützt insbesondere vor Lohndiskriminierung aus Gründen der Rasse, ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, Weltanschauung, Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG)

Das Entgelttransparenzgesetz stärkt das Individualrecht auf Lohngleichheit. Nach § 3 EntgTranspG haben Beschäftigte in Betrieben ab 200 Mitarbeitern einen Auskunftsanspruch über die Höhe des durchschnittlichen Entgelts vergleichbarer Kollegen des anderen Geschlechts. Das Gesetz zielt darauf, Lohndiskriminierung zu erkennen und zu beseitigen.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

In § 611a Abs. 2 BGB findet sich das Verbot, Arbeitnehmer wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, insbesondere des Geschlechts, beim Arbeitsentgelt zu benachteiligen.

Europäisches Recht

Primärrecht – Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)

Gemäß Art. 157 AEUV sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, das Prinzip des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicherzustellen. Der Lohnbegriff umfasst dabei alle Vergütungen, die unmittelbar oder mittelbar dem Arbeitnehmer auf Grund des Arbeitsverhältnisses gewährt werden.

Sekundärrecht – EU-Richtlinien

Die Richtlinie 2006/54/EG („Gleichbehandlungsrichtlinie“) verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgrundsatzes in den jeweiligen nationalen Rechtskreisen.

Internationale Regelungen

International Labour Organization (ILO)

Das Übereinkommen Nr. 100 über gleichen Lohn für männliche und weibliche Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (ILO-Übereinkommen 100) aus dem Jahr 1951 legt das Prinzip der Lohngleichheit völkerrechtlich verbindlich fest. Deutschland hat dieses Übereinkommen ratifiziert.

Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

Art. 14 EMRK verbietet Diskriminierung auch in Bezug auf arbeitsrechtliche Vergütungsfragen, soweit die Konvention zur Anwendung gelangt.

Anwendung und Durchsetzung der Lohngleichheit

Geltungsbereich und Voraussetzungen

Lohngleichheit gilt nicht nur für das Grundentgelt, sondern auch für Zusatzleistungen wie Prämien, Sonderzahlungen, betriebliche Altersvorsorge und Sachzuwendungen. Maßgeblich ist stets der objektive Vergleich von Tätigkeit, Qualifikation, Anforderungen und Verantwortungsbereichen, wobei auch gleichwertige, nicht zwingend identische Arbeiten erfasst sind.

Voraussetzung für einen Anspruch auf gleichen Lohn ist zunächst die Vergleichbarkeit der erbrachten Arbeitsleistung. Unterschiede in Ausbildung, Leistung oder Berufserfahrung können – sofern objektiv gerechtfertigt – unterschiedliche Entgelte rechtfertigen.

Beweislast und Rechtsfolgen

Wird Lohndiskriminierung behauptet, treffen den Arbeitgeber Nachweispflichten. Nach § 22 AGG genügt es dem Arbeitnehmer, Indizien für eine Benachteiligung darzulegen. Kann der Arbeitgeber die Unterschiede nicht objektiv und sachlich rechtfertigen, besteht ein Anspruch auf Nachzahlung des Differenzbetrags sowie unter Umständen auch auf Schadensersatz.

Verjährung und Klagemöglichkeiten

Ansprüche auf gleiche Bezahlung unterliegen arbeitsrechtlichen Ausschluss- und Verjährungsfristen. Relevante Klagearten sind die Leistungsklage auf gleiches Entgelt sowie die Feststellungsklage. Auch Verbandsklagen durch Gewerkschaften sind im Rahmen der sogenannten Prozessstandschaft zulässig.

Besondere Konstellationen und Problemfelder

Offene und verdeckte Diskriminierung

Unausgesprochene, strukturelle Benachteiligungen beim Entgelt, etwa beim beruflichen Aufstieg oder bei der Gehaltsverhandlung, sind schwerer nachweisbar und werden häufig im Wege kollektiver Maßnahmen bekämpft.

Tarifvertragliche Regelungen

Tarifverträge unterliegen der Kontrolle auf Vereinbarkeit mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Differenzierungen, die nicht an sachlich gerechtfertigte Kriterien anknüpfen, sind auch in Tarifverträgen unzulässig.

