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Landesblindengeld


Definition und Rechtsgrundlage des Landesblindengeldes

Das Landesblindengeld ist eine Sozialleistung im deutschen Sozialrecht, die Personen mit Blindheit oder hochgradiger Sehbehinderung zur Milderung behinderungsbedingter Mehraufwendungen gewährt wird. Es handelt sich um eine originär von den Bundesländern getragene Fürsorgeleistung, die auf landesrechtlichen Regelungen basiert. Das Landesblindengeld ergänzt oder ersetzt das durch die Blindenhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gewährte Leistungsniveau.

Die gesetzliche Grundlage für das Landesblindengeld findet sich in den jeweiligen Landesblindengeldgesetzen oder vergleichbaren landesrechtlichen Vorschriften, da der Bund die Zuständigkeit im Zuge der Föderalismusreform auf die Länder übertragen hat. Die Ausgestaltung, Anspruchsvoraussetzungen, Höhe sowie weitere Modalitäten unterscheiden sich daher teilweise erheblich zwischen den Bundesländern.


Voraussetzungen für den Bezug von Landesblindengeld

Kreis der Anspruchsberechtigten

Anspruch auf Landesblindengeld haben in der Regel Menschen, die dauerhaft blind sind oder eine gleichgestellte schwere Sehbehinderung aufweisen. Nach allgemeiner Definition gilt eine Person als blind, wenn das Restsehvermögen auf keinem Auge einschließlich Korrektur durch optische Hilfsmittel nicht mehr als 2 % beträgt (medizinischer Grenzwert nach ICD-10 H54.0). Teilweise erstrecken sich die Leistungen auch auf hochgradig Sehbehinderte (Restsehvermögen bis 5 %) oder auf Menschen mit gleichschwerer Sehbeeinträchtigung durch eine Kombination von Sehbehinderung und anderen Sinnesschädigungen (z. B. Taubblindheit).

Eine weitere Voraussetzung ist der gewöhnliche Aufenthalt im jeweiligen Bundesland und ein gültiger Aufenthaltstitel bei nicht deutscher Staatsangehörigkeit. In einigen Ländern bestehen zudem Ausschlusskriterien, insbesondere bei dauerhafter Unterbringung in stationären Einrichtungen, vor allem, wenn hierfür andere Kostenträger aufkommen.

Anerkennungsverfahren

Der Nachweis der Blindheit erfolgt durch ein ärztliches Gutachten, meist ausgestellt von einem Facharzt für Augenheilkunde. In bestimmten Fällen kann auch der Schwerbehindertenausweis mit entsprechendem Merkzeichen („Bl“) als Beweismittel anerkannt werden. Die Antragstellung erfolgt üblicherweise bei der örtlich zuständigen Sozialbehörde beziehungsweise dem Landesamt für Soziales.


Leistungen und Höhe des Landesblindengeldes

Umfang und Zweck der Leistung

Das Landesblindengeld verfolgt den Zweck, behinderungsbedingte Mehraufwendungen, die durch die alltäglichen Einschränkungen infolge der Blindheit entstehen, teilweise auszugleichen. Hierzu zählen insbesondere Aufwendungen für Assistenzleistungen, Hilfsmittel, Mobilitätsbedürfnisse und Informationsbeschaffung, die Menschen ohne Sehbehinderung regelmäßig nicht treffen.

Die Leistung wird als monatliche, pauschale Geldzahlung gewährt und ist einkommens- und vermögensunabhängig. Die konkrete Höhe des Landesblindengeldes variiert deutlich zwischen den Bundesländern. Die Beträge bewegen sich (Stand 2024) meist zwischen etwa 400 und rund 800 Euro monatlich; für Minderjährige und in Pflegeheimen wohnende Personen gelten häufig reduzierte Sätze.

Anrechnung anderer Sozialleistungen

In einigen Ländern wird das Landesblindengeld teilweise mit anderen Leistungen, namentlich der Blindenhilfe nach dem SGB XII (§ 72 SGB XII), verrechnet. Wird die Blindenhilfe beansprucht, erfolgt in aller Regel die Anrechnung des Landesblindengeldes auf den Anspruch der Blindenhilfe oder umgekehrt, um eine Doppelförderung zu vermeiden.


