Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Zivilrecht»Liebhaberinteresse

Liebhaberinteresse


Begriff und Einordnung des Liebhaberinteresses

Der Begriff „Liebhaberinteresse“ besitzt im deutschen Recht vielfältige Bedeutungen und entsteht überwiegend im Bereich des Steuerrechts, findet jedoch auch im Zivilrecht und bei der steuerrechtlichen Einordnung gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeiten Anwendung. Liebhaberinteresse beschreibt das persönliche, meist nicht wirtschaftlich motivierte Engagement einer Person für eine bestimmte Tätigkeit, ein Objekt oder eine Aktivität, bei dem der persönliche Nutzen oder Genuss im Vordergrund steht und eine Gewinnerzielungsabsicht in den Hintergrund tritt.

Definition und Abgrenzung

Liebhaberinteresse ist rechtlich von wesentlicher Relevanz, wenn es um die steuerliche Anerkennung von Aufwendungen oder Verlusten geht. Grundsätzlich unterscheidet das Recht hierbei zwischen einer auf Gewinnerzielung gerichteten Tätigkeit einerseits und einer Betätigung, die überwiegend aus persönlichen Gründen oder Neigungen verfolgt wird andererseits.

Während das Ziel der Gewinnerzielung und die wirtschaftliche Tätigkeit vielfach grundlegende Voraussetzung für steuerliche Vorteile, wie zum Beispiel den Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug, darstellen, schließt das Vorliegen eines vorwiegend privaten Motivs diese steuerliche Berücksichtigung regelmäßig aus. Das Liebhaberinteresse bildet hierbei einen Gegenpol zur unternehmerischen Gewinnerzielungsabsicht.

Rechtsdogmatische Herleitung

Abgrenzung zu gewerblichen und beruflichen Aktivitäten

Die Abgrenzung des Liebhaberinteresses zu einer unternehmerischen Tätigkeit erfolgt anhand objektiver und subjektiver Kriterien. Maßgeblich ist insbesondere die Frage, ob die Tätigkeit von vornherein mit der Absicht betrieben wird, einen Totalgewinn oder -überschuss zu erzielen. Liegt diese Absicht nicht vor oder tritt sie in den Hintergrund persönlicher Motive zurück, steht regelmäßig das Liebhaberinteresse im Vordergrund.

Rechtliche Relevanz im Steuerrecht

Das Steuerrecht behandelt das Liebhaberinteresse insbesondere im Zusammenhang mit dem sogenannten Totalüberschuss- bzw. Totalgewinn-Konzept. Nach § 2 Abs. 1 EStG sind nur solche Einkünfte steuerbar, die auf eine Gewinnerzielungsabsicht zurückgehen. Werden Tätigkeiten nahezu ausschließlich aus persönlichen Gründen ausgeübt, erkennt die Finanzverwaltung hieraus resultierende Verluste und Aufwendungen nicht als steuerlich berücksichtigungsfähige Werbungskosten oder Betriebsausgaben an.

Die Finanzverwaltung hat hierzu Anwendungsvorschriften erlassen, die vor allem im sogenannten „Liebhabereierlass“ (BMF-Schreiben vom 10.07.1984, IV B 2 – S 2240 – 34/84, BStBl. I 1984, 369) detaillierte Regelungen enthalten. Dieser regelt, in welchen Fällen eine Tätigkeit als „Liebhaberei“ einzuordnen ist.

Beispiele aus der Praxis

Typische Beispiele für Liebhaberinteresse sind:

  • das Betreiben einer Pferdezucht aus persönlicher Leidenschaft
  • die Unterhaltung eines Ferienhauses zu privaten Zwecken
  • die Ausübung künstlerischer Tätigkeiten, wenn diese keine nachhaltigen Erträge abwerfen

In den genannten Fällen liegt keine steuerlich relevante Einkunftsquelle vor, sodass Aufwendungen typischerweise nicht abzugsfähig sind.

Rechtsprechung zum Liebhaberinteresse

Grundlegende Urteile und Entscheidungsmaßstäbe

Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hat wiederholt klargestellt, dass zur Annahme eines steuerlich relevanten Geschäftsbetriebs stets eine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich ist. Der BFH prüft, ob die Tätigkeit objektiv geeignet ist, einen Gewinn zu erzielen, und ob der Steuerpflichtige subjektiv tatsächlich beabsichtigt, dauerhaft Überschüsse zu erwirtschaften.

Kann diese Absicht nicht festgestellt werden – etwa, weil über längere Zeiträume ausschließlich Verluste erwirtschaftet wurden und keine Maßnahmen zur Änderung der Situation ergriffen werden -, wird regelmäßig von einer Tätigkeit aus Liebhaberei ausgegangen.

