Begriff und rechtliche Definition der Küstenfischerei
Die Küstenfischerei ist ein zentraler Begriff im deutschen und europäischen Recht des Fischereiwesens. Sie bezeichnet eine bestimmte Art der Fischerei, die sich – unter Abgrenzung zur Hochsee- und Binnenfischerei – auf den küstennahen Bereich der Meeresgewässer erstreckt und besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegt.
Rechtlich betrachtet umfasst die Küstenfischerei alle Fischereiaktivitäten, die – abhängig von nationalen oder supranationalen Bestimmungen – in den Küstengewässern eines Staates stattfinden, meistens innerhalb einer bestimmten Entfernung vom Festland oder von ausgewiesenen Basislinien. Ausschlaggebend für die Abgrenzung zu anderen Fischereiarten sind sowohl die geographische Lage als auch die Größe der eingesetzten Fangfahrzeuge.
Rechtliche Grundlagen der Küstenfischerei
Nationale Regelungen (Beispiel: Deutschland)
In Deutschland basiert die Küstenfischerei insbesondere auf dem Seefischereigesetz (SeeFischG). Das Gesetz definiert Küstengewässer als das Seegebiet zwischen der Küste (Basislinie) und einer Meeresentfernung von drei Seemeilen (teilweise erweitert auf zwölf Seemeilen, abhängig von den Regelungen der jeweiligen Bundesländer und des Bundesrechts).
Das Seefischereigesetz regelt insbesondere:
- Die Erteilung von Fischereischeinen und -lizenzen,
- Fangbeschränkungen und Schonzeiten,
- Zugelassene Fanggeräte und -methoden,
- Vorschriften zum Schutz der Meeresumwelt und der Bestände,
- Kontroll- und Überwachungspflichten für Behörden und Fischereiausübende.
Zusätzlich existieren auf Länderebene spezielle Küstenfischereigesetze, die Details zu den Fischereiberechtigungen, den zulässigen Fangmethoden und den zuständigen Behörden festlegen (zum Beispiel das Niedersächsische Küstenfischereigesetz).
Europarechtliche Bestimmungen
Für die Küstenfischerei in deutschen Hoheitsgewässern mit Zugang zur Nord- und Ostsee gelten die Regelungen der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) der Europäischen Union (Verordnung (EU) Nr. 1380/2013). Die GFP bildet den Rahmen für die Nutzung und nachhaltige Bewirtschaftung der aquatischen Ressourcen innerhalb der Hoheitsgewässer und der ausschließlichen Wirtschaftszone der Mitgliedstaaten.
Spezifische Inhalte europarechtlicher Regelungen betreffen unter anderem:
- Festsetzung von Gesamtfangmengen (Total Allowable Catches, TAC),
- Quotenregelungen,
- Schutz bestimmter Arten und Habitate,
- Zulässige Fanggeräte und -techniken,
- Verpflichtungen zur Datenerhebung, Kontrolle und Durchsetzung.
EU-Mitgliedstaaten können dabei eigene, strengere Regeln für ihre Küstengewässer erlassen, soweit diese mit dem Unionsrecht vereinbar sind.
Internationales Seerecht
Das internationale Seerecht, insbesondere das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ, UNCLOS), definiert die Rechte und Pflichten von Küstenstaaten im Bereich der Küstenfischerei. Wesentliche Aspekte sind:
- Die Souveränität der Anrainerstaaten über die im Küstenmeer (üblicherweise 12 Seemeilen ab Basislinie) befindlichen Ressourcen, wozu auch die Fischbestände zählen,
- Das Recht zur Festlegung von Fischereibedingungen, Nutzungslizenzen und der Bewirtschaftung der Ressourcen,
- Die Verpflichtung, Überfischung zu vermeiden und nachhaltige Nutzung sicherzustellen,
- Regelungen im Verhältnis zu benachbarten Staaten und zur Nutzung grenzüberschreitender Fischbestände.
