Legal Lexikon

LNG


Rechtliche Rahmenbedingungen des Begriffs LNG (Liquefied Natural Gas)

Liquefied Natural Gas (LNG), auf Deutsch Flüssigerdgas, ist ein tiefgekühltes, verflüssigtes Erdgas, das insbesondere für Transport, Speicherung und anschließende Energieerzeugung genutzt wird. Die Gewinnung, Lagerung, der Transport, sowie die energetische und industrielle Nutzung von LNG sind Gegenstand umfangreicher gesetzlicher, regulatorischer und völkerrechtlicher Regelungen. Nachfolgend werden die wesentlichen rechtlichen Aspekte des Begriffs LNG umfassend dargestellt.


Begriffsbestimmung und Abgrenzung

Definition

Liquefied Natural Gas (LNG) ist Erdgas, das durch Abkühlung auf etwa -162 °C in einen flüssigen Aggregatzustand überführt wird. Dadurch verringert sich sein Volumen im Vergleich zum gasförmigen Zustand um den Faktor 600, was den Transport und die Speicherung erleichtert. LNG enthält zum überwiegenden Teil Methan sowie geringe Anteile weiterer Kohlenwasserstoffe.

Abgrenzung zu anderen Energieträgern

Rechtlich unterscheidet sich LNG von anderen Energieträgern, etwa von CNG (Compressed Natural Gas), Erdöl, Flüssiggas (LPG) oder Wasserstoff, durch spezifische Regularien, die Lagerung, Transport und Verwendung betreffen.


Nationale und europaweite Gesetzgebung

Deutschland

Energierechtliche Einordnung

In Deutschland sind Produktion, Import, Transport und Vertrieb von Flüssigerdgas durch verschiedene Gesetze geregelt, insbesondere:

  • Energiewirtschaftsgesetz (EnWG): Das Gesetz regelt die leitungsgebundene Energieversorgung, schließt jedoch aufgrund aktueller Entwicklungen auch Bestimmungen zur Anbindung und zum Betrieb von LNG-Terminals ein.
  • Verordnung über den Zugang zu LNG-Anlagen (LNGV): Diese regelt insbesondere die Bedingungen für den diskriminierungsfreien Zugang Dritter zu LNG-Anlagen.
Genehmigungen nach BImSchG

Der Bau und Betrieb von LNG-Terminals und zugehörigen Einrichtungen unterliegen dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und benötigen entsprechende Genehmigungen. Auflagen betreffen Emissionen, Lärmschutz, Sicherheit und Umweltverträglichkeit.

Wasserrechtliche Vorschriften

LNG-Terminals, die an Küsten oder Binnenwasserstraßen errichtet werden, unterliegen zusätzlichen Auflagen nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie der Seeanlagenverordnung.

Europäische Union

Binnenmarkt und Versorgungssicherheit

Die Europäische Union betrachtet LNG als wesentlichen Teil der Energiesicherungsstrategie und der Diversifizierung der Gasversorgung. Wesentliche Regelungswerke sind:

  • Verordnung (EU) Nr. 715/2009: Über gemeinsame Regeln für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen, einschließlich LNG-Anlagen.
  • Verordnung (EU) 2017/1938 (SoS-Verordnung): Über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung, einschließlich spezifischer Regelungen zu LNG-Lieferungen.
Umwelt- und Klimavorgaben

EU-Recht, z.B. die Emissionshandelsrichtlinie und die Verordnung über die Überwachung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen, legt Anforderungen für den Betrieb und die Nutzung von LNG fest.


Völkerrechtliche und internationale Grundlagen

Der internationale LNG-Markt unterliegt dem WTO-Recht sowie bilateralen und multilateralen Abkommen. Besonders relevant sind:

  • International Maritime Organization (IMO): Regelungen zur Sicherheit von LNG-Tankern (u.a. IGC-Code für den Bau und Betrieb von Gastransportern).
  • Internationale Übereinkommen zum Umweltschutz: Insbesondere MARPOL (Verhütung der Meeresverschmutzung) und das Pariser Klimaschutzübereinkommen haben Auswirkungen auf Produktion, Transport und Nutzung von LNG.

