Begriff und Bedeutung der Landesplanung
Die Landesplanung bezeichnet ein zentrales Teilgebiet des öffentlichen Planungsrechts in Deutschland. Sie umfasst sämtliche Maßnahmen und Instrumente, mit denen die räumliche Entwicklung auf Ebene der Bundesländer gesteuert wird. Ziel der Landesplanung ist es, eine nachhaltige, ausgewogene und auf den Ausgleich widerstreitender Interessen gerichtete Entwicklung der räumlichen Strukturen zu gewährleisten. Sie ist damit ein wesentliches Element der Raumordnung und bildet die Bindeglied zwischen den Planungen der Bundesebene, den Planungen der Regionalebene und der kommunalen Bauleitplanung.
Rechtsgrundlagen der Landesplanung
Raumordnungsgesetz (ROG)
Die gesetzlichen Grundstrukturen der Landesplanung sind im Raumordnungsgesetz (ROG) auf Bundesebene geregelt. Das ROG definiert bundeseinheitliche Grundsätze und Leitbilder für die Raumordnung einschließlich jener der Landesplanung. Es formuliert unter anderem die Pflichten der Länder zur Aufstellung von Raumordnungsplänen und markiert die Schnittstelle zu anderen Bereichen des öffentlichen Rechts, wie dem Naturschutzrecht oder dem Bauplanungsrecht.
Landesplanungsgesetze der Länder
Ergänzend und konkretisierend regelt jedes Bundesland die Landesplanung in eigenen Landesplanungsgesetzen (LPlG). Diese Gesetze enthalten spezifische Bestimmungen zur Organisation, zu den Verfahren und Inhalten der Landesplanung im jeweiligen Bundesland und orientieren sich dabei am Rahmen des ROG.
Planhierarchie und Bindungswirkung
Mit der Landesplanung sind Regelungen zur Planhierarchie verbunden. Oberhalb steht die Bundesraumordnung, darunter folgt die jeweilige Landesplanung und anschließend die Regionalplanung. Unterschieden wird zwischen Grundsätzen und Zielen der Raumordnung. Während Ziele der Raumordnung gemäß § 3 Nr. 4 ROG verbindlich für untergeordnete Planungsebenen und Behörden sind, liefern Grundsätze nach § 3 Nr. 3 ROG Orientierungswerte ohne strenge Verbindlichkeit, jedoch mit Abwägungsrelevanz.
Aufgaben und Ziele der Landesplanung
Steuerung der räumlichen Entwicklung
Die Landesplanung hat die Aufgabe, Leitlinien für die räumliche Entwicklung zu setzen. Zu ihren Kernelementen zählen die Sicherung und Entwicklung der Siedlungsstruktur, die Festlegung zentraler Orte, die Infrastrukturentwicklung (z.B. Verkehr, Energie, Bildung), der Schutz von Natur, Umwelt und Landschaft sowie die Sicherung und Entwicklung wirtschaftlicher Potenziale.
Ausgleich widerstreitender Nutzungsinteressen
Zu den Hauptzielen gehört der Ausgleich verschiedener Landnutzungsansprüche (z.B. Wohn- und Gewerbeentwicklung, Landwirtschaft, Umweltschutz) durch rechtlich verbindliche Festlegungen, die im Rahmen der öffentlichen Belange nach § 1 ROG Berücksichtigung finden.
Nachhaltige Entwicklung
Ein Leitprinzip der Landesplanung ist die nachhaltige Entwicklung. Diese umfasst den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, den sparsamen Umgang mit Boden, Wasser und Energie sowie die Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Landesgebiet.
Instrumente und Verfahren der Landesplanung
Raumordnungspläne
Landesentwicklungsplan
Zentrales Instrument ist der Landesentwicklungsplan (LEP). Der LEP legt verbindliche Grundsätze und Ziele für das gesamte Landesgebiet fest. Er dient als Rahmen für die nachgeordneten Planungen und entfaltet eine umfassende Steuerungswirkung für raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen.
