Begriff und Abgrenzung des Linienverkehrs
Linienverkehr bezeichnet die planmäßige, regelmäßig wiederkehrende Beförderung von Personen auf einer festgelegten Strecke mit bestimmten Haltestellen und einem veröffentlichten Fahrplan. Kennzeichnend ist die allgemeine Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit: Ein- und Ausstieg sind grundsätzlich an den vorgesehenen Haltestellen möglich, das Entgelt richtet sich nach bekanntgegebenen Tarifen, und die Fahrten folgen einem vordefinierten Takt oder Zeitplan.
Abgrenzung zu anderen Verkehrsformen
Vom Linienverkehr abzugrenzen ist der Gelegenheitsverkehr, etwa Taxen, Mietwagen mit Fahrpersonal oder gecharterte Busse für Ausflüge und Transfers. Diese Verkehre sind nicht an einen veröffentlichten Fahrplan oder feste Haltestellen gebunden und bedienen regelmäßig einen individuell vereinbarten Zweck. Ebenfalls abzugrenzen sind geschlossene Verkehre ohne allgemeinen Zugang (zum Beispiel exklusiv vereinbarte Beförderungen einer abgegrenzten Personengruppe), die rechtlich gesondert behandelt werden.
Rechtlicher Rahmen
Der Linienverkehr im Personenbereich ist in Deutschland und auf europäischer Ebene umfassend geregelt. Die Regeln betreffen den Marktzugang, den Betrieb, die Fahrgastrechte, die öffentliche Finanzierung sowie die Aufsicht. Sie dienen dem Schutz der Fahrgäste, der Verlässlichkeit des Angebots und der geordneten Entwicklung des öffentlichen Verkehrs.
Nationale Grundlagen
Für den straßengebundenen Personenverkehr (insbesondere Bus) gelten bundesrechtliche Vorgaben, die die Genehmigungspflicht, die Anforderungen an Unternehmen und Fahrzeuge, den Betrieb nach Fahrplan und die Tarife regeln. Für schienengebundenen Verkehr existieren daneben eigenständige Regelungen. Regionale und kommunale Bestimmungen konkretisieren diese Vorgaben, etwa zu Haltestellen, Informationspflichten und Verbundtarifen.
Europäische Vorgaben und grenzüberschreitende Dienste
Europäische Regelungen beeinflussen insbesondere den Zugang zu grenzüberschreitenden Linien, Fahrgastrechte und die Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen im Nahverkehr. Sie fördern den Wettbewerb und sichern Mindeststandards, etwa bei Information, Entschädigung und Nichtdiskriminierung.
Zuständige Behörden und Aufsicht
Zuständig für Genehmigungen und Aufsicht sind je nach Verkehrsträger und Linienart die örtlichen oder überörtlichen Verkehrsbehörden. Sie prüfen Anträge, überwachen den Betrieb, koordinieren Liniennetze und schreiten bei Verstößen ein. Im Nahverkehr wirken kommunale Aufgabenträger bei Planung und Sicherstellung des Angebots mit.
Genehmigung und Marktzugang
Erlaubnisverfahren
Der Betrieb eines Linienverkehrs ist erlaubnispflichtig. Im Genehmigungsverfahren werden insbesondere die Zuverlässigkeit des Unternehmers, die finanzielle Leistungsfähigkeit, die fachliche Organisation des Betriebs, der Einsatz geeigneter Fahrzeuge und die Eignung des Fahrpersonals geprüft. Zudem werden Linienweg, Haltestellen, Fahrplan und Tarifkonzept beurteilt und mit bestehenden Verkehren abgestimmt.
Laufzeit, Änderungen und Widerruf
Genehmigungen werden befristet erteilt. Wesentliche Änderungen von Linienführung, Fahrplan oder Tarif bedürfen der Zustimmung der Behörde. Bei schwerwiegenden Verstößen, fehlender Leistungsfähigkeit oder anhaltender Nichterfüllung der Betriebs- und Informationspflichten kommen Auflagen, Kürzungen des Angebots oder der Widerruf der Genehmigung in Betracht.