Betreiberpflichten und Sicherheitsanforderungen

Anlagen- und Betriebsverantwortung

Betreiber von LNG-Anlagen unterliegen besonderen Pflichten hinsichtlich Sicherheit, Umweltschutz, Gefahrenabwehr und technischer Überwachung:

  • Betreiberverantwortung nach BetrSichV und AwSV: Dies umfasst regelmäßige technische Prüfungen, Überwachung der Anlagen nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sowie die Einhaltung wasserrechtlicher Anforderungen nach der Anlagenverordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV).
  • MAHBV: Die „Störfall-Verordnung“ (12. BImSchV) regelt Pflichten zum Schutz vor schweren Unfällen, Informationspflichten gegenüber Behörden und Bevölkerung, Notfallpläne und Meldepflichten.

Immissionsschutz, Klima- und Umweltschutzrecht

LNG-Anlagen sind genehmigungsbedürftige Anlagen. Es gelten neben dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) weitere Regelungen wie die TA Luft, TA Lärm sowie Vorgaben zur VOC-Minderung und zum Gewässerschutz. Die Auswirkungen auf Flora, Fauna und lokale Ökosysteme müssen durch Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVPG) geprüft und bewertet werden.


Transportrechtliche Rahmenbedingungen

Der Transport von LNG erfolgt meist per Tankschiff (LNG-Tanker), aber auch per LKW und Bahn. Zu beachten sind:

  • ADR/RID: Internationale Regelungen für den Gefahrguttransport auf Straße und Schiene.
  • SOLAS und IGC-Code: Vorgaben für die Sicherheit bei Seetransporten von LNG.

Zudem gelten Zollvorschriften und Meldepflichten gemäß EU-Vorgaben.


Steuerrechtliche Behandlung

Für LNG gelten spezielle steuerliche Regelungen nach dem deutschen Energiesteuergesetz (EnergieStG), insbesondere im Hinblick auf Steuerbefreiungen, Steuerverschiebungen und Vergünstigungen, die den Ausbau der Nutzung fördern.


Kartellrecht und Marktzugang

Sowohl nationale als auch europäische Kartell- und Wettbewerbsregeln greifen bei der Vergabe von Kapazitäten an LNG-Terminals sowie beim Zugang zu den Märkten und Transportkapazitäten, um Diskriminierung und Monopolstellungen zu verhindern.


Compliance und Sorgfaltspflichten

Der Betrieb von LNG-Anlagen umfasst umfangreiche Pflichten zur Compliance im Bereich Geldwäsche, Sanktionsrecht, Exportkontrolle und internationaler Lieferkettenregelungen, etwa durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.


Zusammenfassung

Der Begriff LNG (Liquefied Natural Gas) unterliegt in Deutschland, der Europäischen Union und international einem vielschichtigen Regelungsgefüge, das von Genehmigungsverfahren, Sicherheits-, Umwelt- und Klimaschutzvorschriften über das Transportrecht bis hin zu steuerrechtlichen und kartellrechtlichen Vorgaben reicht. Aufgrund der dynamischen Entwicklung im Energiemarkt sowie geopolitischer Herausforderungen adaptiert der Gesetzgeber regelmäßig die einschlägigen Normen zum Umgang mit LNG. Für Akteure aus der Energiewirtschaft bedeutet dies ein hohes Maß an regulatorischer Beobachtung und Compliance.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für den Import von LNG nach Deutschland?

