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Lohnanspruch

Begriff und Einordnung des Lohnanspruchs

Der Lohnanspruch bezeichnet das Recht einer arbeitenden Person auf Zahlung der vereinbarten Vergütung durch den Arbeitgeber als Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Er ist Kernbestandteil des Arbeitsverhältnisses und bildet die finanzielle Grundlage für die Existenzsicherung der Beschäftigten.

Definition

Der Lohnanspruch umfasst alle Geld- und geldwerten Leistungen, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geschuldet sind. Dazu zählen Grundvergütung, Zuschläge, variable Bestandteile, Sonderzahlungen sowie Sachbezüge, soweit diese vertraglich oder kollektiv vereinbart oder aus anderen Gründen geschuldet sind.

Rechtsnatur

Der Lohnanspruch ist ein Individualanspruch gegen den Arbeitgeber. Er entsteht grundsätzlich für jeden Abrechnungszeitraum, in dem Arbeitsleistung vereinbarungsgemäß erbracht oder ausnahmsweise entbehrlich ist. Der Anspruch ist disponibel, kann aber gesetzlichen Grenzen, kollektiven Regelungen und Schutzvorschriften unterliegen.

Abgrenzung zu ähnlichen Ansprüchen

  • Aufwendungsersatz: Erstattet notwendige Auslagen, ist kein Lohn.
  • Spesen und Reisekosten: Dienen dem Ausgleich beruflicher Ausgaben, nicht der Vergütung.
  • Schadensersatz: Ausgleich für Pflichtverletzungen, nicht Entgelt.

Entstehung und Voraussetzungen

Arbeitsleistung und Gegenleistung

Grundsatz: Lohn gegen Arbeit. Wer vereinbarungsgemäß arbeitet, erwirbt einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Inhalt und Höhe bestimmen sich nach Arbeitsvertrag, kollektivrechtlichen Regelungen und betrieblicher Praxis.

Kein Lohn ohne Arbeit – und die Ausnahmen

Der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ gilt nicht ausnahmslos. In bestimmten Konstellationen besteht der Lohnanspruch auch ohne tatsächliche Arbeitsleistung fort.

Annahmeverzug des Arbeitgebers

Verweigert oder unterlässt der Arbeitgeber die Annahme ordnungsgemäß angebotener Arbeit, bleibt der Lohnanspruch bestehen. Die Beschäftigten müssen in der Lage und bereit sein, die Arbeit zu erbringen.

Entgeltfortzahlung bei Krankheit

Bei unverschuldeter, vorübergehender Arbeitsunfähigkeit bleibt der Vergütungsanspruch für eine begrenzte Zeit bestehen. Voraussetzung ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und die rechtzeitige Anzeige der Arbeitsunfähigkeit gemäß Vereinbarung.

Urlaub und gesetzliche Feiertage

Während des bezahlten Erholungsurlaubs und an gesetzlichen Feiertagen besteht grundsätzlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung, sofern Arbeit an diesen Tagen ausfällt.

Betriebliche Risiken und Kurzarbeit

Fällt die Arbeit aus betrieblicher Sphäre aus (z. B. Störung der Betriebsabläufe), kann der Lohnanspruch fortbestehen. Bei wirksam eingeführter Kurzarbeit reduziert sich der Lohnanspruch entsprechend der vereinbarten Arbeitszeit; ergänzend können staatliche Leistungen vorgesehen sein.

Umfang und Bestandteile des Lohnanspruchs

Grundentgelt

Das Grundentgelt bildet den Kern der Vergütung. Es kann als Stunden-, Monats- oder Akkordlohn vereinbart sein. Maßgeblich sind vertragliche und kollektive Regelungen sowie betriebliche Übung.

Variable Vergütung (Bonus, Provision, Zielprämie)

Variable Bestandteile hängen von individuellen, teambezogenen oder Unternehmenszielen ab. Anspruch, Fälligkeit und Berechnungsmodus ergeben sich aus Vereinbarungen. Unklare oder einseitig unbillige Klauseln können eingeschränkt wirksam sein.

