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Leveraged Buyout


Definition und Grundlagen des Leveraged Buyout (LBO)

Ein Leveraged Buyout (LBO) bezeichnet eine Form der Übernahme einer Gesellschaft, bei der der Erwerber den überwiegenden Teil des Kaufpreises durch Fremdkapital finanziert. Das Ziel besteht darin, unter Einsatz eines vergleichsweise geringen Eigenkapitalanteils die Kontrolle über ein Unternehmen zu erlangen. Das erworbene Unternehmen fungiert bei dieser Transaktionsart häufig als Sicherheit für die aufgenommenen Kredite. Leveraged Buyouts sind ein gängiges Instrument im Bereich der privaten Unternehmensübernahmen und werden regelmäßig im Kontext von Private-Equity-Transaktionen eingesetzt.

Rechtliche Rahmenbedingungen eines Leveraged Buyout

Gesellschaftsrechtliche Aspekte

Übertragungsmodalitäten

Die Durchführung eines LBO kann in unterschiedlichen rechtlichen Strukturvarianten erfolgen, darunter der Share Deal (Erwerb von Anteilen an der Zielgesellschaft) oder der Asset Deal (Erwerb wesentlicher Vermögensgegenstände). Maßgeblich bestimmen die vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen der Zielgesellschaft, wie ein LBO rechtlich umgesetzt wird.

Satzungsrechtliche Schranken

In vielen Fällen enthalten die Satzung der Zielgesellschaft oder bestehende Gesellschaftervereinbarungen sogenannte Vinkulierungs- und Zustimmungsklauseln, die eine Übertragung von Anteilen von der Zustimmung anderer Gesellschafter oder der Gesellschaft selbst abhängig machen. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Transaktion.

Fremdfinanzierung und Kreditsicherheiten

Struktur der Fremdfinanzierung

Für die Finanzierung eines LBO werden in der Regel besicherte und unbesicherte Kredite eingesetzt. Typischerweise erfolgt eine Aufteilung in verschiedene Tranchen (Senior Debt, Mezzanine, ggf. High-Yield-Bonds). Finanziert wird auf Ebene einer Akquisitionsgesellschaft (Holdingstruktur), die nach erfolgreichem LBO die Zielgesellschaft kontrolliert.

Besicherung

Regelmäßig werden die Vermögenswerte der Zielgesellschaft als Kreditsicherheit für die Fremdfinanzierung herangezogen. Rechtlich relevant ist hierbei insbesondere die Frage der Zulässigkeit der Mittelverwendung, insbesondere in Bezug auf das Verbot der finanziellen Unterstützung (Financial Assistance).

Financial Assistance und Kapitalschutz

Verbot der finanziellen Unterstützung bei Kapitalgesellschaften

Das deutsche Aktienrecht (§ 71a ff. AktG) und das Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 30 GmbHG) untersagen Kapitalgesellschaften grundsätzlich, Dritten finanzielle Mittel für den Erwerb ihrer eigenen Anteile zur Verfügung zu stellen. Eine Umgehung dieses Verbots im Rahmen eines LBO kann weitreichende rechtliche Folgen, einschließlich Nichtigkeit der zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte, auslösen.

Sicherheitengewährung und Upstream-/Cross-Stream-Garantien

Die Übernahme von Sicherheiten oder Garantien durch das Zielunternehmen für Verbindlichkeiten des Erwerbers ist ebenfalls rechtlich reglementiert. Insbesondere sogenannte Upstream- oder Cross-Stream-Garantien bedürfen einer eingehenden Prüfung, da sie mit dem Kapitalschutzgedanken kollidieren können. Eine solche Maßnahme ist allenfalls zulässig, soweit das Zielunternehmen eine entsprechende Gegenleistung oder Erstattung erhält und die Sicherheiten nicht zu einer unzulässigen Rückführung oder Beeinträchtigung des Stamm- bzw. Grundkapitals führen.

Ausnahmetatbestände und Gestaltungsoptionen

Eine Sicherheitenstellung kann unter bestimmten Voraussetzungen als konzernrechtlich zulässig qualifiziert werden, insbesondere bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags oder wenn ein vollwertiger Anspruch auf Ersatz oder Erstattung besteht. Ebenso kommt eine nachträgliche Befreiung vom Verbot der finanziellen Unterstützung in Betracht, sofern der Bestand des Eigenkapitals durch anderweitige Maßnahmen gesichert wird.