Der Import von LNG (Liquefied Natural Gas) nach Deutschland unterliegt zahlreichen spezifischen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen auf nationaler und europäischer Ebene. Zentral ist zunächst die europäische Gasbinnenmarkt-Richtlinie (EU-Richtlinie 2009/73/EG), welche die Grundzüge des Marktzugangs, der Netznutzungsbedingungen und der Entflechtung der Versorgungsunternehmen regelt. In Bezug auf den LNG-Import bestehen in Deutschland besondere Genehmigungspflichten nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sowie nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), vor allem wenn neue Terminals errichtet oder bestehende Anlagen erweitert werden. Ebenfalls sind die Vorgaben der europäischen Verordnung (EU) 2017/1938 zur Gewährleistung der Gasversorgungssicherheit zu beachten. Zölle und außenwirtschaftsrechtliche Genehmigungen können hinzutreten, insbesondere wenn LNG aus Drittstaaten importiert wird. Ergänzend greifen weitere Vorschriften etwa aus dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) oder dem Seeanlagenrecht für maritime Terminals. Importierende Unternehmen müssen dokumentierte Nachweise über Herkunft, Sicherheitsstandards, Art und Menge des Gases, sowie ggf. umweltrechtliche Prüfungen (Umweltverträglichkeitsprüfung, UVP) vorlegen.

Welche rechtlichen Anforderungen müssen beim Bau und Betrieb von LNG-Terminals beachtet werden?

Für den Bau und Betrieb von LNG-Terminals in Deutschland und der EU müssen umfangreiche Genehmigungsverfahren durchlaufen werden, die auf verschiedenen gesetzlichen Grundlagen basieren. Im Zentrum stehen das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), da LNG-Anlagen unter die Kategorie genehmigungsbedürftiger Anlagen fallen. Die Behörden verlangen u.a. umfassende Prüfungen zu Emissionsschutz, Gefahrenabwehr, Explosionsschutz und Notfallmanagement. Zudem ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) verpflichtend, bei der potenzielle Auswirkungen auf Umwelt und Bevölkerung beurteilt werden. Ferner sind das Energierecht, das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht sowie jeweils relevante Naturschutzvorschriften einzuhalten. Im Offshore-Bereich sind zusätzlich das Seeanlagenrecht und spezifische Genehmigungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) maßgeblich. Betreiber tragen eine umfassende Betreiberverantwortung und haben Meldepflichten im Sinne des Störfallrechts nach der Störfallverordnung.

Wie gestaltet sich die rechtliche Haftung bei LNG-Transportunfällen?

Die Haftung bei Transportunfällen mit LNG richtet sich nach unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen, je nach Schadensart und Beteiligten. Eine wesentliche Rolle spielen das Umwelthaftungsgesetz (UmwHG), das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) sowie zivilrechtliche Vorschriften nach BGB und HGB. Für Schäden, die im Rahmen des Transports entstehen (insbesondere auf öffentlichen Straßen, Schienen oder Wasserwegen), haften Betreiber bzw. Transportunternehmen grundsätzlich verschuldensabhängig, können aber mit verschärfter Gefährdungshaftung belegt sein, sofern es sich um gefährliche Stoffe handelt. Im internationalen Seetransport greifen zusätzlich das Internationale Übereinkommen über die Haftung für Schäden durch gefährliche und schädliche Stoffe auf See (International Convention on Civil Liability for Bunker Oil Pollution Damage, Bunker Convention) sowie Vorgaben des internationalen Seerechts. Betreiber sind verpflichtet, ausreichende Versicherungen abzuschließen, und unterliegen der Meldepflicht bei Unfällen nach § 19 BImSchG und nach dem Seeunfall-Untersuchungsgesetz.

Welche Besonderheiten bestehen hinsichtlich der Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) für LNG-Anlagen?

LNG-Anlagen gehören zu den genehmigungsbedürftigen Anlagen gemäß Anhang 1 der 4. BImSchV (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen), insbesondere weil sie als potenziell gefährliche Störfallbetriebe eingestuft werden können. Das BImSchG fordert eine sorgfältige Immissionsprognose, ein schlüssiges Sicherheitskonzept und einen Explosionsschutz-Nachweis. Die öffentliche Beteiligung ist obligatorisch, das heißt, Anwohner und Träger öffentlicher Belange (z.B. Umweltverbände) werden in das Verfahren einbezogen. Das Genehmigungsverfahren verlangt eine umfassende Dokumentation betreffend Emissionen (insbesondere Methan, Lärm, Verkehr), abzuführende Stoffströme, Notfallmanagement sowie Lagerung und Umschlag des verflüssigten Erdgases. In der Praxis bedeuten diese Anforderungen eine hohe Hürde für Antragsteller, sodass frühzeitige Abstimmungen mit Behörden und Gutachtern unerlässlich sind.

