Lebensmittelzusatzstoffe

Begriff und rechtliche Einordnung

Lebensmittelzusatzstoffe sind Stoffe, die Lebensmitteln aus technologischen Gründen zugesetzt werden, zum Beispiel um Haltbarkeit, Konsistenz, Farbe oder Geschmackseindruck zu beeinflussen. Sie werden in der Regel nicht als Lebensmittel verzehrt und dienen einem bestimmten Zweck bei der Herstellung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung, Verpackung, Beförderung oder Lagerung von Lebensmitteln. Für Verbraucherinnen und Verbraucher sind sie häufig an sogenannten E-Nummern erkennbar. Ihr Einsatz ist rechtlich eng geregelt: Er ist nur erlaubt, wenn der Stoff behördlich bewertet und zugelassen wurde, die Verwendung bestimmten Bedingungen entspricht und die Kennzeichnung nachvollziehbar informiert.

Rechtlich gilt das sogenannte Positivlistenprinzip: Nur ausdrücklich zugelassene Zusatzstoffe dürfen verwendet werden, und nur in den Lebensmitteln und Mengen, für die die Zulassung erteilt wurde. Die Bewertung umfasst die gesundheitliche Unbedenklichkeit bei üblicher Aufnahme, die technologische Notwendigkeit und die Anforderung, dass Verbraucherinnen und Verbraucher nicht über die Beschaffenheit des Lebensmittels getäuscht werden.

Zweck und Funktionsklassen

Technologische Funktionen

Zusatzstoffe werden in Funktionsklassen eingeordnet, die ihren technologischen Zweck beschreiben. Typische Klassen sind unter anderem:

  • Farbstoffe und Überzugsmittel
  • Konservierungsstoffe und Antioxidationsmittel
  • Süßungsmittel
  • Emulgatoren, Stabilisatoren und Verdickungsmittel
  • Backtriebmittel und Trennmittel
  • Geschmacksverstärker
  • Feuchthaltemittel und Mehlbehandlungsmittel
  • Komplexbildner (Sequestriermittel) und Säureregulatoren
  • Gase für Verpackung und Aufschäumen

Die Einordnung in eine Funktionsklasse hat rechtliche Folgen, etwa bei der Kennzeichnung (Angabe der Funktionsklasse) und bei der Frage, in welchen Lebensmitteln und in welchen Höchstmengen der Einsatz zulässig ist.

Zulassungsverfahren und Sicherheitsbewertung

Grundsätze der Zulassung

Die Zulassung folgt einheitlichen Grundsätzen. Ein Zusatzstoff darf nur zugelassen werden, wenn:

  • eine gesundheitliche Bewertung ergibt, dass der Stoff bei vorhersehbarer Aufnahme sicher ist,
  • eine technologische Notwendigkeit besteht und der angestrebte Zweck nicht durch andere, wirtschaftlich und technologisch praktikable Mittel erreicht werden kann,
  • die Verwendung nicht zur Irreführung über die tatsächliche Qualität, Natur oder Zusammensetzung des Lebensmittels führt.

Mit der Zulassung werden Anwendungsbedingungen festgelegt, beispielsweise zulässige Lebensmittelkategorien, Höchstmengen oder die Regel „quantum satis“ (so viel wie für den vorgesehenen Zweck erforderlich, nicht mehr). Zudem werden Reinheitsanforderungen und gegebenenfalls besondere Hinweispflichten vorgegeben. Zugelassene Stoffe werden in öffentlich zugänglichen Listen geführt und in regelmäßigen Abständen wissenschaftlich überprüft.

Risikobewertung und Aufnahmemengen

Für viele Zusatzstoffe wird ein Konzept der tolerierbaren täglichen Aufnahme verwendet. Dabei wird abgeschätzt, welche Mengen bei lebenslanger Aufnahme als unbedenklich gelten. Diese Bewertung berücksichtigt auch besonders empfindliche Personengruppen. Bei Bedarf werden Höchstmengen für bestimmte Lebensmittel festgelegt, um die Gesamtaufnahme zu steuern.

