Begriff und Abgrenzung des Linienverkehrs
Der Linienverkehr ist ein zentrales Element im öffentlichen Personen- und Güterverkehr und bezeichnet den regelmäßig wiederkehrenden Transport von Personen oder Gütern auf festgelegten Wegen und nach einem veröffentlichten Fahrplan. Die rechtliche Einordnung, Organisation und Genehmigung des Linienverkehrs sind in Deutschland und Europa detailliert geregelt. Rechtlich unterscheidet sich der Linienverkehr von anderen Verkehrsformen, insbesondere von Gelegenheitsverkehr und Individualverkehr.
Definition und rechtliche Grundlagen
Im deutschen Recht wird der Linienverkehr vornehmlich durch das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und das Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) geregelt. Der Begriff „Linienverkehr“ wird im § 42 PBefG wie folgt definiert: Linienverkehr ist die „regelmäßige Beförderung von Personen nach einem festgelegten Fahrplan, wobei Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können.“ Für den Güterverkehr findet sich auch im § 1 GüKG eine explizite Differenzierung zwischen Linien- und Gelegenheitsverkehr. Die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 regeln darüber hinaus europaweit die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste auf Straße und Schiene.
Rechtliche Voraussetzungen und Genehmigungsverfahren
Genehmigungspflicht
Der Betrieb von Linienverkehr unterliegt strengen Genehmingungspflichten. Nach § 8 PBefG darf Linienverkehr nur aufgrund einer behördlichen Genehmigung durchgeführt werden. Die Genehmigungspflicht erstreckt sich sowohl auf den Nah- als auch auf den Fernlinienverkehr, unabhängig davon, ob der Verkehr mit Kraftfahrzeugen, Straßenbahnen oder sonstigen zugelassenen Verkehrsmitteln durchgeführt wird.
Zuständige Behörden
Für ÖPNV-Linienverkehre sind die örtlich zuständigen Verkehrsbehörden der Kreise oder kreisfreien Städte verantwortlich. Der Fernlinienverkehr unterliegt der Genehmigung durch das Bundesamt für Güterverkehr (BAG).
Voraussetzungen der Genehmigung
Eine Genehmigung wird nur erteilt, wenn die persönliche Zuverlässigkeit, finanzielle Leistungsfähigkeit und fachliche Eignung des Antragstellers nachgewiesen werden (§ 13 PBefG). Hinzu kommt die Verpflichtung zur Wahrung der Betriebssicherheit und angemessenen Fahrgastbeförderung. Linienwege, Fahrpläne und Tarifvorschriften müssen bei Antragstellung detailliert dargelegt werden.
Vertrags- und Beförderungsbedingungen
Tarifpflicht und Bekanntmachung
Linienverkehr unterliegt der Tarifpflicht (§ 39 PBefG). Die Tarife und Fahrpläne sind zur Sicherstellung der Transparenz öffentlich bekannt zu machen und genehmigen zu lassen. Für Verbundlinien gelten die Tarifregelungen der jeweiligen Verkehrsverbünde.
Beförderungspflicht
Nach § 22 PBefG besteht im Linienverkehr eine grundsätzliche Beförderungspflicht, das heißt, jeder Fahrgast muss befördert werden, solange die Beförderungsbedingungen – insbesondere Kapazitätsgrenzen und besondere Ausschlussgründe – dies zulassen.
Allgemeine Geschäftsbedingungen
Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen bilden die Grundlage des Vertrags zwischen Verkehrsunternehmen und Fahrgast. Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben sind nur im gesetzlich zulässigen Rahmen möglich und bedürfen der behördlichen Genehmigung.
Besonderheiten im Linienverkehr: Nah- und Fernlinienverkehr
Nahverkehr
Nahverkehr im Sinne des PBefG ist der Linienverkehr innerhalb eines bestimmten Nahbereichs, meist von nicht mehr als 50 km Linienlänge (§ 8 Abs. 2 PBefG). Für diesen Bereich gelten teilweise erleichterte Voraussetzungen im Genehmigungsverfahren.
Fernlinienverkehr
Für den Fernlinienverkehr, z.B. Fernbuslinien, gelten über das PBefG hinaus spezielle Regelungen. Mit Inkrafttreten der Liberalisierung des Fernbusmarkts in Deutschland wurde die Möglichkeit geschaffen, Fernlinienverkehre auch auf konkurrenzierenden Strecken zu Eisenbahnverbindungen anzubieten – unter Einhaltung bestimmter Abstandsregelungen zu bestehenden Nahverkehren (§ 42a PBefG).
