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Landesunmittelbare Sozialversicherungsträger


Begriff und Definition der landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger

Landesunmittelbare Sozialversicherungsträger sind öffentlich-rechtliche Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen, die Aufgaben der Sozialversicherung erfüllen und unmittelbar der Aufsicht eines deutschen Bundeslandes (Land) unterstehen. Sie sind Teil des gegliederten Systems der Sozialversicherung in Deutschland und nehmen eigenverantwortlich die Verwaltung und Durchführung der gesetzlichen Versicherungen in verschiedenen Sozialversicherungszweigen auf regionaler Ebene wahr. Diese Träger bilden das Gegenstück zu den bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern, welche der unmittelbaren Aufsicht des Bundes unterstehen.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Grundlage für das Wirken und die Einordnung der landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger ergibt sich insbesondere aus dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), welches die gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherungsträger normiert.

Sozialgesetzbuch (SGB IV)

Gemäß § 35 SGB IV werden Sozialversicherungsträger danach unterschieden, ob sie bundesunmittelbar oder landesunmittelbar sind. Landesunmittelbar sind danach die Sozialversicherungsträger, die ihre Zuständigkeit im Allgemeinen auf das Gebiet eines Landes beschränken und der Aufsicht einer obersten Landesbehörde unterliegen.

Weitere relevante Rechtsquellen

Relevante Einzelbestimmungen zu den jeweiligen Versicherungsträgern finden sich außerdem in den jeweiligen Einzelgesetzen:

  • SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung)
  • SGB VI (Gesetzliche Rentenversicherung)
  • SGB VII (Gesetzliche Unfallversicherung)
  • SGB XI (Soziale Pflegeversicherung)

Ergänzende landesrechtliche Vorschriften können die Verwaltung, Organisation und Aufsicht landesunmittelbarer Träger näher ausgestalten.

Organisation und Aufgaben

Organisationsstruktur

Landesunmittelbare Sozialversicherungsträger verfügen über eine eigene Organisationsstruktur. Sie handeln selbstständig und sind in ihrer Gebiets- und Aufgabenzuständigkeit auf das jeweilige Bundesland beschränkt. Die Organe dieser Träger sind regelmäßig paritätisch besetzt, bestehen also zu gleichen Teilen aus Vertretenden der Versicherten und der Arbeitgeber.

Aufsicht und Kontrolle

Die Aufsicht über landesunmittelbare Sozialversicherungsträger wird von den zuständigen obersten Landesbehörden ausgeübt. Dies ist in der Regel das jeweilige Landesministerium für Soziales oder Gesundheit. Die Aufsicht erstreckt sich vor allem auf die Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung (§ 87 SGB IV).

Hauptaufgaben der Träger

Die Aufgaben der landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger umfassen u. a.:

  • Durchführung und Verwaltung der entsprechenden Sozialversicherungszweige (z. B. Unfallversicherung, Krankenkassen, Pflegekassen)
  • Beitragserhebung und Leistungsgewährung
  • Umsetzung von Präventionsmaßnahmen
  • Gesundheitsförderung und Rehabilitation
  • Durchführung von Verwaltungsverfahren und Erlass von Verwaltungsakten

Beispiele und Abgrenzung zu bundesunmittelbaren Trägern

Typische landesunmittelbare Träger

Zu den landesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern zählen etwa:

  • Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK)
  • Ersatzkassen mit regionaler Zuständigkeit (teilweise)
  • Landesunfallkassen
  • Knappschaft-Bahn-See auf regionaler Ebene (im Zuständigkeitsbereich der Länder)
  • Versorgungsanstalten einzelner Berufsgruppen auf Landesebene

Abgrenzung zu bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern

Bundesunmittelbare Sozialversicherungsträger sind überregional oder bundesweit tätig und unterstehen der Fachaufsicht der entsprechenden Bundesbehörden, beispielsweise der Deutschen Rentenversicherung Bund oder der Bundesknappschaft. Auch bestimmte Ersatzkassen und überregionale Berufsgenossenschaften sind bundesunmittelbar.

Selbstverwaltung und Finanzierung

Selbstverwaltungsprinzip

Das Selbstverwaltungsprinzip ist ein zentrales Merkmal der Organisation der Sozialversicherungsträger. Die landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger verfügen über gewählte Selbstverwaltungsorgane, insbesondere Vertreterversammlungen und Vorstand. In diesen Gremien wirken Vertretende der Versichertengemeinschaft und der Arbeitgeber gleichberechtigt mit.