Pflicht zur Mitbestimmung und Offenlegung

Mitbestimmungsrechtliche Auswirkungen

Bei einem geplanten LBO kann die Beteiligung von Arbeitnehmervertretungen berührt sein, insbesondere wenn hieraus eine Änderung der Unternehmensstruktur oder -leitung resultiert. In Unternehmen mit nach deutschem Recht bestehender Mitbestimmung ist in bestimmten Fällen der Betriebsrat zu informieren und ggf. zu beteiligen.

Offenlegung gegenüber Behörden und Registern

LBO-Transaktionen können nach außen hin offenlegungspflichtig sein, wenn damit eine Änderung in den wesentlichen Beteiligungsverhältnissen verbunden ist. Neben der Anmeldung registerrechtlicher Vorgänge kann eine Notifikation bei den zuständigen Wettbewerbsbehörden erforderlich werden.

Kartellrechtliche und aufsichtsrechtliche Anforderungen

Fusionskontrolle und Investitionsprüfung

Viele LBO-Transaktionen unterliegen der Fusionskontrolle gemäß GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) oder der europäischen Fusionskontrollverordnung. Die Einreichung einer entsprechenden Anmeldung bei der zuständigen Behörde kann erforderlich sein, wenn bestimmte Umsatzschwellen überschritten werden.

Darüber hinaus kann die Prüfung nach dem Außenwirtschaftsrecht (AWG/AWV) erforderlich sein, insbesondere wenn sich ausländische Investoren an Unternehmen aus besonders geschützten Sektoren beteiligen.

Bankaufsichtsrecht

Die Finanzierung eines LBO durch Kreditinstitute unterliegt grundsätzlich den Anforderungen an das Kreditgeschäft gemäß dem Kreditwesengesetz (KWG). Dies betrifft insbesondere die Risikobewertung und Kapitalunterlegung für die fraglichen Engagements.

Steuerrechtliche Implikationen

Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen

Ein steuerlich zentrales Thema bei der Strukturierung eines LBO ist die Abzugsfähigkeit der Finanzierungszinsen. Die Zinsschranke nach § 4h EStG begrenzt die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen unter bestimmten Voraussetzungen, was bei der Planung der Finanzierungsarchitektur zu berücksichtigen ist.

Umstrukturierung und steuerliche Organschaft

In der Post-Akquisitionsphase werden häufig Maßnahmen zur Verschmelzung oder Eingliederung von Unternehmensteilen (sog. Debt Push-Down) angestrebt, die steuerrechtlich fundiert zu planen sind. Hierbei ermöglicht insbesondere die Organschaft nach deutschem Steuerrecht unter gewissen Bedingungen eine Zusammenfassung steuerlicher Ergebnisse.

Haftung und Risiken bei Leveraged Buyout-Transaktionen

Haftung der Geschäftsleitung

Die Geschäftsleitung der Zielgesellschaft unterliegt im Rahmen eines LBO besonders strengen Sorgfaltsanforderungen. Insbesondere das Verbot der verdeckten Ausschüttung, des existenzgefährdenden Eingriffs in das Gesellschaftsvermögen sowie die Einhaltung der einschlägigen Kapitalerhaltungsvorschriften sind zu beachten. Risiken für die Geschäftsleitung bestehen im Hinblick auf persönliche Haftungstatbestände gemäß § 43 GmbHG bzw. § 93 AktG.

Gläubigerschutz

Der LBO kann zu einer signifikanten Erhöhung der Verschuldung der Zielgesellschaft führen. Gesetzliche Instrumente zum Gläubigerschutz setzen hier insbesondere an den Regelungen zum Insolvenzrecht an, etwa im Hinblick auf insolvenzrechtliche Anfechtungstatbestände bei konzerninternen Transaktionen und bei Sicherheitenbestellung zugunsten Dritter.