Zuschläge und Zulagen

Hierzu zählen beispielsweise Zuschläge für Nacht-, Sonn- oder Feiertagsarbeit, Erschwerniszulagen oder Funktionszulagen. Ob ein Anspruch besteht, ergibt sich aus Verträgen, Tarifnormen oder betrieblicher Praxis.

Sonderzahlungen (Gratifikationen, Weihnachts- und Urlaubsgeld)

Sonderzahlungen können Entgeltcharakter haben oder der Belohnung von Betriebstreue dienen. Bindungen an Stichtage, Rückzahlungsvorbehalte oder Bedingungen müssen transparent und wirksam vereinbart sein.

Sachbezüge und geldwerte Vorteile

Dienstwagen, Warenrabatte oder Verpflegung können Teil des Lohnanspruchs sein. Sie unterliegen arbeits- und steuerrechtlichen Regeln und können bei Ruhen des Anspruchs oder Freistellung gesondert zu betrachten sein.

Mindestentgelt und Untergrenzen

Untergrenzen sichern einen Basisschutz. Unterschreitungen können den Anspruch auf Aufstockung auslösen. Zusätzlich können branchenspezifische Untergrenzen bestehen.

Fälligkeit, Auszahlung und Abrechnung

Zahlungszeitpunkt und -form

Der Lohnanspruch wird regelmäßig in periodischen Abständen fällig, typischerweise monatlich. Die Auszahlung erfolgt üblicherweise bargeldlos.

Brutto und Netto, Abzüge

Der Bruttolohn unterliegt gesetzlichen Abzügen wie Steuern und Sozialbeiträgen. Erfüllt wird der Lohnanspruch durch Zahlung des Nettobetrags. Unberechtigte Abzüge sind unzulässig.

Lohnabrechnung und Transparenz

Beschäftigte haben Anspruch auf eine nachvollziehbare Abrechnung, aus der Grundlagen, Berechnungen und Abzüge ersichtlich sind. Transparenzpflichten dienen der Überprüfbarkeit des Lohnanspruchs.

Aufrechnung, Zurückbehaltungsrechte, Abtretung

Der Arbeitgeber kann gegen Lohnansprüche nur unter engen Voraussetzungen aufrechnen. Lohnabtretungen sind möglich, unterliegen aber Schutzgrenzen. Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers gegenüber dem gesamten Lohn ist regelmäßig beschränkt.

Pfändungsschutz

Lohn ist nur in begrenztem Umfang pfändbar. Unpfändbare Beträge sichern das Existenzminimum; Unterhaltspflichten beeinflussen die Grenze.

Modifikation durch Kollektiv- und Einzelabreden

Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag regelt Höhe, Fälligkeit und Struktur des Lohns. Klauseln müssen klar, verständlich und mit zwingenden Schutzvorschriften vereinbar sein.

Tarifvertrag

Tarifverträge können Entgelttabellen, Zuschläge, Sonderzahlungen, Verfallfristen und Einstufungen vorgeben. Sie gelten bei Tarifbindung oder aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme.

Betriebsvereinbarung

Betriebsvereinbarungen können Vergütungsordnungen, Prämienmodelle oder Verteilungsgrundsätze konkretisieren, soweit der Regelungsgegenstand kollektiv zugänglich ist.

Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte

Vorbehalte können die Bindung an zukünftige Sonderzahlungen begrenzen. Wirksam sind sie nur, wenn sie transparent, eindeutig und mit bindenden Grenzen vereinbar sind.

Betriebliche Übung

Wiederholte, vorbehaltlose Leistungen können einen Anspruch für die Zukunft begründen. Ein späterer Ausschluss bedarf klarer Gestaltung.

Gleichbehandlung und Entgeltgleichheit

Gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit

Vergütungsunterschiede bedürfen sachlicher Rechtfertigung. Eine Benachteiligung aufgrund geschützter Merkmale ist unzulässig.

Transparenz- und Informationsrechte

Es bestehen Informationsansprüche, die den Vergleich von Tätigkeiten und Entgelten erleichtern. Transparenz soll unberechtigte Ungleichbehandlungen erkennen lassen.

