Begriff und Rechtsgrundlagen der Landessteuern
Landessteuern bezeichnen in Deutschland diejenigen Steuern, die ausschließlich oder anteilig den einzelnen Ländern (Bundesländer) des föderalen Bundesstaats zufließen. Die rechtliche Grundlage für die Erhebung und Verteilung der Landessteuern findet sich maßgeblich im Grundgesetz (GG), ergänzt durch das Finanzverwaltungsgesetz (FVG), das Abgabenordnung (AO) sowie weitere steuerrechtliche Spezialgesetze. Im System der deutschen Staatsfinanzen nehmen Landessteuern eine besondere Rolle innerhalb der föderalen Finanzverfassung ein.
Verfassungsrechtliche Grundlagen der Landessteuern
Steuerhoheit im Grundgesetz
Artikel 106 des Grundgesetzes regelt die Verteilung der Steuererträge zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Landessteuern sind im Einzelnen in Art. 106 Abs. 2 GG aufgelistet. Gemäß der Finanzverfassung besitzen die Länder das Recht, eigene Steuern zu erheben, soweit diese nicht durch das Grundgesetz dem Bund vorbehalten sind.
Gesetzgebungskompetenz
Für Landessteuern ist in der Regel die Landesgesetzgebung zuständig, solange das Grundgesetz nicht eine ausschließliche Bundeskompetenz vorsieht (Art. 105 GG). Das Bundesrecht, insbesondere durch die Abgabenordnung und das Finanzverwaltungsgesetz, gibt jedoch häufig einen einheitlichen Rahmen vor, dessen Ausgestaltung im Detail von den Landesparlamenten vorgenommen werden kann.
Steuereinnahmenverteilung
Der Ertrag der Landessteuern steht ausschließlich oder anteilig den Ländern zu. Unterschieden wird zwischen ausschließlich den Ländern zufließenden Steuern (reine Landessteuern) und solchen, bei denen die Ländern am Aufkommen beteiligt sind (Gemeinschaftsteuern gemäß Art. 106 Abs. 3 GG).
Arten von Landessteuern
Ausschließliche Landessteuern
Ausschließliche Landessteuern sind solche, deren Aufkommen ausschließlich dem Land zufließt, in dem sie erhoben werden. Zu den wichtigsten ausschließlichen Landessteuern zählen:
- Erbschaft- und Schenkungsteuer (ErbStG/SchenkStG)
- Grunderwerbsteuer (GrEStG)
- Biersteuer (BierStG, nur für die Länder Bayern und Baden-Württemberg)
- Spielbankabgabe
Diese Steuern werden auf Grundlage bundesgesetzlicher Regelungen, jedoch von den Landesfinanzbehörden erhoben und veranlagt.
Gemeinschaftsteuern mit Länderbeteiligung
Gemeinschaftsteuern sind Steuern, deren Aufkommen gemäß einer festen Quote auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt wird. Die maßgeblichen Gemeinschaftsteuern sind Einkommenssteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer. Die Länder erhalten hiervon einen festgelegten Anteil, die Regelungen hierzu erfolgen auf Grundlage von Art. 106 Abs. 3 GG.
Besonderheiten bei Landessteuern
Im Einzelfall können durch Länderfinanzverwaltungen Sonderregelungen oder abweichende Steuersätze festgesetzt werden. Dies betrifft insbesondere die Festsetzung der Grunderwerbsteuer, deren Steuersätze von den jeweiligen Landesregierungen innerhalb eines bundesgesetzlichen Rahmens individuell festgelegt werden. Seit 2006 besteht zudem die Möglichkeit, landesspezifische Zuschläge in gewissen Steuerarten zu erheben.
Verwaltungsrechtliche Aspekte der Landessteuern
Steuererhebung und Verwaltung
Die Verwaltung der Landessteuern obliegt den jeweiligen Landesfinanzbehörden. Diese sind zuständig für die Festsetzung, Erhebung und Vollstreckung der einzelnen Steuern. Die Organisation der Finanzverwaltung erfolgt eigenständig durch die Länder, die bundesweit harmonisierten Verfahrensvorschriften der Abgabenordnung und des Finanzverwaltungsgesetzes sind jedoch einzuhalten.
Rechtsschutz im Bereich der Landessteuern
Gegen die Entscheidungen der Landesfinanzbehörden können Rechtsbehelfe (Einspruchsverfahren) und verwaltungsgerichtliche Verfahren angestrengt werden. Zuständig sind die Finanzgerichte der jeweiligen Länder. Die Bindung an bundesweit geltende Rechtsschutzgrundsätze nach der Finanzgerichtsordnung gewährleistet eine einheitliche Rechtsanwendung.
Rechtsfolgen und Bedeutung der Landessteuern für die Länderfinanzen
Finanzpolitische Bedeutung
Landessteuern stellen für die Länder eine bedeutsame Einnahmequelle dar. Die in der Regel flexibleren Handlungsspielräume bei der Ausgestaltung und Verwaltung erlauben eine Anpassung an die spezifische Haushaltslage und Politik des jeweiligen Bundeslandes. Landessteuern dienen der Gewährleistung der finanziellen Eigenverantwortung der Länder innerhalb des föderalen Systems.
