Begriff und rechtliche Einordnung der Landschaftsgesetze
Definition von Landschaftsgesetzen
Landschaftsgesetze sind spezielle gesetzliche Vorschriften zur Erhaltung, Entwicklung und Nutzung von Landschaften im Sinne des Naturschutzrechts. Sie regeln umfassend den rechtlichen Rahmen für den Schutz, die Pflege und die nachhaltige Entwicklung von Natur und Landschaft in Deutschland und dienen damit der Umsetzung des bundesweit geltenden Naturschutzgesetzes auf Landesebene.
Historische Entwicklung
Die Landschaftsgesetze entstanden in der Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts, um dem wachsenden Bewusstsein für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auch auf gesetzlicher Ebene Rechnung zu tragen. Zunächst wurden regionale Regelungen geschaffen, bevor der Bund mit dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) einen einheitlichen Rahmen vorgab. Die Bundesländer entwickelten daraufhin eigene Landschaftsgesetze, die die bundesrechtlichen Vorgaben an die jeweiligen länderspezifischen Gegebenheiten anpassen.
Rechtsquellen der Landschaftsgesetze
Bundesebene
Die grundlegenden Vorschriften zum Landschaftsschutz finden sich im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Es bildet die zentrale bundesrechtliche Grundlage für alle naturschutzrechtlichen Maßnahmen, die durch Landesgesetze konkretisiert und ergänzt werden.
Landesebene
In jedem deutschen Bundesland existiert ein eigenes Landesnaturschutzgesetz, das häufig auch als Landschaftsgesetz bezeichnet wird, zum Beispiel das Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen (LG NRW). Diese Gesetze setzen die Vorgaben des BNatSchG länderspezifisch um, können darüber hinaus jedoch weiterführende oder spezifische Regelungen treffen, sofern dies im Einklang mit Bundesrecht steht.
Beispiele für Landschaftsgesetze
- Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen (LG NRW; bis 2016, inzwischen abgelöst durch das Landesnaturschutzgesetz NRW)
- Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG)
- Niedersächsisches Naturschutzgesetz (NNatSchG)
Die Gesetzesbezeichnungen variieren, die Rechtsmaterie bleibt aber vergleichbar.
Wesentliche Inhalte der Landschaftsgesetze
Geltungsbereich und Zielsetzung
Landschaftsgesetze verfolgen das Ziel, Natur und Landschaft auf eine Weise zu schützen, zu pflegen, zu entwickeln und zu nutzen, die die biologische Vielfalt, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts sowie die Eigenart und Schönheit der Landschaft dauerhaft sichert. Die Gesetze regeln insbesondere:
- den Schutz von Biotopen und Habitaten
- Gebote und Verbote zum Umgang mit Naturgütern
- Vorgaben zur Ausweisung von Schutzgebieten
- Regelungen zum Artenschutz
- Pflichten für Planungsträger und Privatrechtssubjekte
Landschaftsschutz und Schutzzonen
Landschaftsgesetze bestimmen die Voraussetzungen und das Verfahren zur Ausweisung von Schutzgebieten unterschiedlicher Kategorien:
- Naturschutzgebiete (§§ 23 ff. BNatSchG)
- Landschaftsschutzgebiete (§ 26 BNatSchG)
- Naturdenkmale (§ 28 BNatSchG)
- Biosphärenreservate (§ 25 BNatSchG)
Die konkrete Ausgestaltung des Schutzniveaus richtet sich nach der jeweiligen Gebietskategorie und nach den in den Landschaftsgesetzen der Länder geregelten Schutzbestimmungen.
Eingriffsregelung und Ausgleichsregelung
Ein zentraler Bestandteil der Landschaftsgesetze ist die sogenannte Eingriffsregelung. Sie verpflichtet Vorhabenträger, bei erheblichen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft im Rahmen von Bau- oder Nutzungsvorhaben einen angemessenen Ausgleich oder Ersatz zu leisten. Ziel ist es, den Naturhaushalt funktionsfähig zu erhalten oder ihn bei nicht vermeidbaren Eingriffen zu kompensieren.