Verhältnis zu anderen Verkehrsarten
Abgrenzung zum Gelegenheitsverkehr
Gelegenheitsverkehr, etwa mit Taxis oder Mietwagen (§ 46 PBefG), unterscheidet sich maßgeblich vom Linienverkehr durch das Fehlen eines festen Fahrplans und die individuelle Einwirkungsmöglichkeit des Fahrgasts auf Beginn und Ziel der Fahrt.
Kombinierter Linien- und Gelegenheitsverkehr
Manche Verkehre können Merkmale beider Verkehrsarten aufweisen, etwa Linienbedarfsverkehr (On-Demand-Angebote), bei denen einzelne Fahrten nach Fahrgastbestellung zwischen festgelegten Haltestellen durchgeführt werden (§ 44 PBefG).
Kontrolle, Aufsicht und Sanktionsmechanismen
Die Durchführung des Linienverkehrs wird durch die zuständigen Aufsichtsbehörden lückenlos überwacht. Bei Verstößen gegen die genehmigten Bedingungen oder Mängeln im Betrieb drohen Maßnahmen bis hin zum Widerruf der Genehmigung (§ 25 PBefG). Verstöße gegen Tarifpflicht, Beförderungspflicht oder Sicherheitsauflagen sind bußgeldbewehrt.
Internationale und europarechtliche Aspekte
EU-Verordnungen
Die EU regelt unter anderem durch die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und (EG) Nr. 1071/2009 die Rahmenbedingungen für öffentliche Personenverkehrsdienste und die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers. Die Umsetzung in nationales Recht erfolgt durch Anpassung des PBefG und des GüKG.
Grenzüberschreitender Linienverkehr
Im grenzüberschreitenden Linienverkehr sind ergänzend zu nationalen Vorschriften die Regelungen des internationalen Übereinkommens über den internationalen Transport von Fahrgästen und Gepäck auf der Straße (Interbus-Abkommen) zu beachten. Die Genehmigungspflicht gilt auch für internationale Linien, wobei abweichende Verfahrensschritte und zusätzliche Nachweise (z. B. Sicherheits- und Umweltauflagen) relevant sind.
Zusammenfassung
Der Linienverkehr bildet das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs und ist umfassend rechtlich geregelt. Die zentrale Grundlage bildet das Personenbeförderungsgesetz mit klar definierten Anforderungen an die Durchführung, Genehmigung und Überwachung. Durch das Zusammenspiel nationaler und europäischer Rechtsvorschriften unterliegt der Linienverkehr ständigen Anpassungen und Weiterentwicklungen, um wirtschaftliche, verkehrspolitische und gesellschaftliche Ziele in Einklang zu bringen. Die Kenntnis der rechtlichen Vorgaben ist unerlässlich für Betreiber und Nutzer des Linienverkehrs.
Häufig gestellte Fragen
Wann bedarf es einer Genehmigung für den Linienverkehr?
Für die Durchführung von Linienverkehr im öffentlichen Straßenpersonenverkehr ist gemäß § 42 und § 43 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) eine behördliche Genehmigung zwingend erforderlich. Die Genehmigung wird benötigt, sobald Fahrgäste nach einem genehmigten Fahrplan auf festen Linien mit festgelegten Haltestellen befördert werden. Die Genehmigungspflicht gilt dabei unabhängig davon, ob der Verkehr regelmäßig, saisonal oder nur gelegentlich betrieben wird. Zu den Voraussetzungen zählen unter anderem die persönliche Zuverlässigkeit, finanzielle Leistungsfähigkeit und fachliche Eignung des Antragstellers. Die Genehmigungsbehörde prüft weiterhin die Verkehrsbedienungspflicht, ein öffentliches Verkehrsbedürfnis, die ordnungsgemäße Durchführung sowie das Vorliegen von Beförderungsentgelten und Beförderungsbedingungen, die vorab genehmigt werden müssen. Ebenso müssen Aspekte wie Arbeitsschutz, Fahrpersonalrecht, Kapazitätsauslastung und Umweltauflagen beachtet werden.
Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für den Genehmigungsinhaber im Linienverkehr?
Der Genehmigungsinhaber übernimmt umfangreiche Pflichten, insbesondere die Verkehrsbedienungspflicht, nach § 21 PBefG. Er muss also den festgelegten Linien- und Fahrplan zuverlässig einhalten und einen sicheren, ordnungsgemäßen Betrieb gewährleisten. Dazu gehören auch die Vorhaltung und Wartung geeigneter Fahrzeuge sowie die Anstellung und ordnungsgemäße Schulung des Fahrpersonals, das die besonderen Bestimmungen des Fahrpersonalrechts sowie der Lenk- und Ruhezeitenverordnung beachten muss. Rechte umfassen insbesondere die exklusive Durchführung des genehmigten Linienverkehrs auf den festgelegten Streckenabschnitten während der Laufzeit der Genehmigung sowie den Schutz vor unbegründeter Konkurrenz durch Dritte. Änderungen am Fahrplan, an den Haltestellen oder den Beförderungsbedingungen bedürfen der Zustimmung der Genehmigungsbehörde.
