Begriff und Allgemeines zur Leihmutterschaft
Leihmutterschaft bezeichnet eine reproduktionsmedizinische Methode, bei der eine Frau (die sogenannte Leihmutter) ein Kind für eine andere Person oder ein Paar austrägt und nach der Geburt an diese/n übergibt. Diese Praxis erfolgt entweder auf altruistischer oder kommerzieller Grundlage. Im Mittelpunkt stehen dabei rechtliche, ethische und gesellschaftliche Fragestellungen, insbesondere im Hinblick auf die elterlichen Rechte, Mutterschaft, Staatsangehörigkeit und vertragliche Bindungen.
Rechtliche Grundlagen der Leihmutterschaft
Nationales Recht
Deutschland
In Deutschland ist Leihmutterschaft gesetzlich nicht gestattet. Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) verbietet die künstliche Befruchtung einer Frau mit dem Ziel, eine Leihmutterschaft zu ermöglichen (§ 1 ESchG). Zudem untersagt § 13 des Adoptionsvermittlungsgesetzes (AdVermiG) die gewerbliche und nicht-gewerbliche Vermittlung von Leihmüttern. Verstöße gegen diese Vorschriften werden strafrechtlich verfolgt. Dennoch müssen sich deutsche Behörden häufig mit Rechtsfragen im internationalen Zusammenhang auseinandersetzen, etwa bei der Anerkennung von im Ausland geschlossenen Leihmutterschaftsvereinbarungen.
Österreich
Auch in Österreich ist die Leihmutterschaft – ähnlich wie in Deutschland – verboten. Gemäß Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) ist die medizinisch unterstützte Fortpflanzung durch Dritte, die nicht genetisch mit dem Kind verwandt sind, und somit die Leihmutterschaft, rechtlich ausgeschlossen.
Schweiz
Die Schweiz schreibt im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) ausdrücklich vor, dass eine Leihmutterschaft nicht zulässig ist. § 252 ZGB regelt zudem die rechtliche Mutterschaft: Mutter eines Kindes ist immer die Frau, die es geboren hat.
Andere europäische Länder
In vielen europäischen Staaten besteht ein generelles Verbot oder starke Einschränkung der Leihmutterschaft. Einige Länder wie Griechenland, Georgien und das Vereinigte Königreich erlauben unter bestimmten Voraussetzungen die altruistische oder teilweise auch kommerzielle Leihmutterschaft. Die rechtlichen Rahmenbedingungen variieren dabei wesentlich.
Internationales Recht
Internationale Übereinkommen
Es existiert kein weltweit einheitliches Abkommen zur Regelung der Leihmutterschaft. Das Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern und zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption greift nur eingeschränkt, da Leihmutterschaft nicht als Adoption im klassischen Sinn gilt.
Anerkennung ausländischer Entscheidungen
Viele Staaten stehen vor der rechtlichen Herausforderung, ausländische Geburtsurkunden oder gerichtliche Entscheidungen über das Elternschaftsverhältnis von im Ausland geborenen Kindern mittels Leihmutterschaft anzuerkennen. Die Kernproblematik betrifft dabei die Frage, ob die durch ausländisches Recht begründete Elternschaft, die inländischen gesetzlichen Vorgaben widerspricht, inländisch wirksam wird. Dies ist im Einzelfall abhängig von völkerrechtlichen Bestimmungen, nationalen Kollisionsnormen und öffentlichen Interessen (ordre public).
Vertragsgestaltung und Inhalt
Leihmutterschaftsvertrag
Ein Leihmutterschaftsvertrag ist eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen der austragenden Frau und den auftraggebenden Wunscheltern. Er regelt im Allgemeinen die Rahmenbedingungen der Schwangerschaft, der medizinischen Eingriffe, die Versorgung während der Schwangerschaft, das rechtliche Schicksal des Kindes und eventuell eine finanzielle Kompensation.
Rechtliche Wirksamkeit
In Ländern, in denen Leihmutterschaft verboten ist, sind diese Verträge nichtig oder sogar strafbar. In Rechtssystemen, die Leihmutterschaft zulassen, ist die Gestaltung eines solchen Vertrages an konkrete rechtliche Mindestanforderungen gebunden, um die Rechte aller Beteiligten, insbesondere des Kindes, zu sichern. Die Verträge können vorsehen:
- Die Übertragung elterlicher Rechte nach der Geburt
- Regelungen zum Umgangsrecht der Leihmutter
- Umgang mit medizinischen Risiken und möglichen Komplikationen
- Bestimmungen bei Schwangerschaftsabbruch oder Erkrankung des Kindes
Elterliche Rechte und Status des Kindes
Mutterschaft und Vaterschaft
Mutterschaft
Bundesrechtsnormen (etwa im BGB, ABGB, ZGB) legen fest, dass als Mutter des Kindes stets die Frau gilt, die es geboren hat. Dies widerspricht vielfach dem Wunsch der auftraggebenden Eltern, als „rechtliche Eltern“ anerkannt zu werden. Der Status kann im Einzelfall durch eine Adoption oder gerichtliche Anerkennung erreicht werden.
