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Kurzzeitpflegeheim


Begriff und rechtliche Einordnung des Kurzzeitpflegeheims

Ein Kurzzeitpflegeheim ist eine stationäre Einrichtung, in der pflegebedürftige Personen für einen begrenzten Zeitraum vollstationäre Pflegeleistungen erhalten. Die Kurzzeitpflege stellt eine zeitlich befristete Unterbringung dar, die insbesondere zur Überbrückung von Krisensituationen, bei Ausfall der regulären Pflegeperson oder im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt genutzt wird. Die gesetzliche Grundlage wird durch das Elfte Sozialgesetzbuch (SGB XI) sowie spezifische landesrechtliche Regelungen geschaffen.


Gesetzliche Grundlagen und Definition

SGB XI – Soziale Pflegeversicherung

Gemäß § 42 SGB XI ist die Kurzzeitpflege eine Regelleistung der sozialen Pflegeversicherung. Pflegebedürftige Personen in den Pflegegraden 2 bis 5 haben demnach unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Kurzzeitpflege in zugelassenen stationären Einrichtungen (Kurzzeitpflegeheimen). Die Leistung umfasst die pflegerische Versorgung, Betreuung und medizinische Behandlungspflege.

Zentrale Voraussetzungen (§42 SGB XI):

  • Vorliegen eines Pflegegrades 2 bis 5
  • Vorübergehende häusliche Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend
  • Begrenzung der Leistung auf maximal acht Wochen und 1.774 Euro pro Kalenderjahr (Stand: 2024), erweiterbar durch Umwidmung der Verhinderungspflege

Landesrechtliche Vorschriften

Neben der bundesgesetzlichen Regelung bestehen landesrechtliche Vorschriften, etwa das jeweilige Heimgesetz oder Heimordnungen, welche Detailregelungen zur Betriebserlaubnis, Bau-, Betriebs- und Personalanforderungen an das Kurzzeitpflegeheim vorgeben. Die im jeweiligen Bundesland zuständigen Heimaufsichtsbehörden prüfen die Einhaltung dieser Bestimmungen.


Abgrenzung zu anderen Pflegeformen

Unterschied zur vollstationären Dauerpflege

Das Kurzzeitpflegeheim dient der vorübergehenden Unterbringung, wohingegen die vollstationäre Dauerpflege eine dauerhafte Aufnahme in einer Pflegeeinrichtung regelt (§ 43 SGB XI).

Unterscheidung von Verhinderungspflege und Tagespflege

  • Verhinderungspflege: Die Verhinderungspflege erfolgt in der häuslichen Umgebung und lässt sich mit der Kurzzeitpflege kombinieren, jedoch jeweils separat beantragen und einsetzen (§ 39 SGB XI).
  • Tagespflege: Die teilstationäre Tagespflege erlaubt eine tageweise Betreuung, während die Kurzzeitpflege eine vollstationäre und zeitlich zusammenhängende Leistung ist.

Träger und Zulassungsvoraussetzungen

Zulassung nach SGB XI

Nur Einrichtungen mit Zulassung nach § 72 SGB XI durch die Pflegekassen dürfen Leistungen der Kurzzeitpflege im Sinne des SGB XI abrechnen. Die Zulassung setzt voraus:

  • Vertrag mit der Pflegekasse
  • Einhaltung personeller, sächlicher und fachlicher Standards
  • Betriebserlaubnis gemäß landesrechtlichen Vorschriften

Gemeinnützige und privatgewerbliche Träger

Sowohl frei-gemeinnützige als auch privat-gewerbliche Einrichtungen können als Kurzzeitpflegeheime tätig sein, sofern sie die gesetzlichen Vorgaben erfüllen.


Leistungsumfang der Kurzzeitpflege

Pflegeleistungen

  • Grundpflege gemäß §§ 14, 15 SGB XI
  • Behandlungspflege nach ärztlicher Verordnung
  • Soziale Betreuung

Unterkunft und Verpflegung

Über die Pflegeleistungen hinaus fallen Kosten für Unterkunft und Verpflegung an, welche von der pflegebedürftigen Person (bzw. deren Angehörigen) selbst getragen werden müssen.

Investitionskosten

Zusätzlich erheben die Einrichtungen Investitionskosten, die nicht von der Pflegeversicherung, sondern von den Bewohnerinnen und Bewohnern zu tragen sind. Landesrechtliche Vorschriften können Regelungen zu staatlichen Förderungen treffen.


Anspruch, Beantragung und Abrechnung

Anspruchsberechtigung

Anspruch auf Kurzzeitpflege besteht bei Vorliegen eines anerkannten Pflegegrads 2 bis 5. Bei Pflegegrad 1 besteht grundsätzlich kein Anspruch, allerdings gewähren manche Kommunen oder Länder ergänzende Leistungen.