Regionale Raumordnungspläne
Neben dem LEP können Regionen auf Landesebene mit eigenen Plänen ausgestattet werden. Regionale Raumordnungspläne konkretisieren die Festlegungen des LEP für Teilräume und entfalten ebenfalls Bindungswirkung auf nachgeordnete Planungsebenen.
Beteiligungsverfahren
Die Aufstellung oder Änderung von Raumordnungsplänen erfolgt im Rahmen förmlicher Beteiligungsverfahren. Hierbei sind nach § 9 ROG die berührten öffentlichen Stellen, die betroffenen Träger öffentlicher Belange sowie die Öffentlichkeit einzubinden. Die Verfahren sind durch Transparenz, öffentliche Auslegung und Stellungnahmemöglichkeiten geprägt.
Raumordnungsverfahren
Bei raumbedeutsamen Einzelvorhaben, die Planungen mit überörtlicher Wirkung betreffen (z.B. große Infrastrukturprojekte), kommt ein Raumordnungsverfahren zur Anwendung. Es prüft die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung unter Berücksichtigung aller berührten Belange.
Rechtswirkungen der Landesplanung
Bindungswirkung für Behörden und Planungsträger
Die Ziele der Raumordnung entwickeln gemäß § 4 ROG eine unmittelbare Bindungswirkung für die nachgeordneten Behörden, insbesondere bei der Bauleitplanung. Abweichungen sind nur innerhalb enger rechtlicher Grenzen und nach Durchführung eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens zulässig.
Einfluss auf Zulassungsverfahren
Landesplanerische Festlegungen sind im Rahmen von Zulassungsverfahren, beispielsweise bei der Genehmigung von Infrastrukturprojekten oder Bauvorhaben, als öffentlicher Belang zu berücksichtigen. Bei Konflikten mit anderen öffentlichen Belangen sind sie in die Abwägung einzustellen.
Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten
Raumordnung und Bauplanungsrecht
Das Bauplanungsrecht auf kommunaler Ebene (Baugesetzbuch – BauGB) muss die Vorgaben der Raumordnung und damit der Landesplanung beachten (§ 1 Abs. 4 und 5 BauGB). Kommunale Bauleitpläne dürfen Zielen der Raumordnung nicht widersprechen.
Verhältnis zum Umweltrecht
Die Belange des Umwelt- und Naturschutzes, des Bodenschutzes und der Landschaftspflege sind wesentliche öffentliche Belange in der Landesplanung. Sie müssen bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen und der Durchführung raumbedeutsamer Maßnahmen umfassend berücksichtigt werden.
Europarechtliche Einflüsse
Die Landesplanung steht zudem unter dem Einfluss europarechtlicher Vorgaben, insbesondere durch die Richtlinie zur Strategischen Umweltprüfung (SUP-RL) und Vorgaben der EU zur nachhaltigen Raumentwicklung.
Rechtsschutz und Kontrolle
Planerisches Ermessen und Überprüfbarkeit
Die Landesplanung ist geprägt durch planerisches Ermessen. Gleichwohl ist sie nach den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit der gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Betroffene Dritte können Raumordnungspläne oder Einzelentscheidungen im Rahmen von Anfechtungs- oder Verpflichtungsklagen überprüfen lassen, soweit sie in ihren Rechten betroffen sind.
Abwägungsgebot und Fehlerfolgen
Im Planungsverfahren gilt das Abwägungsgebot, nach dem alle betroffenen Belange angemessen und gerecht gegeneinander abzuwägen sind. Fehlerhafte Abwägungen oder Abweichungen von Verfahrensvorschriften können zur Rechtswidrigkeit von Raumordnungsplänen oder Einzelentscheidungen führen.