Zuständige Institutionen und Verfahren

Die wissenschaftliche Risikobewertung erfolgt in der Europäischen Union durch eine unabhängige Behörde. Auf dieser Basis beschließen die zuständigen Organe der EU gemeinsam mit den Mitgliedstaaten über Zulassungen, Änderungen und Verbote. Die Überwachung der Einhaltung in Betrieben erfolgt durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten.

Spezifikationen und Reinheit

Neben der Zulassung als solcher werden verbindliche Spezifikationen festgelegt, etwa Reinheitsgrade, zulässige Nebenbestandteile oder Herstellungsanforderungen. Diese Spezifikationen dienen der Einheitlichkeit und der Kontrolle am Markt und sind Teil der rechtlich verbindlichen Anforderungen.

Kennzeichnung und E-Nummern

Grundsätze der Kennzeichnung

Bei vorverpackten Lebensmitteln sind Zusatzstoffe in der Zutatenliste mit ihrer Funktionsklasse und ihrem spezifischen Namen oder ihrer E-Nummer anzugeben, sofern sie im Enderzeugnis vorhanden sind. Die Funktionsklasse erläutert, warum der Stoff im Lebensmittel ist (zum Beispiel „Konservierungsstoff“), während Name oder E-Nummer den einzelnen Stoff bezeichnen. Die E-Nummer zeigt an, dass der Stoff in der EU bewertet und zugelassen wurde.

Ausnahmen und Sonderfälle

Verarbeitungshilfsstoffe sind von Zusatzstoffen abzugrenzen: Sie werden während der Herstellung eingesetzt, sind im Endprodukt in der Regel nicht mehr vorhanden oder ohne technologische Wirkung und müssen grundsätzlich nicht als Zutat gekennzeichnet werden. Bei sogenannten „Carry-over“-Fällen kann ein Zusatzstoff aus einer Zutat in das Endprodukt gelangen. Je nach technischer Funktion im Endprodukt kann die Kennzeichnung entfallen oder erforderlich bleiben. Für einzelne Zusatzstoffe oder Funktionsklassen können zusätzliche Hinweise vorgeschrieben sein.

Lose Ware und Außer-Haus-Verkauf

Auch bei nicht vorverpackten Lebensmitteln müssen Informationen über verwendete Zusatzstoffe zugänglich sein. Die genauen Formen der Bereitstellung sind geregelt und können je nach Vertriebsform variieren.

Anwendungsbedingungen und Verbote

Die Verwendung ist häufig auf bestimmte Lebensmittelkategorien und Höchstmengen beschränkt. In einigen Fällen gilt „quantum satis“, was eine Beschränkung auf die für den Zweck notwendige Menge unter Beachtung guter Herstellungspraxis bedeutet. Für besonders empfindliche Gruppen, etwa Säuglinge und Kleinkinder, gelten strengere Regeln; zahlreiche Zusatzstoffe sind dort nicht zugelassen. In ökologisch erzeugten Lebensmitteln ist die Liste der zulässigen Zusatzstoffe zusätzlich eingegrenzt.

Abgrenzungen zu verwandten Stoffgruppen

Aromen

Aromen dienen der gezielten Beeinflussung des Geruchs oder Geschmacks. Sie fallen unter ein eigenes Regelwerk und sind keine Zusatzstoffe im rechtlichen Sinn, auch wenn sie ähnlich gekennzeichnet werden können. Trägerstoffe in Aromen können jedoch selbst Zusatzstoffe sein.

Lebensmittel-Enzyme

Enzyme, die technologischen Zwecken dienen (zum Beispiel beim Backen oder Brauen), werden eigenständig reguliert. Sie unterscheiden sich rechtlich von Zusatzstoffen, auch wenn die Einsatzsituationen ähnlich erscheinen.

Verarbeitungshilfsstoffe

Verarbeitungshilfsstoffe unterstützen die Herstellung, ohne im Endprodukt eine technologische Funktion zu haben. Sie gelten rechtlich nicht als Zusatzstoffe und werden grundsätzlich nicht in der Zutatenliste aufgeführt, es sei denn, es bestehen besondere Informationspflichten.

Überwachung und Durchsetzung

Die Einhaltung der Vorschriften wird durch amtliche Lebensmittelüberwachung kontrolliert. Diese umfasst Betriebe, Produkte und Kennzeichnungen. Bei Verstößen kommen abgestufte Maßnahmen in Betracht, darunter Beanstandungen, Anordnungen, Rückrufe und Sanktionen. Unternehmen sind verpflichtet, nur zugelassene Zusatzstoffe im Rahmen der festgelegten Bedingungen zu verwenden und die Kennzeichnungsvorgaben einzuhalten.