Prüfkriterien und Indizien

Wesentliche Kriterien, an denen die Finanzbehörden und Gerichte das Vorliegen eines Liebhaberinteresses festmachen, sind:

  • Gestaltung und Umfang der Tätigkeit
  • Dauer der Anlaufverluste und Fehlen positiver Überschüsse
  • Fehlen unternehmerischer Maßnahmen zur Behebung dauerhaft negativer Ergebnisse
  • Offenkundig vordergründige persönliche Motive oder Hobbys

Folgen der Liebhaberei

Die Anerkennung einer Tätigkeit als vom Liebhaberinteresse geprägt hat folgende Rechtsfolgen:

  • Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben und Werbungskosten entfällt
  • Positive Einkünfte bleiben steuerfrei
  • Verlustvorträge sind nicht möglich

Zivilrechtliche Aspekte

Auch im Zivilrecht kann das Liebhaberinteresse eine Rolle spielen. Beispielsweise bei Schadensersatzansprüchen für den Verlust oder die Beschädigung von Gegenständen mit besonderem ideellem Wert (wie Sammlungen, Oldtimern oder Kunstwerken), wird geprüft, ob Kosten oder Schäden aus reiner Liebhaberei entstehen oder ob ein wirtschaftliches Interesse überwiegt.

Unterscheidung zwischen steuerlicher und zivilrechtlicher Liebhaberei

Während das Steuerrecht vor allem auf die steuerliche Relevanz abzielt, betrachtet das Zivilrecht das Liebhaberinteresse insbesondere im Hinblick auf die Erstattung von Aufwendungen oder den Ersatz von Schäden. Hier kann das Vorliegen eines Liebhaberinteresses dazu führen, dass bestimmte Ansprüche eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, da kein objektiv messbarer wirtschaftlicher Schaden gegeben ist.

Praktische Bedeutung und Handlungsempfehlungen

Dem Nachweis oder der Abgrenzung des Liebhaberinteresses kommt in zahlreichen Lebensbereichen bedeutende praktische Relevanz zu, etwa bei der Geltendmachung steuerlicher Verluste, beim Abschluss von Versicherungen oder der Geltendmachung von Ersatzansprüchen.

Es empfiehlt sich, Tätigkeiten regelmäßig hinsichtlich ihrer Gewinnerzielungsabsicht und des Vorliegens persönlicher Motive zu dokumentieren und betriebswirtschaftlich zu organisieren, sofern eine steuerliche Anerkennung angestrebt wird.

Literatur und Quellen

  • Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 10. Juli 1984 (Liebhabereierlass)
  • § 2 Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)
  • Kommentierungen in Standardwerken zum Einkommensteuerrecht

Hinweis: Der Begriff „Liebhaberinteresse“ ist im deutschen Recht ein wichtiger Faktor zur steuerlichen und zivilrechtlichen Beurteilung von Tätigkeiten und Aufwendungen, die auf persönliche Vorlieben zurückgehen. Die Abgrenzung zur Gewinnerzielungsabsicht ist mitentscheidend für den steuerlichen und zivilrechtlichen Umgang mit entstandenen Kosten und Schäden.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird das Liebhaberinteresse von der Finanzverwaltung im Steuerrecht geprüft?

Die Finanzverwaltung prüft das Liebhaberinteresse insbesondere im Rahmen von steuerlichen Ermittlungen, die sich auf die Gewinnerzielungsabsicht oder das Fehlen derselben bei bestimmten Tätigkeiten, insbesondere bei sogenannten sonstigen selbständigen Tätigkeiten, beziehen. Zu diesem Zweck werden die tatsächlichen und wirtschaftlichen Umstände des jeweiligen Einzelfalls detailliert betrachtet. Dabei ist ausschlaggebend, ob die jeweilige Betätigung objektiv auf Dauer einen nachhaltigen Gewinn abwerfen kann oder ob sie von vornherein ersichtlich keinen wirtschaftlichen Erfolg erzielen kann und hier das private Interesse – also das Liebhaberinteresse – im Vordergrund steht. Maßgebliche Kriterien sind hierbei unter anderem die Höhe der erzielten Verluste, die Dauer der Verlustphase, Art und Umfang der Tätigkeit, das Verhältnis von Einnahmen zu Ausgaben sowie das Verhalten des Steuerpflichtigen hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Maßnahmen zur Reduzierung von Verlusten. Besonders kritisch geprüft werden häufig Betätigungen, bei denen ein enger Zusammenhang zu privaten Hobbys oder der privaten Lebensführung besteht, wie etwa bei der Unterhaltung von Pferden, der Erzeugung regenerativer Energien im Kleinstmaßstab oder künstlerischen Tätigkeiten.

Welche steuerlichen Konsequenzen ergeben sich, wenn Liebhaberei vorliegt?

Wird von der Finanzverwaltung das Vorliegen von Liebhaberei festgestellt, so hat dies zur Folge, dass die Verluste aus der betreffenden Tätigkeit steuerlich nicht anerkannt werden. Das heißt konkret, dass etwaige Verluste aus der Liebhabereitätigkeit nicht mit anderen positiven Einkünften des Steuerpflichtigen verrechnet werden dürfen. Auch ein Betriebsausgabenabzug oder der Ansatz von Sonderausgaben im Rahmen dieser Tätigkeit ist nicht zulässig. Wird hingegen später nachgewiesen, dass die Gewinnerzielungsabsicht doch besteht, können zunächst nicht berücksichtigte Verluste rückwirkend ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Gewinnerzielungsabsicht steuermindernd geltend gemacht werden. Solange jedoch die Finanzverwaltung von Liebhaberei ausgeht, sind sämtliche diesbezüglichen steuerlichen Vergünstigungen ausgeschlossen.