Welche rechtlichen Anforderungen gelten für Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen?
Gemäß § 39 und § 40 PBefG dürfen Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen im Linienverkehr nur mit vorheriger Genehmigung durch die zuständige Genehmigungsbehörde angewendet werden. Die Entgelte müssen für jedermann zugänglich und gleich sein, diskriminierungsfreier Zugang muss stets gewährleistet werden. Es ist dem Verkehrsunternehmen untersagt, ohne gültige und öffentlich ausgehängte Tarife Leistungen zu erbringen oder Preisnachlässe außerhalb der genehmigten Bedingungen zu gewähren. Änderungen der Entgelte- oder Tarifstruktur können auf Antrag bei der Behörde beantragt werden, bedürfen aber einer erneuten Prüfung insbesondere auf Wettbewerbs- und Verbraucherschutzaspekte.
Welche Vorgaben gelten für die Fahrplan- und Betriebsführung im rechtlichen Kontext?
Der Fahrplan ist Bestandteil der Genehmigung und muss insbesondere in Hinblick auf die Verkehrssicherheit, die Bedarfsdeckung und die Integration in bestehende Verkehrsangebote festgelegt werden. Änderungen am Fahrplan oder Betriebszeiten müssen genehmigt werden. Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur öffentlichen Bekanntmachung des Fahrplans an allen Haltestellen sowie im Internet, damit Fahrgäste jederzeit Einsicht nehmen können. Betriebsunterbrechungen (z. B. auf Grund von Wartungsarbeiten oder Streiks) sind der Behörde anzuzeigen und es sind Ersatzverkehre, soweit zumutbar, einzurichten.
Inwiefern besteht im Linienverkehr eine Haftung des Verkehrsunternehmens gegenüber Fahrgästen?
Verkehrsunternehmen im Linienverkehr unterliegen einer erhöhten gesetzlichen Haftung für Personen- und Sachschäden nach den allgemeinen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 831, 823 BGB) sowie spezialgesetzlichen Regeln, wie dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) und dem Haftpflichtgesetz (HPflG). Es besteht eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung für Schäden, die durch den Betrieb von Kraftfahrzeugen entstehen. Darüber hinaus regeln die Beförderungsbedingungen Details zur Haftung bei Verspätungen, Ausfällen oder Verlust von Gepäck. Die Unternehmen müssen eine ausreichende Haftpflichtversicherung nachweisen, um die Konzession zu erlangen und aufrechtzuerhalten.
Wie wird der Wettbewerb im Linienverkehr rechtlich reguliert?
Der Wettbewerb im Linienverkehr wird maßgeblich durch das PBefG reguliert. Die Vergabe von Genehmigungen erfolgt unter Berücksichtigung des öffentlichen Verkehrsbedarfs, der Wirtschaftlichkeit sowie des Schutzes bestehender Verkehrsunternehmen. Das sogenannte Konkurrenzschutzprinzip (§ 13 Abs. 2 PBefG) gewährt Bestandsunternehmen für die Dauer ihrer Genehmigung einen gewissen Schutz vor unmittelbarem Wettbewerb durch Parallelverkehre, sofern dadurch ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet wäre. Gleichzeitig ist die Behörde verpflichtet, eine möglichst flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen. Vergabeverfahren und Auftragsvergaben unterliegen zusätzlich dem EU-Vergaberecht und nationalen Ausschreibungsregeln.
Welche besonderen Vorschriften sind beim grenzüberschreitenden Linienverkehr zu beachten?
Für grenzüberschreitenden Linienverkehr innerhalb der EU gelten neben den nationalen Bestimmungen des PBefG auch die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1073/2009. Hierfür sind spezielle Gemeinschaftslizenzen bei der nationalen Behörde (in Deutschland das Bundesamt für Logistik und Mobilität) zu beantragen, die zur Durchführung genehmigungspflichtiger internationaler Linienverkehre berechtigen. Voraussetzung ist die Einhaltung aller innerstaatlichen Bestimmungen sowohl im Heimatland als auch im jeweiligen Zielland, inklusive der Tarifierung, Versicherungsnachweise und technischen Mindeststandards der Fahrzeuge. Besondere Aufmerksamkeit ist auch der Zusammenarbeit mit den Behörden der beteiligten Staaten und möglichen Zoll- bzw. Sicherheitsvorschriften zu widmen.