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Legat(us)


Begriff und rechtlicher Rahmen des Legat(us)

Das Legat (lateinisch: legatum), auch Vermächtnis genannt, ist ein zentraler Begriff im Erbrecht und bezeichnet die Zuwendung eines Vermögensvorteils durch den Erblasser an eine bestimmte Person (den Legatar), ohne diese zur Erbin oder zum Erben zu bestellen. Der Begriff ist sowohl in der historischen wie der modernen Rechtsordnung von erheblicher Bedeutung.

Historische Entwicklung des Legats

Antikes römisches Recht

Das Legat hat seinen Ursprung im römischen Recht, wo es als legatum eine Verfügung von Todes wegen war, die es dem Testator ermöglichte, unter bestimmten Bedingungen Personen Vorteile aus seinem Nachlass zu gewähren. Die rechtliche Konstruktion unterschied sich grundlegend von der Erbeinsetzung und diente der individuellen Nachlassgestaltung.

Entwicklung im europäischen Rechtskreis

Mit der Rezeption des römischen Rechts im Mittelalter setzte sich das Institut des Legats auch im deutschen und europäischen Rechtskreis durch. Die Zuwendung eines Legats wurde in das geltende Recht übernommen und in den einschlägigen Gesetzeswerken, insbesondere dem Bürgerlichen Gesetzbuch, detailliert geregelt.

Legat im deutschen Erbrecht

Rechtliche Einordnung und Unterschiede zur Erbeinsetzung

Im deutschen Erbrecht (§§ 1939 ff. BGB) ist das Legat (Vermächtnis) von der Erbeinsetzung zu unterscheiden. Während eine Erbin oder ein Erbe Rechtsnachfolger der verstorbenen Person wird und als Gesamtrechtsnachfolger in alle Rechte und Pflichten eintritt, verschafft das Legat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Verschaffung des Vermögensvorteils – das sogenannte Herausgabeverlangen.

Formen des Legats

1. Stücklegat (bestimmte Sache/Vermächtnis):
Ein spezifischer Gegenstand (z. B. ein Gemälde) wird vermacht.

2. Gattungslegat:
Ein Gegenstand einer bestimmten Gattung wird vermacht (z. B. „sein Pkw“ aus dem vorhandenen Fuhrpark).

3. Wahllegat:
Hier erhält der Bedachte das Recht, aus mehreren Gegenständen eine Auswahl zu treffen.

4. Verpflichtungslegat:
Dieses verpflichtet die beschwerte Person (Erbin oder Erbe), bestimmte Handlungen vorzunehmen.

5. Zwecklegat:
Dem Empfänger wird ein Betrag oder Gegenstand zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks zugewendet.

Rechtliche Wirkung und Durchsetzung

Das Legat begründet keinen unmittelbaren Anspruch auf einen Eigentumsübergang, sondern zunächst einen schuldrechtlichen Anspruch des Legatars gegen die Erbin oder den Erben, das Vermächtnis herauszugeben oder zu verschaffen (§ 2174 BGB). Der Anspruch richtet sich regelmäßig gegen den oder die Erben. Der Legatar hat ein Klagerecht und kann im Wege der Leistungsklage die Auslieferung verlangen.

Bei einer Nachlassverwaltung oder Testamentsvollstreckung ist zusätzlich zu beachten, dass die Verwaltung des Nachlasses vor Ausführung sämtlicher Legate Vorrang hat.

Anordnung, Annahme und Ausschlagung

Errichtung eines Legats

Ein Legat kann im Testament oder Erbvertrag angeordnet werden. Die konkrete Formulierung ist frei, muss jedoch den Willen des Erblassers eindeutig erkennen lassen.

Annahme und Ausschlagung des Legats

Das Legat kann angenommen oder ausgeschlagen werden, wobei die Ausschlagung innerhalb einer Frist gegenüber den Erben zu erklären ist. Für die Ausschlagung gelten die Regelungen (§ 1944 BGB) zur Erbausschlagung entsprechend.

Arten von Legaten im internationalen Kontext

Auch im internationalen Erbrecht finden sich vergleichbare Regelungen zum Legat:

  • Common Law (z. B. England, USA): Hier entspricht das legacy oder bequest dem deutschen Legat.
  • Französisches Recht: Das „legs“ unterscheidet sich nach legs universel (gesamter Nachlass), legs à titre universel (Teilquote) und legs particulier (Einzelgegenstand).

Je nach Rechtsordnung gelten unterschiedliche Formerfordernisse und Rechtsfolgen für die Legatszuwendung.

Steuern und Pflichtteilsrecht beim Legat

Steuerliche Behandlung

Das dem Legatar zugewandte Legat unterliegt grundsätzlich der Erbschaftsteuer nach den Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Der Umfang der Steuerpflicht richtet sich nach Wert und Art des zuwendeten Gegenstandes.

Pflichtteilsrechtliche Auswirkungen

Die Zuwendung eines Legats kann auf Pflichtteilsrechte keine direkte Auswirkungen haben. Pflichtteilsberechtigte können jedoch unter Umständen einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen, wenn durch umfangreiche Legatszuwendungen ihr Mindestanspruch beeinträchtigt wird.