Vaterschaft
Bei Leihmutterschaft wird das Kind zumeist mit einer Samenspende des Wunschelternteils gezeugt. Der genetische Vater kann in der Regel die rechtliche Vaterschaft anerkennen oder gerichtlich feststellen lassen. Die Absicherung im jeweiligen Geburtstaat ist von zentraler Bedeutung.
Staatsangehörigkeit und Personenstand
Besonders problematisch ist die Frage der Staatsangehörigkeit und der Ausstellung von Geburtsurkunden für das im Ausland geborene Kind. In Staaten mit restriktiven Regelungen können Situation entstehen, in denen ein Kind staatenlos ist oder keine klare Elternschaft besitzt. Verfahren zur Nachträglichen Anerkennung oder Adoption werden dabei oft notwendig.
Ethische und rechtspolitische Diskussion
Die Frage der Zulässigkeit und rechtlichen Steuerung von Leihmutterschaft ist Gegenstand intensiver ethischer, gesellschaftlicher und politischer Debatte. Kritiker sehen Risiken der Ausbeutung und Kommerzialisierung des weiblichen Körpers, während Befürworter auf die Verwirklichung des Kinderwunsches und das Selbstbestimmungsrecht aller Beteiligten hinweisen. Entsprechend unterschiedlich sind nationale Gesetzgebungen ausgestaltet und in ständiger Anpassung begriffen.
Zusammenfassung
Leihmutterschaft ist ein komplexes Rechtsphänomen an der Schnittstelle von Familienrecht, Medizinrecht und internationalem Privatrecht. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich erheblich zwischen einzelnen Staaten. In vielen Ländern ist Leihmutterschaft verboten oder stark eingeschränkt, was zu vielfältigen rechtlichen, ethischen und gesellschaftlichen Streitfragen führt. Anerkennung, elterliche Rechte, Staatsangehörigkeit und vertragliche Beziehungen sind die zentralen Streitpunkte, die regelmäßig Anlass für politische und gerichtliche Auseinandersetzungen bieten.
Häufig gestellte Fragen
Ist Leihmutterschaft in Deutschland rechtlich zulässig?
Leihmutterschaft ist in Deutschland gemäß dem Embryonenschutzgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG) sowie dem Adoptionsvermittlungsgesetz (§ 13b AdVermiG) verboten. Das Verbot umfasst sowohl die Durchführung der Leihmutterschaft als auch die Vermittlung von Leihmüttern. Medizinisches Personal, das Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft bei einer Leihmutter vornimmt, macht sich strafbar, ebenso alle, die die Vermittlung organisieren oder fördern. Ebenso ist es Ärzten, Ärztinnen und anderen medizinisch Tätigen untersagt, insbesondere Eizellen einer Frau im Rahmen einer fremden Leihmutterschaft zu befruchten. Das Verbot erstreckt sich auch auf die Abschlüsse von Verträgen, die eine Leihmutterschaft in Deutschland vorsehen. Verstoßen Beteiligte gegen diese Vorschriften, drohen strafrechtliche Konsequenzen in Form von Geld- oder Freiheitsstrafen, wobei insbesondere medizinisch Tätige und Vermittler adressiert werden; die Leihmutter und die Wunscheltern selbst bleiben im Zweifelsfall straffrei.
Wie sieht die rechtliche Lage für im Ausland durchgeführte Leihmutterschaften aus?
Wenn eine Leihmutterschaft im Ausland durchgeführt wird und das Kind nach Deutschland gebracht werden soll, entstehen komplexe rechtliche Fragestellungen. Viele Länder weltweit erlauben Leihmutterschaften – entweder umfassend oder unter bestimmten Bedingungen. Nach deutschem Recht richtet sich die Elternschaft bei Geburt nach der Abstammung und der Geburt, nicht nach genetischen oder vertraglichen Gesichtspunkten: Die Frau, die das Kind geboren hat (also die Leihmutter), gilt als rechtliche Mutter (§ 1591 BGB), unabhängig von genetischer Herkunft oder Vertragssituation im Ausland. Die Eintragung der genetischen Eltern als Eltern im deutschen Geburtsregister ist in der Regel nicht möglich, es sei denn, es wird ein gerichtliches Verfahren zur Anerkennung einer ausländischen Entscheidung durchgeführt. Entscheidende Bedeutung haben dabei Anerkennungen oder Vollstreckung ausländischer Geburtsurkunden und Gerichtsbeschlüsse nach dem sogenannten „ordre public“-Vorbehalt. Dieser verhindert, dass grundlegende Prinzipien des deutschen Rechts (z. B. der Schutz der Leihmutter oder das Verbot der Kinderhandelspraxis) unterlaufen werden.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Missachtung der Gesetze zur Leihmutterschaft?
Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zur Leihmutterschaft ziehen, abhängig vom Beteiligungsgrad und der Rolle, unterschiedlich gravierende Konsequenzen nach sich. Ärzte, Ärztinnen und medizinisches Personal, die eine Leihmutterschaft medizinisch ermöglichen, müssen mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafen rechnen (§ 1 ESchG). Wer berufsmäßig eine Leihmutter vermittelt oder dies vorbereitet, riskiert ebenfalls strafrechtliche Sanktionen (§ 13b AdVermiG). Grundsätzlich gilt, dass die eigentlichen „Wunscheltern“ in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt werden, es sei denn, sie wirken aktiv oder im großen Umfang an der Vermittlung oder Durchführung in Deutschland mit. Auch Auslandsfälle sind juristisch sensibel, weil bei Vorliegen einer Vermittlung aus dem Inland strafrechtliche Verantwortlichkeiten entstehen könnten.
Wie wird die rechtliche Elternschaft nach einer Leihmutterschaft im Ausland in Deutschland geregelt?
Nach einer im Ausland erfolgten Leihmutterschaft betrachtet das deutsche Recht, wie bereits erwähnt, immer die gebärende Frau als rechtliche Mutter des Kindes. Die Übertragung der Elternrechte auf die genetischen oder intendierten Eltern (Wunscheltern) erfolgt gegebenenfalls durch Adoption (§ 1741 BGB i.V.m. § 1592 BGB). Für den intendierten Vater besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Vaterschaft anzuerkennen, sofern er der genetische Vater ist (§ 1592 Nr. 2 BGB). Die Zuweisung der Mutterschaft an eine andere Person als die Gebärende ist jedoch nicht möglich, weswegen für die Wunscheltern im Regelfall eine Stiefkindadoption notwendig ist, sofern sie das Sorgerecht erhalten möchten. Trotz einer im Ausland ausgestellten Geburtsurkunde, auf der die Wunscheltern als Eltern eingetragen sind, erkennen deutsche Behörden diese Konstellation häufig nicht an, es sei denn, ein gerichtliches Anerkennungsverfahren bestätigt dies im Einzelfall.
Werden ausländische Geburtsurkunden, auf denen die Wunscheltern eingetragen sind, in Deutschland anerkannt?
Deutsche Standesämter und Behörden prüfen bei der Eintragung eines im Ausland geborenen Kindes, ob die dortigen Eintragungen auf einer mit deutschem Recht vergleichbaren Sachlage beruhen. Wurde die Geburtsurkunde im Ausland erstellt und sind darauf die Wunscheltern als Eltern eingetragen (etwa nach einer Leihmutterschaft), wird dies in Deutschland meist nicht ohne Weiteres anerkannt. Insbesondere, wenn die ausländische Eintragung den deutschen ordre public – also grundlegende Rechtsprinzipien, zum Beispiel das Verbot der Leihmutterschaft – verletzt, wird die Anerkennung abgelehnt. In bestimmten Fällen kann eine gerichtliche Anerkennung einer ausländischen Entscheidung durch ein Familiengericht erfolgen, dies ist jedoch stets von der Einhaltung nationaler Rechtsgrundsätze abhängig und erfolgt nur nach eingehender Sachprüfung.
Welche Möglichkeiten haben Wunscheltern in Deutschland, das Sorgerecht für ein durch Leihmutterschaft geborenes Kind zu erhalten?
Wunscheltern, die durch Leihmutterschaft (insbesondere im Ausland) Eltern eines Kindes werden, können das Sorgerecht im Rahmen einer sogenannten Stiefkindadoption erhalten. Voraussetzung ist, dass der genetische Vater seine Vaterschaft anerkennt und seine Partnerin oder der Partner (sofern nicht die gebärende Mutter) das Kind adoptiert. Das Familiengericht prüft hierbei das Kindeswohl und die familiäre Situation, bevor es die Adoption genehmigt. Eine direkte Übertragung des Sorgerechts ohne formalisiertes Adoptionsverfahren ist nach deutschem Recht nicht möglich, solange die gebärende Leihmutter formell als Mutter gilt. Im Einzelfall können besondere Konstellationen vorliegen; eine rechtliche Beratung ist daher dringend zu empfehlen.
Welche ausländischen Gerichtsentscheidungen zu Leihmutterschaften werden in Deutschland anerkannt?
Ob und in welchem Umfang ausländische Gerichtsentscheidungen zu Leihmutterschaften in Deutschland anerkannt werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidende Aspekte sind die Vereinbarkeit der ausländischen Entscheidung mit dem deutschen ordre public und die Einhaltung des Kindeswohls. Anerkennungsfähig sind beispielsweise Entscheidungen, die eine Elternschaft nach der Geburt des Kindes, d.h. nachträglich, feststellen. Deutsche Gerichte prüfen stets im Einzelfall, ob wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts – insbesondere des Familien- und Kindeswohlschutzes sowie das Leihmutterschaftsverbot – verletzt werden. Liegt ein Verstoß gegen den ordre public vor, wird die Anerkennung versagt, unabhängig davon, wie eindeutig die Rechtslage im Ausland erscheint.