Literatur und Weblinks
Weitere Informationen bieten neben den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen einschlägige Kommentare zum Raumordnungsrecht sowie Fachpublikationen zu raumplanungsrechtlichen Themen. Die Webseiten der Landesplanungsbehörden der Länder geben aktuelle Hinweise zu Verfahren, Beteiligungen und geltenden Plänen.
Hinweis: Der Artikel dient der allgemeinen rechtlichen Information rund um den Begriff Landesplanung aus Sicht des deutschen Planungs- und Raumordnungsrechts.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Landesplanung in Deutschland?
Die rechtlichen Grundlagen der Landesplanung in Deutschland finden sich primär im Raumordnungsgesetz (ROG) des Bundes sowie in den Landesplanungsgesetzen der einzelnen Bundesländer. Das ROG definiert Rahmenvorgaben, an die sich die Länder anpassen müssen, und konkretisiert zugleich die wesentlichen Ziele, Grundsätze und Instrumente der Raumordnung. Jedes Bundesland hat darauf aufbauend ein eigenes Landesplanungsgesetz, das die Organisation, Verfahren, Inhalte und Wirkung der landesplanerischen Maßnahmen regelt. Darüber hinaus sind auch Verwaltungsverfahrensgesetze, das Baugesetzbuch (BauGB) bezüglich der Wechselwirkungen mit der Bauleitplanung, sowie zahlreiche EU-Vorgaben, etwa zur Strategischen Umweltprüfung, zu beachten. Die rechtliche Legitimation der Landesplanung leitet sich zudem aus dem Grundgesetz ab, insbesondere Artikel 72 und 75, welche die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Raumordnung regeln.
Wie ist das Verhältnis zwischen Bundes- und Landesrecht in der Landesplanung geregelt?
Im Bereich der Landesplanung besteht ein sog. „Gegenstromprinzip“ zwischen Bundes- und Landesrecht. Das bedeutet, dass sich die Länder bei der Aufstellung ihrer Landesentwicklungsprogramme und ‑pläne an den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes (ROG) orientieren und dessen Ziele und Grundsätze übernehmen müssen. Gleichzeitig müssen jedoch die übergeordneten Grundsatzentscheidungen des Bundes auf die spezifischen Gegebenheiten der Länder angepasst werden. Umgekehrt hat das Bundesrecht auch die Lage in den Bundesländern zu berücksichtigen, da die Raumordnung eine konkurrierende Gesetzgebungsmaterie ist (Art. 74 GG). Darüber hinaus existiert eine Verpflichtung der Länder zur gegenseitigen Abstimmung, um einen ausgewogenen Gesamtraum zu gewährleisten.
Welche rechtlichen Instrumente stehen der Landesplanung zur Verfügung?
Der Landesplanung stehen verschiedene rechtliche Instrumente zur Verfügung, die sich unterteilen in formelle Planungsinstrumente und informelle Steuerungsinstrumente. Zentral ist der Landesentwicklungsplan (LEP), der als Rechtsverordnung der jeweiligen Landesregierung ergeht und verbindlich ist. Hinzu kommen Regionalpläne auf der Ebene von Regierungsbezirken oder Regionen, deren Aufstellung Land oder Region obliegt. In den Landesplanungsgesetzen werden zudem Planungsverbote, Anpassungsgebote für kommunale Planungen und Zielabweichungsverfahren normiert. Auf informeller Ebene können Programme, Leitbilder und informelle Abstimmungsverfahren eingesetzt werden, die rechtlich weniger verbindlich, aber regelmäßig in Entscheidungsprozesse einzubeziehen sind. Die Verbindlichkeit dieser Instrumente wird rechtlich über das Zielsystem (Ziele, Grundsätze, sonstige Erfordernisse der Raumordnung) gesteuert.
Welche Rechtswirkungen entfalten Landesentwicklungspläne?
