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Leistungen für Bildung und Teilhabe


Leistungen für Bildung und Teilhabe

Die Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) stellen ein im deutschen Sozialrecht verankertes Förderinstrument dar, das einkommensschwachen Kindern und Jugendlichen die Teilhabe an schulischer, sozialer und kultureller Entwicklung ermöglichen soll. Ziel ist die Vermeidung sozialer Benachteiligung sowie die Chancengleichheit im Bildungswesen. Die Regelungen finden sich insbesondere in den §§ 28 ff. Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), SGB XII und Bundeskindergeldgesetz (BKGG).

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Verankerung

Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde im Jahr 2011 eingeführt und ist im SGB II, SGB XII und dem BKGG geregelt. Maßgebend sind insbesondere die §§ 28-29 SGB II für Beziehende von Arbeitslosengeld II („Hartz IV“), § 34 SGB XII für Empfängerinnen und Empfänger von Sozialhilfe sowie § 6b BKGG (Kinderzuschlag und Wohngeld). Die konkrete Ausgestaltung ergibt sich ferner aus den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften und Ausführungsgesetzen der Bundesländer sowie kommunalen Satzungen.

Anspruchsberechtigter Personenkreis

Leistungsberechtigt sind in der Regel Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die entweder selbst leistungsberechtigt nach SGB II, SGB XII sind oder deren Eltern Leistungen wie Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen. Die Altersgrenzen richten sich nach der jeweiligen Leistungsart, bei einigen Leistungen ist die Vollendung des 25. Lebensjahres relevant. Für bestimmte Leistungen wie Schülerbeförderung ist eine zusätzliche scolaires Ausbildung erforderlich.

Leistungen im Einzelnen

Schulbedarf

Nach § 28 Abs. 3 SGB II erhalten anspruchsberechtigte Schülerinnen und Schüler für notwendigen persönlichen Schulbedarf einen Zuschuss, der in der Regel in zwei Raten pro Schuljahr (jeweils zum 1. August und 1. Februar) gewährt wird. Die Höhe ist pauschalisiert (§ 34 SGB XII verweist auf die Regelung im SGB II).

Ausflüge und Klassenfahrten

Gemäß § 28 Abs. 2 SGB II werden Kosten für eintägige Ausflüge von Schulen und Kindertageseinrichtungen sowie mehrtägige Klassenfahrten vollständig übernommen, sofern es sich um schulrechtlich vorgesehene Veranstaltungen handelt.

Schülerbeförderung

Übernommen werden gemäß § 28 Abs. 4 SGB II die erforderlichen Aufwendungen für den Schulweg zur nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs, wenn diese Kosten nicht bereits durch andere Träger abgedeckt sind und notwendig sind (z. B. bei Überschreitung bestimmter Entfernungen).

Lernförderung (Nachhilfe)

Anspruch auf Lernförderung nach § 28 Abs. 5 SGB II besteht, wenn diese zur Erreichung der wesentlichen Lernziele erforderlich ist und schulische Angebote nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Eine nachweisbare individuelle Notwendigkeit (z. B. Versetzungsgefährdung) ist Voraussetzung.

Mittagsverpflegung

Kosten für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schulen und Kindertageseinrichtungen können nach § 28 Abs. 6 SGB II übernommen werden. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2019 ist ein Eigenanteil durch die Berechtigten entfallen.

Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben

Nach § 28 Abs. 7 SGB II steht Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein monatlicher Betrag (aktuell 15 Euro) für Aktivitäten in den Bereichen Sport, Kultur und Freizeit (z. B. Vereinsbeiträge, Musikunterricht) zur Verfügung.

Antragstellung und Verfahren

Die Beantragung erfolgt formlos oder mittels standardisierter Antragsformulare bei den zuständigen kommunalen Trägern (z. B. Jobcenter, Sozialamt, Wohngeldstelle). Die Leistungsgewährung erfolgt auf Antrag, wobei die Bedarfslage und der Nachweis über die Teilnahme bzw. Kosten zu erbringen sind. Bewilligungszeitraum und Leistungsumfang richten sich nach der jeweiligen Maßnahme und der Anspruchsdauer der Hauptleistung.

Nachweispflichten

Für fast alle Leistungen muss die tatsächliche Teilnahme oder Entstehung der Kosten gegenüber der Leistungsstelle belegt werden (beispielsweise durch Bescheinigungen der Schule oder Vereine, Quittungen etc.).

