Legal Lexikon

Kur


Begriff der Kur im rechtlichen Kontext

Die „Kur“ ist ein juristisch und sozialrechtlich relevanter Begriff, der zahlreiche Facetten umfasst. Sie bezeichnet in der Regel eine medizinisch indizierte Maßnahme zur Prävention, Rehabilitation oder Behandlung von Krankheiten und dient insbesondere der Wiederherstellung oder Erhaltung der Gesundheit. Rechtlich findet die Kur sowohl im deutschen Sozialversicherungsrecht als auch im europäischen Kontext Anwendung. Die folgende Darstellung beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, Formen und Ansprüche im Zusammenhang mit dem Begriff „Kur“.


Definition und Abgrenzung

Im rechtlichen Sinne versteht man unter einer Kur eine zeitlich befristete Gesundheitsmaßnahme, bei der Patientinnen und Patienten stationär oder ambulant unter ärztlicher Aufsicht betreut werden. Ziel der Kur ist es, Krankheiten vorzubeugen, Krankheitsfolgen zu mildern oder die Erwerbsfähigkeit (wieder) herzustellen. Die rechtliche Abgrenzung zur ärztlichen Behandlung erfolgt insbesondere aufgrund des präventiven Charakters, der methodischen Durchführung sowie des zeitlichen und organisatorischen Rahmens.


Rechtliche Grundlagen der Kur in Deutschland

Sozialgesetzbuch (SGB) und die Rolle der Sozialversicherung

Die Durchführung und Finanzierung von Kuren ist in verschiedenen Teilen des Sozialgesetzbuches (SGB) geregelt:

SGB V: Gesetzliche Krankenversicherung

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verpflichtet, medizinisch notwendige Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen zu gewähren. Wesentliche Regelungen finden sich in den §§ 23- 43 SGB V. Hierzu zählen insbesondere:

  • Vorsorgekuren (§ 23 SGB V): Leistungen zur Verhütung von Krankheiten oder zur Verhinderung einer Verschlimmerung eines Leidens.
  • Rehabilitationskuren (§§ 40 ff. SGB V): Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach Krankheit oder medizinischem Eingriff.

SGB VI und IX: Rentenversicherung und Teilhabe

Auch die Rentenversicherung (§§ 9, 15, 31 SGB VI) und das SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen) enthalten Vorschriften, nach denen Kuren als Leistung zur Rehabilitation oder Teilhabe in Betracht kommen.

Voraussetzungen für die Bewilligung einer Kur

Für die Bewilligung einer Kur gelten bestimmte gesetzliche Anforderungen:

  • Ärztliche Notwendigkeit: Die medizinische Indikation muss durch ärztliche Bescheinigung nachgewiesen sein.
  • Erfolgsaussicht: Aussicht auf eine wesentliche Besserung oder Erhaltung der Gesundheit bzw. Erwerbsfähigkeit.
  • Kosteneffizienz: Die Leistung muss wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmäßig sein.

Antrags-, Bewilligungs- und Kostenübernahmeverfahren

Die Durchführung einer Kur setzt in aller Regel einen schriftlichen Antrag bei dem zuständigen Versicherungsträger voraus. Im Regelfall entscheidet die Krankenkasse oder Rentenversicherung nach Prüfung der ärztlichen Unterlagen und des jeweiligen Antrags auf Kur.

  • Ambulante Kur: Leistungen werden meist in Form von Zuschüssen bewilligt, u.a. für Unterkunft, Verpflegung, Fahrtkosten und Anwendungen.
  • Stationäre Kur: Bei medizinischer Notwendigkeit werden die vollen Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Kurmittel sowie ggf. Taschengeld übernommen.

Formen der Kur und ihre rechtliche Einordnung

Vorsorgekur

Bei der Vorsorgekur, häufig auch als Kururlaub bezeichnet, handelt es sich um eine medizinisch begründete Maßnahme zur Vorbeugung, insbesondere vor dem Hintergrund beruflicher oder familiärer Belastungen (z.B. Mutter-Kind-Kur, Vater-Kind-Kur). Die rechtlichen Grundlagen finden sich in § 24 SGB V.

Rehabilitationskur

Bei der Rehabilitationskur (medizinische Rehabilitation) steht die Wiederherstellung der Gesundheit nach schweren oder chronischen Erkrankungen im Vordergrund. Die gesetzliche Grundlage bildet u. a. § 40 SGB V sowie § 15 SGB VI.

Komplexleistungen und Heilkur

Bei Komplexleistungen, die mehrere Behandlungsformen kombinieren (z. B. physiotherapeutische und psychosoziale Maßnahmen) oder bei der klassischen „Heilkur“ in Kurorten, gelten zusätzliche Bestimmungen nach Heilbäder- und Kurortgesetzen der Bundesländer.