Betriebliche Lohngestaltung

Betriebsräte haben nach Betriebsverfassungsgesetz (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht bei der betrieblichen Lohngestaltung und wachen mit über die Einhaltung der Lohngleichheit.

Rechtsfolgen bei Verstößen gegen Lohngleichheit

Schadensersatz und nachträgliche Entgeltanpassung

Im Fall einer festgestellten Lohndiskriminierung besteht Anspruch auf Nachzahlung der Differenzbeträge für die betroffenen Zeiträume sowie auf Schadensersatz gemäß § 15 AGG.

Diskriminierungsfreiheit als Compliance-Pflicht

Unternehmen sind gehalten, interne Kontrollmechanismen zur Einhaltung des Gleichbehandlungsgebots zu etablieren. Verstöße gegen das Prinzip können Bußgelder, Schadensersatzleistungen und Reputationsschäden nach sich ziehen.

Literatur und weiterführende Hinweise

Zu den wichtigsten Quellen zählt die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie der nationalen Gerichte. Weiterführende Informationen finden sich in den Gesetzestexten, in den Richtlinien der Europäischen Union und in den Empfehlungen der ILO.


Hinweis: Trotz umfassender Darstellung wird empfohlen, bei konkreten Sachverhalten die aktuelle Rechtslage anhand der Gesetzestexte und einschlägigen Urteile nachzuvollziehen, da sich Gesetzgebung und Rechtsprechung im Bereich der Lohngleichheit stetig weiterentwickeln.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Grundlagen bestehen für die Lohngleichheit in Deutschland?

Die rechtlichen Grundlagen zur Lohngleichheit in Deutschland sind vor allem im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie im Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) geregelt. Das AGG verbietet die Benachteiligung wegen des Geschlechts im Arbeitsleben, was explizit auch das Arbeitsentgelt einschließt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG). Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist ferner im Grundgesetz verankert (Art. 3 GG), wonach Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Das Entgelttransparenzgesetz konkretisiert diesen Grundsatz weiter und gibt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das Recht, Auskunft über die Kriterien und Verfahren zur Entgeltfindung zu verlangen, sofern das Unternehmen mehr als 200 Beschäftigte hat. Darüber hinaus sind in einzelnen Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen entsprechende Regelungen enthalten, sodass das Prinzip der gleichen Bezahlung für gleiche oder gleichwertige Arbeit umfassend rechtlich geschützt ist. Bei Verstößen stehen den Betroffenen verschiedene Klagemöglichkeiten offen, etwa die Geltendmachung des gleichen Entgelts oder Schadenersatz.

Wer trägt die Beweislast bei vermuteter Ungleichbehandlung beim Arbeitsentgelt?

Im Falle einer vermuteten Ungleichbehandlung beim Arbeitsentgelt (also bei einer Diskriminierung wegen des Geschlechts) regelt § 22 AGG die sogenannte Beweislastumkehr. Danach genügt es, dass die betroffene Person Indizien vorträgt, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen. Dann ist der Arbeitgeber in der Pflicht zu beweisen, dass kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vorliegt. Im Kontext des Entgelttransparenzgesetzes kann die Auskunft über Vergleichsentgelte als derartiges Indiz dienen. Arbeitgeber müssen dann objektive, neutral nachvollziehbare und geschlechtsunabhängige Gründe für die Unterschiede im Arbeitsentgelt darlegen. Kommt der Arbeitgeber dieser Beweislast nicht nach, kann das Gericht zugunsten der klagenden Partei entscheiden und ggf. Entgeltanpassung sowie Schadensersatz zusprechen.

Welche Klagemöglichkeiten haben Arbeitnehmer bei Verstößen gegen die Lohngleichheit?