Auszahlung und Sachleistung

Leistungen werden ganz überwiegend als Sachleistungen oder durch Direktüberweisung an die Anbieter erbracht, etwa für Nachhilfeunterricht oder Vereinsmitgliedschaften. Barauszahlungen direkt an die Leistungsberechtigten sind selten und erfolgen nur, wenn eine andere Leistungsform nicht möglich ist.

Rechtsmittel und Rechtsschutz

Gegen ablehnende oder beschränkende Entscheidungen der Leistungsstellen kann Widerspruch erhoben werden. Das Verfahren richtet sich nach den allgemeinen Regelungen der Sozialgerichtsbarkeit (§§ 62 ff. Sozialgerichtsgesetz, SGG). Bei Streitigkeiten entscheidet das Sozialgericht im Rahmen einer möglichen Klage.

Besonderheiten der einzelnen Leistungsträger

Für verschiedene Anspruchsgruppen und Sozialleistungen (SGB II, SGB XII, BKGG) gelten teils unterschiedliche organisatorische Zuständigkeiten, Anforderungen und Auslegungen, insbesondere hinsichtlich regionaler Ausführung und verwaltungspraktischer Umsetzung. Die Umsetzung und Verwaltung obliegt in der Regel den Kommunen.

Abgrenzung und Verhältnis zu anderen Leistungen

Leistungen für Bildung und Teilhabe sind subsidiär. Vorrangig werden bestehende (landes- oder kommunalrechtliche) Regelungen zur Schul- und Lernmittelfreiheit oder Beförderungspflicht berücksichtigt. Eine Kumulation oder Doppelförderung ist ausgeschlossen.

Gesetzgebungshistorie und Entwicklung

Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde als Reaktion auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums (BVerfG, Urteil v. 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a.) eingeführt und seither mehrfach gesetzlich weiterentwickelt, um Leistungslücken zu schließen und die Verwaltung zu vereinfachen.

Literatur und weiterführende Hinweise

  • §§ 28 ff. SGB II/ § 34 SGB XII/ § 6b BKGG
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Informationen zu Leistungen für Bildung und Teilhabe
  • Verwaltungsanweisungen des jeweiligen Bundeslandes und kommunale Informationsportale

Leistungen für Bildung und Teilhabe sind ein zentrales sozialrechtliches Instrument in Deutschland, das maßgeblich zur Chancengleichheit und zur Förderung sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher beiträgt. Der Leistungskatalog umfasst mehrere Bausteine, deren Anspruchsvoraussetzungen, Umfang und Antragsverfahren nach gesetzlichen und verwaltungspraktischen Vorgaben differenziert ausgestaltet sind.

Häufig gestellte Fragen

Wer hat einen Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe?

Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) haben Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die bestimmte Sozialleistungen beziehen oder in Bedarfsgemeinschaft mit Beziehern solcher Leistungen leben. Hierzu zählen insbesondere Empfänger von Arbeitslosengeld II (SGB II), Sozialgeld, Sozialhilfe nach dem SGB XII, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Kinderzuschlag nach § 6a BKGG sowie Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz. Der Anspruch gilt grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, in bestimmten Fällen (etwa für Lernförderung oder Teilnahme an Schulausflügen) auch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern die Jugendlichen keine Ausbildungsvergütung erhalten. Entscheidend ist das Vorliegen eines laufenden Bezuges der genannten Leistungen im Bewilligungszeitraum. Für jeden Einzelfall ist der aktuelle Leistungsbescheid maßgeblich, ebenso wie der Status der Bedarfsgemeinschaft sowie das Verhältnis zu den erziehungsberechtigten Personen.

Welche konkreten Leistungen umfasst das Bildungspaket im rechtlichen Sinne?

Das Bildungspaket gemäß §§ 28-29 SGB II sowie korrespondierender Regelungen im SGB XII und im BKGG umfasst gesetzlich genau definierte Förderbereiche:

  • Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (z. B. Vereinsbeiträge bis zu 15 Euro monatlich),
  • Ausflüge und mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen,
  • Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf (sog. Schulstarterpaket),
  • Schülerbeförderungskosten, sofern diese nicht anderweitig getragen werden,
  • Lernförderung für Schüler, wenn dies zur Erreichung der wesentlichen Lernziele zusätzlich erforderlich ist,
  • gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schulen und Kindertageseinrichtungen.

Die Anspruchsvoraussetzungen, Nachweise und Antragswege sind für jeden Leistungsbereich gesondert in den einschlägigen Gesetzen und Verwaltungsvorschriften geregelt.

Wie erfolgt die Beantragung der Leistungen für Bildung und Teilhabe?