Genehmigungs- und Untersagungstatbestände
Die Landschaftsgesetze beinhalten zahlreiche Verbote, Genehmigungsvorbehalte und Anzeigepflichten. So dürfen bestimmte Veränderungen an besonders geschützten Flächen oder Lebensräumen nur mit behördlicher Genehmigung erfolgen. Nicht genehmigungsfähige Vorhaben können untersagt werden. Verstöße werden mit Bußgeldern oder Verwaltungsmaßnahmen geahndet.
Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten
Raumordnungs- und Bauplanungsrecht
Die Bestimmungen der Landschaftsgesetze sind im Rahmen der Raumordnung und Bauleitplanung zu berücksichtigen. Die Sicherung und Entwicklung ökologisch wertvoller Flächen ist eine wesentliche Vorgabe für Flächennutzungs- und Bebauungspläne. Eingriffe in Natur und Landschaft unterliegen zudem häufig einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
Wasserrecht
Landschaftsgesetze stehen in einem engen Zusammenhang mit wasserrechtlichen Vorschriften, insbesondere bei der Ausweisung von Überschwemmungsgebieten und Uferbereichen.
Forst- und Landwirtschaftsrecht
Auch Land- und forstwirtschaftliche Nutzungen werden durch die Regelungen der Landschaftsgesetze beeinflusst, etwa durch Vorgaben zum Erhalt von Feldgehölzen, zum Gewässerrandstreifen oder Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes.
Verwaltung und Durchsetzung
Zuständige Behörden
Die Durchsetzung der Landschaftsgesetze obliegt den Naturschutzbehörden auf Landes-, Bezirks- und Kommunalebene. Im Einzelfall kann die Zuständigkeit auch bei unteren Landschaftsbehörden oder speziellen Sonderbehörden liegen, abhängig von der Länderregelung.
Beteiligung der Öffentlichkeit und Verbandsklagerecht
Im Rahmen der Ausweisung von Schutzgebieten und bei Großvorhaben ist eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen. Naturschutzverbänden wird ein besonderes Klagerecht eingeräumt, mit dem sie die Beachtung der Vorgaben der Landschaftsgesetze gerichtlich einfordern können.
Sanktionen und Rechtsschutz
Verstöße gegen die Vorschriften der Landschaftsgesetze werden als Ordnungswidrigkeiten oder in gravierenden Fällen als Straftaten verfolgt. Die Bandbreite der Sanktionen reicht von formellen Verboten bis hin zu Bußgeldern und Rückbauanordnungen. Der Rechtsschutz gegen behördliche Maßnahmen richtet sich nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungsprozesses.
Bedeutung der Landschaftsgesetze in der Praxis
Landschaftsgesetze leisten einen grundlegenden Beitrag zur Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen, zur Förderung der Biodiversität und zur Sicherstellung nachhaltiger Nutzungen. Sie sind eine wesentliche Rechtsgrundlage für Vorhabenträger, Behörden und private Akteure, die sich mit Planungs-, Naturschutz- oder Umweltthemen befassen.
Literaturhinweise und Weblinks
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
Landesnaturschutzgesetze der Bundesländer
Bundesregierung: Informationen zu Naturschutz und Landschaftspflege
Siebel, H.-D., Naturschutzrecht, C.H. Beck
* Brunn, H., Landschaftsschutzrecht in Deutschland, Nomos
Hinweis: Die Regelungen der Landschaftsgesetze unterliegen regelmäßigen Novellierungen und Anpassungen an europäische Vorgaben, wie etwa durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) oder die Vogelschutzrichtlinie (SPA). Eine vollständige Rechtsanwendung erfordert daher stets die Berücksichtigung des jeweils aktuellen Gesetzestextes.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist für die Durchsetzung von Landschaftsgesetzen in Deutschland zuständig?
