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Landesdatenschutzgesetze


Definition und Bedeutung der Landesdatenschutzgesetze

Landesdatenschutzgesetze regeln in den einzelnen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland den Umgang mit personenbezogenen Daten durch öffentliche Stellen der jeweiligen Länder. Sie bilden die landesspezifische Ausgestaltung des Datenschutzrechts, das zusammen mit dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eine mehrschichtige Rechtsstruktur zum Schutz personenbezogener Daten schafft. Während die DSGVO unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten Anwendung findet, konkretisieren die bundes- und landesrechtlichen Vorschriften die Öffnungsklauseln und Ausnahmen hinsichtlich des Umgangs mit personenbezogenen Daten im öffentlichen Bereich, insbesondere durch Landesbehörden, Kommunen sowie sonstige öffentliche Stellen der Länder.

Historische Entwicklung der Landesdatenschutzgesetze

Entstehungsgeschichte

Die deutschen Landesdatenschutzgesetze entstanden erstmals in den 1970er- und 1980er-Jahren als Reaktion auf den Fortschritt der Informationstechnologie und die daraus resultierenden Herausforderungen für die Privatsphäre. Zugrunde lag das Ziel, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, das durch das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil von 1983 grundlegend definiert wurde, auf Länderebene abzusichern.

Fortentwicklung durch die DSGVO

Mit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union am 25. Mai 2018 mussten die Landesdatenschutzgesetze grundlegend novelliert werden. Die DSGVO enthält zahlreiche Öffnungsklauseln, die eine nationale bzw. länderspezifische Ausgestaltung in bestimmten Bereichen erlauben (z. B. im Bereich Beschäftigtendatenschutz oder im Kontext von Archiv- und Forschungszwecken).

Inhalt und Regelungsbereiche der Landesdatenschutzgesetze

Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Die Landesdatenschutzgesetze regeln die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen wie Landesbehörden, Gemeinden, Gemeindeverbände, Universitäten und sonstige öffentliche Einrichtungen der Länder. Nicht erfasst werden regelmäßig private Unternehmen oder Bundesbehörden, für die das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die DSGVO maßgeblich sind.

Zentrale Regelungsmaterien

Grundlagen der Datenverarbeitung

Jedes Landesdatenschutzgesetz enthält Normen zu den Voraussetzungen und Grenzen der Verarbeitung personenbezogener Daten. Dies umfasst die Erhebung, Speicherung, Veränderung, Übermittlung, Sperrung, Löschung und Nutzung personenbezogener Daten. Die Verarbeitung ist grundsätzlich nur zulässig, soweit sie durch eine Rechtsvorschrift erlaubt oder aufgrund einer Einwilligung der betroffenen Person gestattet ist.

Rechte der betroffenen Personen

Landesdatenschutzgesetze sichern verschiedene Betroffenenrechte wie Auskunftsansprüche, Berichtigungsansprüche, Widerspruchsrechte sowie das Recht auf Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung. Diese Rechte entsprechen weitgehend den Regelungen der DSGVO und konkretisieren sie auf Landesebene.

Meldepflichten und Datenschutzfolgeabschätzung

Neben Anzeigepflichten für bestimmte Datenverarbeitungen enthalten die Landesdatenschutzgesetze Vorschriften zur Durchführung sogenannter Datenschutzfolgeabschätzungen, wenn durch eine Verarbeitung ein hohes Risiko für Rechte und Freiheiten der Betroffenen besteht. Diese Anforderungen orientieren sich ebenfalls an der DSGVO.

Datenschutzbeauftragte

Die Landesdatenschutzgesetze verpflichten öffentliche Stellen zur Bestellung eines behördlichen Datenschutzbeauftragten. Die Aufgaben und Rechte dieser Beauftragten sind detailliert geregelt und orientieren sich ebenfalls an den Vorgaben der DSGVO.

