Legal Lexikon

Wiki»Lärmbekämpfung

Lärmbekämpfung


Begriff und Bedeutung der Lärmbekämpfung

Lärmbekämpfung bezeichnet im rechtlichen Kontext sämtliche Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Einwirkungen durch Lärm. Sie umfasst das Ergreifen, Umsetzen und Überwachen von Vorschriften und Regelungen, welche die Entstehung, Ausbreitung und Wahrnehmbarkeit von schädlichem oder störendem Schall verhindern oder mindern. Die Lärmbekämpfung ist ein zentrales Element des Immissionsschutzes und tangiert vielfältige Bereiche des nationalen wie europäischen Umweltrechts.

Rechtliche Grundlagen der Lärmbekämpfung in Deutschland

Verfassungsrechtlicher Rahmen

Die Verpflichtung zum Lärmschutz ergibt sich aus dem Grundgesetz (GG). Artikel 2 Abs. 2 GG gewährt das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Daraus folgt eine grundsätzliche Schutzpflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern vor schädlichen Umwelteinwirkungen, einschließlich des Lärms.

Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG)

Das Bundesimmissionsschutzgesetz gilt als zentrales Regelwerk für die Lärmbekämpfung in Deutschland. Nach § 3 BImSchG zählen zu den schädlichen Umwelteinwirkungen auch Geräusche, die geeignet sind, die Umwelt, Menschen, Tiere oder sonstige Sachgüter zu schädigen. Das Gesetz unterscheidet zwischen genehmigungsbedürftigen und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen (§ 4 – 6 BImSchG) und regelt auch Maßnahmen zur Vermeidung und Begrenzung von Lärmemissionen (§ 22 BImSchG).

Verordnungen zum BImSchG

Numeröse Verordnungen konkretisieren die Anforderungen des BImSchG, etwa:

  • Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm)
  • Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV)
  • Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV)
  • Freizeitlärmrichtlinie

Spezielle Gesetze und Verordnungen zur Lärmbekämpfung

Straßen- und Schienenverkehrslärmschutz

Der Schutz gegen Straßen- und Schienenverkehrslärm resultiert primär aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV). Diese legt Immissionsgrenzwerte für verschiedene Baugebiete und Nutzungen (Wohngebiete, Krankenhäuser, Schulen) fest.

Fluglärmschutz

Das Fluglärmschutzgesetz (FluLärmG) regelt den Schutz vor schädlichen Auswirkungen von Fluglärm an Verkehrsflughäfen. Es definiert Lärmschutzbereiche und Maßnahmen zur Begrenzung von Fluglärmimmissionen.

Arbeitsrechtlicher und betrieblicher Lärmschutz

In Bezug auf Arbeitsstätten und Betriebsstellen gelten die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV) sowie die DGUV Vorschrift 3 und Vorgaben der Europäischen Union, etwa die EU-Richtlinie 2003/10/EG.

Instrumente und Maßnahmen der Lärmbekämpfung

Emissionsschutz und Immissionsschutz

Unterschieden wird zwischen Maßnahmen am Entstehungsort (Emissionsschutz) und am Wirkort (Immissionsschutz). Strategien umfassen bauliche, technische und organisatorische Methoden, unter anderem:

  • Verwendung lärmmindernder Techniken und Anlagen
  • Installation von Schallschutzwänden oder -fenstern
  • Erstellung und Umsetzung von Lärmschutzplänen

Genehmigungen und Auflagen

Im Rahmen von Genehmigungsverfahren für Anlagen oder Infrastrukturmaßnahmen sind die möglichen Lärmemissionen im Vorfeld zu ermitteln und ggf. zu minimieren. Behörden können Auflagen und Bedingungen verhängen, um die Grenzwerte einzuhalten oder Lärmprobleme zu entschärfen.