Internationale Aspekte

International dient der Codex Alimentarius als Referenz für Leitlinien und Höchstgehalte. Die EU setzt eigenständige, häufig weitergehende Regeln. Beim Import und Export sind daher Abweichungen zu berücksichtigen; maßgeblich ist grundsätzlich das Recht des Marktortes. E-Nummern werden außerhalb Europas nicht durchgängig verwendet, auch wenn Stoffe weltweit bekannt sind.

Verbraucherschutz und Transparenz

Das Regelwerk verfolgt das Ziel eines hohen Verbraucherschutzniveaus, transparenter Information und einheitlicher Standards im Binnenmarkt. Dazu zählen öffentliche Stofflisten, wiederkehrende Neubewertungen und Anforderungen an klare, nicht irreführende Kennzeichnungen. Änderungen in der wissenschaftlichen Bewertung können zu Anpassungen der Zulassungen führen.

Häufig gestellte Fragen

Sind Lebensmittelzusatzstoffe grundsätzlich erlaubt?

Nein. Zulässig sind nur Stoffe, die ausdrücklich bewertet und in eine öffentliche Liste aufgenommen wurden. Die Zulassung gilt nur für bestimmte Lebensmittelkategorien und Nutzungsbedingungen. Ohne Aufnahme in diese Listen ist eine Verwendung nicht erlaubt.

Müssen Zusatzstoffe immer gekennzeichnet werden?

Zusatzstoffe sind bei vorverpackten Lebensmitteln grundsätzlich mit Funktionsklasse und Stoffbezeichnung oder E-Nummer in der Zutatenliste anzugeben, sofern sie im Endprodukt vorhanden sind. Ausnahmen bestehen insbesondere für Verarbeitungshilfsstoffe und bestimmte „Carry-over“-Konstellationen. Für einzelne Stoffe können zusätzliche Hinweise vorgeschrieben sein.

Was bedeutet eine E-Nummer?

Die E-Nummer ist ein Kennzeichen für in der EU bewertete und zugelassene Zusatzstoffe. Sie erleichtert die eindeutige Identifizierung in allen Sprachen der EU und signalisiert, dass für den Stoff Spezifikationen und Verwendungsbedingungen festgelegt wurden.

Darf ein Hersteller nicht zugelassene Zusatzstoffe verwenden?

Nein. Die Verwendung ist auf zugelassene Stoffe beschränkt. Ein Stoff ohne Zulassung darf in der EU nicht als Lebensmittelzusatzstoff eingesetzt werden. Neue Stoffe oder neue Verwendungen durchlaufen ein formales Antrags- und Bewertungsverfahren.

Was bedeutet „quantum satis“?

„Quantum satis“ bedeutet, dass kein fester Höchstwert festgelegt ist, der Einsatz aber auf die für den technologischen Zweck erforderliche Menge begrenzt bleibt. Dabei sind gute Herstellungspraxis und die Vermeidung irreführender Effekte maßgeblich.

Gelten besondere Regeln für Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder?

Ja. Für diese Produkte gelten besonders strenge Anforderungen. Zahlreiche Zusatzstoffe sind in diesem Bereich nicht zugelassen oder nur in engen Grenzen erlaubt, um den besonderen Schutzbedürfnissen Rechnung zu tragen.

Wer überwacht die Einhaltung der Vorschriften?

Die Kontrolle erfolgt durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Sie prüfen Betriebe, Produkte und Kennzeichnungen, entnehmen Proben und veranlassen bei Verstößen geeignete Maßnahmen.

Worin liegt der Unterschied zwischen Zusatzstoffen und Verarbeitungshilfsstoffen?

Zusatzstoffe üben im Endprodukt eine technologische Funktion aus und sind bei Vorliegen im Endprodukt grundsätzlich zu kennzeichnen. Verarbeitungshilfsstoffe unterstützen die Herstellung, ohne im Endprodukt eine technologische Wirkung zu entfalten; sie unterliegen anderen Informationspflichten.