Besondere Regelungsbereiche

Übermittlungen an andere Stellen

Die internen und externen Übermittlungsmöglichkeiten personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen sind streng geregelt. Insbesondere die Datenübermittlung an Stellen außerhalb des Landes oder an nicht-öffentliche Stellen unterliegt besonderen Voraussetzungen und Kontrolle.

Datenschutz in Schulen und Hochschulen

Spezielle Regelungen finden sich häufig für die Verarbeitung von Daten in Bildungseinrichtungen. Diese betreffen unter anderem den Umgang mit Schüler- und Studierendendaten sowie den Einsatz digitaler Lehrmittel.

Archivwesen

Landesdatenschutzgesetze enthalten häufig Ausnahmen und Sonderregelungen für die Verarbeitung personenbezogener Daten zu Archivzwecken, Forschungszwecken und statistischen Zwecken. Hierdurch soll die langfristige Dokumentation und wissenschaftliche Auswertung ermöglicht werden, ohne den Datenschutz auszuhebeln.

Verhältnis zu anderen Datenschutzvorschriften

Abgrenzung zwischen Bundes- und Landesrecht

Das Verhältnis zwischen BDSG, DSGVO und den Landesdatenschutzgesetzen ist durch das Prinzip der konkurrierenden Gesetzgebung geprägt. Die DSGVO ist unmittelbar anwendbar; das BDSG und die jeweiligen Landesgesetze sind darauf beschränkt, die Regelungsbefugnisse auszuschöpfen, die die DSGVO in Form von Öffnungsklauseln explizit zulässt.

Subsidiaritätsprinzip

Die Landesdatenschutzgesetze gelten immer dann, wenn die DSGVO eine Regelungslücke lässt und keine bundesgesetzlichen Vorschriften Anwendung finden. Sie dürfen jedoch nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht stehen.

Kontroll- und Aufsichtsmechanismen

Landesbeauftragte für den Datenschutz

Jedes Bundesland verfügt über eine unabhängige Aufsichtsbehörde, meist repräsentiert durch den oder die Landesbeauftragte(n) für den Datenschutz. Diese Behörden überwachen die Einhaltung der Landesdatenschutzgesetze, beraten öffentliche Stellen, bearbeiten Beschwerden und können – im Rahmen der jeweiligen landesrechtlichen Vorgaben – auch Sanktionen verhängen.

Sanktionen und Ahndung von Datenschutzverletzungen

Verstöße gegen die Landesdatenschutzgesetze können disziplinarische, dienstrechtliche oder (in einem gewissen Umfang) auch bußgeldrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Sanktionen sind jedoch häufig weniger weitgehend als im Bereich der DSGVO, die ihre eigenen Vorschriften zu Geldbußen enthält.

Typische Unterschiede zwischen den Landesdatenschutzgesetzen

Obwohl die Landesdatenschutzgesetze in ihrer Struktur vielfach einheitlich sind, bestehen zwischen einzelnen Ländern teilweise erhebliche Unterschiede. Beispielsweise variiert der Umfang der Ausnahmeregelungen für Forschung, Archivierung oder den öffentlichen Bereich. Auch die Anforderungen an technische und organisatorische Maßnahmen zur Datensicherheit oder an die Bestellung von Datenschutzbeauftragten können differieren.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Landesdatenschutzgesetze stellen ein wesentliches Element der deutschen Datenschutzlandschaft dar. Sie konkretisieren die Vorgaben des europäischen und bundesrechtlichen Datenschutzrechts für die öffentlichen Stellen der Länder und sichern auf dieser Ebene das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Durch die fortlaufende Weiterentwicklung von IT-Strukturen sowie datenschutzrechtlichen Anforderungen wird ihre Bedeutung und Komplexität auch künftig zunehmen. Ein transparentes, rechtssicheres und effizientes Datenschutzmanagement ist in allen öffentlichen Stellen unerlässlich, um die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und das Vertrauen der Bevölkerung in den Umgang mit ihren Daten zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechtsquellen regeln den Landesdatenschutz in Deutschland?

