Definition und Stellung des Landesarbeitsgerichts
Das Landesarbeitsgericht (abgekürzt: LAG) ist ein Gericht der Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland. Es bildet die zweite Instanz im Instanzenzug der Arbeitsgerichte und ist somit für Berufungen und Beschwerden gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte zuständig. Rechtsgrundlage für die Landesarbeitsgerichte ist insbesondere das Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG).
Im Aufbau der deutschen Gerichtsbarkeit steht das Landesarbeitsgericht zwischen den Arbeitsgerichten als Eingangsinstanz und dem Bundesarbeitsgericht als höchstrichterlicher Instanz. Landesarbeitsgerichte gibt es in jedem Bundesland, mit Ausnahme der Stadtstaaten Berlin und Brandenburg, die über ein gemeinsames Landesarbeitsgericht verfügen.
Organisation und Aufbau
Gerichtsorganisation
Landesarbeitsgerichte sind Gerichte der Länder. Die Einrichtungen richten sich nach den Bestimmungen der jeweiligen Landesjustizverwaltungen, wobei das ArbGG bundeseinheitliche Vorgaben macht. Die meisten Bundesländer haben ein eigenes Landesarbeitsgericht, teilweise mit mehreren Kammern. Die Geschäftsverteilung sowie die Besetzung der Kammern werden jährlich festgelegt.
Zusammensetzung
Gemäß § 35 ArbGG ist das Landesarbeitsgericht mit drei Richtern besetzt: einem Vorsitzenden Richter und je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. Diese sogenannte paritätische Besetzung gewährleistet, dass verschiedene Interessenlagen berücksichtigt werden.
Berufsrichter und ehrenamtliche Richter
- Berufsrichter: Der/die Vorsitzende des Spruchkörpers ist stets ein hauptberuflicher Richter.
- Ehrenamtliche Richter: Sie werden auf Vorschlag der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände von der Landesregierung berufen und bringen praktische Erfahrungen aus dem Arbeitsleben ein.
Geschäftsverteilung
Die mündlichen Verhandlungen werden nach Maßgabe des Geschäftsverteilungsplans geführt, den das Präsidium des Landesarbeitsgerichts jährlich aufstellt. Die Geschäftsverteilung bestimmt, welche Kammer für welche Verfahren zuständig ist.
Zuständigkeit und Aufgaben
Sachliche Zuständigkeit
Das Landesarbeitsgericht ist für Berufungen und Beschwerden gegen Urteile und Entscheidungen der Arbeitsgerichte im jeweiligen Bundesland zuständig. Geregelt ist dies in § 64 ArbGG. Das betrifft sowohl Individualarbeitsrecht als auch kollektives Arbeitsrecht.
Typische Verfahren am Landesarbeitsgericht
- Berufungen gemäß § 64 Abs. 1 ArbGG gegen Urteile der Arbeitsgerichte bis zu einem Streitwert von 600 EUR nur bei Zulassung
- Beschwerden in Beschlussverfahren
- Entscheidungen in Kündigungsschutzverfahren, Vergütungsstreitigkeiten, Betriebsverfassungsrecht, Tarifrecht u. a.
Örtliche Zuständigkeit
Das zuständige Landesarbeitsgericht richtet sich nach dem Sitz des Arbeitsgerichts, das in erster Instanz entschieden hat. Die einzelnen Bundesländer bestimmen die örtliche Zuständigkeit durch gesetzliche Regelungen und Geschäftsverteilungspläne.
Verfahrensrechtliche Grundlagen
Berufung und Beschwerdeverfahren
Das Landesarbeitsgericht überprüft erstinstanzliche Entscheidungen auf rechtliche und tatsächliche Fehler. Die Berufung dient zur Überprüfung von Urteilen, während Beschwerden gegen Beschlüsse eingelegt werden können.
- Berufung (§§ 64 ff. ArbGG):
Die Berufung ist statthaft, wenn der Streitwert über 600 EUR liegt oder von der ersten Instanz zugelassen wurde.
- Beschwerde (§ 66 ArbGG):
Möglichkeit der Anfechtung statt Urteilsverfahren, insbesondere im Beschlussverfahren (z.B. betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten).
Verfahren und Entscheidungsfindung
Das Verfahren ist öffentlich und mündlich (§ 52 ArbGG). Das Gericht kann einen Gütetermin anberaumen, ähnlich dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht. Die Kammer entscheidet in der Regel durch Urteil oder Beschluss, das zum Teil auch auf schriftlichem Wege gefällt werden kann.
Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts
Das Rechtsmittel zum Bundesarbeitsgericht ist die Revision nach § 72 ArbGG. Sie ist nur bei grundsätzlicher Bedeutung, Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung oder auf Zulassung durch das Landesarbeitsgericht bzw. das Bundesarbeitsgericht zulässig.
Bedeutung und Funktion im deutschen Rechtssystem
Sicherung der Rechtsfortbildung
Landesarbeitsgerichte tragen zur einheitlichen Auslegung und Anwendung des Arbeitsrechts auf Länderebene bei. Sie sorgen für die Konsistenz der Rechtsprechung innerhalb der verschiedenen Regionen und wirken dadurch an der Rechtsfortentwicklung mit.