Fazit und Ausblick

Der Leveraged Buyout ist eine hochkomplexe, rechtlich anspruchsvolle Transaktionsstruktur, die eine sorgfältige Beachtung gesellschafts-, finanzierungs-, kartell-, aufsichts- und steuerrechtlicher Vorgaben voraussetzt. Die erfolgreiche und rechtssichere Umsetzung erfordert ein umfassendes Verständnis der einschlägigen Rechtsmaterien, um schwerwiegende Haftungs- und Nichtigkeitsfolgen zu vermeiden. Im Spannungsfeld zwischen Rendite- und Gläubigerinteressen bleibt der LBO aufgrund der hohen regulatorischen Anforderungen auch künftig ein besonders anspruchsvolles Instrument bei Unternehmensübernahmen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Due-Diligence-Prüfungen sind beim Leveraged Buyout (LBO) zwingend erforderlich?

Im Rahmen eines Leveraged Buyouts sind umfassende rechtliche Due-Diligence-Prüfungen unumgänglich, um rechtliche Risiken und Haftungsfallen zu identifizieren. Hierzu zählen insbesondere Analysen der bestehenden Gesellschaftsstruktur und -verträge, der Beteiligungsverhältnisse, sowie die detaillierte Prüfung der Satzung und aller wesentlichen Gesellschaftervereinbarungen. Darüber hinaus sind laufende oder potenzielle Rechtsstreitigkeiten, öffentlich-rechtliche Verpflichtungen (zum Beispiel aus dem Kartell- oder Umweltrecht) sowie arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Verhältnisse der Zielgesellschaft sorgfältig zu prüfen. Auch IP-Rechte, Compliance-Strukturen und bestehende Finanzierungsverträge müssen bewertet werden. Abschließend wird ein besonderes Augenmerk auf sogenannte Change-of-Control-Klauseln gelegt, die Transaktionen beschränken oder genehmigungspflichtig machen können. Die Ergebnisse der Due Diligence fließen direkt in die Strukturierung des LBO, insbesondere in Bezug auf Garantien, Freistellungen und Kaufpreisregelungen im Unternehmenskaufvertrag, ein.

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Strukturierung der Akquisitionsfinanzierung?

Die Umsetzung der Akquisitionsfinanzierung im Rahmen eines LBO unterliegt in Deutschland und Europa strengen regulatorischen Anforderungen. Finanzierungsgestaltungen müssen insbesondere das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 62 GmbHG, § 57 AktG) sowie die Kapitalerhaltungsgrundsätze beachten, wonach die Zielgesellschaft weder direkt noch indirekt für die Finanzierung des eigenen Erwerbs haften darf („financial assistance“-Verbot). Alle kreditvertraglichen Verpflichtungen sind daraufhin zu prüfen, ob sie gegen Kapitalerhaltungsregeln oder gegen bestehende Covenants in den laufenden Kreditverträgen der Zielgesellschaft verstoßen. Weiterhin sind die Pfandrechte und Sicherheiten, die im Rahmen der Finanzierung bestellt werden, rechtssicher zu dokumentieren, zum Beispiel im Rahmen von Share Pledge Agreements oder Global Security Agreements. Es empfiehlt sich, alle Finanzierungsdokumente eng mit spezialisierten Rechtsberatern abzustimmen, um spätere Anfechtungen oder Nichtigkeit zu vermeiden.

Welche kartellrechtlichen Hürden können bei einem LBO auftreten?

Die Transaktion kann einer Fusionskontrolle unterliegen, sofern bestimmte Umsatzschwellen nach deutschem und europäischem Kartellrecht überschritten werden (§§ 35 ff. GWB, Art. 1 ff. EU-Fusionskontrollverordnung). In solchen Fällen muss gegebenenfalls eine fusionskontrollrechtliche Anmeldung bei den zuständigen Behörden (Bundeskartellamt, Europäische Kommission) erfolgen. Ein Vollzug des Erwerbs vor Freigabe der zuständigen Behörde ist gesetzlich untersagt („Gun-Jumping“-Verbot) und kann erhebliche Sanktionen, Bußgelder oder sogar die Rückabwicklung des Erwerbs nach sich ziehen. Zusätzlich ist zu prüfen, ob sektorale Investitionskontrollen, wie das Außenwirtschaftsrecht, greifen, insbesondere bei Beteiligungen ausländischer Investoren in sensiblen Branchen. Die sorgfältige Vorbereitung und Einhaltung der Meldepflichten ist daher essenziell.

Welche Pflichten treffen Geschäftsleiter und Anteilseigner bei der Durchführung eines LBO?