Inwiefern unterliegt der LNG-Import dem europäischen und nationalen Wettbewerbsrecht?

Die Einfuhr und der Handel von LNG unterliegen sowohl dem europäischen Wettbewerbsrecht (insbesondere Art. 101 und 102 AEUV – Kartellverbot und Missbrauchsverbot) als auch dem nationalen Kartellrecht nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). LNG-Importeure und Terminalbetreiber dürfen insbesondere keine wettbewerbswidrigen Vereinbarungen treffen, die den Zugang Dritter zu Importterminals oder zum deutschen Markt einschränken. Die Regulierung durch die Bundesnetzagentur stellt sicher, dass Dritte diskriminierungsfreien Zugang zu wichtigen Infrastrukturen bekommen („Zugang Dritter zu LNG-Anlagen“ nach § 28 EnWG und Art. 13 der Richtlinie 2009/73/EG). Eng damit verknüpft sind Transparenzpflichten und Entgeltregulierung, um Monopolisierung und Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Marktteilnehmer haben die Pflicht zur Anmeldung von Zusammenschlüssen bei den Wettbewerbsbehörden, falls sie durch LNG-Transaktionen relevante Marktanteile erreichen.

Welche energie- und umweltrechtlichen Berichts- und Nachweispflichten bestehen beim LNG-Import?

Beim LNG-Import existieren diverse Melde-, Berichts- und Nachweispflichten. Nach § 52 EnWG müssen Unternehmen Daten zu Menge, Herkunft und Zusammensetzung des importierten Erdgases an die Bundesnetzagentur oder das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übermitteln. Hinzu treten Vorgaben zur Erstellung von Sicherheitsdatenblättern (nach REACH-Verordnung), Risikobewertungen und Notfallplänen, insbesondere wenn LNG als Gefahrstoff eingestuft wird. Umweltrechtlich sind regelmäßige Emissionsberichte an die zuständigen Landesumweltbehörden abzugeben, zudem sind Nachweise im Rahmen des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) zu erbringen, sofern Emissionszertifikate betroffen sind. Im Falle von Unregelmäßigkeiten oder Störfällen sind unverzüglich Meldungen an die zuständigen Behörden sowie an das European Gas Coordination Group (GCG) erforderlich.

Gibt es spezielle Regelungen für die Einspeisung von regasifiziertem LNG in das deutsche Gasnetz?

Die Einspeisung von regasifiziertem LNG in das deutsche Gasnetz wird durch eine Vielzahl technischer, qualitativer und rechtlicher Normen gesteuert. Zentrale gesetzliche Grundlage ist das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), in Verbindung mit der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) und den einschlägigen Technischen Regeln für Gasinstallationen (DVGW-Regelwerk). Der Betreiber eines LNG-Terminals muss sicherstellen, dass das Gas nach der Regasifizierung den Anforderungen des DVGW-Arbeitsblatts G 260 („Gasbeschaffenheit“) entspricht, da nur so die Netzkompatibilität gewährleistet ist. Weiterhin bestehen Anschluss- und Abnahmeverträge mit den Fernleitungsnetzbetreibern (FNB), die eine Qualitätskontrolle, Mengenmessung sowie Verantwortung für Störungen und Haftungsfragen vorsehen. Schließlich ist die diskriminierungsfreie Zugangsmöglichkeit für Dritte gemäß Regulierungsrahmen sicherzustellen, wodurch Missbrauch der Infrastruktur verhindert werden soll.