Legal Lexikon

Laienrichter


Begriff und Wesen des Laienrichters

Ein Laienrichter ist eine nicht hauptamtlich tätige Person, die in der gerichtlichen Rechtsprechung mitwirkt, ohne eine spezifische Ausbildung im Bereich des Rechts absolviert zu haben. Die Einbindung von Laienrichtern dient der Beteiligung der Allgemeinheit an der Rechtspflege und der demokratischen Legitimation gerichtlicher Entscheidungen. Laienrichter werden vor allem in bestimmten Bereichen der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie in einigen Fachgerichtsbarkeiten eingesetzt. Kennzeichnend ist, dass ihnen bei der Urteilsfindung grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten wie hauptamtlichen Richtern zukommen.


Rechtsgrundlagen und gesetzliche Verankerung

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Die Beteiligung von Laien an der Rechtsprechung ist im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nicht explizit geregelt, allerdings ist sie Teil des demokratischen Rechtsstaatsprinzips. Die Einführung wurde historisch zur Kontrolle und Unterstützung der Berufsrichter etabliert und findet ihre Wurzeln in der deutschen und europäischen Rechtsgeschichte.

Einfache Gesetze

Die gesetzlichen Bestimmungen zur Teilnahme von Laienrichtern finden sich insbesondere in folgenden Gesetzen:

  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)
  • Strafprozessordnung (StPO)
  • Jugendgerichtsgesetz (JGG)
  • Verschiedene Landesgesetze und spezielle Fachgerichtsgesetze, z. B. für Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Einsatzgebiete und Arten von Laienrichtern

Schöffen in der Strafgerichtsbarkeit

Die bekannteste Form des Laienrichters in Deutschland ist der Schöffe. Schöffen nehmen an Verhandlungen und Urteilsfindungen in Amts- und Landgerichten teil, insbesondere in Strafverfahren. Sie wirken im Schöffengericht (Amtsgericht) und in der Strafkammer (Landgericht) gleichberechtigt mit den Berufsrichtern zusammen und sind bei der Urteilsfindung stimmberechtigt.

Aufgabenbereich

  • Mitwirkung bei allen wesentlichen Entscheidungen, einschließlich Urteilsfindung und Strafzumessung
  • Beteiligung an Beweisaufnahme und Zeugenbefragung

Laienrichter in der Arbeitsgerichtsbarkeit

An Arbeitsgerichten werden sogenannte ehrenamtliche Richter berufen, die sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite tätig sind. Zusammengesetzt ist das Gericht paritätisch: Je ein Vertreter der Arbeitgeber und ein Vertreter der Arbeitnehmer sitzen neben dem hauptamtlichen Vorsitzenden.

Laienrichter in der Sozialgerichtsbarkeit

Auch in der Sozialgerichtsbarkeit wirken ehrenamtliche Richter unterschiedlicher sozialer Gruppierungen an den Entscheidungen der Gerichte mit. Sie bringen spezielle berufliche Erfahrungen aus dem Bereich des Sozialversicherungsrechts ein.

Weitere Erscheinungsformen

Laienrichter finden sich darüber hinaus in Verwaltungs-, Landwirtschafts-, und Disziplinargerichten, wenn auch weniger häufig und unter spezifischen Voraussetzungen.


Auswahl, Berufung und Amtszeit

Auswahlverfahren

Die Auswahl von Laienrichtern ist je nach Gerichtsbarkeit unterschiedlich geregelt. Im Strafrecht werden Schöffen alle fünf Jahre durch ein Auswahlgremium auf Vorschlag von Gemeinden, Verbänden oder Bürgerlisten gewählt. In der Arbeitsgerichtsbarkeit schlagen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen Kandidaten vor.

Voraussetzungen

Anforderungen an Laienrichter sind unter anderem:

  • Mindestalter (in der Regel 25 Jahre)
  • Geschäftsfähigkeit
  • Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit
  • Keine schweren Vorstrafen oder bestehende Ermittlungsverfahren

Amtszeit

Die Amtszeit beträgt üblicherweise fünf Jahre. Eine erneute Berufung ist möglich, unterliegt aber bestimmten Einschränkungen.


Rechte und Pflichten der Laienrichter

Gleichberechtigung

Laienrichter sind im Spruchkörper den hauptamtlichen Richtern grundsätzlich gleichgestellt. Ihre Stimme hat bei Abstimmungen das gleiche Gewicht. Entscheidungen werden im Kollegium mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit getroffen, abhängig vom Verfahrensstadium.