Abgrenzung zu anderen Fischereiarten
Die Küstenfischerei ist von der Hochseefischerei (überwiegend außerhalb der Küstengewässer und in internationalen Gewässern) sowie von der Binnenfischerei (in Flüssen, Seen und Binnengewässern) zu unterscheiden. Charakteristisch für die Küstenfischerei sind:
- Die örtliche Begrenzung auf das Küstenmeer,
- Der Einsatz vergleichsweise kleinerer Fangboote,
- Häufig traditionell und regional verwurzelte Fischereimethoden,
- Besondere Schutz- und Fördermaßnahmen für Kleinfischerei und handwerklich betriebene Fischerei.
Lizenz- und Erlaubnispflichten
Fischereischeine und Lizenzen
Für die Ausübung der Küstenfischerei ist in der Regel eine entsprechende Erlaubnis erforderlich. Diese Erlaubnis wird als Küstenfischereischein oder -lizenz bezeichnet. Die Voraussetzungen, die für deren Erlangung zu erfüllen sind, variieren je nach Bundesland und Einsatzgebiet. Wichtige Kriterien sind häufig:
- Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit,
- Einhaltung fischereirechtlicher und umweltrechtlicher Vorschriften,
- Besitz eines geeigneten Wasserfahrzeugs.
Das Recht auf die Ausübung der Küstenfischerei kann zeitlich, örtlich oder in Bezug auf bestimmte Arten und Fangmengen beschränkt werden. Verstöße gegen die Lizenz- und Erlaubnispflichten werden in der Regel als Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten geahndet.
Sonderregelungen und Ausnahmen
In einigen Fällen bestehen Sonderregelungen, beispielsweise für wissenschaftliche Forschung, für den Eigenbedarf (Subsistenzfischerei) oder für bestimmte Berufsgruppen (zum Beispiel bei kleinen Nebenerwerbsfischereien).
Fangvorschriften und Bestandsmanagement
Zum Schutz der marinen Ressourcen sind zahlreiche Vorschriften zu Fangmethoden, Schonzeiten, Mindestmaßen, Fanggeräten und Fang- sowie Beifangmengen (z.B. durch Quotenregeln) zu beachten. Diese Bestimmungen dienen einer nachhaltigen Nutzung und sichern das ökologische Gleichgewicht in den sensiblen Küstenzonen.
Überwachung und Sanktionen
Die Einhaltung der Bestimmungen wird durch fischereiaufsichtliche Behörden kontrolliert. Sanktionsmöglichkeiten reichen von Bußgeldern über die Einziehung von Fanggerät bis zum Entzug der Fischereierlaubnis. Kontrollen erfolgen regelmäßig an Land wie auf See.
Bedeutung der Küstenfischerei in Deutschland
Die Küstenfischerei ist ein bedeutender Wirtschaftszweig für zahlreiche Küstengemeinden. Sie trägt zur Versorgung mit regionalen Fischprodukten bei, erhält traditionelle Berufsbilder und prägt das kulturelle Erbe der Küstenregionen. Gleichzeitig steht sie unter erheblichem Druck durch ökologische Herausforderungen und zunehmende rechtliche Anforderungen.
Literatur und weiterführende Quellen
- Seefischereigesetz (SeeFischG)
- Landesgesetze zur Küstenfischerei (z. B. Niedersächsisches Küstenfischereigesetz)
- Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 – Gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union
- Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS/SRÜ)
- Webseiten der zuständigen Fischereibehörden der Bundesländer und des Bundes
Hinweis: Die Küstenfischerei ist ein komplexer Regelungsbereich, der sich regelmäßig an aktuelle Entwicklungen im europäischen und internationalen Fischereirecht anpasst. Für verbindliche Einzelfragen empfiehlt sich die Konsultation der jeweils aktuellen Gesetzestexte und der zuständigen Behörden.
Häufig gestellte Fragen
Welche Genehmigungen und Lizenzen sind für die Ausübung der Küstenfischerei erforderlich?