Besonderheiten des Legats

Auflagen und Bedingungen

Im Rahmen des Legats kann der Erblasser Auflagen oder Bedingungen bestimmen, die mit dem Erwerb des Vermächtnisses verbunden sind. Die Wirksamkeit dieser Bedingungen richtet sich nach den allgemeinen Regeln des BGB.

Durchsetzung und Erlöschen

Ein Legat kann unter bestimmten Voraussetzungen erlöschen, etwa durch Tod des Legatars vor dem Erblasser oder durch Eintritt einer auflösenden Bedingung. Der Anspruch aus dem Legat verjährt innerhalb der regelmäßigen Frist (drei Jahre ab Kenntnis).

Quellen und Literatur

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) §§ 1939 ff.
  • Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)
  • Palandt, Kommentar zum BGB
  • MüKoBGB, Erbrecht
  • Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht

Hinweis: Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über das Thema Legat und stellt die wichtigsten rechtlichen Aspekte detailliert dar. Für weiterführende Informationen empfiehlt sich die Konsultation einschlägiger Gesetzestexte sowie die aktuelle Fachliteratur.

Häufig gestellte Fragen

Welche unterschiedlichen Arten von Legaten kennt das deutsche Erbrecht?

Im deutschen Erbrecht unterscheidet man verschiedene Arten von Legaten (Vermächtnissen), die im Rahmen einer letztwilligen Verfügung (z.B. Testament, Erbvertrag) angeordnet werden können. Zunächst gibt es das sogenannte Stückvermächtnis (§ 2169 BGB), bei dem dem Vermächtnisnehmer ein genau bezeichneter Gegenstand aus dem Nachlass zugewendet wird, etwa ein Schmuckstück oder ein spezifischer Immobilienanteil. Daneben existiert das Gattungsvermächtnis (§ 2194 BGB), bei dem nur die Art, nicht aber das einzelne Stück bestimmt ist, beispielsweise „mein Fahrzeug“ oder „100 Aktien der Muster AG“. Ferner gibt es das Verschaffungsvermächtnis (§ 2170 BGB), wonach der Beschwerte nicht nur aus dem Nachlass, sondern auch aus anderem Vermögen heraus den Vermächtnisgegenstand zu verschaffen hat. Zu unterscheiden ist auch zwischen dem Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB), das dem Erben zusätzlich zu seinem Erbteil zukommen soll, und dem Untervermächtnis (§ 2190 BGB), bei dem dem Vermächtnisnehmer aufgegeben wird, seinerseits ein Vermächtnis zu erfüllen. Letztlich gibt es auch das Wahlvermächtnis (§ 2154 BGB), bei dem dem Beschwerten oder dem Vermächtnisnehmer die Wahl zwischen mehreren Vermächtnisgegenständen eingeräumt wird. Das Gesetz bietet damit eine differenzierte Systematik, die es dem Erblasser erlaubt, individuelle Zuwendungen präzise anzuordnen.

Wann wird das Legat (Vermächtnis) fällig, und was bedeutet die Fälligkeit für den Vermächtnisnehmer?

Die Fälligkeit des Legats richtet sich gemäß § 2176 BGB grundsätzlich danach, wann der Erbfall eingetreten ist, also mit dem Tod des Erblassers. Das bedeutet, der Anspruch des Vermächtnisnehmers entsteht bereits mit dem Erbfall, es sei denn, der Erblasser hat ausdrücklich eine spätere Fälligkeit oder eine Bedingung (etwa das Erreichen eines bestimmten Alters oder das Eintreten eines bestimmten Ereignisses) vorgesehen. Mit Eintritt der Fälligkeit hat der Vermächtnisnehmer einen schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe oder Verschaffung des vermachten Gegenstandes gegen den oder die mit dem Legat Beschwerten (regelmäßig Erben oder andere Vermächtnisnehmer). Der Vermächtnisnehmer erwirbt jedoch nicht automatisch Eigentum am Gegenstand; der Beschwerte muss das Legat auf dessen Verlangen erfüllen. Bis zur Erfüllung kann der Vermächtnisnehmer die Leistung, gegebenenfalls gerichtlich, einklagen. In Spezialkonstellationen, etwa bei aufschiebend bedingten Legaten, verschiebt sich der Zeitpunkt der Fälligkeit entsprechend der Bedingung.

Wer ist zur Erfüllung eines Legats verpflichtet und welche Ansprüche hat der Legatnehmer gegenüber dem Beschwerten?