Verschwiegenheitspflicht und Unabhängigkeit

Laienrichter unterliegen der Verschwiegenheitspflicht über sämtliche Verhandlungsinhalte und Entscheidungsfindungen. Ebenso verpflichten sie sich zur Unparteilichkeit; sie dürfen nicht in eigenen Angelegenheiten urteilen oder den Anschein der Befangenheit erwecken.

Entschädigung und Auslagen

Für die Tätigkeit erhalten Laienrichter eine gesetzlich festgelegte Entschädigung sowie Ersatz für notwendige Auslagen und Verdienstausfall, geregelt in den jeweiligen Entschädigungsgesetzen.


Rolle und Bedeutung im deutschen Rechtssystem

Demokratische Legitimation

Laienrichter tragen maßgeblich zur sozialen Kontrolle und Demokratisierung der Rechtsprechung bei. Sie stellen sicher, dass gerichtliche Entscheidungen nicht allein von hauptamtlichem Personal, sondern unter Beteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen gefällt werden.

Kritik und Reformdebatten

Die Mitwirkung von Laienrichtern wird regelmäßig kontrovers diskutiert. Kritische Stimmen bemängeln mangelnde Fachkenntnisse und mögliche Überforderung, während Befürworter die bürgernahe und praxisnahe Ausgestaltung von Gerichtsverfahren betonen. Reformerische Vorschläge beschäftigen sich oftmals mit Auswahlverfahren, Schulung und der Begrenzung der Mitbestimmungsrechte.


Internationale Perspektiven

Auch in anderen Rechtsordnungen – beispielsweise in Österreich, der Schweiz und vielen angloamerikanischen Ländern (insbesondere als Geschworene) – ist das Institut des Laienrichters etabliert, wenn auch unter verschiedenen strukturellen und funktionalen Ausgestaltungen.


Literaturhinweise und Weiterführendes

  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)
  • Strafprozessordnung (StPO)
  • Jugendgerichtsgesetz (JGG)
  • Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
  • Literatur: [Bitte am Seitenende zitieren]

Mit der institutionellen Einbindung von Laienrichtern wird der Grundsatz der Beteiligung der Bevölkerung an der Rechtsprechung verwirklicht. Sie tragen dazu bei, Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und gesellschaftliche Akzeptanz der Gerichte zu stärken, indem sie repräsentativ für die Erfahrungen und Wertvorstellungen aus unterschiedlichen Lebensbereichen stehen.

Häufig gestellte Fragen

Wie werden Laienrichter in Deutschland ausgewählt?

Die Auswahl von Laienrichtern, auch Schöffen genannt, erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren, das auf gesetzlichen Vorgaben, insbesondere dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), basiert. Zunächst erstellen die Gemeinden alle fünf Jahre Vorschlagslisten mit geeigneten Personen, die bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllen müssen, unter anderem die deutsche Staatsangehörigkeit, einen Wohnsitz in der Gemeinde sowie bestimmte Alters- und Unbescholtenheitskriterien. Ausschlussgründe sind beispielsweise Vorstrafen oder bestimmte hauptberufliche Tätigkeiten im Rechtswesen oder bei Strafverfolgungsbehörden. Nach öffentlicher Auslegung dieser Listen und der Möglichkeit zur Einlegung von Einsprüchen, wählt ein Ausschuss beim zuständigen Amtsgericht aus den Kandidaten die benötigte Anzahl an Schöffen aus. Dabei sollen soziale Durchmischung, unterschiedliche Berufe und Erfahrungen Berücksichtigung finden, um die Repräsentation der Bevölkerung sicherzustellen. Gegen die Wahl kann rechtlich vorgegangen werden, wenn das Auswahlverfahren nicht gesetzeskonform durchgeführt wurde.

Welche Rechte und Pflichten haben Laienrichter während der Verhandlung?

Laienrichter haben dieselben Rechte und Pflichten wie Berufsrichter im Hinblick auf die Teilnahme an Beratungen, Abstimmungen und Urteilsfindung. Sie sind verpflichtet, regelmäßig und pünktlich an den angesetzten Hauptverhandlungstagen teilzunehmen, die Schweigepflicht einzuhalten und sich unparteiisch sowie gewissenhaft an der Urteilsfindung zu beteiligen. In der Verhandlung haben Laienrichter das Recht, Fragen an Zeugen, Sachverständige oder die Angeklagten zu stellen, Hinweise zu geben und Anträge zu stellen. Bei der Urteilsfindung haben sie volles Stimmrecht und können Berufungs- oder Revisionsanträge stellen bzw. ablehnen. Verletzen Laienrichter ihre Pflichten – etwa durch Befangenheit, grobe Unaufmerksamkeit oder unentschuldigtes Fehlen – drohen disziplinarische Maßnahmen, bis hin zur Abberufung.