Antragstellung

Die Kurzzeitpflege ist vorab bei der Pflegekasse zu beantragen. In medizinisch notwendigen Eilfällen kann die Aufnahme nachgereicht werden, wenn die Voraussetzungen objektiv vorlagen.

Abrechnung und Kosten

Die Abrechnung erfolgt zwischen dem Kurzzeitpflegeheim und den Pflegekassen für den pflegebedingten Anteil der Kosten. Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten sind privat zu zahlen.

Kombinationsmöglichkeiten

Der Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege kann aufgestockt werden, wenn der jährliche Anspruch auf Verhinderungspflege noch nicht ausgeschöpft wurde (§ 42 Abs. 2 SGB XI).


Rechtliche Kontrollmechanismen und Qualitätssicherung

Heimaufsicht

Landesrechtliche Heimaufsichtsbehörden überwachen den Betrieb von Kurzzeitpflegeheimen, zum Schutz der Bewohnerrechte und Sicherstellung angemessener Pflege- und Lebensbedingungen.

Qualitätsprüfungen

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) führt regelmäßige Qualitätsprüfungen nach den §§ 114 ff. SGB XI durch. Ergebnisse der Prüfungen sind regelmäßig zu veröffentlichen.


Rechtsfragen bei der Kurzzeitpflege

Vertragliche Gestaltung

Zwischen Einrichtung und pflegebedürftiger Person wird ein schriftlicher Vertrag geschlossen, der alle wesentlichen Leistungsinhalte, Kosten sowie Rechte und Pflichten regelt. Die Vertragsbedingungen dürfen nicht gegen die in § 7 Heimvertragsgesetz (HeimG) geregelten Bewohnerrechte verstoßen.

Kündigung und Entlassung

Die Kurzzeitpflege endet automatisch mit Ablauf der bewilligten Frist oder durch ordentliche Kündigung. Außerordentliche Kündigungsrechte bestehen bei schwerwiegenden Vertragsverstößen oder bei Wegfall der Notwendigkeit der Kurzzeitpflege.


Zusammenfassung

Das Kurzzeitpflegeheim ist eine stationäre Pflegeeinrichtung, die auf vorübergehende Betreuung und Versorgung von Pflegebedürftigen ausgerichtet ist. Grundlage bildet das SGB XI sowie landesrechtliche Vorgaben. Die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen Zulassung, Leistungsumfang, Kostenerstattung, Qualitätskontrolle sowie Bewohnerrechte. Die Kurzzeitpflege stellt ein zentrales Element der Übergangs- und Entlastungspflege im deutschen Pflegesystem dar.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die rechtliche Beantragung einer Kurzzeitpflege?

Die rechtliche Beantragung einer Kurzzeitpflege erfordert in Deutschland in der Regel einen formlosen Antrag bei der zuständigen Pflegekasse. Ein Anspruch auf Kurzzeitpflege besteht gemäß § 42 SGB XI, sofern mindestens Pflegegrad 2 vorliegt. Die Beantragung kann sowohl von der pflegebedürftigen Person selbst als auch von bevollmächtigten Angehörigen vorgenommen werden. Es sind notwendige Nachweise wie die Pflegekassen-Mitgliedschaft, die Bescheinigung des Pflegegrades und gegebenenfalls ärztliche Atteste einzureichen. Ein rechtsgültiger Vertrag über die Kurzzeitpflege wird anschließend zwischen dem Leistungsnehmer und der Einrichtung abgeschlossen. Die Pflegekasse genehmigt im positiven Fall eine festgelegte Dauer der Kurzzeitpflege pro Kalenderjahr – meist vier Wochen -, deren Finanzierung bis zu Höchstbeträgen übernommen wird. Ein Widerspruchsrecht besteht bei Ablehnung, und es gelten die allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechte nach SGB X.

Welche gesetzlichen Leistungen und Kostendeckungen sind für Kurzzeitpflege geregelt?

Die gesetzlichen Leistungen der Kurzzeitpflege sind detailliert in § 42 SGB XI geregelt. Die Pflegeversicherung übernimmt demnach die pflegebedingten Aufwendungen, Kosten für die soziale Betreuung sowie die medizinische Behandlungspflege im Heim für maximal 56 Tage (acht Wochen) pro Kalenderjahr. Der zugehörige Kostenhöchstbetrag liegt seit 2022 bei 1.774 Euro pro Kalenderjahr. Gesetzlich nicht abgedeckt sind die sogenannten Hotelkosten, also der Unterkunfts- und Verpflegungsanteil sowie mögliche Investitionskosten – sie müssen grundsätzlich aus eigenen Mitteln oder weiteren Sozialleistungen (z.B. Hilfe zur Pflege nach SGB XII) finanziert werden. Bei unzureichender Kostendeckung besteht analog zum SGB XII ein rechtlicher Anspruch auf staatliche Unterstützung, sofern das Eigenvermögen bestimmte Freibeträge nicht überschreitet. Zudem kann der Anspruch auf Kurzzeit- mit Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI) kombiniert werden.