Finanzierung

Die Finanzierung der landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger erfolgt im Wesentlichen durch Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber. Es gilt das Prinzip der Solidarität, wonach die Beiträge nach einem festgelegten Prozentsatz des Einkommens bemessen werden. Staatliche Zuschüsse sind je nach Versicherungszweig möglich.

Aufsicht und Rechtsaufsicht der Länder

Die obersten Landesbehörden führen die Rechtsaufsicht über die landesunmittelbaren Träger. Dies umfasst die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und Satzungen. Bei festgestellten Rechtsverstößen können Aufsichtsanordnungen ergehen. Eine Fachaufsicht, also eine Einflussnahme auf die fachlichen Entscheidungen, ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Bedeutung im Sozialversicherungsrecht

Landesunmittelbare Sozialversicherungsträger sind ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Sozialversicherungssystems. Sie gewährleisten den regionalen Bezug und die Nähe zu den Versicherten und Arbeitgebern im jeweiligen Bundesland. Durch die Selbstverwaltung werden die Beteiligungsrechte der Versicherten und Arbeitgeber gewahrt.

Ein funktionierendes System der landesunmittelbaren Träger trägt wesentlich zur flächendeckenden Absicherung von Gesundheits-, Pflege-, Renten- und Unfallrisiken bei und erfüllt eine bedeutsame sozialstaatliche Aufgabe.

Literatur und Weblinks

  • § 35 ff. SGB IV – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung
  • § 87 SGB IV – Aufsicht
  • Vierte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)
  • Richtlinien, Satzungen und Organisationsvorschriften der einzelnen landesunmittelbaren Träger
  • Offizielle Informationsportale der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland

Dieser Artikel bietet eine umfassende Darstellung der rechtlichen und organisatorischen Aspekte der landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger und dient als Nachschlagewerk in rechtlichen Kontexten.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Grundlagen regeln die landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger?

Die rechtliche Grundlage der landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger ist im Wesentlichen im Sozialgesetzbuch (SGB), insbesondere im SGB IV (§ 35 ff.), sowie durch spezialgesetzliche Regelungen wie das SGB VI (gesetzliche Rentenversicherung), SGB V (gesetzliche Krankenversicherung), SGB VII (gesetzliche Unfallversicherung) und SGB XI (soziale Pflegeversicherung) bestimmt. Sie unterliegen dem öffentlichen Recht und sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung ausgestaltet. Die Zuständigkeit der landesunmittelbaren Träger ist dabei auf das Gebiet eines Bundeslandes beschränkt, jedoch nicht auf kommunaler Ebene angesiedelt. Die interne Organisation, Aufgabenbereiche sowie die Beziehungen zu anderen Sozialversicherungsträgern werden durch die Satzung und weitere untergesetzliche Regelungen konkretisiert. Ergänzt wird der Rechtsrahmen durch die Rechtsprechung der Sozialgerichte und die Verwaltungsvorschriften der zuständigen Aufsichtsbehörden, die insbesondere die Ausführung und Überwachung regeln.

Wie erfolgt die staatliche Aufsicht über landesunmittelbare Sozialversicherungsträger?

Für die landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger ist die staatliche Aufsicht grundsätzlich Aufgabe der obersten Landesbehörden, in einigen Bereichen auch spezialgesetzlich den Bundesbehörden übertragen. Die Aufsicht erstreckt sich primär auf die Beachtung der Gesetze und der Satzung, wobei der Grundsatz der Selbstverwaltung gewahrt bleibt. Die Behörden können Anweisungen erteilen, Prüfungen vornehmen und im Bedarfsfall Maßnahmen zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Geschäftsführung verfügen. Im Unterschied zur sogenannten Rechtsaufsicht bei bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern findet bei landesunmittelbaren Trägern vor allem eine Rechtsaufsicht und nur in Ausnahmefällen eine Fachaufsicht statt. Regelmäßig werden Prüfberichte über die Geschäftsführung angefertigt, Missstände beanstandet und Weisungen zur Beseitigung erteilt. Die gesetzlichen Grundlagen hierzu ergeben sich insbesondere aus § 87 SGB IV sowie aus den jeweiligen Landesbestimmungen.

Wie gestaltet sich die Selbstverwaltung bei landesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern?

