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Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: Bedeutung und Ziel

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bezeichnen ein Bündel staatlich finanzierter Unterstützungen, die darauf ausgerichtet sind, Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu eröffnen, zu sichern oder wiederherzustellen. Sie sind Teil des Rehabilitationssystems in Deutschland und dienen dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile im Berufsleben. Der rechtliche Rahmen verfolgt das Ziel, selbstbestimmte und dauerhafte Erwerbsarbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen oder in besonderen Fällen geeignete Alternativen der Beschäftigung zu eröffnen.

Die Leistungen sind individuell ausgestaltet. Maßgeblich sind der persönliche Bedarf, die Eignung der Maßnahme sowie die konkrete berufliche Perspektive. Grundprinzipien sind Bedarfsgerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit, Barrierefreiheit, die Berücksichtigung persönlicher Präferenzen und die Koordinierung zwischen verschiedenen Leistungsträgern.

Leistungsarten

Orientierung, Beratung und Vermittlung

Hierzu zählen berufsbezogene Eignungsabklärungen, berufliche Orientierung, Assessmentverfahren, Bewerbungsunterstützung, Vermittlung in Praktika sowie betriebliche Trainings. Ziel ist die Feststellung realistischer Berufsmöglichkeiten und die Heranführung an geeignete Arbeitsplätze.

Qualifizierung und Ausbildung

Gefördert werden berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Umschulungen, Weiterbildungen, Ausbildungsmaßnahmen in Betrieben oder Bildungseinrichtungen sowie unterstützte Ausbildungsformen. Auch besondere Berufsbildungswerke oder Berufsförderungswerke kommen in Betracht, wenn dort eine passgenaue Qualifizierung möglich ist.

Technische Hilfen und Arbeitsplatzanpassung

Dazu zählen Hilfsmittel am Arbeitsplatz (z. B. spezielle Software, ergonomische Ausstattung), bauliche Anpassungen, Arbeitsorganisation und technische Veränderungen, die eine Tätigkeit trotz Beeinträchtigung ermöglichen oder erleichtern.

Mobilitätshilfen

Leistungen können die Erreichbarkeit von Ausbildungs- und Arbeitsorten sicherstellen. Dazu gehören Fahrkosten, Unterstützung bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Kraftfahrzeughilfen und gegebenenfalls notwendige Umbauten.

Leistungen in besonderen Einrichtungen

Wenn eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (vorübergehend) nicht möglich ist, kommen Leistungen in anerkannten Werkstätten oder bei anderen geeigneten Anbietern in Betracht. Diese sichern berufliche Bildung, Tagesstruktur und angepasste Arbeitsmöglichkeiten. Instrumente wie das Budget für Arbeit oder das Budget für Ausbildung sollen Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt fördern.

Leistungen an Arbeitgeber

Arbeitgeber können Unterstützung erhalten, wenn dadurch ein Arbeitsplatz für eine Person mit Behinderung geschaffen, erhalten oder angepasst wird. Hierzu zählen Zuschüsse zu Lohnkosten bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Kostenübernahmen für Anpassungen und Hilfen im Betrieb sowie begleitende Unterstützungsdienste.

Geldleistungen und flankierende Unterstützung

Während der Teilnahme an Maßnahmen sind Geldleistungen möglich, die den Lebensunterhalt teilweise absichern. Zudem können Lehrgangskosten, Prüfungsgebühren, Reisekosten, Unterkunft, Verpflegung und Kinderbetreuung im notwendigen Umfang übernommen werden.

Persönliches Budget

Leistungen können auf Wunsch als Persönliches Budget erbracht werden. Dabei erhalten Leistungsberechtigte Geld- oder Gutscheine, um benötigte Hilfen selbst zu organisieren. Ziel ist mehr Selbstbestimmung bei gleichbleibender Zielsetzung und Qualität.

Anspruchsvoraussetzungen

Personenkreis

Berechtigt sind Personen, deren Teilhabe am Arbeitsleben wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung gefährdet, eingeschränkt oder aufgehoben ist. Eine formale Schwerbehinderteneigenschaft ist nicht zwingend erforderlich; entscheidend ist der Rehabilitationsbedarf. Auch Jugendliche und junge Erwachsene können einbezogen sein, wenn ohne Unterstützung eine berufliche Eingliederung nicht erreichbar erscheint.

Zielbezug

Die Leistungen müssen geeignet sein, Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, wiederherzustellen oder in besonderer Form zu ermöglichen. Der angestrebte Arbeitsmarktzugang und die realistische Integrationsperspektive sind zentrale Prüfungspunkte.

Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit

Maßnahmen werden nach dem individuellen Bedarf ausgewählt. Sie müssen im konkreten Einzelfall geeignet und erforderlich sein. Gleichzeitig gilt der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Eine zu intensive oder ungeeignete Förderung ist rechtlich nicht vorgesehen; ebenso soll eine zu geringe Unterstützung vermieden werden.

Abgrenzung zu anderen Leistungsbereichen

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind von medizinischer Rehabilitation und Leistungen zur sozialen Teilhabe abzugrenzen; häufig greifen sie ineinander. Entscheidend ist der vorrangige Zweck: berufliche Eingliederung. Schnittstellen bestehen insbesondere zur schulischen Bildung, zu Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie zur Gesundheits- und Pflegeversorgung.

Zuständige Stellen

Rentenversicherung

Zuständig ist häufig die Rentenversicherung, wenn durch berufliche Rehabilitation die Erwerbsfähigkeit erhalten oder wiederhergestellt werden soll und versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Der Bezug oder die Vermeidung von Erwerbsminderungsrenten spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Agentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit ist insbesondere für Jugendliche, junge Erwachsene, Arbeitssuchende sowie Personen ohne rentenversicherungsrechtliche Vorversicherungszeiten zuständig. Sie verantwortet viele Maßnahmen der beruflichen Orientierung, Qualifizierung und Vermittlung.

Unfallversicherung

Bei Arbeitsunfällen oder anerkannten Berufskrankheiten ist regelmäßig die gesetzliche Unfallversicherung zuständig. Sie erbringt berufliche Reha-Leistungen mit dem Ziel, die Folgen des Versicherungsfalls auszugleichen und die Rückkehr ins Erwerbsleben zu sichern.

Träger der Eingliederungshilfe

Für Menschen mit wesentlichen Behinderungen, die umfassende Unterstützung zur Teilhabe benötigen, erbringt die Eingliederungshilfe Leistungen, die auf Beschäftigung ausgerichtet sind, etwa in Werkstätten, bei anderen Anbietern sowie über Budget-Instrumente.

Integrationsämter und Integrationsfachdienste

Diese Stellen sichern begleitende Hilfen im Arbeitsleben, insbesondere für schwerbehinderte Menschen und deren Arbeitgeber. Sie finanzieren oder koordinieren unter anderem Arbeitsassistenz, technische Anpassungen und Beratungsangebote, um bestehende Arbeitsverhältnisse zu erhalten.

Weitere Kostenträger

In besonderen Konstellationen kommen weitere öffentliche Stellen in Betracht, etwa Träger der sozialen Sicherung mit speziellen Zuständigkeiten. Maßgeblich ist stets der vorrangige Leistungszweck und die gesetzlich festgelegte Zuständigkeit.

Verfahren

Antrag und Zuständigkeitsklärung

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden in der Regel auf Antrag erbracht. Die erstangegangene Stelle klärt die Zuständigkeit und leitet den Antrag gegebenenfalls weiter. Für die Klärung und Entscheidung gelten feste Fristen. Währenddessen bleibt der Anknüpfungspunkt einheitlich, um Verzögerungen zu vermeiden.

Bedarfsermittlung und Teilhabeplanung

Der individuelle Bedarf wird anhand strukturierter Verfahren ermittelt. Bei komplexen Unterstützungsbedarfen wird eine trägerübergreifende Teilhabeplanung durchgeführt. Ziel ist eine aufeinander abgestimmte, widerspruchsfreie Leistungserbringung aus einer Hand.

Entscheidung und Bescheid

Über Art, Umfang und Dauer der Leistungen wird durch Verwaltungsakt entschieden. Die Entscheidung enthält Begründungen und Hinweise zu Rechtsbehelfen. Bei Änderung der Verhältnisse kann die Leistung angepasst, verlängert oder beendet werden.

Dauer, Überprüfung und Wechsel

Leistungen dauern so lange an, wie sie für die Teilhabeziele erforderlich sind. Zwischenevaluationen prüfen Wirksamkeit und Zielerreichung. Ein Wechsel der Maßnahme ist möglich, wenn dies für den Reha-Erfolg angezeigt ist.

Rechte und Grundsätze

Wunsch- und Wahlrecht

Bei mehreren geeigneten Maßnahmen werden persönliche Präferenzen berücksichtigt. Dies umfasst insbesondere die Auswahl von Diensten, Einrichtungen und Leistungsformen, soweit Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit gewahrt bleiben.