Länderfinanzausgleich
Die Erträge aus Landessteuern sind Teil der Berechnungsgrundlage für den Länderfinanzausgleich, durch den finanzstärkere Länder zur finanzielle Ausstattung finanzschwächerer Länder beitragen. Die tatsächliche Umschichtung von Steuereinnahmen ist wesentlich durch die Höhe der Landessteuern und ihrer Ertragskraft bestimmt.
Entwicklungstendenzen und Reformen im Bereich der Landessteuern
Föderalismusreformen
Im Rahmen der verschiedenen Föderalismusreformen wurde die Steuerautonomie der Länder insbesondere im Bereich der Grunderwerbsteuer gestärkt. Künftige Entwicklungen betreffen die Diskussion um weitere Steuerautonomie der Länder und die Intensivierung der Anpassung nationaler Steuerregelungen an den föderalen Staatsaufbau.
Harmonisierung und Digitalisierung
Die Digitalisierung der Finanzverwaltungen wirkt sich zunehmend auch auf die Erhebung und Verwaltung der Landessteuern aus. Vorhaben zur Harmonisierung und weiteren Vereinheitlichung hängen eng mit den Reformüberlegungen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zusammen.
Literaturhinweise und weiterführende Informationen
- Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (insb. Art. 105, 106)
- Abgabenordnung (AO)
- Finanzverwaltungsgesetz (FVG)
- Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG)
- Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)
- Länderfinanzausgleichsgesetz (LFAG)
Die Landessteuern als Teil des nationalen Steuerrechts unterliegen stetigen politischen, rechtlichen und ökonomischen Veränderungen im Rahmen des deutschen Föderalismus, sodass ihre Bedeutung und Ausgestaltung auch weiterhin ein zentrales Thema der Steuerpolitik und Staatsfinanzen bleibt.
Häufig gestellte Fragen
Wie unterscheidet sich die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Landessteuern von der des Bundes?
Die Gesetzgebungskompetenz über Landessteuern ergibt sich aus dem Grundgesetz, insbesondere aus Artikel 105 GG. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der ausschließlichen und der konkurrierenden Gesetzgebung. Grundsätzlich haben die Länder das Recht, Landessteuern zu erheben, solange diese nicht ausschließlich dem Bund vorbehalten sind oder der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat. Die Landesgesetzgebung im Steuerrecht ist jedoch durch Vorgaben des Grundgesetzes begrenzt. Beispielsweise hat der Bund für gewisse Steuerarten wie die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer das alleinige Gesetzgebungsrecht. Die Länder dürfen nur dann eigene Steuern erheben, wenn diese nicht bundesgesetzlich geregelte Steuerarten betreffen (sog. „nicht harmonisierte Landessteuern“) und sie keinen gleichartigen Bundessteuern widersprechen (sog. Gleichartigkeitsverbot nach Art. 105 Abs. 2a GG). Des Weiteren müssen landesrechtliche Steuergesetze das Gleichheitsgebot, das Rückwirkungsverbot sowie das Bestimmtheitsgebot des Steuerrechts beachten. Die praktische Umsetzung findet sich beispielsweise bei der Grunderwerbsteuer oder der Biersteuer, bei denen die Länder eigenständig Steuersätze festlegen können.
Welche Landessteuern existieren in Deutschland und wie werden sie erhoben?
In Deutschland gibt es nur wenige Steuerarten, die ausschließlich von den Ländern erhoben werden. Zu den bedeutendsten Landessteuern zählen insbesondere die Grunderwerbsteuer, die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Biersteuer. Die spezifischen Ausgestaltungen sowie die Höhe der jeweiligen Steuersätze bestimmen sich jeweils anhand der länderspezifischen Steuergesetze und Steuerverordnungen. Die Grunderwerbsteuer wird anlässlich des Erwerbs eines Grundstücks fällig und der Steuersatz kann durch jedes Bundesland eigenständig bestimmt werden. Auch bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer können die Länder von den bundeseinheitlichen Grundlagen (insbesondere im Bewertungsrecht oder in der Höhe von Freibeträgen) im gewissen Umfang abweichen. Die Erhebung und Verwaltung der Landessteuern wird in der Regel von den jeweiligen Landesfinanzbehörden vorgenommen. Dabei sind Verwaltungsvorschriften und Anweisungen der Landesministerien bindend.
Wie ist die rechtliche Kontrolle landesrechtlicher Steuergesetze ausgestaltet?
Landesrechtliche Steuergesetze unterliegen der Kontrolle durch die jeweils zuständigen Landesverfassungsgerichte, sofern es um die Vereinbarkeit mit der jeweiligen Landesverfassung geht. Daneben ist das Bundesverfassungsgericht zuständig, wenn es um die Übereinstimmung mit dem Grundgesetz sowie etwaige Kollisionen mit dem bundesrechtlichen Rahmen geht. Die Kontrolle kann sowohl in einem konkreten Normenkontrollverfahren (Anlassfall) als auch in einem abstrakten Normenkontrollverfahren (auf Antrag einer Landesregierung oder eines Viertels der Abgeordneten eines Landtags) erfolgen. Zugleich sind die allgemeinen Rechtsschutzwege im Steuerrecht – angefangen beim Einspruchsverfahren über das Finanzamt bis hin zu den Finanzgerichten und letztlich zum Bundesfinanzhof – zu beachten. Gibt es ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer landesrechtlichen Steuerregelung, so kann das Gericht das Verfahren aussetzen und die Vorschrift zur Prüfung vorlegen.