Die Durchsetzung von Landschaftsgesetzen in Deutschland unterliegt grundsätzlich der Zuständigkeit der Länder, wobei sowohl spezielle Landesämter und Behörden für Naturschutz als auch kommunale Verwaltungen eine zentrale Rolle spielen. Die konkrete Organisation variiert aufgrund der föderalen Struktur Deutschlands von Bundesland zu Bundesland. In der Regel sind dies die unteren Naturschutzbehörden auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte, die entsprechende Genehmigungen erteilen, Ordnungswidrigkeiten verfolgen und Maßnahmen zur Durchsetzung des Landschaftsgesetzes anordnen. Übergeordnet können die höheren Naturschutzbehörden oder Ministerien in Streitfällen oder bei größeren Projekten, die überregionale Bedeutung haben, hinzugezogen werden. Für Flächen, die als Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete oder Naturdenkmale ausgewiesen sind, gelten teilweise zusätzliche Zuständigkeitsregelungen, etwa durch spezielle Verwaltungsstellen oder Beauftragte. Die Polizei und andere Ordnungskräfte können unterstützend tätig werden, insbesondere bei der Durchsetzung von Maßnahmen gegen unzulässige Nutzungen oder Zerstörungen. Daneben existiert die Möglichkeit, dass anerkannte Naturschutzverbände im Rahmen einer sogenannten Verbandsklage gegen rechtswidrige Entscheidungen vorgehen.
Welche Sanktionen sieht das Landschaftsgesetz bei Verstößen vor?
Das Landschaftsgesetz sieht ein gestuftes System von Sanktionen vor, die bei Verstößen gegen dessen Bestimmungen zur Anwendung kommen können. Dies reicht von einfachen Ordnungswidrigkeiten, die mit Bußgeldern belegt werden, bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen bei besonders schweren oder wiederholten Verstößen. Die Höhe der Bußgelder ist in den jeweiligen Bußgeldkatalogen der Bundesländer geregelt und kann, abhängig von der Schwere des Verstoßes – etwa illegales Roden geschützter Bäume, Bebauen von geschützten Flächen oder das Entfernen von Biotopstrukturen – mehrere zehntausend Euro betragen. In gravierenden Fällen, wie dem vorsätzlichen Zerstören von besonders geschützten Lebensräumen, kann auch Freiheitsstrafe verhängt werden. Zusätzlich zu den monetären oder strafrechtlichen Sanktionen besteht die Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, also etwa zum Ausgleich oder zur Renaturierung der betroffenen Flächen. Sanktionen können sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen treffen.
Welche Rolle spielt das Landschaftsgesetz bei Bau- und Infrastrukturvorhaben?
Das Landschaftsgesetz spielt eine entscheidende Rolle im Rahmen der Planung und Zulassung von Bau- und Infrastrukturvorhaben. Vor dem Beginn eines solchen Vorhabens muss zumeist eine Prüfung der Umweltauswirkungen (Umweltverträglichkeitsprüfung, UVP) durchgeführt werden, welche die Auswirkungen auf Landschaft und Naturräume detailliert bewertet. Bauherren und Projektträger sind verpflichtet, Eingriffe in Natur und Landschaft – beispielsweise Bodenversiegelungen, Rodungen oder Flächeninanspruchnahmen – so weit wie möglich zu vermeiden, zu vermindern oder auszugleichen. Das Landschaftsgesetz sieht hierfür die sogenannte „Eingriffs-Ausgleichs-Regelung“ vor, wonach unvermeidliche Eingriffe durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu kompensieren sind. Werden diese Vorgaben nicht eingehalten, kann das jeweilige Bau- oder Infrastrukturprojekt keine Genehmigung erhalten oder mit Auflagen versehen werden. Die Einhaltung dieser Bestimmungen wird durch die zuständigen Behörden streng kontrolliert. Bei Verstößen drohen die bereits beschriebenen Sanktionen.
Können private Grundstückseigentümer zur Umsetzung von Schutzmaßnahmen verpflichtet werden?
Ja, das Landschaftsgesetz sieht explizit vor, dass auch private Grundstückseigentümer zur Umsetzung bestimmter Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen verpflichtet werden können, sofern dies zum Schutz der Landschaft, der Erhaltung von Biotopen oder zur Wiederherstellung naturnaher Zustände erforderlich ist. Dazu gehören Maßnahmen wie die Pflege von Hecken und Feldgehölzen, das Unterlassen von Düngung in bestimmten Schutzgebieten, oder das Ermöglichen der Durchwanderung von Gewässern für Tiere (z.B. Entschärfung von Barrieren). Die Anordnung solcher Maßnahmen erfolgt in der Regel durch die zuständigen Naturschutzbehörden, manchmal unter Beteiligung von Fachgutachtern. Für mit erheblichen Einschränkungen oder Aufwendungen verbundene Maßnahmen können unter Umständen Entschädigungsregelungen oder Ausgleichszahlungen bestehen, deren Umfang sich nach bundes- und landesrechtlichen Vorgaben richtet. Auch Nutzungsbeschränkungen, wie ein temporäres Betretungsverbot zur Brutzeit geschützter Arten, müssen unter Umständen von Eigentümern hingenommen werden.