Zur Erfüllung eines Legats ist grundsätzlich derjenige verpflichtet, den der Erblasser in der letztwilligen Verfügung als „Beschwerten“ bestimmt hat. Dies ist in der Regel der oder die Erben, kann jedoch auch ein anderer Vermächtnisnehmer sein (sog. Untervermächtnis). Der Vermächtnisnehmer erhält keinen automatisch dinglichen Anspruch, sondern lediglich einen schuldrechtlichen (vgl. § 2174 BGB) Anspruch gegen den Beschwerten auf Verschaffung des vermachten Gegenstandes. Im Falle des Stückvermächtnisses kann dies die Herausgabe einer genau bezeichneten Sache bedeuten, bei Geldvermächtnissen die Auszahlung eines bestimmten Betrages. Der Beschwerte ist verpflichtet, das Legat ordnungsgemäß zu erfüllen und dem Vermächtnisnehmer auf Anforderung den Gegenstand zu verschaffen. Verweigert der Beschwerte die Erfüllung, kann der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Kommen mehrere Erben infrage, haften sie gegenüber dem Vermächtnisnehmer als Gesamtschuldner (§§ 2058, 2059 BGB). Im Übrigen kann der Erblasser durch Anordnung einer Testamentsvollstreckung bestimmen, dass der Testamentsvollstrecker die Erfüllung sicherstellt.

Wie unterscheidet sich das Legat von der Erbeinsetzung im juristischen Sinne?

Das Legat (Vermächtnis) unterscheidet sich grundlegend von der Erbeinsetzung darin, dass der Erbe Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers wird und sämtliche Rechte und Pflichten (Aktiva und Passiva) des Nachlasses übernimmt (§ 1922 BGB), während der Vermächtnisnehmer nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf eine bestimmte Zuwendung hat (§ 2174 BGB). Der Erbe haftet außerdem grundsätzlich auch für Nachlassverbindlichkeiten, kann jedoch die Haftung unter bestimmten Voraussetzungen beschränken. Der Vermächtnisnehmer dagegen hat keine über die Erfüllung hinausreichenden Verpflichtungen. Während der Erbe im Grundsatz sofort mit dem Erbfall seine Rechtsstellung erhält, bleibt der Vermächtnisnehmer darauf angewiesen, dass der Beschwerte das Legat erfüllt. Der Vermächtnisnehmer hat darüber hinaus kein Mitbestimmungsrecht an der Nachlassverwaltung, kein Auskunftsrecht über Nachlassgegenstände über den konkreten Anspruch hinaus und wird auch nicht Teil der Erbengemeinschaft.

Welche formalen Voraussetzungen muss ein Legat erfüllen, um rechtswirksam zu sein?

Ein Legat muss formell denselben Anforderungen wie eine letztwillige Verfügung entsprechen, also etwa den Vorschriften der §§ 2231 ff. BGB über Testamente oder Erbverträge. Das bedeutet insbesondere, dass das Legat schriftlich niedergelegt und eigenhändig vom Erblasser unterschrieben sein oder notariell beurkundet (öffentliches Testament) beziehungsweise als Bestandteil eines Erbvertrags geschlossen sein muss. Inhaltlich muss das Legat hinreichend bestimmt sein, sodass der vermachte Gegenstand eindeutig identifizierbar ist und der oder die Vermächtnisnehmer zweifelsfrei feststehen. Unklare oder rechtswidrige Zuwendungen können zur Unwirksamkeit führen oder zu Streitigkeiten bei der Ausführung des Legats. Der Erblasser kann Bedingungen oder Auflagen an das Legat knüpfen, muss diese aber so formulieren, dass sie rechtlich durchsetzbar sind.

Wie kann ein Legat nachträglich widerrufen oder abgeändert werden?

Ein Legat kann – wie jede letztwillige Verfügung – durch den Erblasser bis zu seinem Tod frei widerrufen (§§ 2253 ff. BGB). Ein Widerruf kann ausdrücklich im Testament oder durch Errichtung eines neuen Testaments bzw. eines Nachtrags (Codicill) erfolgen. Zudem ist der Widerruf durch Vernichtung der letztwilligen Verfügung möglich. Ist das Legat einmal unwiderruflich durch Erbvertrag angeordnet worden, sind strengere Maßstäbe anzulegen; teils ist dann eine einvernehmliche Aufhebung notwendig (§ 2290 BGB). Auch können äußere Umstände (z.B. Wegfall des Vermächtnisgegenstandes, Anfechtung des Testaments) zur Unwirksamkeit oder Modifikation des Legats führen. Änderungswünsche sollten stets in wirksamer letztwilliger Form verfügt werden, um Rechtssicherheit für die Beteiligten zu gewährleisten.

Welche Bedeutung hat das Nachlassinsolvenzverfahren für bestehende Legate?

Wird nach dem Erbfall ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet, so können Legate grundsätzlich nur aus der verbleibenden Masse nach Befriedigung der Nachlassgläubiger erfüllt werden. Die Forderungen der Vermächtnisnehmer sind sogenannte Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 Abs. 2 BGB), die im Rang nach den Erbfallschulden zu erfüllen sind. Ist der Nachlass nicht ausreichend, trägt der Vermächtnisnehmer das Risiko der Nichterfüllung oder nur teilweisen Erfüllung. Die Erben haften in diesem Fall grundsätzlich nicht persönlich, sofern sie die Beschränkung der Haftung ordnungsgemäß durchgeführt haben. Legatnehmer sollten daher im Fall absehbarer Nachlassinsolvenz sorgfältig auf Prüfung und Anmeldung ihrer Ansprüche drängen.