Besondere Formen: Mutter-/Vater-Kind-Kur

Gesetzliche Grundlage

Die Mutter-/Vater-Kind-Kur ist gemäß § 24 SGB V ein eigenständiger Leistungsanspruch im Rahmen der Prävention und Rehabilitation. Sie dient gezielt der Stärkung der Gesundheit von Eltern und Kindern und kann von gesetzlichen Krankenkassen oder Rentenversicherungsträgern bewilligt werden.

Leistungsumfang und Anspruch

Kostenträger sind verpflichtet, die gesamten Aufenthalts- und Behandlungskosten zu übernehmen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind (insbesondere Belastung durch Betreuung oder Erziehung eines Kindes sowie medizinische Indikation).


Kurorte und Heilbäder: Zulassung und rechtliche Anforderungen

Nach den Landesgesetzen über Kurorte und Heilbäder (sog. Heilbädergesetze) dürfen sich Gemeinden nur dann als „Kurort“ oder „Heilbad“ bezeichnen, wenn sie bestimmte bauliche, hygienische und klimatische Anforderungen erfüllen und regelmäßig überprüft werden. Diese Zulassung ist entscheidend für die Anerkennung von Kureinrichtungen und die Abrechnung mit Sozialversicherungsträgern.


Europäische und internationale Regelungen

Anspruch auf grenzüberschreitende Kuren

Die Richtlinie 2011/24/EU über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung gewährt Versicherten grundsätzlich die Möglichkeit, eine Kur auch in anderen EU-Staaten in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung ist die medizinische Notwendigkeit und, je nach nationaler Ausgestaltung, häufig eine vorherige Genehmigung durch den jeweiligen Träger.


Rechtsschutz und Widerspruchsverfahren

Die Ablehnung einer Kur kann im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren angefochten werden. Versicherte haben das Recht auf Überprüfung der Entscheidung gemäß § 83 SGG (Sozialgerichtsgesetz). Im Streitfall kann Klage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden.


Zusammenfassung

Die Kur ist ein vielschichtiger, rechtlich klar definierter Begriff im deutschen und europäischen Sozialrecht. Sie stellt eine wichtige Leistung der sozialen Sicherungssysteme dar, deren Anspruch, Durchführung und Finanzierung gesetzlich detailliert geregelt sind. Die rechtlichen Regelungen stellen sicher, dass notwendige Kuren unter bestimmten Voraussetzungen als Präventions-, Rehabilitations- oder Heilmaßnahme gewährt werden und somit einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Gesundheit sowie der sozialen Teilhabe leisten.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Bewilligung einer Kur erfüllt sein?

Für die Bewilligung einer Kur müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen gemäß den jeweiligen Sozialgesetzbüchern (insbesondere SGB V) erfüllt sein. Grundlegend ist, dass eine sogenannte medizinische Notwendigkeit vorliegt, welche durch einen behandelnden Arzt nach ausführlicher Untersuchung festgestellt und dokumentiert wird. Der Arzt stellt hierzu einen Antrag auf eine „medizinische Vorsorge- oder Rehabilitationsleistung“, der detaillierte Angaben zum Befund sowie zur bisherigen Behandlung und deren Ergebnissen enthalten muss. Im Regelfall prüft die zuständige Krankenkasse oder der Rentenversicherungsträger den Antrag nach § 23 SGB V für Vorsorgeleistungen beziehungsweise nach § 40 SGB V für rehabilitative Maßnahmen. Dabei wird auch geprüft, ob die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten vor Ort ausgeschöpft sind und ob die beantragte Kur erfolgversprechend ist. Daneben sind Formalien wie das Einhalten von Antragsfristen sowie Mitwirkungspflichten des Versicherten zu beachten. Besteht ein Anspruch, so wird die Kur bewilligt; ansonsten erfolgt eine schriftliche Ablehnung mit Rechtsbehelfsbelehrung, wogegen ein Widerspruch eingelegt werden kann.

Wer trägt die Kosten für eine Kur und in welchem Umfang besteht eine Übernahmepflicht?

Die Kostenübernahme für eine Kur richtet sich nach den jeweils geltenden gesetzlichen Grundlagen, primär dem fünften Sozialgesetzbuch (SGB V). Bei Kuren im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung übernehmen die Krankenkassen sowohl die Kosten für medizinisch notwendige Maßnahmen als auch für bestimmte Nebenkosten wie Unterkunft, Verpflegung und Fahrkosten, wobei teils Zuzahlungen vom Patienten zu leisten sind. Die Höhe der Zuzahlung ist gesetzlich geregelt und beträgt meist zehn Prozent der Kosten pro Tag für stationäre Maßnahmen (mindestens 10 Euro, höchstens 28 Tage pro Kalenderjahr). Fahrtkosten werden oft nur in Höhe des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels erstattet, und Eigenanteile sowie Mehrkosten durch eine höherwertige Auswahl der Unterkunft sind selbst zu tragen. Bei Kuren über die Deutsche Rentenversicherung gelten vergleichbare Regelungen, wobei die Übernahme und der Umfang speziell von den individuellen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und den Maßgaben des Rentenrechts (SGB VI) abhängen. Privatversicherte müssen ihren individuellen Versicherungsvertrag und die jeweiligen Tarifbedingungen prüfen, da hier abweichende Regelungen zur Kostenübernahme gelten können.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen für den Versicherten im Kurverfahren?

