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Liegenschaftskataster


Liegenschaftskataster – Rechtliche Grundlagen und umfassende Darstellung

Das Liegenschaftskataster bildet einen zentralen Bestandteil des amtlichen Vermessungswesens und hat im deutschen Rechtssystem weitreichende Bedeutung. Es dokumentiert flächendeckend die geometrische Lage, Größe und Nutzung sämtlicher Flurstücke sowie die mit ihnen verbundenen Gebäude und bietet eine wesentliche Grundlage für das Grundbuch und zahlreiche behördliche Verfahren. Nachfolgend werden sämtliche rechtlichen Aspekte und Grundlagen des Begriffs Liegenschaftskataster detailliert erläutert.


Definition und Rechtsnatur des Liegenschaftskatasters

Gesetzliche Grundlagen

Die Führung des Liegenschaftskatasters basiert im Wesentlichen auf den Vermessungs- und Katastergesetzen der Bundesländer, insbesondere auf dem Gesetz über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster. Ergänzend hierzu sind Vorschriften der Grundbuchordnung (GBO) und das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) relevant.

Inhalt und Zweck

Das Liegenschaftskataster ist das öffentliche Register, in dem die Grundstücke (Flurstücke) nach deren Lage, Grenzen, Nutzung und Größe nachgewiesen werden. Es dient damit als nachrichtliches Verzeichnis für das Grundbuch (§ 2 GBO) und bildet eine wesentliche Informationsquelle für die öffentliche Verwaltung, die Rechtssicherheit im Grundstücksverkehr sowie für die Bauleitplanung und Bodenordnung.


Inhaltliche Ausgestaltung und Aufbau des Liegenschaftskatasters

Bestandsverzeichnis und Darstellungsformen

Das Liegenschaftskataster besteht in der Regel aus drei Teilen:

  1. Liegenschaftsbuch: Verzeichnis mit Angaben zu den Flurstücken (u.a. Gemarkung, Flur, Flurstücksnummer, Flächengröße, Nutzung).
  2. Liegenschaftskarte: Graphische Darstellungen der Flurstücke, deren Grenzen und bauliche Anlagen.
  3. Fortführungsnachweis: Dokumentation von Veränderungen (z.B. Zusammenlegung, Teilung, Grenzveränderung).

Digitales Liegenschaftskataster (ALKIS)

Durch die Digitalisierung des Katasters wurde mit dem Amtlichen Liegenschaftskataster-Informationssystem (ALKIS) ein bundesweit einheitliches Datenmodell eingeführt, das die bisherigen analogen und teil-digitalen Katasterunterlagen ablöst (§ 10 des Bundesvermessungsgesetzes und entsprechende Landesvorschriften).


Rechtliche Funktionen und Wirkungen

Öffentliches Register und Beweiskraft

Das Liegenschaftskataster ist ein öffentliches Register mit nachrichtlicher Bedeutung für das Grundbuch. Es besitzt einen hohen Beweiswert für die tatsächlichen Grundstücksverhältnisse, insbesondere bezüglich Flurstücksnummer, Flächengröße und Grenzverlauf. Seine Angaben gelten als richtig, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist.

Bedeutung für das Grundbuchverfahren

Gemäß § 2 GBO darf ein Grundstück im Grundbuch nur angelegt werden, wenn es im Liegenschaftskataster verzeichnet ist. Veränderungen am Grundstück (z.B. Teilungen, Verschmelzungen, Grenzänderungen) müssen zuerst im Liegenschaftskataster nachgewiesen und fortgeführt werden, bevor eine Eintragung im Grundbuch erfolgt. Damit fungiert das Kataster als verbindliche Grundlage für grundbuchrechtliche Vorgänge.

Kataster Fortführungspflicht und Mitwirkungspflicht

Jede Veränderung in der Grundstücksstruktur (beispielsweise durch Vermessung, Teilung, Verschmelzung) muss nach dem jeweiligen Vermessungs- und Katasterrecht der Länder in das Liegenschaftskataster eingetragen werden. Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Berechtigte sind verpflichtet, an der Feststellung und Darstellung von Grenzen mitzuwirken und die erforderlichen Unterlagen vorzulegen.


Rechtliche Unterschiede zu Grundbuch und Bauordnungsrecht

Kataster vs. Grundbuch

Das Liegenschaftskataster dokumentiert ausschließlich die tatsächlichen, geometrisch-physischen Grundstücksdaten, nicht jedoch die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse oder grundbuchrechtlichen Belastungen. Das Grundbuch hingegen umfasst Angaben zu Eigentum, Erbbaurechten, Hypotheken, Dienstbarkeiten oder Grundschulden.

Kataster und Bauleitplanung

Die Datenbasis des Liegenschaftskatasters findet im Bauordnungsrecht vielfältige Verwendung, etwa bei der Erstellung von Bauleitplänen (§ 5 BauGB), Parzellierungsplänen, Erschließungsplanungen und Bodenordnungsverfahren.


