Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Versicherungsrecht»Künstlersozialversicherung

Künstlersozialversicherung


Begriff und Grundlagen der Künstlersozialversicherung

Die Künstlersozialversicherung ist eine besondere Form der sozialen Sicherung in Deutschland, die selbstständigen Künstlern und Publizisten einen Zugang zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung eröffnet. Sie wurde 1983 durch das Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz – KSVG) eingeführt. Ihr Hauptziel ist es, selbstständig tätigen Personen in künstlerischen und publizistischen Berufen ähnliche Absicherungsbedingungen zu verschaffen wie abhängig Beschäftigten.


Rechtsgrundlagen der Künstlersozialversicherung

Die rechtliche Normierung der Künstlersozialversicherung erfolgt im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG). Ergänzend sind Vorschriften des Sozialgesetzbuchs (insbesondere SGB V, VI und XI) sowie untergesetzliche Regelungen relevant.

Das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG)

Das KSVG regelt die Versicherungspflicht, Beitragsaufbringung, Beitragszahlung und administrative Umsetzung. Es definiert die versicherten Personen, die Bemessungsgrundlagen zur Beitragserhebung sowie Rechte und Pflichten der Beteiligten.

Anwendungsbereich des KSVG

Nach § 1 KSVG sind selbständige Künstler und Publizisten grundsätzlich in der Künstlersozialversicherung versicherungspflichtig, sofern sie nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen und nicht bereits anderweitig sozialversicherungspflichtig sind.

Begriffsdefinitionen

  • Künstler (§ 2 Abs. 1 KSVG): Personen, die Musik, darstellende oder bildende Kunst schaffen, ausüben oder lehren.
  • Publizist (§ 2 Abs. 1 KSVG): Schriftsteller, Journalisten oder sonstige Personen, die publizistisch tätig sind und Werke an die Öffentlichkeit bringen.

Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung

Die Versicherungspflicht umfasst grundsätzlich selbstständige künstlerisch oder publizistisch Tätige. Ausnahmen können sich unter anderem durch das Überschreiten bestimmter Einkommens-, Beschäftigungs- oder Altersgrenzen ergeben.

Kriterien der Versicherungspflicht

  • Selbstständige und haupterwerbsmäßige Tätigkeit als Künstler oder Publizist (§ 1 Abs. 1 KSVG)
  • Keine mehr als geringfügige Beschäftigung von Arbeitnehmern (§ 1 Abs. 1 Satz 2 KSVG)
  • Eine nicht nur vorübergehende Tätigkeit (in der Regel länger als 3 Monate)

Bestimmte Personengruppen wie Lehrer für künstlerische Fächer oder mitarbeitende Ehegatten können unter bestimmten Bedingungen ebenfalls versicherungspflichtig werden.

Befreiung und Ausnahmen

Von der Versicherungspflicht ausgenommen sind unter anderem:

  • Personen, die eine versicherungsfreie Hauptbeschäftigung ausüben
  • Personen mit Beschäftigten, die regelmäßig mehr als geringfügig tätig sind
  • Personen, die das 67. Lebensjahr vollendet haben und ausschließlich Altersruhegeld beziehen (§ 3 KSVG)
  • Künstler und Publizisten aus EU-Mitgliedstaaten mit Wohnsitz im Ausland können unter bestimmten Umständen ausgenommen sein.

Beiträge zur Künstlersozialversicherung

Beitragspflicht und Beitragshöhe

Die Beitragspflichtigen zahlen auf Basis ihres Einkommens aus künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit einen Anteil, ähnlich wie Arbeitnehmer. Die Beiträge werden jährlich von der Künstlersozialkasse (KSK) nach Selbsteinschätzung der Versicherten festgesetzt.

  • Der Beitragssatz entspricht dem jeweils gültigen allgemeinen Beitragssatz der gesetzlichen Versicherungsträger (Rente, Kranken-, Pflegeversicherung)
  • Die Höhe richtet sich nach dem Jahreseinkommen des Versicherten aus der künstlerisch-publizistischen Tätigkeit

Aufbringung der Beiträge

Die Beiträge werden durch drei Parteien finanziert:

  1. Den Versicherten (Künstler/Publizisten) selbst
  2. Die sogenannten Verwerter und Auftraggeber (z.B. Verlage, Agenturen, Theater), die eine Künstlersozialabgabe auf von ihnen gezahlte Honorare leisten (§ 24 KSVG)
  3. Einen Bundeszuschuss

Die Künstlersozialabgabe beträgt einen jährlich gesetzlich festgelegten Prozentsatz des Honorars (2024: 5,0%). Die Beitragslast zwischen Versicherten und Verwertern ist ähnlich wie bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufgeteilt.


Aufgaben und Organisation der Künstlersozialkasse

Die Künstlersozialkasse (KSK) ist die verantwortliche Verwaltungseinrichtung und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nachgeordnet.