Unterschiede in der Landesgesetzgebung

Gesetzliche Grundlagen in den Bundesländern

Jedes Bundesland bestimmt im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz die Ausgestaltung des Blindengeldes. Beispiele hierfür sind:

  • Bayern: Gesetz über das Bayerische Blindengeld (BayBlindG)
  • Nordrhein-Westfalen: Blindengeldgesetz (BlindGG NRW)
  • Sachsen: Sächsisches Landesblindengeldgesetz (SächsLBlindG)
  • Berlin: Landespflege- und -blindengeldgesetz (LanePflege-BGG Berlin)

Hiernach ergeben sich zwischen den Bundesländern Unterschiede bezüglich Höhe, Anspruchsberechtigung, Antragsverfahren, Anrechnung anderer Leistungen und dem Leistungsumfang für weitere beeinträchtigte Personengruppen (z. B. Taubblinde).

Besondere Regelungen für Kinder, Heimbewohner und Taubblinde

Während Erwachsene regelmäßig den vollen Satz erhalten, sind die Sätze für Kinder oft reduziert. Für Menschen, die in vollstationären Einrichtungen leben, wird das Landesblindengeld meist gekürzt oder entfällt ganz, sofern die Kosten der Unterbringung von Dritten getragen werden. In einigen Ländern bestehen Sonderregelungen für taubblinde Menschen, die einen erhöhten oder zusätzlichen Leistungsanspruch begründen können.


Abgrenzung zu anderen Leistungen: Blindenhilfe im SGB XII

Parallelität und Verhältnis beider Leistungen

Das Landesblindengeld unterscheidet sich strukturell von der Blindenhilfe nach dem SGB XII. Letztere ist bedarfsabhängig und setzt eine Bedürftigkeitsprüfung (Einkommen und Vermögen) voraus, während das Landesblindengeld als pauschale Leistung unabhängig vom Einkommen gewährt wird.

Vorrang- und Nachrangprinzip

Das Sozialgesetzbuch sieht vor, dass bei Koinzidenz der Leistungen die Blindenhilfe um das bereits gewährte Landesblindengeld gekürzt wird (§ 72 Abs. 3 SGB XII). Somit besteht kein doppelter Leistungsbezug. Das Ziel ist eine gleichwertige Versorgung blinder Menschen bundesweit, unabhängig von ihrer Einkommenssituation oder ihrem Wohnort.


Verfahren: Antragstellung, Nachweise und Verwaltungsverfahren

Antragstellung und Zuständigkeiten

Der Antrag auf Landesblindengeld ist bei der regional zuständigen Sozialbehörde beziehungsweise beim Landesamt für Soziales des Bundeslandes zu stellen. Die notwendigen Nachweise über die Blindheit beziehungsweise hochgradige Sehbehinderung sind beizubringen, in der Regel durch ein aktuelles augenärztliches Gutachten oder einen amtlich anerkannten Nachweis (z. B. Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen „Bl“).

Bewilligung, Auszahlung und Dauer

Nach Prüfung der Voraussetzungen erfolgt die Anerkennung und Bewilligung. Die Auszahlung erfolgt monatlich im Voraus. Der Anspruch besteht regelmäßig solange, wie die Behinderung fortbesteht und die weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Änderungen im Gesundheitszustand oder im Aufenthaltsstatus sind dem Leistungsträger unverzüglich mitzuteilen.

Rechtsmittel und Widerspruch

Gegen ablehnende Bescheide kann binnen eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Wird der Anspruch auch nach Widerspruch abgelehnt, besteht die Möglichkeit, sich an das Verwaltungsgericht zu wenden.


Steuerrechtliche Behandlung und Pfändungsschutz

Das erhaltene Landesblindengeld ist steuerfrei und wird im Rahmen der Sozialgesetzgebung als zweckgebundene, nicht anrechenbare Leistung behandelt. Es unterliegt regelmäßig dem Pfändungsschutz gemäß § 54 Abs. 2 SGB I.


Entwicklungsgeschichte

Das Blindengeld hat eine lange Tradition in Deutschland; erste Regelungen wurden bereits in der Weimarer Republik eingeführt. Seine Förderung und Ausgestaltung wurde durch die Bundesländer stetig weiterentwickelt und an den behinderungsbedingten Mehrbedarf angepasst. Die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder führte zu einer Differenzierung der Rechtslage nach Bundesland, wodurch regionale Unterschiede entstanden.


Kritik und Reformdiskussion

Die Differenzen in Höhe und Anspruchsvoraussetzungen des Landesblindengeldes werden von Betroffenenverbänden wiederholt kritisiert. Insbesondere fordert man eine bundesweit einheitliche, bedarfsgerechte Ausgestaltung, um soziale Gerechtigkeit sicherzustellen. Eine Harmonisierung oder Anhebung des Leistungsniveaus über die Ländergrenzen hinweg wird in politischen und gesellschaftlichen Diskursen fortwährend diskutiert.


Literatur und Weblinks