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Laufende Rechnung

Laufende Rechnung: Begriff und Grundprinzip

Die laufende Rechnung ist eine auf Dauer angelegte Abrechnungsform zwischen zwei Parteien, bei der wiederkehrende Leistungen, Lieferungen und Zahlungen nicht einzeln ausgeglichen, sondern fortlaufend in einem Rechnungskreis erfasst werden. In regelmäßigen Abständen oder bei Beendigung der Geschäftsbeziehung wird ein Saldo gezogen. Dieser Saldo fasst alle erfassten Posten zusammen und bildet die eigenständige Forderung, die beglichen wird. Während der Laufzeit werden die einzelnen Posten grundsätzlich nicht isoliert geltend gemacht, sondern gehen im Saldo auf.

Kerngedanke und Abgrenzung

Kennzeichnend ist die Bündelung vieler Einzelvorgänge zu einem einheitlichen Abrechnungsverhältnis. Anders als bei der Einzelabrechnung, bei der jede Rechnung gesondert fällig wird, verschiebt sich bei der laufenden Rechnung die Durchsetzung auf den späteren Saldotermin. Davon abzugrenzen sind reine Sammelrechnungen ohne rechtliche Bindung an einen Rechnungskreis sowie Abschlagszahlungen, die lediglich Teilbeträge auf eine konkrete Einzelleistung erfassen.

Typische Anwendungsfelder

  • Fortlaufende Lieferbeziehungen im Handel
  • Zahlungsverkehr über Bankkonten mit periodischem Ausgleich
  • Dienstleistungen mit wiederkehrender Vergütung (z. B. Telekommunikation, Energieversorgung)
  • Bau- und Projektverträge mit laufender Erfassung von Leistungen und Nachträgen
  • Internationaler Warenverkehr im Open-Account-Modell

Zustandekommen und Ausgestaltung

Vereinbarung und Entstehung kraft tatsächlicher Handhabung

Die laufende Rechnung beruht regelmäßig auf einer Vereinbarung der Parteien, die ausdrücklich oder konkludent erfolgen kann. Sie kann sich aus Vertragsklauseln, fortlaufender Verbuchung in einem Rechnungskreis, wiederholten Saldomitteilungen oder einer Abrechnungspraxis ergeben, bei der die Parteien erkennbar nur den Saldo als ausgleichspflichtig behandeln. Entscheidend ist, dass die Beteiligten die Zusammenfassung der Einzelposten zu einem Saldo wollten.

Buchungsperiode, Saldoziehung und Saldoanerkenntnis

Die Parteien bestimmen üblicherweise Abrechnungszeiträume (z. B. monatlich, quartalsweise) und den Zeitpunkt der Saldoziehung. Mit dem Abschluss entsteht ein Saldoforderungsanspruch. Häufig wird der Saldo mitgeteilt und – ausdrücklich oder durch widerspruchsloses Hinnehmen – anerkannt (Saldoanerkenntnis). Dadurch wird der Saldo zur maßgeblichen Forderung; die zugrunde liegenden Einzelposten werden für die Durchsetzung nachrangig, bleiben aber als rechnerische Grundlage bedeutsam.

Rechtsfolgen der laufenden Rechnung

Fälligkeit und Durchsetzbarkeit

Während der Laufzeit werden einzelne Positionen grundsätzlich nicht isoliert fällig, sondern erst mit dem vereinbarten Abschluss des Rechnungskreises. Forderungen und Gegenforderungen werden fortlaufend in die laufende Rechnung eingestellt; nur der errechnete Schlussaldo ist zahlbar. Der Saldo kann positiv (Zahlungspflicht des einen Teils) oder negativ (Zahlungspflicht des anderen Teils) ausfallen.

Verjährung

Die Verjährung richtet sich in der Regel nach dem Zeitpunkt der Saldoziehung. Maßgeblich ist die selbstständige Saldoforderung; für sie beginnt die Frist typischerweise mit dem Schluss der Abrechnungsperiode oder mit Zugang der Saldomitteilung. Einzelposten, die in den Saldo eingegangen sind, verlieren für die Verjährung regelmäßig ihre Eigenständigkeit. Ausgenommene oder nicht einbezogene Forderungen verjähren gesondert.

