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Kundenauthentifizierung


Kundenauthentifizierung im Rechtskontext

Die Kundenauthentifizierung bezeichnet sämtliche Verfahren und Prozesse, die darauf abzielen, die Identität eines Nutzers oder Kunden im Rahmen einer Interaktion mit einem Dienstleistungsanbieter, insbesondere im digitalen Umfeld, zweifelsfrei festzustellen und zu überprüfen. Im rechtlichen Kontext kommt der Kundenauthentifizierung insbesondere im Zusammenhang mit Datenschutz, Vertragsabschlüssen, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation und E-Government eine herausragende Bedeutung zu. Der nachfolgende Artikel beleuchtet die Definition, rechtlichen Grundlagen, Anforderungen, technische Umsetzung sowie spezielle Herausforderungen und Entwicklungen in verschiedenen Rechtsgebieten.


Definition und Abgrenzung

Begriffliche Einordnung

Die Kundenauthentifizierung dient der Sicherstellung, dass eine handelnde Person tatsächlich diejenige ist, für die sie sich ausgibt. Sie ist von der Autorisierung zu unterscheiden, welche die Vergabe und Kontrolle von Zugriffsrechten betrifft. Die Authentifizierung bildet regelmäßig die Voraussetzung für eine nachfolgende Autorisierung.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

  • Identifizierung: Feststellung der Identität einer natürlichen oder juristischen Person anhand von amtlich anerkannten Dokumenten oder digitalen Identifizierungsverfahren.
  • Authentifizierung: Überprüfung, ob der Nutzer derjenige ist, für den er sich ausgibt (z.B. durch Passwörter, biometrische Verfahren oder Zwei-Faktor-Verfahren).
  • Autorisierung: Zuweisung und Verwaltung von Nutzungsrechten nach erfolgter Authentifizierung.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Datenschutzrechtliche Anforderungen

Europäisches Datenschutzrecht (DSGVO)

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verlangt ein angemessenes Schutzniveau für personenbezogene Daten und erfordert den Einsatz von technischen und organisatorischen Maßnahmen, zu denen die Kundenauthentifizierung zählt. Insbesondere bei Verarbeitungen, die besondere Risiken für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen bergen, ist die Authentifizierung ein zentrales Element zur Sicherung der Integrität und Vertraulichkeit. Artikel 32 DSGVO benennt explizit die „Pseudonymisierung und Verschlüsselung personenbezogener Daten“ sowie die „Fähigkeit, die Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Belastbarkeit der Systeme“ sicherzustellen.

Zivilrechtliche Bedeutung

Vertragsabschlüsse und Willenserklärungen

Im Zivilrecht ist die eindeutige Authentifizierung des Vertragspartners für die Wirksamkeit und Zuordnung von Willenserklärungen essenziell, insbesondere bei Fernabsatzverträgen, rechtsverbindlichen Erklärungen oder elektronischen Signaturen (§ 126a BGB).

Digitale Signatur nach eIDAS-Verordnung

Für besonders schutzwürdige Transaktionen sieht die eIDAS-Verordnung (EU Nr. 910/2014) unterschiedliche Vertrauensniveaus (einfache, fortgeschrittene und qualifizierte elektronische Signatur) vor, die jeweils spezifische Anforderungen an das Authentifizierungsverfahren stellen.

Besonderheiten im Finanz- und Zahlungsdienstleistungsrecht

Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2)

Dem Finanzsektor kommt eine Schlüsselfunktion bei der Kundenauthentifizierung zu. Nach der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2, RL (EU) 2015/2366) ist die „starke Kundenauthentifizierung“ (Strong Customer Authentication, SCA) in einer Vielzahl von Transaktionsfällen zwingend vorgeschrieben. Hierzu müssen mindestens zwei aus den Kategorien Wissen (z.B. Passwort), Besitz (z.B. Smartphone) und Inhärenz (z.B. Fingerabdruck) kombiniert werden.

Geldwäschegesetz (GwG)

Das Geldwäschegesetz verlangt umfassende Maßnahmen zur Identifizierung und Authentifizierung von Vertragspartnern (Know-Your-Customer-Prinzip, KYC), insbesondere bei der Aufnahme neuer Geschäftsbeziehungen (§§ 10 ff. GwG). Hierzu zählen Video-Ident-, Post-Ident- oder digitale Identifikationsverfahren.