Koordination und Trägerzusammenarbeit

Die Leistungsträger koordinieren sich, um Brüche im Verfahren zu vermeiden. Dabei gewährleisten sie eine zügige Bearbeitung, transparente Kommunikation und abgestimmte Entscheidungen.

Barrierefreiheit und angemessene Vorkehrungen

Leistungen sind so auszugestalten, dass Zugänglichkeit und Nutzbarkeit für Menschen mit Behinderungen gewährleistet sind. Erforderliche Anpassungen im Ausbildungs- und Arbeitsumfeld sind Bestandteil bedarfsgerechter Teilhabe.

Persönliches Budget und Selbstbestimmung

Das Persönliche Budget fördert eigenständige Steuerung der Leistungserbringung. Qualitätssicherung und Nachweispflichten bleiben gewahrt; Ziel und Umfang der Leistungen entsprechen der Sachleistung.

Finanzierung und wirtschaftliche Aspekte

Kostenübernahme und Angemessenheit

Die Kosten werden von dem zuständigen Leistungsträger übernommen, soweit sie notwendig und angemessen sind. Für bestimmte Leistungen, insbesondere im Bereich der Mobilität, können Eigenanteile oder zumutbare Beteiligungen vorgesehen sein.

Verhältnis zu anderen Leistungen

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können mit anderen Sicherungssystemen zusammentreffen. Dabei gelten Anrechnungs-, Vorrangs- und Nachrangregeln. Überschneidungen mit Lohnersatzleistungen, Kranken- oder Grundsicherungsleistungen werden nach festgelegten Koordinationsregeln aufgelöst.

Abgrenzungen und Schnittstellen

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist eine arbeitgeberseitige Organisationspflicht zur Prävention und Begleitung bei längerer Arbeitsunfähigkeit. Es ist keine staatliche Rehaleistung, steht jedoch häufig in engem Zusammenhang mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Allgemeiner Arbeitsmarkt und besondere Beschäftigungsformen

Vorrangig sind Maßnahmen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Besondere Beschäftigungsformen, etwa in Werkstätten oder bei anderen Anbietern, dienen als Alternative oder Zwischenschritt, wenn eine unmittelbare Integration nicht erreichbar ist.

Schulische und hochschulische Bildung

Schulische und akademische Bildung sind eigene Bereiche. Soweit sie der beruflichen Eingliederung dienen und behinderungsbedingt besondere Unterstützung erfordern, können Schnittstellen zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben entstehen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was umfasst der Begriff Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben?

Er umfasst alle Maßnahmen, die dazu dienen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, zu sichern oder wiederherzustellen. Dazu zählen Beratung, Qualifizierung, technische Hilfen, Mobilitätsleistungen, Unterstützung im Betrieb, Leistungen in besonderen Einrichtungen sowie Geldleistungen zur Sicherung der Teilnahme.

Wer hat Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben?

Anspruchsberechtigt sind Personen, deren berufliche Eingliederung durch eine gesundheitliche Beeinträchtigung gefährdet, eingeschränkt oder aufgehoben ist und für die eine Maßnahme geeignet und erforderlich ist. Eine formale Schwerbehinderung ist keine zwingende Voraussetzung.

Welche Stellen sind in der Regel zuständig?

Je nach Lebenslage und Ursache der Beeinträchtigung sind unterschiedliche Träger zuständig, insbesondere Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit, Unfallversicherung, Träger der Eingliederungshilfe sowie Integrationsämter für begleitende Hilfen.

Können Leistungen auch in Werkstätten für behinderte Menschen erbracht werden?

Ja. Wenn eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (vorübergehend) nicht möglich ist, kommen Leistungen in Werkstätten oder bei anderen geeigneten Anbietern in Betracht. Zugleich existieren Instrumente, die den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt fördern.

Gibt es finanzielle Unterstützung während der Teilnahme an Maßnahmen?

Ja. Möglich sind Geldleistungen zur Absicherung des Lebensunterhalts während der Teilnahme sowie die Übernahme notwendiger Lehrgangs-, Reise- und Unterkunftskosten und Kinderbetreuung im erforderlichen Umfang.

Müssen Eigenanteile geleistet werden?

Grundsätzlich werden notwendige und angemessene Kosten übernommen. In einzelnen Bereichen, insbesondere bei bestimmten Mobilitätshilfen, können Eigenbeteiligungen oder zumutbare Kostenanteile vorgesehen sein.

Wie verhalten sich diese Leistungen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement?

Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist eine innerbetriebliche Pflicht zur Prävention und Wiedereingliederung. Es kann mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben verzahnt werden, ersetzt diese jedoch nicht.