Entlastung des Bundesarbeitsgerichts
Durch ihre Funktion als zweite Instanz übernehmen die Landesarbeitsgerichte die Vorauswahl für grundsätzliche Rechtsfragen, die das Bundesarbeitsgericht entscheiden soll. Viele arbeitsrechtliche Streitigkeiten werden abschließend vor dem Landesarbeitsgericht entschieden.
Einfluss auf die Praxis
Die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte findet oftmals Berücksichtigung in der arbeitsrechtlichen Literatur und wirkt als Orientierungspunkt für die Arbeitsgerichte sowie für die arbeitsrechtliche Praxis.
Statistische Angaben und Verteilung in Deutschland
Übersicht der Landesarbeitsgerichte
Derzeit existieren insgesamt 18 Landesarbeitsgerichte in Deutschland, darunter das gemeinsame für Berlin-Brandenburg. Die größten sind in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg ansässig.
Liste ausgewählter Landesarbeitsgerichte:
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Stuttgart)
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Berlin, Brandenburg)
- Landesarbeitsgericht Bremen (Bremen)
- Landesarbeitsgericht Hamburg (Hamburg)
- Landesarbeitsgericht Hessen (Frankfurt am Main)
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Hannover)
- Landesarbeitsgericht Nordrhein-Westfalen (Düsseldorf)
- Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Mainz)
- Landesarbeitsgericht Sachsen (Chemnitz)
Jedes Landesarbeitsgericht ist für das jeweilige Landesgebiet zuständig, außer im Fall gemeinsamer Gerichte.
Sonderregelungen und Besonderheiten
Gemeinsame Landesarbeitsgerichte
In einzelnen Bundesländern gibt es Zusammenlegungen: Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ist für die Länder Berlin und Brandenburg gemeinsam zuständig.
Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern
Die paritätische Beteiligung der ehrenamtlichen Richter hebt die Arbeitsgerichtsbarkeit von anderen Gerichtsbarkeiten ab und unterstreicht ihre Funktion als „Friedensgericht“ für das Arbeitsleben.
Literaturhinweise und Weiterführende Links
- Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
- Bundesarbeitsgericht (BAG)
- Bundesministerium der Justiz: Informationen zur Arbeitsgerichtsbarkeit
- Statistisches Bundesamt: Tätigkeitsberichte der Gerichte
Fazit
Das Landesarbeitsgericht nimmt eine zentrale Rolle in der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit ein. Es ist für Berufungen und Beschwerden gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte zuständig, sorgt für einheitliche Rechtsanwendung im Arbeitsrecht und gewährleistet so den Rechtsfrieden im Arbeitsleben. Durch die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter repräsentiert es die sozialen Kräfte des Arbeitslebens und setzt Maßstäbe in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Die Landesarbeitsgerichte sind wesentliche Instanzen für die Entwicklung und Sicherung des deutschen Arbeitsrechts.
Häufig gestellte Fragen
Welche Arten von Entscheidungen kann das Landesarbeitsgericht treffen?
Das Landesarbeitsgericht (LAG) ist als zweite Instanz in der Arbeitsgerichtsbarkeit mit der Überprüfung von Entscheidungen der Arbeitsgerichte befasst. Es kann im Rahmen eines Berufungs- oder Beschwerdeverfahrens tätig werden. Zu den möglichen Entscheidungen zählen die vollständige oder teilweise Abänderung, Bestätigung oder Aufhebung von Urteilen der erstinstanzlichen Arbeitsgerichte. Das LAG kann den Rechtsstreit auch an das Arbeitsgericht zurückverweisen, insbesondere wenn Verfahrensfehler vorliegen oder wesentliche Tatsachen nicht ausreichend berücksichtigt wurden. In einigen Fällen kann das Gericht im Wege der Zurückverweisung Hinweise zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts geben. Neben Urteilen trifft das LAG auch Beschlüsse, etwa in Beschwerdeverfahren, die beispielsweise die einstweilige Verfügung oder bestimmte Zwischenentscheidungen betreffen. Die Entscheidungsbefugnis des LAG erstreckt sich ferner auf Kostenentscheidungen, einschließlich der Festsetzung des Streitwerts.
In welchen Fällen ist das Landesarbeitsgericht zuständig?
Das Landesarbeitsgericht ist zuständig für Berufungen und Beschwerden gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte des jeweiligen Bundeslandes. Berufungsfähig sind in der Regel Endurteile, sofern der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder die Berufung durch das Arbeitsgericht ausdrücklich zugelassen wurde (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Ferner ist das LAG für Beschwerdeverfahren zuständig, etwa in Beschlussverfahren zu betriebsverfassungsrechtlichen oder kollektivrechtlichen Streitigkeiten (z.B. Einigungsstellenbesetzungen, Mitbestimmungsfragen oder Tarifvertragsauslegungen). Das LAG entscheidet auch im Rahmen von Streitigkeiten, die aus dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz oder im Zusammenhang mit Schwerbehindertenvertretungen entstehen. Zudem ist es zuständig für Anträge auf Zulassung der Rechtsbeschwerde bei bestimmten kollektivrechtlichen Entscheidungen.