Telekommunikations- und IT-Sicherheitsrecht

Telekommunikationsgesetz (TKG)

Das Telekommunikationsgesetz und die darauf fußenden Regulierungsmaßnahmen bringen für Diensteanbieter nach § 172 TKG konkrete Pflichten zur Sicherstellung der Authentizität von Kundeninformationen mit sich, insbesondere beim Abschluss und der Änderung von Verträgen.

IT-Sicherheitsgesetz

Mit dem IT-Sicherheitsgesetz und darauf basierenden Verordnungen sind Betreiber kritischer Infrastrukturen gehalten, angemessene Authentifizierungsmaßnahmen zum Schutz ihrer Systeme und sensibler Kundendaten zu implementieren.

E-Government und Behördenkontakte

Beim Zugriff auf Verwaltungsleistungen über elektronische Portale (z.B. Bürgerportale, ELSTER) ist die Authentifizierung der Bürgerin oder des Bürgers gesetzlich zwingend vorgesehen. Die Verwendung von elektronischen Identitätsnachweisen (eID) nach dem Personalausweisgesetz (§ 18 PAuswG) bildet hier ein Kernelement.


Technische und organisatorische Umsetzung

Authentifizierungsverfahren

  • Ein-Faktor-Authentifizierung (z.B. Passwort)
  • Zwei-Faktor-Authentifizierung (Kombination von Wissen/Besitz/Inhärenz)
  • Multi-Faktor-Authentifizierung (mehr als zwei unabhängige Authentifizierungsmerkmale)
  • Biometrische Verfahren (z.B. Fingerabdruck, Gesichtserkennung)

Anforderungen an Dokumentation und Nachweispflichten

Im Rahmen datenschutz- und geldwäscherechtlicher Anforderungen sind Anbieter verpflichtet, Authentifizierungsverfahren und -ergebnisse zu protokollieren und teilweise über definierte Zeiträume verfügbar zu halten. Die Implementierung muss angemessen dokumentiert werden, um im Streitfall oder gegenüber Aufsichtsbehörden Nachweise erbringen zu können.


Rechtliche Risiken und Haftung

Fehlende oder mangelhafte Authentifizierung

Unzureichende Authentifizierungsmaßnahmen können zu Haftungsansprüchen führen, beispielsweise bei unautorisierten Transaktionen, Datenverlust, Datenschutzverletzungen oder Betrugsfällen. Im Zahlungsdiensterecht sieht § 675v BGB vor, dass Zahlungen nur autorisiert, d. h. nach einer gültigen Authentifizierung, erfolgen dürfen.

Aufbewahrungspflichten und Beweislast

Nach verschiedenen gesetzlichen Vorgaben bestehen Aufbewahrungs- und Nachweispflichten zum Nachweis ordnungsgemäßer Authentifizierung (z.B. § 257 HGB, steuerliche Vorschriften). Bei Streitigkeiten trifft die Nachweispflicht für den ordnungsgemäßen Ablauf des Authentifizierungsprozesses regelmäßig denjenigen, der sich auf dessen Wirksamkeit beruft.


Entwicklungen und Herausforderungen

Technologischer Fortschritt und Regulierung

Zunehmende Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Blockchain-Technologien führen zu kontinuierlichen Veränderungen der Authentifizierungsmechanismen. Gesetzliche Vorgaben müssen fortlaufend den technologischen Entwicklungen angepasst werden, etwa im Hinblick auf neue Authentifizierungsverfahren oder die Nutzung mobiler Endgeräte.

Internationaler Kontext

Unterschiedliche gesetzliche Vorgaben in verschiedenen Staaten und Regionen stellen Unternehmen vor Herausforderungen bei grenzüberschreitenden Transaktionen und der Anerkennung von Authentifizierungsergebnissen. Initiativen wie die eIDAS-Verordnung oder internationale Standards (z.B. ISO/IEC 27001) dienen der Harmonisierung und Erleichterung des internationalen Rechtsverkehrs.