Koordinierung und Netzintegration
Neue oder geänderte Linien werden mit bestehenden Angeboten abgestimmt, um Doppelauslastungen zu vermeiden, Anschlüsse zu sichern und die Daseinsvorsorge zu gewährleisten. Haltestellenbenutzung, Fahrgastinformation und Tarifintegration in Verkehrsverbünden sind regelmäßig Teil der Abstimmung.
Rechte und Pflichten im Betrieb
Fahrplan- und Informationspflicht
Der veröffentlichte Fahrplan ist einzuhalten. Ausfälle und Abweichungen sind zu minimieren und, soweit möglich, rechtzeitig bekanntzugeben. Informationen zu Linienweg, Abfahrtszeiten, Haltestellen, Einschränkungen und alternativen Verbindungen müssen verständlich, leicht zugänglich und aktuell sein.
Beförderungsbedingungen und Tarife
Für den Linienverkehr gelten veröffentlichte Beförderungsbedingungen und Tarife. Diese regeln Zutritt, Fahrscheine, Ermäßigungen, Mitnahmebestimmungen und Ausschlussgründe. In Verkehrsverbünden besteht in der Regel eine Pflicht zur Anerkennung gemeinsamer Tarife. Entgelte müssen transparent und nichtdiskriminierend sein.
Fahrgastrechte, Sicherheit und Barrierefreiheit
Fahrgäste haben Anspruch auf sichere Beförderung, grundlegende Betreuung bei erheblichen Störungen und transparente Information. Sicherheitsanforderungen betreffen Fahrzeuge, technische Prüfungen und Qualifikation des Fahrpersonals. Vorgaben zur Barrierefreiheit verlangen schrittweise den Abbau von Zugangs- und Informationsbarrieren, etwa durch geeignete Fahrzeuge, visuelle und akustische Fahrgastinformation und anforderungsgerechte Haltestellen.
Versicherung und Haftung
Betreiber müssen eine Haftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden vorhalten. Für Schäden aus dem Betrieb gelten besondere Haftungsmaßstäbe, ergänzt durch allgemeine zivilrechtliche Regeln. Die Haftung kann je nach Art des Ereignisses und der Mitverantwortung Beteiligter abgestuft sein.
Öffentliche Verkehrsaufgaben und Finanzierung
Öffentliche Dienstleistungsaufträge
Im Nahverkehr kann die Sicherstellung eines ausreichenden Angebots durch öffentliche Dienstleistungsaufträge erfolgen. Diese legen Umfang, Qualität, Tarife, Ausstattungsstandards und Kontrollmechanismen fest und regeln Ausgleichszahlungen für vorgegebene Pflichten.
Vergabe und Wettbewerb
Die Vergabe von Leistungen erfolgt nach transparenten, nichtdiskriminierenden Verfahren. Möglich sind wettbewerbliche Ausschreibungen oder in bestimmten Fällen direkte Beauftragungen. Vertragsmodelle verteilen wirtschaftliche Risiken unterschiedlich, etwa als Netto- oder Bruttomodelle.
Tarifintegration und Verbünde
In Verkehrsverbünden gelten abgestimmte Tarife, einheitliche Beförderungsbedingungen und gemeinsame Vertriebssysteme. Die Einnahmenaufteilung und Kontrollrechte werden vertraglich geregelt und behördlich überwacht.
Besondere Formen des Linienverkehrs
Bedarfsorientierte Linien
Bedarfsorientierte Linien verkehren im Rahmen einer Liniengenehmigung, bedienen Halte jedoch nur bei Bedarf oder innerhalb eines festgelegten Korridors. Sie verbinden Flexibilität mit den Grundprinzipien des Linienverkehrs, insbesondere veröffentlichten Betriebszeiten und Zugang für die Allgemeinheit.
Schüler- und Berufsverkehr im Linienbetrieb
Zusätzliche Schul- oder Berufsverkehrsfahrten können Teil eines allgemeinen Linienangebots sein und stehen dann allen Fahrgästen offen. Exklusive, nicht öffentlich zugängliche Beförderungen sind demgegenüber gesondert einzuordnen.