Für die rechtmäßige Ausübung der Küstenfischerei innerhalb deutscher Hoheitsgewässer benötigen Fischer grundsätzlich eine gültige Fischereierlaubnis beziehungsweise einen Fischereischein. Diese Genehmigungen werden von den jeweiligen Landesbehörden ausgestellt und setzen sowohl die persönliche Zuverlässigkeit als auch gelegentlich einen Sachkundenachweis voraus. Neben dem fischereirechtlichen Erlaubnisschein kann auch eine spezielle Fanglizenz erforderlich sein, insbesondere wenn Fangquoten für besonders geschützte Fischarten bestehen oder ein konfliktträchtiges Gewässer bewirtschaftet wird. Zudem bestehen regelmäßige Anzeigepflichten gegenüber den zuständigen Behörden, etwa bezüglich der Fangmengen und genutzten Fanggeräte. Gewerbliche Fischer bedürfen gegebenenfalls zusätzlicher nachweislicher Zulassungen, wie etwa einer Eintragung im Seefischereiregister oder der Vorlage eines Gewerbescheins. Schließlich sind auch allgemeine gesetzliche Vorgaben zu beachten, insbesondere die Vorschriften aus dem Bundesnaturschutzgesetz, dem Seefischereigesetz und spezifische Verordnungen der Küstenländer.
Welche rechtlichen Vorgaben gelten im Hinblick auf Fangmethoden und Fanggeräte?
Das Fischereirecht und naturschutzrechtliche Bestimmungen setzen enge Grenzen für die zulässigen Fangmethoden und Fanggeräte in der Küstenfischerei. Verboten sind alle Fanggeräte und -methoden, die entweder übermäßiges Beifangrisiko bergen, den Fischbestand gefährden oder erhebliche ökologische Schäden verursachen können, wie etwa Sprengungen oder Elektrofischerei. Erlaubt sind zumeist nur traditionelle und selektive Fangtechniken, beispielsweise Reusen, Stellnetze oder bestimmte Schleppnetze, wobei deren Einsatz genau reglementiert ist (u.a. Maschenweiten, Mindestabstände zum Ufer, maximale Netzlängen und Einsatzzeiten). Die Vorschriften hierzu ergeben sich aus einer Vielzahl von Normen, darunter insbesondere das jeweilige Landesfischereigesetz, spezifische Fischereiordnungen sowie EU-rechtliche Regelungen, wie die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP). Zudem ist es häufig notwendig, Änderungen bei den eingesetzten Fanggeräten gegenüber den Behörden anzuzeigen und genehmigen zu lassen.
Welche Schutzbestimmungen für Fischarten und empfindliche Lebensräume sind rechtlich zu beachten?
Im Rahmen der Küstenfischerei gelten strenge Schutzvorschriften für besonders geschützte oder bedrohte Fischarten, die sich aus nationalen wie auch internationalen rechtlichen Vorgaben ergeben. So bestehen für viele Arten Schonzeiten, Mindestmaße und Fangverbote, denen Fischer in jedem Fall Folge zu leisten haben. Darüber hinaus betreffen weitere Schutzbestimmungen marinen Lebensräume wie Natura-2000-Gebiete, Marine Schutzgebiete (MPAs) oder Naturschutzgebiete, in denen die Fischerei ganz oder teilweise eingeschränkt oder sogar untersagt ist. Die einschlägigen Regelungen sind im Bundesnaturschutzgesetz, im jeweiligen Landesnaturschutzgesetz sowie in EU-Verordnungen festgehalten. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann zu empfindlichen Bußgeldern oder dem Entzug von Fischereilizenzen führen. Ferner bestehen Meldepflichten bei Fang von geschützten Arten, um das Monitoring zu unterstützen.
Inwiefern unterliegt die Küstenfischerei nationalen und internationalen Quotenregelungen?