Datenschutz und Einsichtsrechte

Öffentlichkeitsgrundsatz

Das Liegenschaftskataster unterliegt dem Öffentlichkeitsgrundsatz. Jedermann kann Einsicht nehmen und Auszüge (Karten, Auskünfte) entgeltlich erhalten, sofern schutzwürdige Belange Dritter nicht entgegenstehen. Die Vorschriften zu Datenschutz und Datensicherheit gemäß Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) werden beachtet.


Beantragung, Berichtigung und Fortführung

Katastervermessung

Vermessungen, die zur Fortführung des Liegenschaftskatasters führen, dürfen nur von befugten Stellen wie den Katasterbehörden oder öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren durchgeführt werden. Betroffene werden im Rahmen des Verfahrens beteiligt, insbesondere im Zusammenhang mit Grenzfeststellungen.

Berichtigung und Einspruch

Wird festgestellt, dass ein Eintrag im Liegenschaftskataster unrichtig ist, so besteht die Pflicht zur Berichtigung. Beteiligte und Betroffene können Anträge auf Berichtigung stellen und haben Rechtsbehelfe gegen belastende Verfügungen der Vermessungsbehörde.


Gebührenrechtliche Bestimmungen

Für die Einsichtnahme, Auszüge und katastermäßige Vermessungen fallen Gebühren gemäß den Verwaltungsgebührenordnungen der jeweiligen Länder an. Gebührenbestimmungen erfolgen im Einklang mit dem jeweiligen Landesrecht.


Rechtsprechung und Literaturhinweise

Rechtsstreitigkeiten um Katastergrenzen, Grenzfeststellungen oder die Fortführung des Liegenschaftskatasters werden regelmäßig durch Verwaltungsgerichte entschieden, wobei das Kataster als öffentliches Register eine entscheidende Grundlage für die Würdigung tatsächlicher Grundstückslagen ist.


Zusammenfassung

Das Liegenschaftskataster stellt ein rechtsverbindliches, öffentliches Register dar, das flächendeckend und aktuell sämtliche Flurstücke sowie deren wesentliche Merkmale dokumentiert. Es bildet die unverzichtbare Basis für die Arbeit des Grundbuchs, der Bauleitplanung sowie zahlreicher Verwaltungsverfahren und gewährleistet durch seine rechtliche Struktur und öffentliche Zugänglichkeit ein hohes Maß an Rechtssicherheit und Transparenz im Grundstücksverkehr.


Siehe auch:

  • Grundbuch
  • Flurstück
  • BauGB
  • Vermessungs- und Katasterrecht (Länder)

Häufig gestellte Fragen

Wer ist zur Führung und Aktualisierung des Liegenschaftskatasters gesetzlich verpflichtet?

Die rechtliche Verantwortung für die Führung und fortlaufende Aktualisierung des Liegenschaftskatasters obliegt in Deutschland gemäß § 2 Abs. 2 Grundbuchordnung (GBO) und den jeweiligen Vermessungs- und Katastergesetzen der Länder den Katasterbehörden. Diese Behörden sind verpflichtet, sämtliche Veränderungen an Grundstücken, wie z.B. Teilungen, Verschmelzungen oder Grenzänderungen, zeitnah und korrekt im Liegenschaftskataster einzutragen. Die Aktualisierung erfolgt insbesondere auf der Grundlage vermessungstechnischer Unterlagen öffentlich bestellter Vermessungsingenieure oder nach behördlichen Vermessungen. Die Katasterbehörden handeln dabei als sogenannte „Registerführungsstellen“ im Sinne des öffentlichen Rechts, mit dem Ziel, die Richtigkeit, Vollständigkeit und Rechtsbeständigkeit der im Kataster geführten Informationen sicherzustellen.

Welche rechtlichen Wirkungen entfaltet der Eintrag im Liegenschaftskataster?

Der Eintrag im Liegenschaftskataster entfaltet primär die sogenannte „öffentliche Glaubwürdigkeit“ (§ 3 Abs. 2 VermKatG NRW u.ä. in Landesgesetzen), wonach die im Kataster geführten Angaben – insbesondere zu Flurstücksgrenzen, Flächengrößen und Nutzungsarten – als richtig und vollständig zu gelten haben, solange das Gegenteil nicht nachgewiesen wird. Allerdings hat der Katastereintrag keine unmittelbare materielle Rechtskraft bezüglich des Eigentums, wie sie das Grundbuch besitzt. Für rechtsgeschäftliche Veränderungen, etwa Übertragungen von Grundstücken, ist das Grundbuch maßgeblich, wobei das Liegenschaftskataster als „Bestandsnachweis“ eine vorbereitende Funktion für die Eintragung ins Grundbuch hat (§ 20 GBO). Dennoch kommt dem Kataster in bestimmten Verwaltungs- und Zivilverfahren, etwa bei Grenzfeststellungen oder Bodenordnungsmaßnahmen, eine erhebliche rechtliche Beweisfunktion zu.

Welche Rechte haben Betroffene bezüglich der Einsicht in das Liegenschaftskataster?

