Landkreiswahlen: Begriff, Einordnung und Bedeutung
Landkreiswahlen sind Wahlen auf der Ebene der Landkreise. Sie gehören zum Bereich der kommunalen Selbstverwaltung und bestimmen die Zusammensetzung der politischen Vertretung des Landkreises sowie in vielen Ländern die Besetzung der obersten Verwaltungsleitung. Landkreiswahlen sichern die demokratische Legitimation der Entscheidungen, die ein Landkreis für die kreisangehörigen Gemeinden und die dort lebenden Menschen trifft.
Was ist ein Landkreis?
Ein Landkreis ist ein kommunaler Zusammenschluss mehrerer Gemeinden, der überörtliche Aufgaben wahrnimmt. Dazu zählen typischerweise Bereiche wie Kreisinfrastruktur, Abfallwirtschaft, ÖPNV auf Kreisebene, Gesundheitsdienste, Schulträgerschaften und Teile der sozialen Sicherung. Kreisfreie Städte sind hiervon nicht erfasst; dort finden keine Landkreiswahlen statt.
Föderale Zuständigkeit und Rechtsrahmen
Die Ausgestaltung der Landkreiswahlen liegt in der Zuständigkeit der Bundesländer. Dadurch unterscheiden sich Stimmabgabeverfahren, Wahlperioden, Wahltermine, Wahlvorschriften, Sperrklauseln und die Art der Wahl der Verwaltungsleitung je nach Land. Gemeinsame Leitlinien sind demokratische Grundsätze wie Allgemeinheit, Unmittelbarkeit, Freiheit, Gleichheit und Geheimheit der Wahl sowie die organisatorische Trennung von Wahlvorbereitung, -durchführung und -prüfung.
Zu wählende Organe auf Kreisebene
Kreistag
Der Kreistag ist das zentrale Vertretungsorgan des Landkreises. Er beschließt den Haushalt, setzt grundlegende Ziele, erlässt Satzungen und kontrolliert die Kreisverwaltung. Seine Mitglieder (Kreistagsabgeordnete) werden in den Landkreiswahlen gewählt.
Landrätin/Landrat
Die Landrätin oder der Landrat leitet die Kreisverwaltung, führt Beschlüsse aus und vertritt den Landkreis nach außen. Je nach Bundesland wird dieses Amt direkt von der Bevölkerung gewählt oder vom Kreistag bestimmt. Die Amtszeit ist mehrjährig und kann sich von der Wahlperiode des Kreistags unterscheiden.
Wahlgrundsätze und Wahlverfahren
Allgemeine Wahlgrundsätze
Landkreiswahlen folgen allgemein anerkannten Wahlgrundsätzen: wahlberechtigte Personen können ohne ungerechtfertigte Differenzierung teilnehmen, die Wahl erfolgt unmittelbar und frei, die Stimme hat gleiches Gewicht, und die Stimmabgabe ist geheim. Die Öffentlichkeit der Auszählung und die Nachprüfbarkeit des Ergebnisses sind institutionell abgesichert.
Wahlsysteme und Stimmabgabe
Für Kreistagswahlen wird überwiegend Verhältniswahl angewendet. Listen von Parteien oder Wählergruppen konkurrieren um Sitze, die in Relation zu den erzielten Stimmen verteilt werden. In einigen Ländern bestehen besondere Elemente der Personenwahl.
Listen, Personenstimmen, Kumulieren und Panaschieren
Je nach Land kann die Wählerin oder der Wähler entweder eine Liste wählen oder einzelnen Bewerberinnen und Bewerbern Stimmen geben. Teilweise ist es zulässig, mehrere Stimmen einer Person zu geben (Kumulieren) und Stimmen auf unterschiedliche Listen zu verteilen (Panaschieren). Diese Instrumente stärken den Personalisierungsgrad der Verhältniswahl.
Wahlgebiete, Wahlbereiche und Sitzverteilung
Das Wahlgebiet ist der Landkreis. Zur Sicherung regionaler Repräsentanz wird dieses häufig in Wahlbereiche unterteilt. Die Sitzverteilung erfolgt nach festgelegten mathematischen Verfahren. Sperrklauseln können vorgesehen sein oder entfallen; Details richten sich nach Landesrecht.