Die Leistungen müssen nach § 37 SGB II und entsprechenden Normen aktiv beantragt werden. Zuständig ist das Jobcenter oder die Sozialbehörde, je nach Art der zugrundeliegenden Sozialleistung. Für Kinder mit Wohngeld- oder Kinderzuschlagsbezug sind die Kommunen regelmäßig die Bewilligungsstellen. Die Anträge sind formgebunden oder formlos möglich, wobei in der Praxis regelmäßig vorgeschriebene Antragsformulare zu verwenden sind. Dem Antrag sind geeignete Nachweise über die Anspruchsberechtigung beizufügen, üblicherweise der aktuelle Leistungsbescheid sowie Nachweise zu den konkret gewünschten Leistungen (z. B. Vereinsbescheinigungen, Schulbescheinigungen, Zahlungsnachweise von Ausflügen). Die Behörde prüft den Anspruch im Einzelfall und setzt die Leistung durch direkte Auszahlung, Sachleistungen oder Gutscheine um.

Welche Rechtsmittel stehen bei Ablehnung oder Nichtbewilligung zur Verfügung?

Wird ein Antrag auf Leistungen für Bildung und Teilhabe abgelehnt oder erfolgt keine Entscheidung innerhalb angemessener Frist, steht den Antragstellern der Rechtsweg offen. Gegen ablehnende Verwaltungsakte kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden (§ 84 ff. SGG). Erfolgt im Widerspruchsverfahren keine Abhilfe, kann eine Klage vor dem zuständigen Sozialgericht erhoben werden (§ 87 SGG). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung zu beantragen, falls eine besonders dringliche Entscheidung (z. B. wegen bevorstehender Ausflüge) notwendig ist. Die Beratung durch Sozialverbände oder Anwälte ist empfehlenswert, um die richtigen rechtlichen Schritte zu wählen.

Welche Fristen gelten für die Antragstellung und Nachweise?

Grundsätzlich gilt, dass Leistungen für Bildung und Teilhabe nur für Zeiträume bewilligt und erbracht werden können, in denen die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen und ein entsprechender Antrag gestellt wurde (§ 37 SGB II i. V. m. §§ 7, 28 SGB II). Rückwirkende Bewilligungen sind in engen rechtlichen Grenzen möglich, jedoch in der Regel beschränkt auf den Monat der Antragstellung (§ 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Für Schulbedarfspakete werden die Leistungen automatisch zu bestimmten Stichtagen im Jahr ausgezahlt, ein gesonderter Antrag ist hier oft nicht erforderlich, wenn ein Grundanspruch besteht. Für andere Leistungen wie Lernförderung oder Vereinsbeiträge müssen die Nachweise und Zahlungsbelege rechtzeitig, meist monatlich oder jährlich, vorgelegt werden, damit die Kostenerstattung oder Bewilligung erfolgt.

Wie erfolgt die Leistungserbringung (Geld- oder Sachleistung, Gutschein)?

Die Art der Leistungserbringung ist gesetzlich klar geregelt (§ 29 SGB II). Überwiegend werden die Leistungen als zweckgebundene Sach- oder Geldleistungen (z. B. durch Gutscheine zur Vorlage bei Anbietern oder als Direktauszahlung an Leistungserbringer wie Schulen oder Vereine) gewährt. Nur in Ausnahmefällen erfolgt die Auszahlung an die Leistungsberechtigten selbst, etwa wenn Nachweise über die Verwendung erbracht wurden und eine Sachleistung nicht praktikabel ist. Bei Mittagsverpflegung und Schülerbeförderung erfolgt in der Regel eine direkte Abrechnung zwischen der Behörde und dem jeweiligen Anbieter bzw. Kostenträger.

Welche Pflichten bestehen gegenüber der Behörde beim Bezug der Leistungen?

Antragsteller und Leistungsberechtigte sind gemäß § 60 SGB I verpflichtet, alle für den Anspruch erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß anzugeben und Änderungen unverzüglich mitzuteilen, die den Anspruch beeinflussen könnten (z. B. Wechsel der Schule, des Wohnortes, Beendigung der Bedürftigkeit). Bei missbräuchlichem Bezug oder Nichterfüllung von Mitwirkungspflichten kann es zur Rückforderung zu Unrecht gezahlter Leistungen kommen (§ 50 SGB X), außerdem drohen Ordnungswidrigkeiten oder strafrechtliche Konsequenzen bei vorsätzlicher Täuschung. Die Behörden sind verpflichtet, über bestehende Mitwirkungspflichten und die Folgen bei Pflichtverletzungen aufzuklären.