Das Recht auf Einsichtnahme in das Liegenschaftskataster ist im Vermessungs- und Katasterrecht der Länder (z.B. § 14 VermKatG NRW) geregelt und steht grundsätzlich jedermann offen, ohne dass ein besonderes berechtigtes Interesse nachzuweisen ist. Hiervon können jedoch personenbezogene oder sicherheitsrelevante Daten – etwa bei Nutzung zu fiskalischen, bau- oder polizeilichen Zwecken – ausgenommen werden. Für die Einsichtnahme in katasterrechtliche Unterlagen, insbesondere Vermessungsrisse oder Grenzniederschriften, müssen die Katasterbehörden gewährleisten, dass datenschutzrechtliche Bestimmungen beachtet und personenbezogene Daten ausreichend geschützt werden. Betroffenen steht darüber hinaus das Recht zu, auf Antrag Kopien oder Auszüge zu erhalten, sofern keine schutzwürdigen Interessen Dritter entgegenstehen.

Wie erfolgt die Berichtigung bei Fehlern oder Unrichtigkeiten im Liegenschaftskataster rechtlich?

Fehler im Liegenschaftskataster, beispielsweise hinsichtlich Flurstücksbezeichnung, Flächengröße oder Grenzverlauf, sind von Amts wegen zu berichtigen, sobald die Katasterbehörde durch eigene Erkenntnisse oder durch Mitteilung entsprechender Nachweise auf sie aufmerksam wird. Die rechtlichen Voraussetzungen finden sich regelmäßig in den Vermessungs- und Katastergesetzen der Länder und umfassen zumeist ein Verwaltungsverfahren mit vorheriger Anhörung der Betroffenen (§ 28 VwVfG). Beteiligte können zudem durch Antrag eine Berichtigung verlangen und sind berechtigt, gegen ablehnende Entscheidungen Rechtsmittel – wie Widerspruch und Klage – nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen einzulegen. Im Streitfall erfolgt die abschließende Klärung der Richtigkeit in verwaltungsgerichtlichen Verfahren bzw. bei Grenzstreitigkeiten gegebenenfalls auch vor den ordentlichen Gerichten.

Welche Bedeutung hat das Liegenschaftskataster bei der Sicherung von Grundstücksgrenzen im rechtlichen Sinn?

Im Liegenschaftskataster dokumentierte Grenzen sind nach dem jeweiligen Landesrecht (z.B. § 28 VermKatG NRW) im Regelfall verbindlich und genießen eine hohe Beweiskraft. Die dargestellten Flurstücksgrenzen spiegeln jedoch grundsätzlich den vermessungstechnischen Nachweis, nicht automatisch die zivilrechtliche Eigentumsgrenze wider. Im Falle einer Grenzstreitigkeit gilt der Katasternachweis als „öffentliche Urkunde“ im Sinne von § 415 ZPO und liefert einen starken Anhaltspunkt für die tatsächliche Lage der Grenze, entfaltet aber keinen abschließenden, materiell-rechtlichen Eigentumsschutz. Die „Sicherung“ der Grenze erfolgt letztlich erst durch eine förmliche Grenzfeststellung, deren Ergebnisse wiederum verbindlich ins Liegenschaftskataster übernommen werden.

Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen darf das Liegenschaftskataster durch Dritte genutzt oder veröffentlicht werden?

Die Nutzung und Veröffentlichung von Liegenschaftskatasterdaten unterliegt strikten rechtlichen Rahmenbedingungen, die insbesondere datenschutzrechtliche und urheberrechtliche Aspekte betreffen. Für die Verarbeitung dieser Daten sind regelmäßig die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie spezialgesetzliche Regelungen in den Vermessungs- und Katastergesetzen maßgeblich. Öffentliche Stellen sowie berechtigte Dritte, wie Notare, Vermessungsingenieure oder Gerichte, erhalten Zugang zu bestimmten katasteramtlichen Informationen, soweit diese zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich sind. Die Weitergabe oder Veröffentlichung zu kommerziellen Zwecken ist hingegen in vielen Landesgesetzen nur unter engen Voraussetzungen oder gegen Gebühr gestattet und bedarf ggf. einer ausdrücklichen behördlichen Genehmigung.

Welche Rechtsmittel stehen gegen Entscheidungen der Katasterbehörden zur Verfügung?

Gegen Verwaltungsakte der Katasterbehörden – wie etwa Eintragungen, Berichtigungen oder die Ablehnung einer beantragten Katastervermessung – können betroffene Personen die üblichen Rechtsmittel des Verwaltungsrechts in Anspruch nehmen. Dies beginnt mit dem Widerspruchsverfahren (§ 68 ff. VwGO) und kann bei fortbestehender Streitigkeit im Wege einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage zum Verwaltungsgericht weitergeführt werden. Die rechtlichen Grundlagen und Fristen ergeben sich aus den jeweiligen Landesverwaltungsverfahrensgesetzten und der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). In Fällen materieller Grenzstreitigkeiten zwischen Privatpersonen steht daneben der Weg zu den ordentlichen Gerichten offen, insbesondere wenn über die zivilrechtliche Grenzen zwischen Grundstücken zu entscheiden ist.