Können Laienrichter für Fehlurteile haftbar gemacht werden?

Laienrichter genießen im Rahmen ihrer Tätigkeit richterliche Unabhängigkeit und sind grundsätzlich nicht persönlich für Fehlentscheidungen haftbar. Eine zivilrechtliche Haftung scheidet im Regelfall aus, solange sie sich im Rahmen ihrer Amtspflichten bewegen und keine vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Rechtsverletzungen begehen. Auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit kommt nur in Ausnahmefällen – etwa bei Rechtsbeugung (§ 339 StGB) – in Betracht. Ansonsten sind allenfalls Amtshaftungsansprüche gegen den Staat möglich, welcher ggf. für das Verhalten seiner Organe einstehen muss, nicht aber gegen die einzelnen Laienrichter persönlich.

Wie lange dauert die Amtszeit eines Laienrichters und ist eine Wiederwahl möglich?

Die Amtszeit eines Laienrichters beträgt in Deutschland in der Regel fünf Jahre (vgl. § 45 GVG). Nach Ablauf dieser Frist ist eine erneute Berufung möglich, jedoch streben die gesetzlichen Regelungen grundsätzlich einen Wechsel an, um eine möglichst breite Beteiligung der Bevölkerung sicherzustellen. In Ausnahmefällen, wenn die Zahl geeigneter Personen nicht ausreicht, kann von der Regel abgewichen werden. Die erneute Berufung einer Person als Schöffe unmittelbar im Anschluss an eine fünfjährige Amtsperiode ist grundsätzlich erlaubt, wenn keine Ausschlussgründe vorliegen.

Was passiert, wenn ein Laienrichter während der Amtszeit verhindert ist?

Kann ein Laienrichter während seiner Amtszeit einzelne Verhandlungstermine nicht wahrnehmen, etwa wegen Krankheit oder anderer wichtiger Gründe, wird er durch einen sogenannten Ersatzschöffen vertreten. Ersatzschöffen werden parallel berufen und bei Bedarf zur Dienstleistung herangezogen. Ist eine dauerhafte Verhinderung absehbar – zum Beispiel bei Wegzug, langwieriger Krankheit oder schwerwiegenden persönlichen Gründen – kann der Laienrichter auf Antrag entpflichtet oder förmlich abberufen werden (§ 52 GVG). Die Nachbesetzung erfolgt dann in der Regel durch die Nachrücker auf den Vorschlagslisten.

Welche Bedeutung hat das Stimmrecht von Laienrichtern bei der Urteilsfindung?

Das Stimmrecht der Laienrichter bei der Urteilsfindung ist rechtlich gleichwertig mit dem der Berufsrichter. In der Strafgerichtsbarkeit, insbesondere bei den Schöffengerichten und großen Strafkammern, entscheidet das Gericht über Schuld oder Unschuld sowie das Strafmaß stets gemeinsam, wobei Laien- und Berufsrichter gleichberechtigt abstimmen (§ 263 StPO). Bei Stimmengleichheit gilt die für den Angeklagten günstigere Entscheidung; für eine Verurteilung ist immer eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Damit wird den Laienrichtern maßgeblicher Einfluss auf rechtskräftige Urteile zugesichert und die richterliche Entscheidungsfindung demokratisch legitimiert.

Gibt es besondere Schulungen oder Vorbereitungen für Laienrichter?

Laienrichter sind juristische Laien und erhalten vor sowie während ihrer Amtszeit keine umfassende juristische Ausbildung, sondern können sich freiwillig durch Teilnahme an Informationsveranstaltungen und Schulungen vorbereiten, die von Gerichten, justiznahen Organisationen oder Verbänden angeboten werden. Diese Schulungen vermitteln Grundkenntnisse des Strafprozessrechts, den Ablauf einer Hauptverhandlung, Rechte und Pflichten der Schöffen sowie Hinweise zum Entscheidungsfindungsprozess. Eine verpflichtende, bundesweit einheitliche Schulung ist gesetzlich jedoch bislang nicht vorgesehen. Gerichte stehen während der Sitzungsperioden für Rückfragen und klärende Gespräche zur Verfügung und sorgen auch für die rechtliche Anleitung im Sitzungsverlauf.