Ende des Arbeitsverhältnisses

Offene Lohnansprüche beim Ausscheiden

Ausstehende Entgelte, anteilige Sonderzahlungen und variable Bestandteile bleiben geschuldet, soweit die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Fälligkeiten können sich mit dem Beendigungszeitpunkt verschieben.

Urlaubsabgeltung

Nicht genommener, noch bestehender Urlaub kann bei Beendigung abzugelten sein. Die Voraussetzungen richten sich nach den allgemeinen Urlaubsregeln und etwaigen Absprachen.

Ausschlussklauseln und Verfallfristen

Vertragliche oder kollektive Ausschlussfristen können verlangen, Ansprüche innerhalb bestimmter Zeiträume geltend zu machen. Unangemessen kurze oder intransparente Klauseln können unwirksam sein.

Verjährung

Lohnansprüche unterliegen allgemeinen Verjährungsregeln. Unabhängig davon können kürzere Ausschlussfristen maßgeblich sein.

Streitigkeiten und Durchsetzung

Innerbetriebliche Klärung und Schlichtung

Konflikte über den Lohnanspruch entstehen häufig durch Auslegung von Verträgen, Einstufungen, Zielerreichungen oder Abrechnungsfragen. Innerbetriebliche Verfahren können zur Klärung beitragen.

Arbeitsgerichtliche Klärung

Streitigkeiten über Lohnansprüche werden vor den zuständigen Arbeitsgerichten ausgetragen. Fristen, Beweisfragen und die Auslegung von Klauseln spielen dabei eine zentrale Rolle.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann entsteht der Lohnanspruch?

Der Lohnanspruch entsteht, wenn eine wirksame arbeitsvertragliche Beziehung besteht und Arbeitsleistung entsprechend der Vereinbarung erbracht oder ausnahmsweise entbehrlich ist, etwa bei Annahmeverzug, Urlaub, Feiertagen oder vorübergehender krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit.

Besteht bei Krankheit weiterhin ein Lohnanspruch?

Bei unverschuldeter, vorübergehender Arbeitsunfähigkeit bleibt der Lohnanspruch für eine begrenzte Dauer bestehen. Voraussetzung ist insbesondere eine bestehende Beschäftigung und die Einhaltung vereinbarter Anzeige- und Nachweispflichten.

Habe ich Anspruch auf Zuschläge für Nacht- oder Feiertagsarbeit?

Ein Anspruch auf Zuschläge ergibt sich aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder betrieblicher Übung. Ohne entsprechende Grundlage besteht nicht automatisch ein Zuschlagsanspruch.

Was gilt für Boni und variable Vergütung?

Ansprüche auf Boni, Provisionen oder Zielprämien richten sich nach den getroffenen Vereinbarungen. Maßgeblich sind klare Kriterien, Berechnungsmethoden und gegebenenfalls Regelungen zur Zielvorgabe und -kontrolle.

Können Lohnansprüche verfallen?

Ja, vertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen können einen Verfall auslösen, wenn Ansprüche nicht innerhalb festgelegter Fristen geltend gemacht werden. Daneben gelten allgemeine Verjährungsregeln.

Darf der Arbeitgeber mit Forderungen gegen den Lohn aufrechnen?

Eine Aufrechnung ist nur in engen Grenzen zulässig, insbesondere unter Beachtung von Pfändungsschutz und Schutzvorschriften. Unzulässige oder überhöhte Abzüge sind nicht wirksam.

Wie unterscheiden sich Brutto- und Nettolohnanspruch?

Der Bruttolohn umfasst die Gesamtvergütung vor Abzügen. Erfüllt wird der Lohnanspruch durch Zahlung des Nettolohns, also nach Abzug von Steuern und Sozialbeiträgen.

Gibt es einen Anspruch auf gleiches Entgelt?

Es besteht der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche oder gleichwertige Arbeit. Differenzierungen sind nur zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt und transparent hergeleitet sind.