Verwaltungsaufgaben der KSK

  • Entscheidung über die Versicherungspflicht
  • Festsetzung und Einziehung der Beiträge
  • Prüfung der Meldungen der abgabepflichtigen Verwerter
  • Weiterleitung der Beiträge an die entsprechenden Versicherungsträger

Die KSK prüft regelmäßig die Meldungen zur Beitragshöhe und kann, insbesondere bei Auftraggebern, Betriebsprüfungen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Rentenversicherung durchführen.


Meldepflichten und Verwaltungsverfahren

Melde- und Nachweispflichten der Versicherten

Versicherte müssen Beginn, Umfang und Änderungen ihrer Tätigkeit sowie Einkommensveränderungen der KSK mitteilen (§ 13 KSVG). Die Meldungen sind wahrheitsgemäß und fristgerecht zu erstatten. Bei Falschangaben können Rückforderungen erfolgen oder strafrechtliche Konsequenzen drohen.

Meldepflicht der Auftraggeber

Verwerter künstlerischer oder publizistischer Leistungen sind verpflichtet, ihre Zahlungen und Honorare der KSK zu melden und die entsprechende Künstlersozialabgabe abzuführen.


Leistungen der Künstlersozialversicherung

Versicherte haben durch die Künstlersozialversicherung Zugang zu den folgenden Bereichen der gesetzlichen Sozialversicherungen:

  • Gesetzliche Krankenversicherung: Versicherungsschutz bei Krankheit, Anspruch auf Leistungen nach SGB V
  • Pflegeversicherung: Pflegeleistungen und -absicherung gemäß SGB XI
  • Rentenversicherung: Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenleistungen nach SGB VI

Der Leistungsumfang richtet sich nach den jeweiligen Vorschriften der einzelnen Sozialversicherungszweige und unterscheidet sich nicht von dem anderer gesetzlich Versicherter.


Rechtliche Kontrolle und Schutzmechanismen

Überprüfung und Rechtsschutz

Entscheidungen der Künstlersozialkasse unterliegen der förmlichen Bescheidung und sind mit Widerspruch und Klage angreifbar. Rechtsgrundlagen bilden das KSVG sowie die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X).

Kontrolle möglicher Scheinselbständigkeit

Regelmäßige Überprüfungen der Tätigkeit dienen der Abgrenzung selbstständiger Tätigkeiten von abhängigen Beschäftigungen. Im Zweifelsfall ist das Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a SGB IV maßgebend.


Bedeutung und Funktion der Künstlersozialversicherung

Die Künstlersozialversicherung erfüllt eine sozialpolitische Schlüsselfunktion, da sie einer traditionell ungesicherten Berufsgruppe eine dem Arbeitnehmerstatus vergleichbare Absicherung bietet. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der deutschen Sozialversicherung und dient dem Ziel, Strukturdefizite selbstständiger Kreativberufe auszugleichen und den Zugang zur sozialen Sicherheit sicherzustellen.


Literatur und weiterführende Gesetze

  • Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG)
  • Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)
  • Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)
  • Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI)

Weblinks


Hinweis: Die Künstlersozialversicherung unterliegt regelmäßigen gesetzlichen Änderungen. Angaben zu Beitragssätzen und Rechtsgrundlagen können sich daher fortlaufend ändern. Für umfassende Informationen empfiehlt sich die Konsultation der aktuellen Gesetzestexte oder der Künstlersozialkasse.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) zur Versicherung verpflichtet?

Zur Versicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) sind selbständige Künstler und Publizisten verpflichtet, die ihre künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Der rechtliche Rahmen legt klar fest, dass der Begriff des Künstlers Personen umfasst, die Musik, darstellende oder bildende Kunst schaffen, ausüben oder lehren. Publizisten sind hingegen Journalisten, Autoren, und andere, die hauptberuflich redaktionelle, journalistische oder schriftstellerische Tätigkeiten ausüben. Die Pflicht zur Versicherung greift, sobald die selbständige Tätigkeit eine gewisse Dauer und Gewinnerzielungsabsicht erkennen lässt sowie den Hauptberuf darstellt. Nach dem Gesetz sind sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen (z. B. Musikbands, Autorenteams), die Einnahmen eigenständig versteuern, versicherungspflichtig, sofern keine anderweitigen Befreiungsgründe greifen, etwa bei Beamten, Rentnern oder Studenten unter bestimmten Einkommensgrenzen.

Welche Abgabepflichten entstehen bei Arbeitgebern und Verwertern künstlerischer Leistungen?