Küstenfischerei innerhalb des Geltungsbereichs der EU, insbesondere in der Nord- und Ostsee, ist an internationale Quotenregelungen gebunden, die jährlich von der Europäischen Kommission im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik festgelegt werden. Diese Quoten regulieren die maximal zulässige Fangmenge für bestimmte Fischarten auf Basis wissenschaftlicher Empfehlungen und werden anschließend national auf die einzelnen Fischereibetriebe oder -kooperativen aufgeteilt. Auch innerhalb Deutschlands gibt es zusätzliche nationale Quoten, insbesondere für limitierte oder sensible Fischbestände. Die Einhaltung der Quoten wird von zuständigen Kontrollbehörden streng überwacht. Melde- und Dokumentationspflichten dienen der Kontrolle und Nachvollziehbarkeit der gefangenen Mengen, Verstöße werden mit erheblichen Sanktionen geahndet.
Welche Vorschriften müssen hinsichtlich der Vermarktung gefangener Fische beachtet werden?
Die Vermarktung von Fängen aus der Küstenfischerei unterliegt einer Vielzahl von lebensmittelrechtlichen, fischereirechtlichen und verbraucherschutzrechtlichen Vorgaben. So dürfen nur Fische in den Verkehr gebracht werden, die legal, also unter strikter Einhaltung aller Fangvorschriften, gefangen wurden; dies muss mittels Fangdokumentation und Rückverfolgbarkeit nachgewiesen werden. Weiterhin greifen Hygieneverordnungen, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) sowie EU-Verordnungen zu Lebensmittelsicherheit (z.B. VO (EG) Nr. 178/2002). Für manche Arten besteht eine Vermarktungsbeschränkung oder ein zeitweiliges Vermarktungsverbot, insbesondere wenn Schutzzeiten für die jeweilige Art bestehen. Außerdem ist die Kennzeichnung der Herkunft und die Angabe von Fanggebiet und Fangmethode auf dem Produkt rechtlich vorgeschrieben.
Wie sind Überwachung und Kontrolle der Einhaltung fischereirechtlicher Vorschriften organisiert?
Die Einhaltung der fischereirechtlichen Bestimmungen in der Küstenfischerei obliegt spezialisierten Behörden auf Landes- und Bundesebene, wie den Fischereiaufsichtsbehörden oder den Küstenwachen. Deren Aufgaben umfassen sowohl die Kontrolle der eingesetzten Fanggeräte, die Überwachung der Fangmengen und Quoten als auch die Überprüfung der Einhaltung von Schutzzeiten und Mindestmaßen. Zur Durchführung dieser Kontrollen werden regelmäßig stichprobenartige Überprüfungen auf See und an Land durchgeführt, einschließlich Inspektionen der Fangboote, der Ausrüstung und der Fischvermarktungswege. Bei nachgewiesenen Verstößen werden unterschiedlich hohe Ordnungswidrigkeitenverfahren, Bußgelder oder, im Einzelfall, strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet und es kann zum Entzug von Lizenzen kommen.
Welche besonderen Verpflichtungen und Haftungsrisiken bestehen für Betreiber von fischereilichen Betrieben im Küstenbereich?
Betreiber von Betrieben, die sich der gewerblichen Küstenfischerei widmen, unterliegen besonders weitgehenden Verpflichtungen. Sie müssen nicht nur sämtliche gesetzlichen Regularien bezüglich Fang, Ausrüstung und Vermarktung einhalten, sondern auch für die Schulung ihrer Mitarbeiter im Sinne der Fischereivorschriften Sorge tragen. Im Schadensfall – etwa durch illegale Fangpraktiken, Verstöße gegen Umweltauflagen oder durch Umweltschäden durch die Betriebstätigkeit – haften sie zivil-, ordnungs- und unter Umständen auch strafrechtlich. Insbesondere das Umweltschadensgesetz kann im Falle eines ökologischen Schadens zu umfassenden Ersatz- und Sanierungspflichten führen. Betreiber sind verpflichtet, ihre Betriebsführung laufend zu dokumentieren, und müssen mit regelmäßigen behördlichen Kontrollen und Rechenschaftspflichten rechnen.