Können während einer Kurzzeitpflege Leistungen der häuslichen Pflege weiter bezogen werden?

Rechtlich ist geregelt, dass während einer in Anspruch genommenen Kurzzeitpflege die Leistungen der ambulanten oder häuslichen Pflege nach SGB XI grundsätzlich ruhen (§ 34 Abs. 2 SGB XI). Allerdings wird das Pflegegeld während einer Kurzzeitpflege für maximal acht Wochen pro Kalenderjahr zu 50 Prozent weitergezahlt. Pflegehilfsmittel und andere ambulante Dienstleistungen können nicht zeitgleich über die Pflegekasse abgerechnet werden. Nach Beendigung der Kurzzeitpflege wird das volle Pflegegeld wieder ausgezahlt. Sind mehrere Kurzzeitpflegezeiten im Kalenderjahr geplant, ist die anteilige Weiterzahlung anhand der tatsächlichen Anspruchsdauer zu berechnen.

Welche rechtlichen Voraussetzungen gelten für die Auswahl eines Kurzzeitpflegeheims?

Bei der Auswahl eines Kurzzeitpflegeheims bestehen rechtlich keine restriktiven Vorgaben bezüglich des Trägers; sowohl öffentliche, freigemeinnützige als auch private Heime sind zulässig, sofern sie über eine Zulassung nach SGB XI (eine sogenannte Versorgungsvereinbarung gemäß § 72 SGB XI) verfügen. Die Einrichtung muss eine Pflegeheimzulassung besitzen und in das Pflegekassen-Verzeichnis aufgenommen sein. Die pflegebedürftige Person ist bei der Wahl des Ortes grundsätzlich frei, muss jedoch beachten, dass bei Aufnahme in ein Pflegeheim außerhalb des Bundeslandes gegebenenfalls gesonderte Landesvorschriften zur Anwendung kommen. Bei vollstationären Pflegeplätzen mit Schwerpunkt auf Kurzzeitpflege ist der Abschluss eines schriftlichen Pflegevertrages rechtlich verpflichtend.

Welche rechtlichen Ansprüche bestehen im Falle von Ausfällen oder Ablehnungen der Kurzzeitpflege?

Kommt es zu einer Ablehnung eines Antrags auf Kurzzeitpflege durch die Pflegekasse, besitzt der Versicherte gemäß § 85 SGB XI das Recht, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen. Die Ablehnung muss schriftlich und unter Angabe von Gründen erfolgen; die gesetzliche Widerspruchsfrist beträgt in der Regel einen Monat. Kommt es zu Kapazitätsengpässen oder Ausfällen durch das Pflegeheim selbst, greift das Wunsch- und Wahlrecht gemäß § 11 SGB XI. Der Anspruch kann auf mehrere Einrichtungen verteilt werden, solange der gesetzliche Rahmen nicht überschritten wird, und es besteht kein Zwang, die Leistungen an einem Stück in Anspruch zu nehmen. Im Falle von Leistungsunterbrechungen oder Leistungserschleichung durch die Einrichtung gibt es rechtliche Möglichkeiten der Schadenersatzforderung und Beschwerdeführung über die Heimaufsicht oder das Sozialgericht.

Wie ist die Kündigung oder vorzeitige Beendigung eines Kurzzeitpflegevertrags rechtlich geregelt?

Der Kurzzeitpflegevertrag kann sowohl von der pflegebedürftigen Person bzw. dem gesetzlichen Vertreter als auch von der Einrichtung aus wichtigen Gründen gekündigt werden. Das Heimvertragsgesetz (§§ 8 ff. Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, WBVG) regelt Rechte und Pflichten rund um Kündigungsfristen und Sonderkündigungsrechte. Bei vorzeitiger Beendigung aus nicht von der pflegebedürftigen Person zu vertretenden Gründen dürfen keine Stornogebühren verlangt werden, außer für bereits erbrachte Leistungen. Die Pflegekasse zahlt in diesem Fall anteilig für die tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegeleistungen.

Existieren rechtliche Vorgaben zur Unterbringung, Betreuung und zur Qualitätssicherung?

Nach SGB XI, insbesondere § 112 ff., sind Pflegeheime, die Kurzzeitpflege anbieten, verpflichtet, eine qualitative Betreuung sowie medizinische und pflegerische Mindeststandards zu gewährleisten. Einrichtungen unterliegen der Prüfpflicht durch den Medizinischen Dienst (MDK) sowie der gesetzlichen Heimaufsicht nach dem jeweiligen Landesrecht. Im Rahmen des Pflegevertrags ist die Qualität der Leistungen verbindlich geregelt und bei Nichteinhaltung besteht das Recht auf Beanstandung, gegebenenfalls mit Schadensersatz- und Rückerstattungsforderungen. Die Unterbringung muss den anerkannten Regeln der Technik, dem Heimrecht sowie den Vorgaben zur Barrierefreiheit entsprechen.