Die landesrechtliche Regelung des Datenschutzes erfolgt in Deutschland primär durch die Datenschutzgesetze der einzelnen Bundesländer. Jede Landesregierung hat ein eigenes Landesdatenschutzgesetz (LDSG) erlassen, das die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen des jeweiligen Landes regelt. Diese Gesetze stehen in einem komplexen Zusammenspiel mit dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union. Maßgeblich ist, dass länderbezogene Regelungen grundsätzlich nur Anwendung finden, wenn keine abschließenden Vorgaben durch die DSGVO oder das BDSG bestehen und ein Anwendungsvorrang des europäischen oder bundesstaatlichen Rechts nicht greift. Darüber hinaus enthalten verschiedene Fachgesetze auf Landesebene, etwa im Schul- oder Polizeirecht, spezielle datenschutzrechtliche Normen, die ergänzend oder abweichend zu den allgemeinen Landesdatenschutzgesetzen wirksam werden können. Die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze legen zudem organisatorische Rahmenbedingungen für die Aufsicht durch den Landesdatenschutzbeauftragten und für die Einhaltung der Datenschutzgrundsätze in öffentlichen Stellen fest.

Wann ist das jeweilige Landesdatenschutzgesetz anzuwenden?

Das jeweilige Landesdatenschutzgesetz ist anzuwenden, wenn personenbezogene Daten von öffentlichen Stellen des jeweiligen Bundeslandes verarbeitet werden. Zu den öffentlichen Stellen zählen neben den Landesbehörden und Kommunalverwaltungen auch Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie der Aufsicht des Landes unterstehen. Eine besondere Bedeutung kommt der Abgrenzung zwischen öffentlichem und privatem Bereich zu, da für private Datenverarbeiter grundsätzlich die Vorgaben der DSGVO und des BDSG anwendbar sind. Landesdatenschutzgesetze gelten regelmäßig nicht für Bundesbehörden oder private Unternehmen, es sei denn, sie werden im Rahmen der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben auf Grundlage landesrechtlicher Bestimmungen tätig. Ferner existieren besondere Regelungen, etwa für Schulen oder öffentlich-rechtliche Medienanstalten, die ggf. eigenständigen Regelungsstrukturen im jeweiligen Landesdatenschutzgesetz oder in Spezialgesetzen unterliegen.

Inwiefern weichen Landesdatenschutzgesetze voneinander ab?

Die Datenschutzgesetze der einzelnen Bundesländer unterscheiden sich vor allem im Detailgrad der Regelungen, bei spezifischen Verfahrensvorschriften und bei der Ausgestaltung der Kontroll- und Sanktionsmechanismen. Während die wesentlichen Grundsätze, wie Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, Zweckbindung und Betroffenenrechte, durch die DSGVO sowie durch das BDSG weitgehend vorgegeben sind, bestehen auf Landesebene häufig unterschiedlich ausgestaltete Regelungen hinsichtlich der Bestellung und Unabhängigkeit von behördlichen Datenschutzbeauftragten, der Aufsichtsstruktur durch den Landesdatenschutzbeauftragten sowie der besonderen Vorschriften im Kontext von Videoüberwachung, Datenübermittlungen und Speicherfristen. Insbesondere im Bereich von Schulen, Polizei, Justiz und landeseigenen Unternehmen enthalten die Landesdatenschutzgesetze teils weitreichende Abweichungen oder Sonderregelungen, die den regionalen Bedürfnissen und politischen Prioritäten Rechnung tragen.

Welche Aufgaben haben die Landesbeauftragten für Datenschutz?