Lärmaktionspläne und Umweltzonen

Die Umgebungslärmrichtlinie (Richtlinie 2002/49/EG) verpflichtet Mitgliedstaaten zur Erarbeitung von Lärmkarten und Lärmaktionsplänen. Ziel ist die systematische Erfassung und Reduktion vorhandener Lärmquellen sowie die Information der Bevölkerung.

Lärmschutz in sonstigen Rechtsgebieten

Nachbarrecht und zivilrechtlicher Lärmschutz

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt unter § 906 die Zulässigkeit von Immissionen auf Nachbargrundstücke, einschließlich Lärm. Nachbarn können Unterlassung, Beseitigung oder Schadensersatz verlangen, wenn Immissionen wesentliche Beeinträchtigungen hervorrufen, die nicht ortsüblich oder genehmigt sind.

Öffentliches Baurecht

Im baurechtlichen Kontext werden in Bebauungsplänen Nutzungsarten und zulässige Lärmbelastungen festgesetzt. Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) und die DIN 18005 („Schallschutz im Städtebau“) spielen hier eine wichtige Rolle.

Rechtsschutz und Durchsetzung der Lärmbekämpfung

Behördliche Anordnungen, Verfügungen und Ordnungswidrigkeitenverfahren dienen der Durchsetzung von Lärmvorschriften. Betroffene können sich an Verwaltungsgerichte wenden, um sich gegen unzulässigen Lärm zu wehren oder gegen Maßnahmen zur Lärmbekämpfung, die sie betreffen, zu klagen.

Aktuelle Entwicklungen und europarechtlicher Einfluss

Die Anforderungen an Lärmbekämpfung unterliegen fortlaufenden Änderungen durch wissenschaftlichen Fortschritt, technologische Neuerungen und neue Erkenntnisse über gesundheitliche Auswirkungen. Neben dem nationalen Recht beeinflussen EU-Richtlinien, etwa die Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG, die Umsetzung und Weiterentwicklung des Lärmschutzrechts in Deutschland maßgeblich.

Zusammenfassung

Lärmbekämpfung bezeichnet die Gesamtheit aller rechtlichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Vermeidung oder Minderung nachteiliger Umweltauswirkungen durch Lärm. Sie bildet einen wichtigen Baustein des Umweltschutzes und sichert betroffenen Personen umfassende Rechtspositionen zu. Das rechtliche Umfeld ist durch eine Vielzahl von nationalen und europäischen Regelwerken geprägt, wodurch die Komplexität und Relevanz des Themenfeldes kontinuierlich wächst.

Häufig gestellte Fragen

Welche Möglichkeiten habe ich, gegen Lärmbelästigung juristisch vorzugehen?

Lärmbelästigung stellt in verschiedenen rechtlichen Kontexten einen erheblichen Störfaktor dar und Betroffene haben mehrere rechtliche Möglichkeiten, hiergegen vorzugehen. Primär kommt das zivilrechtliche Unterlassungs- und Beseitigungsverlangen gemäß § 1004 BGB in Betracht, sofern es sich um unzumutbaren und nicht nur ortsüblichen Lärm handelt. Handelt es sich um wiederholte oder besonders gravierende Lärmquellen, kann auch eine einstweilige Verfügung beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden, um eine schnelle Unterlassung der Lärmquelle zu erreichen. Ergänzend dazu bieten einzelne landesrechtliche Vorschriften, beispielsweise das Immissionsschutzgesetz, Kommunalvorschriften sowie Polizeiverordnungen, eine Grundlage zur Beschwerde bei der örtlichen Ordnungsbehörde, dem Gesundheitsamt oder der Polizei. Im Mietrecht steht zusätzlich das Mietminderungsrecht gemäß § 536 BGB zur Verfügung, sofern der Lärm von anderen Mietparteien oder vom Vermieter ausgehenden Störungen herrührt. Unter engen Voraussetzungen ist es zudem möglich, Schadenersatz zu verlangen, falls infolge der Lärmbelästigung ein konkreter Vermögensschaden entstanden ist. In schwerwiegenden Fällen kann auch eine Anzeige wegen Ordnungswidrigkeit oder – bei vorsätzlicher, nachhaltiger Schädigung – eine Strafanzeige wegen „unzulässigem Lärm“ nach § 117 OWiG in Erwägung gezogen werden.