Aufrechnung und Zurückbehaltung

Die Einbeziehung von Forderungen in eine laufende Rechnung bewirkt, dass – während der Laufzeit – die Aufrechnung gewöhnlich nur gegenüber dem Saldo und nicht mehr gegenüber einzelnen Posten erfolgt. Nach der Saldoziehung beziehen sich Einwendungen und Aufrechnungen regelmäßig auf die Saldoforderung. Abweichungen können sich aus der konkreten Abrede oder aus der Art der Forderung ergeben.

Zinsen und Kosten

Zinsen werden bei laufenden Rechnungen oft erst auf den Saldo berechnet. Das bedeutet, dass die periodenweise Verrechnung von Zinsen und Kosten in den Rechnungskreis aufgenommen wird und in die Saldenberechnung einfließt. Vereinbarte Zinsläufe und Kostenregelungen gelten dabei für die Abrechnungsperioden und werden mit dem Saldo konsolidiert.

Beendigung, Saldoausgleich und Korrekturen

Abschluss der Rechnung und Kündigung

Eine laufende Rechnung endet durch den vereinbarten periodischen Abschluss, durch Beendigung der zugrunde liegenden Geschäftsbeziehung oder durch Kündigung der Abrechnungsabrede. Mit dem Ende wird ein Schlussaldo festgestellt. Dieser Schlussaldo bildet die eigenständige Forderung, die der Zahlung oder Rückzahlung zugrunde liegt.

Einwendungen, Fehler und Berichtigung

Gegen den festgestellten Saldo sind Einwendungen möglich, etwa wegen rechnerischer Fehler oder unzutreffender Erfassung von Posten. Ein ausdrücklich oder stillschweigend anerkanntes Saldo kann die Beweislast verändern: Wer den Saldo bestreitet, muss regelmäßig darlegen, warum die zugrunde liegende Buchung oder Berechnung fehlerhaft war. Vertragliche Rügefristen oder Gebräuche können bestimmen, bis wann Einwendungen vorzubringen sind.

Nachforderungen und Rückstände

Posten, die versehentlich nicht erfasst wurden, können – je nach Vereinbarung und Zeitpunkt der Feststellung – in der nächsten Periode nachgetragen oder im Rahmen einer Berichtigung berücksichtigt werden. Rückstände aus früheren Perioden gehen im jeweiligen Saldo auf; mit der Saldoziehung wird der Rückstand Teil der Saldoforderung.

Besonderheiten in ausgewählten Bereichen

Handelsverkehr und Kontokorrent

Im Handelsverkehr ist die laufende Rechnung in Form des Kontokorrentverhältnisses besonders verbreitet. Dabei werden gegenseitige Ansprüche und Leistungen zweier Beteiligter fortlaufend miteinander verrechnet. Am Periodenende entsteht durch die Saldoziehung eine eigenständige Saldoforderung. Diese Praxis dient der Vereinfachung umfangreicher Geschäftsbeziehungen und der Übersichtlichkeit.

Bankkonto und Zahlungsverkehr

Bei Girokonten finden sich Elemente der laufenden Rechnung. Buchungen werden laufend erfasst, Überziehungen und Gutschriften verrechnet, und am Kontoauszug zeigt sich der periodische Saldo. Der rechtliche Charakter des Bankkontos weist Besonderheiten auf, gleichwohl ist das Prinzip der Saldenbildung für die Durchsetzung von Ansprüchen prägend.

Bau- und Projektrechnungen

In Bau- und Projektverträgen werden Leistungen, Nachträge, Abschläge und Abzüge häufig in einer laufenden Rechnung zusammengeführt. Die Abgrenzung zwischen Abschlagsrechnung und laufender Rechnung hängt davon ab, ob es bei einer leistungsbezogenen Teilabrechnung bleibt oder ob die Parteien eine konsolidierte Saldenbildung für die Gesamtrelation vereinbart haben.

