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Liegegeld

Begriff und rechtliche Einordnung des Liegegelds

Liegegeld bezeichnet im Transport- und Hafenwesen ein Entgelt, das für Zeiten anfällt, in denen ein Schiff oder eine zugeordnete Transporteinheit über das vertraglich oder tariflich vorgesehene Maß hinaus an einem Ort verbleibt. Der Begriff wird in zwei Hauptbedeutungen verwendet: als vertraglicher Ausgleich bei Überschreitung der Lade- oder Löschzeit im Rahmen von Schiffstransporten sowie als Entgelt beziehungsweise Gebühr für das Belegen eines Liegeplatzes in einem Hafen. Beide Ausprägungen verfolgen das Ziel, Zeit- und Nutzungskosten verursachungsgerecht zu verteilen.

Liegegeld im Fracht- und Charterkontext (Demurrage)

Im See- und Binnenschifffahrtsrecht beschreibt Liegegeld eine vertraglich vereinbarte Zahlung für den Fall, dass die für das Laden oder Löschen zur Verfügung stehende Zeit (Liege- oder Ladezeit) überschritten wird. Es dient als pauschalierter Ausgleich für Stillstandszeiten des Schiffes und kompensiert entgangene Einsatzmöglichkeiten. Häufig wird hierfür auch der internationale Begriff „Demurrage“ verwendet.

Liegegeld als Hafenentgelt

Unabhängig von vertraglichen Transportbeziehungen kann Liegegeld als Entgelt oder Gebühr für die Nutzung von Hafeninfrastruktur entstehen. Es wird durch Entgelt- oder Gebührenordnungen von Hafenbetreibern oder öffentlichen Trägern geregelt und knüpft typischerweise an Faktoren wie Schiffsgröße, Zeitdauer und genutzte Flächen an.

Abgrenzung zu verwandten Entgelten

  • Standgeld: Entgelt für Wartezeiten von Transportmitteln außerhalb des Hafen- oder Schiffskontextes, beispielsweise bei Lkw.
  • Detention: Entgelt für die Überschreitung freier Nutzungszeiten von Containern außerhalb des Terminals.
  • Terminal-Demurrage/Lagergeld: Entgelt für die Lagerung von Containern auf dem Terminal über die Freizeit hinaus.
  • Despatch: Vergütung bei besonders schneller Abfertigung unterhalb der vereinbarten Liegezeit; das Gegenstück zum Liegegeld.

Vertragsgrundlagen und Auslöser im Transport

Die Verpflichtung zur Zahlung von Liegegeld im Transport ergibt sich aus dem Transportvertrag (z. B. Chartervertrag oder Frachtvertrag) sowie aus einbezogenen Bedingungen und branchenüblichen Klauseln.

Beginn und Ende der Liegezeit

Die maßgebliche Zeitberechnung richtet sich nach der vertraglichen Regelung. Häufig beginnt die Liegezeit, wenn das Schiff zur Be- oder Entladung bereitgemeldet ist und ordnungsgemäß zur Verfügung steht. Sie endet mit vollständiger Abfertigung. Es existieren unterschiedliche Zeitmodelle, etwa Kalendertage, Arbeitstage, „Weather Working Days“ oder Stundenkontingente.

Ereignisse, die Liegegeld auslösen

Liegegeld fällt regelmäßig an, wenn die vereinbarte Liegezeit überschritten wird. Verzögerungen können aus verschiedenen Gründen eintreten, etwa durch fehlende Dokumente, unzureichende Bereitstellung von Ladung, Stau im Hafen, Wartezeiten auf einen freien Liegeplatz oder operative Unterbrechungen. Je nach vertraglicher Regel gilt eine unterschiedliche Risikozuordnung, die bestimmt, ob und in welchem Umfang die Verzögerung liegegeldpflichtig ist.

Dokumentation und Nachweis

Zur Ermittlung der Liegezeit dienen üblicherweise zeitbezogene Aufzeichnungen, etwa Ankunfts- und Abfahrtsmeldungen, Bereitmeldung, Lade- und Löschberichte sowie Zusammenstellungen der örtlichen Betriebszeiten. Diese Dokumente bilden die Grundlage der Berechnung und Abrechnung des Liegegelds.