Ab wann gilt Lärm rechtlich als unzumutbar oder als erhebliche Beeinträchtigung?

Ob Lärm rechtlich als unzumutbar einzustufen ist, richtet sich maßgeblich nach der sogenannten ortsüblichen Nutzung sowie nach Immissionsrichtwerten, die unter anderem durch die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) und das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt sind. Hierbei werden in der Regel zwischen tagsüber und nachts unterschiedliche Grenzwerte angesetzt. Während nachts bereits niedrigere Dezibel-Grenzwerte als unzumutbar gelten (meist 35-40 dB(A)), sind tagsüber höhere Werte zulässig (meist bis max. 50 dB(A)). Einzelfallbezogen spielen die Art des Gebiets (Wohngebiet, Mischgebiet, Industriegebiet) sowie die Dauer, Intensität und Frequenz des Lärms eine wichtige Rolle. Beispielsweise sind einmalige Partys anders zu bewerten als regelmäßig wiederkehrende Ruhestörungen. Gerichte berücksichtigen zudem die berechtigten Interessen beider Parteien und wägen ab, ob eine soziale Adäquanz besteht. In der Rechtsprechung wird daher stets eine einzelfallbezogene Interessenabwägung vorgenommen. Zuschläge oder Abschläge für besonders störende Lärmquellen (z. B. Musikinstrumente, Maschinen, Baustellen) können ebenfalls zu einer geänderten Bewertung führen.

Welche rechtlichen Regelungen gelten für Lärm durch Nachbarn in Mietwohnungen?

In Mietverhältnissen ist der Maßstab für erlaubten Lärm höher, was sich aus dem nachbarschaftlichen Rücksichtnahmegebot ergibt. Mieter sind gemäß § 535 BGB berechtigt, die Mietsache ungestört zu nutzen. Untersagt sind jedoch jegliche Störungen des Hausfriedens, wozu auch Lärm zählt, der über das übliche Maß – insbesondere in den gesetzlich festgelegten Ruhezeiten – hinausgeht. Regionale Ruhezeiten variieren, doch üblich sind Nachtruhezeiten zwischen 22 und 6 Uhr sowie die Mittagsruhe (meist 13 bis 15 Uhr). Verstößt ein Nachbar wiederholt gegen diese Vorgaben, können Mitmieter Unterlassungsansprüche gegen ihn geltend machen, zunächst schriftlich abmahnen und bei anhaltendem Lärm vom Vermieter verlangen, dagegen einzuschreiten. In besonders gravierenden Fällen ist eine fristlose Kündigung des störenden Mieters durch den Vermieter nach erfolglos gebliebener Abmahnung möglich. Ergänzend können Betroffene eine Mietminderung bis zur Beseitigung der Ursache beim Vermieter reklamieren.

Inwiefern unterscheidet sich die rechtliche Behandlung von Baulärm gegenüber Alltagslärm?

Baulärm wird grundsätzlich anders bewertet als Alltags- oder Nachbarschaftslärm, da er im Regelfall zeitlich begrenzt und im öffentlichen Interesse an baulicher Entwicklung liegt. Während Baustellenlärm durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz sowie die Baulärmverordnung (32. BImSchV) geregelt wird und erhöhte Zumutbarkeitsgrenzen vorsieht, gelten für Alltagslärm ausschließlich die allgemeinen ortsüblichen Werte. Dennoch sind auch Baustellen an werktägliche Ruhezeiten und an Sonn- und Feiertagsruhe gebunden. Überschreitet der Baulärm jedoch die zulässigen Immissionsrichtwerte oder beschränkt sich nicht auf die zulässigen Tageszeiten, so kann auch hier eine Beschwerde beim Ordnungsamt oder gar ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch erhoben werden. In Mietverhältnissen besteht zusätzlich meist eine Möglichkeit zur Mietminderung, sofern die Störung erheblich ist und nicht im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen mit Ankündigungsfrist erfolgt.