Welche Bedeutung haben bundesrechtliche Vorgaben für die Ausgestaltung von Landessteuern?
Bundesrechtliche Vorgaben setzen den Rahmen für die mögliche Ausgestaltung von Landessteuern. Besonders relevant ist das Gleichartigkeitsverbot nach Artikel 105 Abs. 2a GG, das besagt, dass Landessteuern nicht „gleichartig“ mit bereits bestehenden bundesgesetzlich geregelten Steuern sein dürfen. Gleichartig meint dabei eine Überschneidung in Hinblick auf das Steuerobjekt, den Steuerschuldner oder die Bemessungsgrundlage. Ebenso wirkt das Grundgesetz weiteren landesgesetzgeberischen Überlegungen entgegen, indem es dort, wo eine bundesrechtliche Regelung existiert, Landesrecht entweder ganz oder zumindest teilweise ausschließt. Zu beachten sind zudem die bundesgesetzlich geregelten Verteilungsmechanismen, wie etwa der Länderfinanzausgleich, in den auch die Erträge der Landessteuern einfließen können.
Wie erfolgt die Verwaltung und Durchsetzung von Landessteuern?
Die Verwaltung der Landessteuern obliegt grundsätzlich den Landesfinanzbehörden gemäß den steuerlichen Verwaltungsgesetzen der Länder, soweit keine bundeseinheitlichen Regelungen entgegenstehen. In der Praxis sind dies die Finanzämter, die organisatorisch den jeweiligen Landesfinanzministerien unterstehen. Die Steuerfestsetzung, Erhebung, Vollstreckung und ggf. auch Rückerstattung werden nach Maßgabe der jeweiligen Landesgesetze vorgenommen, wobei sich das Verfahren oftmals an die Abgabenordnung (AO) anlehnt, sofern diese für Landessteuern anwendbar erklärt wird. Die Durchsetzung erfolgt notfalls im Wege des Verwaltungszwangs, wobei die Länder auch eigene Vollstreckungsbehörden vorsehen können. Besonderheiten ergeben sich bei Steuerschulden, die an bundesgesetzliche Regelungen gekoppelt sind, insbesondere im Bereich der Haftung und der Festsetzungsfristen.
Können die Länder eigene Steuerarten erfinden und durchsetzen?
Grundsätzlich steht es den Ländern zu, neue Steuerarten einzuführen, solange sie das Gleichartigkeitsverbot und andere verfassungsrechtliche Vorgaben beachten. Die neue Steuer darf nicht vergleichbar sein mit bestehenden bundesgesetzlichen Steuerarten. In der Vergangenheit wurden etwa Überlegungen zur Einführung von speziellen Umweltsteuern oder Verkehrsabgaben auf Landesebene angestellt. Die praktische Umsetzung neuer Steuerarten setzt jedoch eine exakte gesetzliche Regelung unter Beachtung der Grundsätze des Steuerrechts voraus, insbesondere hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots, der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes. Weiterhin müssen die neuen Steuern verwaltungstechnisch umsetzbar sein und dürfen keine unverhältnismäßige Belastung für Steuerpflichtige oder die Verwaltung darstellen. Ein praktisches Beispiel ist die in manchen Ländern eingeführte Zweitwohnungssteuer (formal meist als „kommunale Steuer“ umgesetzt), deren Erhebung aber auf besonderen gesetzlichen Grundlagen beruht und oftmals Gegenstand gerichtlicher Klärungen ist.
Welche Rechtsmittel stehen Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit Landessteuern zur Verfügung?
Steuerpflichtigen, die durch Maßnahmen oder Festsetzungen im Bereich der Landessteuern betroffen sind, stehen die gleichen Rechtsschutzmöglichkeiten offen wie im Bundessteuerrecht. Zunächst ist gegen jeden Steuerbescheid in der Regel ein Einspruch zulässig, der bei der zuständigen Finanzbehörde einzulegen ist. Über den Einspruch entscheidet die Behörde selbst; wird diesem nicht abgeholfen, besteht die Möglichkeit, Klage vor dem zuständigen Finanzgericht des Landes zu erheben. Gegen Urteile der Finanzgerichte ist je nach Sachgebiet und Bedeutung die Revision zum Bundesfinanzhof möglich. In Einzelfällen kann die Verfassungsmäßigkeit einer Regelung vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden, etwa durch die Verfassungsbeschwerde oder über das Normenkontrollverfahren. Besonderheiten ergeben sich, wenn die Landessteuergesetzgebung gegen europarechtliche Vorgaben verstößt; dann kann der Rechtsweg zusätzlich zum Europäischen Gerichtshof führen.