Fernlinienverkehr mit Bussen
Fernlinien verbinden Städte über größere Entfernungen. Die Zulassung berücksichtigt die Verlässlichkeit des Angebots, die Einbindung in bestehende Netze und die Auswirkungen auf den regionalen öffentlichen Verkehr. Fahrgastrechte und Sicherheitsanforderungen gelten auch hier.
Linienverkehr im Gütertransport
Begriffliche Nutzung und rechtliche Einordnung
Im Güterbereich wird der Begriff „Linienverkehr“ umgangssprachlich für regelmäßige, fest getaktete Transporte zwischen Hubs verwendet (Linehaul). Rechtlich handelt es sich dabei nicht um eine eigene Genehmigungsart wie im Personenverkehr; einschlägige Vorschriften betreffen vor allem Marktzugang, Sicherheit, Lenk- und Ruhezeiten, Fahrzeuganforderungen und Haftung im Güterkraftverkehr.
Aufsicht und Sanktionen
Kontrollen und Maßnahmen bei Verstößen
Behörden überwachen die Einhaltung von Genehmigungen, Fahrplänen, Sicherheits- und Informationspflichten. Bei Verstößen kommen Auflagen, Verwarnungen, Bußgelder, Einschränkungen des Betriebs oder der Widerruf der Genehmigung in Betracht. Bei akuten Risiken sind sofortige Maßnahmen möglich, etwa die vorübergehende Stilllegung von Fahrzeugen oder die Anordnung von Ersatzverkehren.
Häufig gestellte Fragen
Woran erkennt man rechtlich einen Linienverkehr?
Rechtlich prägend sind ein festgelegter Linienweg mit benannten Haltestellen, ein veröffentlichter Fahrplan, die allgemeine Zugänglichkeit für alle Fahrgäste sowie ein bekanntgegebenes Entgeltsystem. Diese Merkmale unterscheiden den Linienverkehr vom individuell vereinbarten Gelegenheitsverkehr.
Welche Genehmigung ist erforderlich und wie lange gilt sie?
Der Linienbetrieb bedarf einer behördlichen Genehmigung. Diese wird befristet erteilt. Laufzeit und Bedingungen richten sich nach Art der Linie, regionalen Zuständigkeiten und den im Bescheid festgelegten Vorgaben.
Welche Pflichten bestehen gegenüber Fahrgästen?
Es bestehen Pflichten zur sicheren Beförderung, zur Einhaltung des Fahrplans im Rahmen des Möglichen, zur transparenten Information bei Störungen und zur Anwendung der veröffentlichten Beförderungsbedingungen und Tarife.
Darf ein Unternehmen eigenständig den Fahrplan ändern?
Wesentliche Änderungen des Fahrplans oder der Linienführung sind genehmigungsrelevant. Anpassungen bedürfen je nach Eingriffstiefe einer Zustimmung oder Anzeige gegenüber der zuständigen Behörde.
Wie wird der Wettbewerb um Linien geregelt?
Im Nahverkehr erfolgt die Sicherstellung des Angebots häufig über öffentliche Dienstleistungsaufträge, die nach transparenten Regeln vergeben werden. Neue oder konkurrierende Linien werden mit dem bestehenden Netz koordiniert, um eine geordnete Versorgung sicherzustellen.
Welche Besonderheiten gelten für grenzüberschreitende Linien?
Grenzüberschreitende Linien unterliegen ergänzend europäischen Vorgaben, etwa zu Marktzugang, Fahrgastrechten und Nichtdiskriminierung. Nationale und ausländische Zuständigkeiten müssen abgestimmt werden.
Welche Rechte haben Fahrgäste bei Ausfällen und Verspätungen?
Fahrgäste profitieren von Mindeststandards zu Information, Unterstützung in Störfällen und gegebenenfalls Ausgleichsleistungen. Der genaue Umfang hängt von der Verkehrsart und den anwendbaren Regelungen ab.
Was unterscheidet Schülerfahrten im Linienverkehr von geschlossenen Schulverkehren?
Schülerfahrten im Linienverkehr sind öffentlich zugänglich und Teil des allgemeinen Angebots. Geschlossene Schulverkehre sind nicht allgemein zugänglich und werden rechtlich als gesonderte, vertraglich vereinbarte Beförderungen eingeordnet.