Eigentumsvorbehalt im laufenden Rechnungskreis

Im Warenverkehr wird der Eigentumsvorbehalt mitunter auf den gesamten laufenden Rechnungskreis bezogen. Damit soll erreicht werden, dass das Vorbehaltseigentum bis zum Ausgleich aller saldierten Forderungen bestehen bleibt. Grundlage ist eine entsprechende Einbeziehung der Forderungen in den Rechnungskreis; ohne solche Anbindung verbleibt es bei der Bindung an die jeweilige Einzelforderung.

Abgrenzungen zu verwandten Modellen

Ratenzahlung und Teilzahlung

Raten- und Teilzahlungen beziehen sich auf eine konkrete Einzelforderung, deren Fälligkeit und Tilgung in Teile aufgeteilt werden. Demgegenüber bündelt die laufende Rechnung mehrere, oft unterschiedliche Forderungen zu einem einheitlichen Saldo.

Abschlagsrechnung

Abschlagsrechnungen vergüten Teilleistungen innerhalb eines größeren Auftrags. Sie sind regelmäßig eigenständige Forderungen. Eine laufende Rechnung geht darüber hinaus, indem sie zahlreiche Einzelpositionen aus verschiedenen Vorgängen in einem Rechnungskreis zusammenführt und periodisch saldiert.

Offene-Posten-Buchhaltung

Die Offene-Posten-Buchhaltung listet unerledigte Einzelrechnungen, ohne sie rechtlich zu einem Saldo zu verschmelzen. Bei der laufenden Rechnung wird hingegen durch die Abrede der Parteien eine eigenständige Saldoforderung geschaffen, die die Durchsetzung prägt.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet „laufende Rechnung“ im rechtlichen Sinn?

Sie bezeichnet ein Abrechnungsverhältnis, in dem fortlaufend entstehende Forderungen und Gegenforderungen in einem Rechnungskreis gesammelt und erst am Ende eines Abrechnungszeitraums durch einen Saldo zusammengefasst werden. Durchsetzbar ist regelmäßig der Saldo, nicht die einzelnen Positionen während der Laufzeit.

Wie kommt eine laufende Rechnung zustande?

Sie entsteht durch Vereinbarung der Parteien, die ausdrücklich oder durch gelebte Praxis erfolgen kann. Typische Anzeichen sind periodische Saldomitteilungen, eine konsistente Verbuchung im Rechnungskreis und die Behandlung des Saldos als allein ausgleichspflichtige Größe.

Welche Folgen hat die laufende Rechnung für Fälligkeit und Durchsetzung einzelner Forderungen?

Einzelne Posten werden während der Laufzeit grundsätzlich nicht isoliert fällig. Erst mit der Saldoziehung entsteht die maßgebliche Saldoforderung. Diese bündelt die vorherigen Buchungen, sodass die Durchsetzung auf den festgestellten Saldo gerichtet ist.

Wann beginnt die Verjährung bei einer laufenden Rechnung?

Die Verjährung bezieht sich in der Regel auf die Saldoforderung und beginnt typischerweise mit dem Abschluss der Abrechnungsperiode oder mit Zugang der Saldomitteilung. Nicht einbezogene Positionen verjähren gesondert.

Kann gegen einzelne Positionen aufgerechnet werden?

Während der laufenden Periode richtet sich die Aufrechnung gewöhnlich gegen den Saldo, nicht gegen einzelne Posten. Nach der Saldoziehung beziehen sich Einwendungen und Aufrechnung regelmäßig auf die Saldoforderung.

Welche Rolle spielt ein Saldoanerkenntnis?

Das Saldoanerkenntnis bestätigt den mitgeteilten Saldo als maßgebliche Forderung und kann die Beweislast beeinflussen. Es erschwert spätere Einwendungen gegen bereits anerkannte oder widerspruchslos hingenommene Positionen, lässt aber Korrekturen bei Fehlern oder Irrtümern zu.

Wie endet eine laufende Rechnung und was passiert mit dem Schlussaldo?

Sie endet durch periodischen Abschluss, Beendigung der Geschäftsbeziehung oder Kündigung der Abrechnungsabrede. Der Schlussaldo fasst alle einbezogenen Posten zusammen und wird zur selbstständigen Forderung, die zu zahlen oder zu erstatten ist.