Wahlberechtigung und Wählbarkeit
Aktives Wahlrecht
Wahlberechtigt sind in der Regel Personen mit Hauptwohnsitz im Landkreis, die ein bestimmtes Mindestalter erreicht haben. Üblicherweise sind deutsche Staatsangehörige wahlberechtigt; Unionsbürgerinnen und -bürger mit Wohnsitz im Landkreis sind für die Wahl des Kreistags grundsätzlich einbezogen. Die konkreten Altersgrenzen, Fristen der Eintragung ins Wählerverzeichnis und eventuelle Ausschlusstatbestände variieren je nach Land.
Passives Wahlrecht
Die Wählbarkeit (Kandidatur) ist an persönliche Voraussetzungen gebunden, etwa Mindestalter und Wohnsitz. Für die Direktwahl der Landrätin oder des Landrats gelten teilweise besondere Anforderungen. Inkompatibilitäts- und Unvereinbarkeitsregeln können vorsehen, dass bestimmte hauptamtliche Funktionen und das Mandat nicht gleichzeitig ausgeübt werden dürfen.
Wahlorganisation und Ablauf
Wahlvorbereitung und Nominierung
Wahlvorschläge werden von Parteien und Wählergruppen eingereicht. Unabhängige Vorschläge sind möglich. Üblicherweise sind Unterstützungsunterschriften und formale Nachweise beizubringen. Ein Wahlausschuss prüft die Zulassung. Stimmzettel enthalten zugelassene Listen und gegebenenfalls Einzelbewerbungen.
Wahltag, Briefwahl und Barrierefreiheit
Der Wahltag wird landesweit oder kreisspezifisch festgelegt. Die Stimmabgabe erfolgt im Wahlraum oder per Briefwahl. Barrieren sollen abgebaut und Hilfen bereitgestellt werden, damit eine eigenständige, geheime Stimmabgabe möglich ist.
Ermittlung und Feststellung des Ergebnisses
Nach Schließung der Wahllokale werden Stimmen öffentlich ausgezählt. Vorläufige Ergebnisse werden schnell veröffentlicht, das endgültige Ergebnis stellt der zuständige Wahlausschuss fest. Bei Stimmengleichheit sind Losentscheidungen vorgesehen.
Nach der Wahl
Konstituierung und Geschäftsordnung
Der Kreistag tritt zur konstituierenden Sitzung zusammen, wählt interne Ämter und beschließt seine Geschäftsordnung. Ausschüsse werden gebildet, um Fachfragen zu beraten und Entscheidungen vorzubereiten.
Fraktionen, Ausschüsse und politische Willensbildung
Fraktionen entstehen durch den Zusammenschluss von Mandatsträgerinnen und -trägern. Sie wirken an der Besetzung von Gremien mit. Ausschüsse spiegeln die Mehrheitsverhältnisse wider und bereiten Kreistagsentscheidungen vor.
Kontrolle, Anfechtung und Wiederholungswahlen
Wahlprüfung und Einsprüche
Wahlen unterliegen der Wahlprüfung. Innerhalb bestimmter Fristen können Einsprüche gegen die Gültigkeit geltend gemacht werden, etwa wegen formeller Fehler oder unzulässiger Beeinflussung. Über Einsprüche entscheiden Wahlorgane; eine gerichtliche Überprüfung ist vorgesehen. Schwere Fehler können zur Wiederholung in Teilen oder insgesamt führen.
Aufsicht und Transparenz
Die Wahlorganisation ist hierarchisch geordnet und rechtlich beaufsichtigt. Öffentliche Bekanntmachungen, Einsichtsmöglichkeiten in Niederschriften und die Öffentlichkeit der Auszählung dienen der Transparenz.
Besondere Konstellationen
Stichwahlen
Wird die Landrätin oder der Landrat direkt gewählt, kann eine Stichwahl vorgesehen sein, wenn im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit erreicht wurde. Die Modalitäten richten sich nach Landesrecht.