Arbeitgeber und sogenannte Verwerter künstlerischer oder publizistischer Leistungen sind zur Zahlung der Künstlersozialabgabe verpflichtet. Verwerter sind dabei juristische oder natürliche Personen, die regelmäßig selbständige künstlerische oder publizistische Leistungen für Zwecke ihres eigenen Unternehmens nutzen oder öffentlich verwerten; hierfür sind typischerweise Verlage, Theater, Galerien oder Medienunternehmen zu nennen. Nach § 24 KSVG muss der Verwerter eine Abgabe auf das an selbständige Künstler gezahlte Entgelt an die Künstlersozialkasse (KSK) entrichten, derzeit in Höhe von rund 5% des Entgelts (genauer Prozentsatz jährlich angepasst). Die Melde- und Zahlungspflicht entsteht unabhängig von der Höhe der ausgezahlten Entgelte, sobald die Inanspruchnahme nicht nur einmalig erfolgt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung kann die Deutsche Rentenversicherung die ordnungsgemäße Abführung der Künstlersozialabgabe kontrollieren und bei Verstößen Säumniszuschläge und Nachzahlungen festsetzen.

Welche Nachweispflichten und Meldeverfahren bestehen für versicherungspflichtige Künstler und Publizisten?

Versicherungspflichtige Künstler und Publizisten sind verpflichtet, bei der Aufnahme der Tätigkeit und anschließend jährlich dem Verwaltungsverfahren der Künstlersozialkasse (KSK) Folge zu leisten. Dazu gehört insbesondere die Anzeige der Aufnahme einer selbständigen künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit innerhalb eines Monats (§ 3 KSVG). Zusätzlich sind jährlich Verdienstprognosen abzugeben, die als Grundlage für die Beitragserhebung zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung dienen. Die KSK kann Nachweise über die Tätigkeit (z. B. Arbeitsproben, Verträge, Rechnungen) sowie über die Erzielung von Einnahmen und deren Höhe verlangen. Änderungen bezüglich der Art der Tätigkeit oder der Einkommenssituation, Wegfall der Selbständigkeit oder andere relevante Umstände sind unverzüglich mitzuteilen, da sie Einfluss auf die Berechtigung und Beitragshöhe haben.

Welche Auswirkungen hat die Überschreitung der Mindestverdienstgrenze?

Die Künstlersozialversicherung kennt eine sogenannte Mindestverdienstgrenze, die im Kalenderjahr regelmäßig bei ca. 3.900 Euro (Stand 2024) liegt. Künstler und Publizisten, die diese Grenze auf Dauer nicht erreichen, können von der Versicherungspflicht ausgenommen werden. Zu beachten ist, dass kurzzeitige Unterschreitungen (bis zu drei Jahre innerhalb von sechs Jahren) nicht zum Ausschluss führen (§ 3 Abs. 4 KSVG). Werden dennoch dauerhaft weniger Einnahmen erzielt, erfolgt auf Antrag nach Prüfung durch die KSK die Befreiung von der Versicherungspflicht. Ausnahmen gelten für Berufsanfänger, die in den ersten drei Jahren ihrer Tätigkeit keine Grenze einhalten müssen. Die Auswirkungen bestehen im Verlust des Anspruchs auf die günstige Versicherung über die KSK, wobei sich der Betroffene dann privat versichern muss, was erheblich teurer sein kann.

Können Rentner oder Beamte auch in der Künstlersozialversicherung pflichtversichert sein?

Nach § 5 KSVG sind bestimmte Personengruppen ausdrücklich von der Versicherungspflicht ausgenommen, dazu zählen Beamte, Richter, Berufssoldaten und vergleichbar abgesicherte Personen, sofern sie während der Ausübung ihrer künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit vollumfänglich versichert sind. Auch Bezieher einer Vollrente wegen Alters sind regelmäßig von der Versicherungspflicht befreit. Eine Pflichtmitgliedschaft in der Künstlersozialversicherung besteht somit in diesen Fällen nicht, während Teilrentenbezieher oder Personen, die nebenberuflich tätig sind, einer Einzelfallprüfung unterliegen. Entscheidend ist stets, ob eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder Absicherung in gleicher Weise besteht und die künstlerische Tätigkeit im Hauptberuf ausgeübt wird.

Was sind die rechtlichen Folgen bei Verstößen gegen Melde- und Abgabepflichten im Rahmen der Künstlersozialversicherung?

Verstöße gegen die Melde- und Abgabepflichten, wie z. B. unterlassene Meldungen an die KSK, verspätete Abgaben von Beiträgen oder unwahre Angaben zu den Einkünften, können rechtlich gravierende Folgen nach sich ziehen. Nach § 36 KSVG und § 111 SGB IV können Bußgelder verhängt werden. Darüber hinaus werden zu wenig gezahlte Beiträge nacherhoben und mit Säumniszuschlägen belegt; bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Pflichten kann sogar eine strafrechtliche Verfolgung wegen Beitragsbetrugs drohen. Die KSK und die Deutsche Rentenversicherung führen hierzu Prüfungen durch, insbesondere im Rahmen betrieblicher Sozialversicherungsprüfungen. Sämtliche Unterlagen und Nachweise müssen hierfür aufbewahrt und auf Anforderung vorgelegt werden.