Landesentwicklungspläne (LEP) besitzen als Rechtsverordnungen der Landesregierung normative Bindungswirkung sowohl für Behörden als auch für nachgeordnete Planungsträger und Träger räumlicher Vorhaben. Sie stellen Ziele und Grundsätze der Raumordnung für das gesamte Landesgebiet dar, wobei insbesondere die Ziele der Raumordnung für alle öffentlichen Stellen verbindlich sind (§ 4 ROG). Das Anpassungsgebot bewirkt, dass alle öffentlichen Planungsträger – vor allem die kommunalen – ihre eigene Planung in Einklang mit den landesplanerischen Zielen bringen müssen. Dies betrifft insbesondere Bauleitpläne, Planfeststellungen für Infrastrukturvorhaben sowie Genehmigungsverfahren für großflächige Projekte. Grundsätze der Raumordnung entfalten keine unmittelbare Bindungswirkung, sondern sind bei Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen.
Wie werden Zielabweichungsverfahren im Rahmen der Landesplanung rechtlich geregelt?
Zielabweichungsverfahren sind ein in den Raumordnungsgesetzen des Bundes und der Länder geregeltes Verfahren zur Ausnahme von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Sie ermöglichen unter bestimmten Bedingungen, dass einzelne Vorhaben oder Planungen trotz entgegenstehender Ziele der Landesplanung zugelassen werden können, sofern überwiegende öffentliche Interessen oder besondere örtliche Umstände dies rechtfertigen (§ 6 ROG, landesrechtliche Ausgestaltung in den Landesplanungsgesetzen). Die rechtliche Ausgestaltung umfasst strikte Voraussetzungen: Es muss überprüft werden, ob die Grundzüge der Planung gewahrt bleiben und ob das Ziel nicht vermieden oder durch Alternativen umgangen werden kann. Zielabweichungsverfahren sind behördliche Einzelfallentscheidungen, die regelmäßig einer detaillierten Begründungspflicht und Kontrollmöglichkeit durch die Gerichte unterliegen.
Welche Klagemöglichkeiten bestehen gegen Landesplanungsentscheidungen?
Gegen landesplanungsrechtliche Entscheidungen, insbesondere gegen den Erlass oder die Änderung von Landesentwicklungsplänen beziehungsweise Regionalplänen, können grundsätzlich Kommunen und betroffene Dritte im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO vorgehen. Die Klagemöglichkeiten sind jedoch begrenzt: Während Kommunen Klagerecht aus dem Kommunalverfassungsrecht sowie unter Berufung auf die Planungshoheit besitzen, können Private nur ausnahmsweise klagen, wenn sie in eigenen subjektiven Rechten verletzt sind, etwa bei unmittelbarer Betroffenheit durch verbindliche Ziele. Im Zielabweichungsverfahren besteht zudem die Möglichkeit, gegen Ablehnungs- oder Zustimmungsbescheide im Verwaltungsrechtsweg vorzugehen. Gerichte überprüfen hierbei primär die Einhaltung formeller und materieller Rechtmäßigkeit, nicht jedoch die Zweckmäßigkeit der Planungsentscheidungen.
Wie werden grenzüberschreitende Aspekte rechtlich berücksichtigt?
Die Länder sind nach den Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes (ROG) und einschlägigen internationalen Verträgen (etwa der Espoo-Konvention) verpflichtet, bei der Landesplanung grenzüberschreitende Auswirkungen in benachbarte Länder und Staaten zu berücksichtigen. Hierzu dienen insbesondere Informations- und Beteiligungsverfahren, die die Abstimmung mit den betroffenen Nachbarstaaten oder Bundesländern sicherstellen sollen. Rechtlich relevant sind dabei Verfahren wie die Strategische Umweltprüfung (SUP) nach EU-Richtlinie 2001/42/EG, die vorschreibt, Umweltbelange und grenzüberschreitende Effekte frühzeitig zu identifizieren und die Betroffenen einzubinden. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird regelmäßig durch verwaltungsgerichtliche Verfahren sowie durch die Europäische Kommission überwacht.