Berechnung und Höhe des Liegegelds

Die Höhe des Liegegelds wird vertraglich bestimmt oder ergibt sich aus einbezogenen Bedingungen. Im Hafenentgeltbereich folgt sie aus veröffentlichten Entgelt- oder Gebührenordnungen. Üblich sind Tagessätze oder Stundensätze; teilweise werden Staffelungen oder Höchstgrenzen vereinbart.

Zeitmodelle und Zählweisen

  • Kontingentmodell: Ein bestimmtes Stunden- oder Tageskontingent ist frei; darüber hinaus fällt Liegegeld an.
  • Kalender-/Arbeitstage: Zählung nach Kalendertagen oder Arbeitstagen, je nach Vertrag.
  • Ausnahmen: Vertragsklauseln können bestimmte Ereignisse von der Zählung ausnehmen (z. B. wetterbedingte Ausfälle oder Feiertage), sofern vereinbart.

Fälligkeit, Währung und Zinsen

Fälligkeit und Zahlungsmodalitäten werden vertraglich festgelegt oder durch Entgeltordnungen bestimmt. In der Praxis kann die Fälligkeit unmittelbar nach Abschluss der Lade- oder Löschoperation oder in regelmäßigen Abrechnungszyklen eintreten. Währungsvereinbarungen und Zinssätze bei Zahlungsverzug sind typischer Bestandteil entsprechender Regelungen.

Liegegeld als Hafenentgelt

Im Hafenentgeltbereich stellt Liegegeld die Gegenleistung für das Belegen eines Liegeplatzes und die Nutzung der Hafeninfrastruktur dar. Die rechtliche Ausgestaltung kann als öffentlich-rechtliche Gebühr oder als privatrechtliches Entgelt erfolgen, abhängig von der Trägerschaft und Organisation des Hafens.

Bemessungsgrundlagen

  • Schiffsgröße (z. B. vermessene Tonnage oder Länge)
  • Dauer des Aufenthalts
  • Art des Liegeplatzes und der Nutzung (z. B. Umschlag, Reparatur, Warteposition)

Schuldner, Entstehung und Durchsetzung

Schuldner sind regelmäßig der Schiffsbetreiber, Eigentümer oder der vertraglich verpflichtete Nutzer des Liegeplatzes. Das Entgelt entsteht mit Beginn der Nutzung und wird nach den einschlägigen Entgeltordnungen abgerechnet. Zur Absicherung bestehen je nach Ausgestaltung vertragliche oder gesetzlich anerkannte Sicherungsrechte, etwa Zurückbehaltungsrechte oder pfandähnliche Sicherungen an Schiff oder Ladung, soweit die jeweiligen Regelungen dies vorsehen.

Liegegeld in der Containerlogistik

Im Containerverkehr wird zwischen Terminal-Demurrage (Entgelt für die Lagerung von Containern auf dem Terminal über die freie Zeit hinaus) und Detention (Entgelt für die Nutzung des Containers außerhalb des Terminals über die freie Zeit hinaus) unterschieden. Beide Entgelte stehen dem Zweck des Liegegelds nahe, indem sie Zeit- und Nutzungskosten zuordnen. Die konkrete Ausgestaltung erfolgt über Transportbedingungen, Reederei-Tarife und Terminalordnungen.

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Die maßgeblichen Rechte und Pflichten ergeben sich aus Transportverträgen, Hafennutzungsbedingungen und ergänzenden Regelwerken. Wesentliche Aspekte sind die Bereitstellungspflichten, die Organisation der Lade- und Löschprozesse, Mitwirkungshandlungen sowie die zeitgerechte Zahlung von Entgelten. Der Verantwortungsbereich für Verzögerungen wird dabei vertraglich oder durch einschlägige Bedingungen festgelegt.

Streitfragen und Risikoverteilung

Ursachen von Verzögerungen

Häufige Streitpunkte betreffen die Zuordnung von Wartezeiten, etwa bei Hafenstau, Wetterereignissen, behördlichen Kontrollen, Streiks oder fehlender Ladungsbereitschaft. Welche Zeiten zählen und welche ausgenommen sind, ergibt sich aus der vereinbarten Klausellage und den herangezogenen Bedingungen.

Beweislast und Abrechnung

Die konkrete Berechnung stützt sich auf betriebliche Zeitaufstellungen und Meldungen. Bei Abweichungen hinsichtlich Beginn, Unterbrechung oder Ende der Liegezeit kommt es auf die belegten Zeitpunkte und den vereinbarten Zählmodus an.