Welche Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung bieten Landschaftsgesetze?
Landschaftsgesetze sehen umfangreiche Möglichkeiten für die Beteiligung der Öffentlichkeit und speziell anerkannter Naturschutzverbände vor. Im Rahmen von Planfeststellungsverfahren, Aufstellung von Landschaftsplänen, Festsetzung von Schutzgebieten und ähnlichen Maßnahmen werden die Unterlagen öffentlich ausgelegt. Bürger haben das Recht, Stellungnahmen abzugeben, Einwände zu formulieren und so direkt auf die Entscheidungsfindung Einfluss zu nehmen. Die zuständigen Behörden sind verpflichtet, diese Einwendungen zu prüfen und in ihre Abwägung einzubeziehen. Darüber hinaus verfügen anerkannte Umwelt- und Naturschutzverbände über weitergehende Beteiligungsrechte, wie das Recht auf frühzeitige Information, das Recht auf Erhebung von Einwendungen und – in bestimmten Fällen – über eine besondere Verbandsklagebefugnis, mit der sie Entscheidungen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen können. Ziel dieser Beteiligung ist es, Transparenz zu schaffen, die Akzeptanz von Maßnahmen zu erhöhen und die fachliche Qualität der Planung durch das Einbringen von lokalem Wissen zu steigern.
Welche Schutzgebietskategorien werden durch das Landschaftsgesetz geregelt?
Das Landschaftsgesetz regelt eine Vielzahl von Schutzgebietskategorien, die dem Erhalt und der Entwicklung der natürlichen Landschaft dienen. Dazu gehören vor allem Naturschutzgebiete, in denen strenge Schutzvorschriften zum Erhalt besonders wertvoller Lebensräume gelten, sowie Landschaftsschutzgebiete, für die vergleichsweise mildere Vorgaben – etwa Nutzungs- und Bauverbote oder -beschränkungen – vorgesehen sind. Weitere gesetzlich geregelte Schutzgebietskategorien sind Naturdenkmale (besondere Einzelobjekte wie alte Bäume oder Felsformationen), geschützte Biotope (nach §30 BNatSchG), Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke. Jede Schutzgebietskategorie zeichnet sich durch ein eigenes Schutzziel, differenzierte Verbote, Gebote sowie abgestufte Zuständigkeiten aus. Die genaue Abgrenzung und konkrete Ausgestaltung der Schutzmaßnahmen erfolgen meist durch entsprechende Verordnungen der zuständigen Landesbehörden oder Kommunen.
Wie verhält sich das Landschaftsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz?
Das Landschaftsgesetz der Länder steht in einem komplementären Verhältnis zum Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Während das Bundesnaturschutzgesetz die wesentlichen Grundsätze und Mindeststandards für den Naturschutz und die Landschaftspflege in Deutschland bundeseinheitlich vorgibt, konkretisieren und ergänzen die Landschaftsgesetze der Länder diese Vorgaben für den jeweiligen landespezifischen Kontext. Das bedeutet, dass bestimmte Schutzvorschriften, Verfahren oder Zuständigkeiten auf Landesebene eigenständig ausgestaltet werden dürfen, sofern sie den Mindestanforderungen des BNatSchG entsprechen oder diese sogar übertreffen. In Rechtsfragen mit bundesweiter Bedeutung, beispielsweise bei europarechtlichen Vorgaben wie Natura 2000, kommt das Bundesgesetz direkt zur Anwendung, während die Umsetzung im Detail den Ländern obliegt. Im Streitfall hat das höherrangige Bundesrecht Vorrang, sofern keine ausdrücklichen landesrechtlichen Regelungen bestehen.