Zusammenfassung

Die Kundenauthentifizierung ist ein rechtlich vielschichtiger Begriff, der in unterschiedlichen Rechtsgebieten spezifische Anforderungen erfährt. Sie ist für die Rechtssicherheit, den Datenschutz, die Prävention von Missbrauch und die Integrität digitaler Geschäftsprozesse unabdingbar. Die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen, die kontinuierliche Anpassung an neue Technologien und die angemessene Dokumentation und Nachweisführung spielen eine zentrale Rolle für Unternehmen, Organisationen und öffentliche Stellen. Die Entwicklungen im rechtlichen und technischen Umfeld der Kundenauthentifizierung erfordern eine fortlaufende Beobachtung und Anpassung der angewandten Verfahren.


Siehe auch

  • PSD2 (Payment Services Directive 2)
  • eIDAS-Verordnung
  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
  • Geldwäschegesetz (GwG)
  • IT-Sicherheitsgesetz
  • Personalausweisgesetz (PAuswG)

Häufig gestellte Fragen

Wann ist eine starke Kundenauthentifizierung gesetzlich vorgeschrieben?

Eine starke Kundenauthentifizierung (englisch: Strong Customer Authentication, SCA) ist insbesondere im Zahlungsdiensterichtlinienumfeld (PSD2) vorgeschrieben. Nach Art. 97 der EU-Richtlinie (EU) 2015/2366 (PSD2) sind Zahlungsdienstleister verpflichtet, bei elektronischen Zahlungsvorgängen, dem Zugang zu Zahlungskonten oder bei elektronischen Geschäftsvorgängen mit erhöhtem Betrugsrisiko mindestens zwei oder mehrere unabhängige Elemente aus den Kategorien Wissen (etwas, das nur der Nutzer weiß, z. B. Passwort), Besitz (etwas, das nur der Nutzer besitzt, z. B. Mobiltelefon) und Inhärenz (etwas, das der Nutzer ist, z. B. biometrischer Fingerabdruck) zur Verifizierung heranzuziehen. Ziel ist es, das Risiko unbefugter Zugriffe maßgeblich zu reduzieren. Die Vorgaben gelten unter anderem für Banken, Zahlungsdienstleister, aber auch für Handelsunternehmen, wenn sie Zahlungen initiieren oder Kundenkonten zugänglich machen. Allerdings sind in der Delegierten Verordnung (EU) 2018/389 verschiedene Ausnahmetatbestände geregelt, bei deren Vorliegen keine SCA erforderlich ist, z. B. bei Kleinbetragszahlungen oder wiederkehrenden Zahlungen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Welche personenbezogenen Daten dürfen im Rahmen der Kundenauthentifizierung rechtlich erhoben werden?

Im Rahmen der Kundenauthentifizierung dürfen nur solche personenbezogenen Daten erhoben werden, die für die Zwecke der Authentifizierung erforderlich und zweckgebunden sind (Datensparsamkeit nach Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO). Hierunter fallen in der Regel Identifikationsdaten (Name, Benutzername, ggf. Kundennummer), Authentifizierungsfaktoren wie Passwörter, PINs, TANs, Biometrie-Daten (sofern erforderlich und mit gesonderter Einwilligung nach Art. 9 DSGVO) oder Geräteinformationen. Die Verarbeitung und Speicherung dieser Daten dürfen nur unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben erfolgen und müssen insbesondere durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen geschützt werden (Art. 32 DSGVO). Eine Weiterverarbeitung der Daten für andere Zwecke ist im Regelfall ausgeschlossen oder bedarf einer gesonderten Rechtsgrundlage.

Welche rechtlichen Risiken bestehen bei Verstößen gegen Vorgaben der Kundenauthentifizierung?

Verstöße gegen rechtliche Vorgaben zur Kundenauthentifizierung können vielfältige Haftungsrisiken und Sanktionen nach sich ziehen. Bei Nichtanwendung der vorgeschriebenen starken Authentifizierung drohen finanzielle Sanktionen und Bußgelder durch Aufsichtsbehörden, insbesondere durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder im europäischen Kontext durch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA). Datenschutzverstöße, etwa eine unzulässige oder unsichere Verarbeitung von Authentifizierungsdaten, können nach Art. 83 DSGVO mit Bußgeldern von bis zu 20 Mio. Euro oder bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes geahndet werden. Daneben sind zivilrechtliche Haftungsansprüche der betroffenen Kunden möglich, etwa bei Missbrauch ihrer Konten infolge unzureichender Sicherheitsmaßnahmen. Zudem drohen Reputationsschäden und der Entzug von Zahlungsdiensterlaubnissen.