Fälligkeit und Verjährung

Für Fälligkeit und Verjährung gelten die einschlägigen vertraglichen Bestimmungen und die anwendbaren gesetzlichen Regeln. Im Transportbereich bestehen teils kurze Fristen, während bei Hafengebühren und Entgelten die jeweiligen Ordnungen maßgeblich sind.

Internationaler Bezug und Begriffe

Liegegeld-regelungen sind international verbreitet. In Vertragsmustern und branchenüblichen Klauseln finden sich detaillierte Bestimmungen zur Liegezeit, zu Ausnahmen, zu Demurrage- und Despatch-Sätzen sowie zur Abrechnung. Die Terminologie ist zweisprachig geprägt: „Liegezeit/Liegegeld/Despatch“ entspricht „laytime/demurrage/despatch“.

Abgrenzung und Zusammenfassung

Liegegeld ist ein zentrales Instrument zur Verteilung von Zeit- und Nutzungskosten im Hafen- und Transportsektor. Es tritt als vertraglich vereinbartes Entgelt bei Überschreitung der Liegezeit im Transport sowie als Entgelt oder Gebühr für das Belegen eines Liegeplatzes im Hafen auf. Maßgeblich sind die jeweiligen Verträge, Bedingungen und Entgeltordnungen, die Zeitmodelle, Ausnahmen und Abrechnungsmechanismen vorgeben.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Liegegeld

Was bedeutet Liegegeld im Transport genau?

Liegegeld ist ein vereinbarter Satz, der anfällt, wenn die für das Laden oder Löschen vereinbarte Zeit überschritten wird. Es kompensiert Stillstandszeiten eines Schiffes und entspricht international dem Begriff „Demurrage“.

Wer ist typischerweise zur Zahlung von Liegegeld verpflichtet?

Schuldner ist in der Regel die Partei, in deren Verantwortungsbereich die Überschreitung der Liegezeit fällt, meist der Charterer oder derjenige, der für die Organisation von Laden und Löschen verantwortlich ist. Die genaue Zuordnung ergibt sich aus dem Vertrag und einbezogenen Bedingungen.

Wie wird die Liegezeit ermittelt?

Die Liegezeit richtet sich nach der vertraglich vereinbarten Zählweise. Üblich sind Kalender- oder Arbeitstage sowie Modelle, die witterungsabhängige Arbeitszeiten berücksichtigen. Beginn, Unterbrechungen und Ende werden anhand von Meldungen und Zeitaufstellungen festgestellt.

Worin unterscheidet sich Liegegeld von Hafengebühren?

Liegegeld im Transport ist ein vertraglicher Ausgleich für überschrittene Lade- oder Löschzeiten. Hafengebühren oder hafenbezogenes Liegegeld sind Entgelte für die Nutzung von Hafeninfrastruktur und entstehen unabhängig von der Überschreitung vertraglicher Liegezeiten.

Gilt Liegegeld auch in der Binnenschifffahrt?

Ja. Auch in der Binnenschifffahrt wird Liegegeld bei Überschreitung vereinbarter Liegezeiten erhoben. Die Ausgestaltung folgt den jeweiligen Verträgen und Bedingungen der Parteien sowie den örtlichen Nutzungsordnungen.

Welche Ereignisse beeinflussen die Berechnung des Liegegelds?

Einfluss haben insbesondere vertraglich definierte Ausnahmen, etwa witterungsbedingte Ausfälle, Feiertage oder Streiks, sofern vereinbart. Ebenso maßgeblich sind betriebliche Umstände wie Hafenstau, fehlende Ladungsbereitschaft oder behördliche Kontrollen, je nach Regelung der Risikozuordnung.

Wie wird Liegegeld in der Containerlogistik behandelt?

Im Containerbereich werden Terminal-Demurrage (für Lagerung im Terminal) und Detention (für Nutzung des Containers außerhalb des Terminals) unterschieden. Beide Entgelte ordnen Warte- und Nutzungszeiten zu und folgen eigenen Tarifen und Bedingungen.

Wie erfolgt die Durchsetzung von Liegegeldansprüchen?

Die Durchsetzung richtet sich nach den vertraglichen und anwendbaren rechtlichen Regeln. Im Hafenentgeltbereich kommen die einschlägigen Entgelt- oder Gebührenordnungen zur Anwendung. Zur Absicherung können vertragliche oder gesetzlich anerkannte Sicherungsmechanismen vorgesehen sein.