Zusammenlegung mit anderen Wahlen
Landkreiswahlen können mit Gemeinde- oder Europawahlen verbunden werden. In diesem Fall gelten getrennte Stimmzettel und Auszählungen, teils jedoch gemeinsame organisatorische Abläufe.
Digitalisierung und Information
Wahlbekanntmachungen, Kandidateninformationen und Ergebnisse werden zunehmend digital bereitgestellt. Die Stimmabgabe bleibt papierbasiert oder brieflich, soweit nicht anders vorgesehen.
Abgrenzungen
Unterschied zu Gemeinde- und Stadtwahlen
Gemeindewahlen betreffen Orts- und Stadträte sowie Bürgermeisterämter innerhalb der Gemeinden. Landkreiswahlen adressieren die Ebene darüber. In kreisfreien Städten entfällt die Landkreisebene; dort wird direkt die Stadtvertretung samt Verwaltungsspitze gewählt.
Verhältnis zu Landes- und Bundestagswahlen
Landkreiswahlen sind Teil der kommunalen Selbstverwaltung und unterscheiden sich in Aufgaben, Wahlrecht und Verfahren von Landtags- und Bundestagswahlen. Sie regeln keine staatliche Gesetzgebung, sondern die Selbstverwaltungsangelegenheiten des Landkreises.
Häufig gestellte Fragen zu Landkreiswahlen
Wer ist bei Landkreiswahlen wahlberechtigt?
Wahlberechtigt sind in der Regel Personen mit Hauptwohnsitz im Landkreis, die das jeweilige Mindestalter erreicht haben. Neben deutschen Staatsangehörigen sind Unionsbürgerinnen und -bürger mit Wohnsitz im Landkreis grundsätzlich zur Kreistagswahl zugelassen. Die genauen Voraussetzungen bestimmt das jeweilige Bundesland.
Was wird bei Landkreiswahlen gewählt?
Gewählt wird der Kreistag als Vertretung des Landkreises. In vielen Bundesländern wird zudem die Landrätin oder der Landrat direkt gewählt; in anderen erfolgt die Besetzung dieses Amtes durch den Kreistag.
Welche Wahlsysteme kommen zur Anwendung?
Für den Kreistag wird überwiegend Verhältniswahl genutzt, oft mit Personalisierungselementen wie Kumulieren und Panaschieren. Die Sitzverteilung erfolgt nach festgelegten mathematischen Verfahren. Die Ausgestaltung unterscheidet sich zwischen den Bundesländern.
Können Unionsbürgerinnen und -bürger an Landkreiswahlen teilnehmen?
Unionsbürgerinnen und -bürger mit Wohnsitz im Landkreis sind grundsätzlich zur Wahl des Kreistags zugelassen. Für die Direktwahl der Landrätin oder des Landrats können besondere Anforderungen gelten, die sich je nach Bundesland unterscheiden.
Wie lange ist die Amtszeit der Gewählten?
Die Wahlperiode des Kreistags und die Amtszeit der Landrätin oder des Landrats sind mehrjährig und unterscheiden sich je nach Bundesland. Häufig liegen sie im Bereich von fünf bis sechs Jahren.
Wie werden Wahlfehler geprüft und angefochten?
Wahlfehler können im Rahmen der Wahlprüfung durch Einspruch innerhalb festgelegter Fristen geltend gemacht werden. Zunächst entscheiden die zuständigen Wahlorgane; eine gerichtliche Kontrolle ist vorgesehen. Erhebliche Mängel können zu Teil- oder Wiederholungswahlen führen.
Finden Landkreiswahlen in kreisfreien Städten statt?
Nein. In kreisfreien Städten entfällt die Landkreisebene. Dort werden die städtischen Vertretungen und die Verwaltungsspitze nach den Regeln der jeweiligen Kommunalwahlen gewählt.
Gibt es Sperrklauseln bei Landkreiswahlen?
Einzelne Bundesländer sehen Sperrklauseln vor, andere nicht. Ob und in welcher Höhe eine Sperrklausel gilt, richtet sich nach dem Landesrecht.