Der Versicherte ist im Rahmen eines Kurverfahrens nach dem Grundsatz der Mitwirkung (§§ 60-67 SGB I) verpflichtet, alle für die Bearbeitung des Kurantrags erforderlichen Auskünfte und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Dies umfasst insbesondere das vollständige Ausfüllen des Antragsformulars, die Beibringung medizinischer Atteste, Nachweise über vorangegangene Behandlungen sowie die Beteiligung an vorgeschriebenen Untersuchungen. Ebenso muss der Versicherte Änderungen in seinen persönlichen oder gesundheitlichen Verhältnissen unverzüglich mitteilen. Während der Kurmaßnahme besteht die Pflicht zur aktiven Teilnahme an den angebotenen Therapien und zur Einhaltung der Haus- und Benutzungsordnung der Kurklinik. Erfolgt keine ausreichende Mitwirkung, kann dies zur Ablehnung des Antrags oder zum Abbruch beziehungsweise zur Rückforderung der Kosten durch den Kostenträger führen.

In welchen Fällen kann die Bewilligung einer Kur rechtlich abgelehnt werden?

Die Bewilligung einer Kur kann aus mehreren rechtlichen Gründen abgelehnt werden. Zu den häufigsten Ablehnungsgründen gehört das Fehlen der medizinischen Notwendigkeit, beispielsweise wenn die ambulante Behandlung vor Ort noch nicht ausgeschöpft wurde oder die beantragten Maßnahmen als nicht erfolgversprechend angesehen werden. Weitere Gründe sind formale Fehler im Antragsverfahren, wie unvollständige Unterlagen oder versäumte Fristen. Auch wenn die versicherungsrechtlichen Mindestversicherungszeiten, etwa bei der gesetzlichen Rentenversicherung, nicht erfüllt sind, kann eine Ablehnung erfolgen. Schließlich kann die Inanspruchnahme einer Kur innerhalb eines gesetzlichen Sperrzeitraumes (in der Regel alle vier Jahre) zur Ablehnung führen, außer es liegt eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes vor, die eine vorzeitige Maßnahme rechtfertigt.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen im Falle einer Ablehnung des Kurantrags?

Wird ein Kurantrag von der Krankenkasse oder einem anderen Kostenträger abgelehnt, besteht für den Antragsteller der Rechtsweg des Widerspruchs nach § 84 SGG (Sozialgerichtsgesetz). Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Zugang des Ablehnungsbescheids schriftlich begründet eingelegt werden. Die Krankenkasse überprüft daraufhin den Ablehnungsbescheid unter Berücksichtigung neuer eventueller medizinischer Stellungnahmen. Wird dem Widerspruch nicht stattgegeben, kann der Versicherte binnen eines Monats nach Erhalt des Widerspruchsbescheids Klage beim zuständigen Sozialgericht einreichen. Während der Widerspruchs- und Klageverfahren besteht vielfach weiterhin Anspruch auf vorübergehende Fortsetzung notwendiger Maßnahmen, sofern dies ärztlich angeordnet ist. Details und Fristen sind der entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid zu entnehmen.

Welche Aufbewahrungsfristen und Datenschutzregelungen gelten im Zusammenhang mit dem Kurantrag?

Im Rahmen eines Kurantrags sind sowohl die allgemeinen Anforderungen des Datenschutzes (insbesondere nach der Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO) als auch spezielle sozialrechtliche Regelungen einzuhalten. Die erhobenen Daten dürfen ausschließlich für die Bearbeitung des Antrags sowie die Durchführung der Kur verwendet werden. Nach Beendigung des Verfahrens müssen personenbezogene Daten gemäß § 110a SGB IV nach einer Frist von zehn Jahren gelöscht werden, sofern keine längeren Aufbewahrungspflichten (z. B. im Fall von anhängigen Rechtsstreitigkeiten) gelten. Der Antragsteller hat das Recht auf Auskunft, Berichtigung und Löschung seiner Daten sowie die Möglichkeit, eine erteilte Einwilligung jederzeit zu widerrufen. Alle beteiligten Stellen (Krankenkassen, Ärzte, Kurkliniken) müssen sicherstellen, dass die Datenverarbeitung nach den aktuellen datenschutzrechtlichen Standards erfolgt und eine unbefugte Weitergabe oder Nutzung ausgeschlossen ist.