Wie sind die Erfolgsaussichten, wenn ich mich juristisch gegen Lärm wehren möchte?

Die Erfolgsaussichten eines juristischen Vorgehens gegen Lärmbelästigung hängen maßgeblich davon ab, inwiefern eine erhebliche, nicht ortsübliche Beeinträchtigung nachgewiesen werden kann. Eine sorgfältige und gerichtsfeste Dokumentation der Lärmvorkommnisse (Lärmprotokolle mit Datum, Uhrzeit, Art und Dauer der Störung sowie Zeugenaussagen) ist in den meisten Fällen notwendige Voraussetzung. Akustische Messungen, idealerweise von einem Gutachter, erhöhen die Erfolgsaussichten. In gerichtlichen Verfahren wägen die Richter stets die wechselseitigen Interessen ab, sodass nicht jeder empfundene Lärm zur Anerkennung führt. Wiederkehrende und gravierende Überschreitungen der zulässigen Grenzwerte oder Verstöße gegen Ruhezeiten werden jedoch in der Regel als unzulässig bewertet, sodass entsprechende Ansprüche, insbesondere bei fortlaufender Belästigung, vielfach erfolgreich durchgesetzt werden können.

Welche Rolle spielt das Ordnungsamt oder die Polizei bei der Durchsetzung von Lärmschutzrechten?

Die Ordnungsbehörden und die Polizei nehmen primär ordnungsrechtliche Aufgaben wahr, wenn es um die Durchsetzung von Lärmschutz geht. Sie können bei akuter oder wiederholter Ruhestörung einschreiten, Platzverweise aussprechen, Bußgelder verhängen und gegebenenfalls – insbesondere bei Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, wie zum Beispiel die Nachtruhe – ein sofortiges Unterlassen anordnen. Bei anhaltender Störung dokumentieren sie die Sachlage, was für ein späteres zivilrechtliches Verfahren als Beweismittel hilfreich sein kann. Allerdings sind Polizei und Ordnungsamt meist nur zur Beseitigung akuter, offensichtlicher Verstöße zuständig. Zivilrechtliche Ansprüche wie Unterlassungs-, Beseitigungs- oder Schadenersatzansprüche müssen hingegen von den Betroffenen selbst vor Gericht geltend gemacht werden.

Gibt es spezielle rechtliche Vorschriften für Lärmquellen wie Musik, Haustiere oder private Feiern?

Für bestimmte Lärmquellen, insbesondere Musik, Haustiere und private Feiern, bestehen sowohl gesetzliche Vorschriften als auch zahlreiche gerichtliche Einzelfallentscheidungen. Musiklärm unterliegt meist strengeren Anforderungen hinsichtlich Lautstärke und Zeitdauer, besonders während der gesetzlichen Ruhezeiten. Längere musikalische Betätigungen in Mehrfamilienhäusern werden in der Regel zeitlich beschränkt (z. B. Musikinstrumente maximal 1-2 Stunden täglich). Hundegebell wird durch die spezifischen Landesimmissionsschutzgesetze und kommunale Verordnungen geregelt, mit Toleranzzeiten und maximal zulässigen Häufigkeiten. Bei privaten Feiern wird die Einhaltung der Nachtruhe und der Gebote der gegenseitigen Rücksichtnahme vorausgesetzt. Feiern zu besonderen Anlässen dürfen im Ausnahmefall auch nach 22 Uhr ausgedehnt werden, müssen jedoch ab dann auf Zimmerlautstärke reduziert werden, andernfalls drohen Ordnungsgelder, Unterlassungsverfügungen oder im Wiederholungsfall auch zivilrechtliche Konsequenzen.