Die Selbstverwaltung der landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger ist eine tragende Säule des deutschen Sozialversicherungsrechts. Geregelt wird sie in § 30 ff. SGB IV und den für die jeweilige Versicherungssparte einschlägigen Vorschriften. Die Versicherten, Arbeitgeber und ggf. die Rentenempfänger wählen die Vertreter in den Selbstverwaltungsgremien wie die Vertreterversammlung und den Vorstand. Die Selbstverwaltung umfasst insbesondere die autonome Entscheidungshoheit in Haushaltsangelegenheiten, Beitragserhebung, Gestaltung von Satzungen und Durchführung der Versicherungsleistungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. In Ausnahmefällen kann die Aufsichtsbehörde die Befugnisse der Selbstverwaltung einschränken oder an sich ziehen, wenn diese ihre gesetzlichen Pflichten erheblich verletzt.

Welche Rolle spielen landesunmittelbare Sozialversicherungsträger bei der Beitragsfestsetzung und -erhebung?

Landesunmittelbare Sozialversicherungsträger sind rechtlich befugt, die Beiträge zur Versicherung eigenständig festzusetzen, zu erheben und deren Einzug zu überwachen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Vorgaben zur Berechnung und Beitragserhebung ergeben sich aus den sozialgesetzlichen Regelungen, insbesondere § 22 ff. SGB IV. Die Träger haben die Pflicht, die Richtigkeit der gemeldeten Daten zu prüfen, Säumniszuschläge festzusetzen und erforderlichenfalls Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Die Beitragssätze werden unter Beachtung der gesetzlichen und ggf. satzungsrechtlichen Vorschriften festgelegt, wobei die Bundes- oder Landesaufsicht allenfalls im Rahmen der Rechtsaufsicht eingreifen kann. Des Weiteren sind landesunmittelbare Träger verpflichtet, für Transparenz und Nachprüfbarkeit der Beitragsverwendung zu sorgen.

Welche Klage- und Rechtsbehelfsmöglichkeiten bestehen gegenüber Entscheidungen der landesunmittelbaren Träger?

Gegen Entscheidungen der landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger steht Versicherten, Arbeitgebern sowie Dritten der Verwaltungsrechtsweg offen. Dies richtet sich nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zunächst müssen Betroffene Widerspruch beim jeweiligen Träger einlegen. Erst nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens kann Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden. Im Weiteren bestehen die Berufungs- und Revisionsmöglichkeiten zum Landessozialgericht sowie zum Bundessozialgericht. Die sozialgerichtliche Kontrolle der Entscheidungen erfolgt umfassend sowohl in Rechts- als auch in Tatsachenfragen. Landesunmittelbare Träger sind darüber hinaus verpflichtet, dem Gericht alle zur Entscheidungsfindung erforderlichen Unterlagen vorzulegen und mitzuwirken.

Welche persönlichen und sachlichen Zuständigkeiten haben landesunmittelbare Sozialversicherungsträger im Vergleich zu bundesunmittelbaren Trägern?

Landesunmittelbare Sozialversicherungsträger sind sachlich und örtlich für das jeweilige Bundesland und die dort pflichtversicherten bzw. freiwillig versicherten Personen zuständig. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich auf das Bundesland, in dessen Gebiet der Arbeitgeber seinen Sitz hat oder die versicherte Tätigkeit ausgeübt wird, wobei das SGB IV und die jeweiligen Spezialgesetze maßgeblich sind. Im Gegensatz dazu haben bundesunmittelbare Träger einen deutschlandweiten Zuständigkeitsbereich und sind oftmals für bestimmte Branchen oder Berufsgruppen zuständig (z.B. Deutsche Rentenversicherung Bund). Die landesunmittelbaren Träger bearbeiten ausschließlich Rechtstreitigkeiten und Antragsverfahren mit Bezug zu ihrem jeweiligen Bundesland.

Welche Pflichten zur Datenverarbeitung und zum Datenschutz bestehen für landesunmittelbare Träger?

Die landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger sind als öffentliche Stellen strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben unterworfen. Grundlage hierfür sind die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB X (insbesondere §§ 67 ff.), das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und eventuelle landesrechtliche Datenschutzgesetze. Sie dürfen personenbezogene Daten nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Es gelten besondere Regelungen für die Sozialdaten, die einen erhöhten Schutz genießen. Träger müssen technische und organisatorische Maßnahmen zum Datenschutz sicherstellen, Datenschutzbeauftragte benennen und regelmäßig Prüfungen des Datenmanagements durchführen. Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen können verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.