Sowohl die Geschäftsleiter der Zielgesellschaft als auch die Gesellschafter unterliegen strengen Treue- und Sorgfaltspflichten. Geschäftsführer müssen im Rahmen der Transaktionsstrukturierung darauf achten, dass keine unzulässigen Vermögensverschiebungen oder Hilfen („financial assistance“) zu Lasten der Zielgesellschaft erfolgen. Sie haften bei Verstößen persönlich gegenüber der Gesellschaft und gegebenenfalls auch Dritten. Anteilseigner müssen ebenfalls gesellschaftsrechtliche und ggf. kapitalmarktrechtliche Beschränkungen beachten, etwa Meldepflichten bei Überschreiten bestimmter Beteiligungsschwellen im Börsenumfeld oder Zustimmungserfordernisse der Gesellschafterversammlung für bestimmte Maßnahmen. Die Einhaltung aller gesellschaftsrechtlichen Formalien und Abstimmungsprozesse ist daher von zentraler Bedeutung, um Anfechtungs- und Haftungsrisiken zu vermeiden.

Wie werden Garantien und Haftungsregelungen im Rahmen eines LBO rechtlich ausgestaltet?

Im Unternehmenskaufvertrag (SPA – Share Purchase Agreement) werden Garantien und Haftungsregelungen detailliert ausgestaltet, um Käuferinteressen im Hinblick auf zum Beispiel die wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Verhältnisse der Zielgesellschaft abzusichern. Es werden typischerweise umfassende Garantien zu Eigentumsverhältnissen, Finanzierungssituation, Bestandsverträgen, Compliance, Steuern, Arbeitsverhältnissen und anhängigen Rechtsstreitigkeiten vereinbart. Die Haftung für Garantieverstöße wird häufig durch Höchstgrenzen (Caps), Selbstbehalte (Deductibles) sowie zeitliche Begrenzungen (Verjährungsfristen) beschränkt. Neben reinen Garantien werden manchmal auch spezifische Entschädigungsklauseln (Indemnities) für festgestellte Risiken in die Verträge aufgenommen. Die sorgfältige Formulierung und rechtssichere Abfassung dieser Klauseln ist maßgeblich, um spätere Streitigkeiten und Prozesse zu verhindern.

Welche Besonderheiten bestehen im Arbeitsrecht bei einem Leveraged Buyout?

Arbeitsrechtlich steht insbesondere der Betriebsübergang gemäß § 613a BGB im Fokus, sofern im Rahmen des LBO auch ein Betriebsübergang vorliegt. In diesem Fall treten sämtliche Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber über. Es bestehen umfassende Informationspflichten gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern, wobei Verstöße Anfechtungsrechte der Arbeitsverhältnisse nach sich ziehen können. Zudem ist zu beachten, dass geplante Restrukturierungen oder betriebsbedingte Kündigungen besonderen Schutzbestimmungen unterliegen und mitbestimmungsrechtliche Vorgaben (Betriebsrat, Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat) zu beachten sind. Tarifverträge und betriebliche Altersversorgungssysteme sind ebenfalls rechtlich zu prüfen und vertraglich sauber zu behandeln.

Welche Insolvenzrisiken und Gläubigerschutzregelungen sind zu beachten?

Da ein LBO typischerweise mit einer hohen Fremdkapitalquote umgesetzt wird, ist das Insolvenzrisiko sowohl auf Ziel- als auch auf Erwerberseite erhöht. Hier greifen verschiedene insolvenzrechtliche Regelungen, unter anderem das Anfechtungsrecht nach §§ 129 ff. InsO, welches es dem Insolvenzverwalter ermöglicht, bestimmte Vermögensdispositionen aus der Zeit vor der Insolvenz rückgängig zu machen. Besonders kritisch sind im LBO-Kontext die Zuführung oder Nutzung betrieblicher Mittel der Zielgesellschaft zur Rückführung der Akquisitionsdarlehen. Geschäftsführer und Berater müssen die insolvenzrechtlichen Pflichten zur frühzeitigen Krisenerkennung und gegebenenfalls Insolvenzantragspflicht konsequent beachten. Ebenso sind Gläubigerschutzmechanismen, wie etwa Sicherheitenbestellungen und Covenants in Kreditverträgen, zu prüfen und rechtssicher zu gestalten. Die Vermeidung einer Insolvenzverschleppung gehört zu den zentralen rechtlichen Pflichten.