Welche Nachweispflichten hat der Steuerpflichtige im Hinblick auf das Liebhaberinteresse?

Der Steuerpflichtige hat – wie grundsätzlich im Steuerrecht üblich – eine erhöhte Mitwirkungspflicht, wenn die Finanzverwaltung im Rahmen der steuerlichen Prüfung Anhaltspunkte für das Vorliegen von Liebhaberei sieht. Er ist verpflichtet, die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit seiner Gewinnerzielungsabsicht durch geeignete Unterlagen und nachvollziehbare betriebswirtschaftliche Planungen und Kalkulationen darzulegen und ggf. nachzuweisen. Hierzu kann er insbesondere eine nachvollziehbare Rentabilitätsplanung, Nachweise über marktübliche Preise, Vergleichsrechnungen, aber auch Protokolle über betriebliche Maßnahmen zum Erreichen von Gewinnen vorlegen. Kommt der Steuerpflichtige dieser Nachweispflicht nicht ausreichend nach, geht dies zu seinen Lasten, sodass die Finanzverwaltung von Liebhaberei ausgehen kann.

Welche Möglichkeiten hat der Steuerpflichtige gegen die Annahme von Liebhaberei rechtlich vorzugehen?

Die Feststellung von Liebhaberei durch die Finanzverwaltung ist ein Verwaltungsakt, gegen den dem Steuerpflichtigen der Rechtsweg offensteht. In erster Instanz kann er gegen die entsprechende Feststellung im Steuerbescheid Einspruch einlegen (§ 347 AO). Wird dem Einspruch nicht abgeholfen, steht ihm der Klageweg vor dem Finanzgericht offen. Im finanzgerichtlichen Verfahren muss der Steuerpflichtige die Tatsachen vortragen und im Zweifel beweisen, die gegen das Vorliegen von Liebhaberei sprechen, beispielsweise eine ernsthafte Gewinnerzielungsabsicht und die objektive Eignung der Tätigkeit zur Gewinnerzielung. Die Gerichte wägen dann die Gesamtumstände des Einzelfalls ab, stützen sich auf steuerrechtliche Grundsätze und die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

Unterliegen Verluste aus einer Liebhabereitätigkeit dem Verlustvortrag oder -rücktrag?

Verluste, die aus einer Tätigkeit resultieren, welche von der Finanzverwaltung als Liebhaberei eingestuft wurde, sind steuerlich grundsätzlich unbeachtlich. Das bedeutet insbesondere, dass diese Verluste nicht in einem Verlustvortrag oder Verlust­rücktrag (gemäß §§ 10d EStG) berücksichtigt werden dürfen. Erst mit Wegfall des Liebhaberinteresses, also ab dem Zeitpunkt, zu dem eine steuerlich relevante Gewinnerzielungsabsicht nachgewiesen werden kann, werden Gewinne und auch eventuelle Anlaufverluste steuerlich anerkannt.

Ist eine nachträgliche Änderung der Beurteilung des Liebhaberinteresses möglich?

Eine Änderung der steuerlichen Beurteilung ist möglich, wenn sich die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben, zum Beispiel durch eine Änderung der betrieblichen Ausrichtung zugunsten einer nachhaltigen Gewinnerzielungsabsicht oder durch das Erbringen von entsprechenden Nachweisen im Rahmen einer Betriebsprüfung. In solchen Fällen kann die Finanzverwaltung rückwirkend oder ab einem bestimmten Zeitpunkt die Tätigkeit als steuerlich relevant und gewerbliche oder selbständige Betätigung einstufen und damit auch einen Abzug von Aufwendungen und ggf. Verlustvorträgen zulassen. Eine nachträgliche Änderung der Beurteilung ist allerdings stets an strenge Voraussetzungen gebunden und wird individuell geprüft.

Welche Rolle spielt das private Nutzungsinteresse bei der Abgrenzung zur steuerlich relevanten Tätigkeit?

Das private Nutzungsinteresse spielt eine zentrale Rolle bei der Einordnung, ob eine Tätigkeit unter steuerlicher Sicht als Liebhaberei oder als einkommensteuerlich relevante Betätigung einzuordnen ist. Liegt der Fokus der Tätigkeit überwiegend auf der Befriedigung privater Interessen (zum Beispiel Freizeit, Hobby, Prestige, Eigenverbrauch oder Eigennutzung), gilt dies als starkes Indiz für Liebhaberei. Die Finanzverwaltung untersucht das Maß und die Art der privaten Mitveranlassung im Einzelfall besonders kritisch. Erst wenn das private Nutzungsinteresse eindeutig in den Hintergrund tritt und eine nachhaltige, auf objektiven Kriterien beruhende Gewinnerzielungsabsicht besteht, kann eine steuerliche Anerkennung erfolgen.