Die Landesbeauftragten für Datenschutz üben die Kontrolle über die Einhaltung der Datenschutzgesetze bei öffentlichen Stellen ihres jeweiligen Bundeslandes aus. Zu ihren Aufgaben zählen unter anderem die Kontrolle der Datenverarbeitungsvorgänge, die Beratung öffentlicher Stellen und der Landesregierung, die Bearbeitung von Beschwerden betroffener Personen, aufsichtsrechtliche Maßnahmen wie Anweisungen, Untersagungen oder die Verhängung von Bußgeldern, sowie die Sensibilisierung und Fortbildung der im Datenschutz tätigen Beschäftigten. Der Landesbeauftragte ist unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen, sodass er Weisungen der Exekutive nicht unterliegt. Darüber hinaus fertigt er regelmäßig Berichtswesen an das Parlament und unterbreitet Empfehlungen zur Verbesserung des Datenschutzes im öffentlichen Bereich des Bundeslandes.

Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen Landesdatenschutzgesetze?

Verstöße gegen die landesrechtlichen Datenschutzregelungen können von den Landesbeauftragten mit aufsichtsrechtlichen Anordnungen oder Bußgeldern geahndet werden. Die konkreten Sanktionsmöglichkeiten und Bußgeldrahmen sind zumeist im jeweiligen Landesdatenschutzgesetz geregelt und an die Vorgaben der DSGVO und des BDSG angelehnt. In besonders schweren Fällen kann die zuständige Aufsichtsbehörde die sofortige Einstellung unrechtmäßiger Datenverarbeitungen verfügen oder auch Datenlöschungen anordnen. Neben den aufsichtsrechtlichen Maßnahmen sind disziplinarrechtliche Konsequenzen für im öffentlichen Dienst Beschäftigte möglich. Ferner können betroffene Personen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach Maßgabe der DSGVO geltend machen, wenn ihnen durch landesrechtliche Datenschutzverstöße ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist.

Wie ist das Verhältnis von Landesdatenschutzgesetzen zur DSGVO und dem BDSG?

Das Verhältnis der Landesdatenschutzgesetze zur DSGVO und zum BDSG ist durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts und die bundesstaatliche Kompetenzverteilung geprägt. Die DSGVO entfaltet unmittelbar Geltung und verdrängt landesrechtliche Vorschriften, soweit sie abschließende Regelungen trifft. In denjenigen Bereichen, in denen die DSGVO Öffnungsklauseln für die nationale oder regionale Gesetzgebung enthält, dürfen Landesdatenschutzgesetze ergänzende oder spezifizierende Regelungen schaffen – dies betrifft insbesondere die Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen im eigenen Wirkungskreis der Länder. Das BDSG wiederum regelt vorrangig den Datenschutz bei Bundesbehörden und im nicht-öffentlichen Sektor, kann jedoch subsidiär auch auf Landesebene eingreifen, etwa soweit eine länderübergreifende Datenverarbeitung stattfindet oder zentrale bundesgesetzliche Normen anzuwenden sind. Entscheidend bleibt stets die genaue Prüfung des konkreten Anwendungsbereichs im Einzelfall.

Welche Betroffenenrechte sichern Landesdatenschutzgesetze?

Landesdatenschutzgesetze sichern Betroffenen ähnlich wie DSGVO und BDSG grundlegende Rechte im Hinblick auf ihre personenbezogenen Daten. Dazu gehören insbesondere das Recht auf Auskunft über die beim öffentlichen Stellen gespeicherten Daten, das Recht auf Berichtigung unrichtiger Daten, das Recht auf Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung sowie das Widerspruchsrecht gegen bestimmte Verarbeitungen. Darüber hinaus kann je nach Landesrecht ein Recht auf Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde, spezifische Transparenzanforderungen bei der Datenverarbeitung sowie weitergehende Informationspflichten der öffentlichen Stellen normiert sein. Die konkreten Verfahrenswege, Fristen und Formalien zur Geltendmachung dieser Rechte richten sich nach dem jeweiligen Landesdatenschutzgesetz und gelten ergänzend zu den unionsrechtlichen Vorschriften der DSGVO.