Welche Fristen sind bei der Anrufung des Landesarbeitsgerichts zu beachten?
Wer gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Berufung einlegen will, muss strikt die gesetzlichen Fristen einhalten. Die Berufung ist gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Landesarbeitsgericht schriftlich einzulegen. Innerhalb derselben Frist ist auch die Berufungsbegründung einzureichen; spätestens aber innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils. Für Beschwerden im Beschlussverfahren gilt in der Regel eine Frist von einem Monat (§ 87 Abs. 1 ArbGG). Die genaue Frist kann jedoch je nach Art des Verfahrens und prozessualen Konstellationen variieren, sodass eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall empfehlenswert ist. Fristversäumnisse führen in der Regel zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, weshalb eine rechtzeitige und formgerechte Einlegung entscheidend ist.
Wie läuft ein Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht grundsätzlich ab?
Das Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht unterliegt den Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) sowie der Zivilprozessordnung (ZPO), soweit das ArbGG keine speziellen Regelungen trifft. Nach Einlegung der Berufung oder Beschwerde prüft das LAG zunächst die Zulässigkeit des Rechtsmittels. Anschließend findet in den meisten Fällen ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt, in dem die Parteien ihre Ausführungen machen, Beweise erhoben und rechtliche Erwägungen erörtert werden. Das Gericht ist gehalten, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken und kann hierzu auf Vorschlag der Parteien sowie von Amts wegen vermitteln (§ 54 Abs. 1 ArbGG). Ist keine Einigung möglich, ergeht eine Entscheidung durch Urteil oder Beschluss, die mit Gründen zu versehen ist. Das Verfahren ist öffentlich, es sei denn, es handelt sich um besondere Fallkonstellationen (z.B. Datenschutzfragen). Die Entscheidungsfindung erfolgt regelmäßig durch eine Kammer, bestehend aus einem Berufsrichter und je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber.
Inwieweit ist gegen Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts ein weiteres Rechtsmittel möglich?
Gegen Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts ist als weiteres Rechtsmittel eine Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) möglich, jedoch unter engen Voraussetzungen. Die Revision ist nur zulässig, wenn das LAG sie im Urteil ausdrücklich zugelassen hat (§ 72 Abs. 2 ArbGG) oder eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht Erfolg hat (§ 72a ArbGG). Die Zulassung erfolgt insbesondere dann, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung besitzt, von der Rechtsprechung des BAG abweicht oder zur Fortbildung des Rechts beiträgt. Im Beschlussverfahren gibt es in vielen Fällen die Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde. Die Fristen für die Einlegung betragen in der Regel einen Monat ab Zustellung des Urteils oder Beschlusses. Darüber hinaus kann im Einzelfall gegen bestimmte Maßnahmen die sofortige Beschwerde zulässig sein.
Welche Funktion haben die ehrenamtlichen Richter am Landesarbeitsgericht?
Im Landesarbeitsgericht wirken neben dem vorsitzenden Berufsrichter auch jeweils ein ehrenamtlicher Richter aus dem Lager der Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit. Die ehrenamtlichen Richter bringen ihre berufspraktische Erfahrung und Kenntnisse der betrieblichen Gegebenheiten in das Verfahren ein. Ihre Aufgabe ist es, gleichberechtigt an den Beratungen und Abstimmungen teilzunehmen. Sie haben das gleiche Stimmrecht wie der Berufsrichter. Die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter stellt sicher, dass arbeitsrechtliche Entscheidungen nicht ausschließlich juristisch-schematisch, sondern auch mit Rücksicht auf praktische und wirtschaftliche Realitäten getroffen werden. Diese Parität in der Mitwirkung der Richter ist ein wesentliches Element der Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland und trägt zur Akzeptanz der gerichtlichen Entscheidungen bei den Parteien bei.
Was ist bei der Kostenverteilung vor dem Landesarbeitsgericht zu beachten?
Im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht gelten besondere Kostenregelungen. Grundsätzlich trägt jede Partei in arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren bis zum Abschluss der zweiten Instanz ihre eigenen Anwaltskosten, unabhängig davon, ob sie obsiegt oder unterliegt (§ 12a ArbGG). Die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden hingegen nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens verteilt. Im Beschlussverfahren oder bei anderen Verfahrensarten können hiervon abweichende Regelungen gelten. Die genaue Kostenverteilung erfolgt im Urteil des Gerichts, wobei auch eine Entscheidung über die Notwendigkeit von Auslagen, wie z.B. für Sachverständige oder Zeugen, getroffen wird. Die Streitwertfestsetzung durch das Landesarbeitsgericht ist für die Höhe der Gerichtsgebühren und Anwaltskosten maßgeblich. Besondere Vorsicht ist bei Fristen und Formerfordernissen für die Einlegung von Kostenbeschwerden geboten.