Wie lange dürfen Authentifizierungsdaten rechtlich gespeichert werden?

Die zulässige Speicherdauer von Authentifizierungsdaten richtet sich nach dem Grundsatz der Speicherbegrenzung aus Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO, wonach personenbezogene Daten nur so lange gespeichert werden dürfen, wie dies für den vorgesehenen Zweck erforderlich ist. Nach Wegfall des Zwecks sind Authentifizierungsdaten unverzüglich zu löschen. Für bestimmte Vorgänge – etwa Transaktionsdaten bei Zahlungsdienstleistungen – bestehen gegebenenfalls gesetzliche Aufbewahrungspflichten aus dem Handels- oder Steuerrecht (z.B. § 257 HGB, § 147 AO), die je nach Datenart bis zu zehn Jahre betragen können. Authentifizierungsfaktoren wie Passwörter oder PINs dürfen jedoch grundsätzlich nur für die Dauer der laufenden Kundenbeziehung gespeichert werden und müssen nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses unverzüglich gelöscht werden.

Welche Informationspflichten bestehen gegenüber Kunden vor oder während der Authentifizierung?

Vor der Nutzung von Authentifizierungsverfahren müssen Verantwortliche den Kunden transparent und umfassend nach Art. 13 und 14 DSGVO über die Art, den Zweck und die Dauer der Datenerhebung und -verarbeitung informieren. Hierzu gehört die klare Erläuterung, welche Authentifizierungsmerkmale und -technologien eingesetzt werden, zu welchen Zwecken diese verarbeitet werden, sowie gegebenenfalls, welche Drittanbieter beteiligt sind. Darüber hinaus ist über die datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte, insbesondere das Recht auf Auskunft, Berichtigung und Löschung, sowie die Beschwerdemöglichkeit bei Aufsichtsbehörden zu informieren. Auch die Risiken und Schutzmaßnahmen im Rahmen der Authentifizierung sollten in geeigneter Form kommuniziert werden. Bei einer wesentlichen Änderung des Authentifizierungsverfahrens ist der Kunde erneut und rechtzeitig zu informieren.

Dürfen Dritte im Rahmen der Kundenauthentifizierung eingebunden werden und welche rechtlichen Anforderungen gelten hierbei?

Die Einbindung Dritter (z. B. externer Authentifizierungs- oder Identifikationsdienstleister) ist zulässig, setzt jedoch voraus, dass diese Auftragsverarbeiter nach Art. 28 DSGVO oder bei eigenständiger Verantwortlichkeit gemeinsame Verantwortliche nach Art. 26 DSGVO sind. Ein Vertrag zur Auftragsverarbeitung muss sicherstellen, dass die Dritten sämtliche Datenschutz- und Sicherheitsvorgaben einhalten. Zusätzlich ist zu prüfen, ob die Übermittlung von Authentifizierungsdaten insbesondere in Drittländer zulässig ist und die erforderlichen Garantien (etwa durch EU-Standardvertragsklauseln, Art. 46 DSGVO) bestehen. Kunden sind über die Einbindung Dritter transparent zu informieren. Zudem sind besondere Anforderungen an die Sicherheitsarchitektur zu stellen, wenn Authentifizierungsdaten den Einflussbereich des verantwortlichen Unternehmens verlassen.

Welche Dokumentations- und Nachweispflichten bestehen bezüglich der Kundenauthentifizierung?

Nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO (Rechenschaftspflicht) müssen Unternehmen den Nachweis erbringen können, dass sämtliche gesetzlichen Vorgaben zur Kundenauthentifizierung, insbesondere zur Datenerhebung, -speicherung und -löschung, eingehalten wurden. Dazu sind Authentifizierungsprozesse, technische und organisatorische Maßnahmen, etwaige Risikobewertungen sowie die Einbindung von Dritten umfassend zu dokumentieren. Darüber hinaus besteht bei Zahlungsvorgängen die Pflicht, Authentifizierungen und Transaktionen nachvollziehbar zu protokollieren, um die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Anforderungen belegen und im Streitfall Haftung und Verantwortlichkeit zuweisen zu können. Die Dokumentation ist revisionssicher aufzubewahren und auf Verlangen der Aufsichtsbehörden bereitzustellen.