Arbeitnehmer, die sich durch Verstöße gegen die Lohngleichheit benachteiligt fühlen, haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Durchsetzung ihrer Ansprüche. Zunächst können sie beim Arbeitgeber Auskunft über die Gehaltsfindung (§ 10 EntgTranspG) verlangen. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach oder ergibt sich daraus, dass tatsächlich eine Benachteiligung vorliegt, besteht die Möglichkeit, den Anspruch auf gleiches Entgelt beim zuständigen Arbeitsgericht einzuklagen. Das Gericht kann die Zahlung des Differenzlohns sowie ggf. eine Entschädigung nach § 15 AGG zusprechen. Es besteht zudem die Möglichkeit, sich an den Betriebsrat zu wenden oder den Verstoß einer Antidiskriminierungsstelle zu melden. Die Verjährungsfrist für solche Ansprüche beträgt in der Regel drei Jahre (§ 195 BGB), wobei diese Frist mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem die Benachteiligung bekannt wurde.

Welche Rolle spielt das Entgelttransparenzgesetz im Rahmen der Lohngleichheit?

Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) ergänzt bestehende Rechtsnormen, indem es erstmals einen individuellen Auskunftsanspruch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schafft, der Transparenz über die betriebliche Entgeltstruktur herstellt. Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben das Recht, Informationen über das durchschnittliche Entgelt von Vergleichspersonen des anderen Geschlechts einzuholen. Arbeitgeber sind zudem verpflichtet, objektive und nachvollziehbare Kriterien bei der Festlegung von Entgelten offenzulegen sowie regelmäßige Prüfverfahren ihrer Entgeltpraxis durchzuführen (bei Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten). Verstöße gegen diese Pflichten können rechtlich geahndet werden und bilden die Grundlage, um Ansprüche vor Gericht geltend zu machen.

Gibt es rechtliche Unterschiede zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft bei der Lohngleichheit?

Grundsätzlich gelten die gesetzlichen Vorgaben zur Lohngleichheit sowohl für den öffentlichen Dienst als auch für die Privatwirtschaft. Im öffentlichen Dienst sind die Vergütungsstrukturen jedoch durch Tarifverträge und gesetzliche Besoldungsregelungen stärker standardisiert und dadurch oft transparenter. Tarifverträge, wie der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), enthalten explizite Regelungen zur Eingruppierung, die geschlechtsneutral ausgestaltet sein müssen. In der Privatwirtschaft besteht häufig ein größerer Ermessensspielraum bei der Gehaltsfestsetzung, wodurch hier die Einhaltung der Lohngleichheit stärker auf unternehmensinterner Transparenz und Kontrolle basiert. Allerdings sind auch private Arbeitgeber durch die oben genannten Gesetze zur Einhaltung verpflichtet.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen Arbeitgebern bei Verstößen gegen die Lohngleichheit?

Ergibt sich, dass ein Arbeitgeber gegen das Gebot der Lohngleichheit verstoßen hat, kann dies weitreichende rechtliche Folgen haben. Zunächst kann das Arbeitsgericht die Nachzahlung des vorenthaltenen Lohnes anordnen, d.h. die betroffene Person hat Anspruch auf den Differenzbetrag zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem geschuldeten Entgelt. Darüber hinaus kann bei Benachteiligung nach § 15 AGG eine angemessene Entschädigung zugesprochen werden, die auch immaterielle Schäden wie persönliche Kränkung umfasst. Zudem besteht bei systematischen Verstößen ein erhebliches Reputationsrisiko für das Unternehmen sowie die Gefahr öffentlich-rechtlicher Sanktionen, sofern aufsichtsrechtliche Behörden, wie etwa die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, eingeschaltet werden.

Unter welchen Voraussetzungen liegt eine rechtlich zulässige Ungleichbehandlung beim Gehalt vor?

Nicht jede unterschiedliche Bezahlung stellt eine unzulässige Ungleichbehandlung dar. Rechtlich zulässig sind Gehaltsunterschiede, wenn sie auf objektiven, sachlichen und geschlechtsneutralen Kriterien beruhen. Dies kann etwa die unterschiedliche Berufserfahrung, individuell nachweisbare Qualifikationen, besondere Leistungsmerkmale, Verantwortungsgrade oder Unterschiede in der Arbeitszeit (z.B. bei Teilzeitbeschäftigung) betreffen. Arbeitgeber müssen in Streitfällen beweisen können, dass die Gründe für die Entgeltdifferenz sachlich gerechtfertigt sind und keine mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegt. Dies ist insbesondere im Arbeitsgerichtsprozess von zentraler Bedeutung.