Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Vertragsrecht»Künftige Leistung

Künftige Leistung


Begriff und Einordnung der „Künftigen Leistung“

Der Begriff Künftige Leistung ist im deutschen Recht ein zentraler Terminus, der insbesondere im Zusammenhang mit Leistungsbeziehungen, Forderungen und der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche von Bedeutung ist. Die künftige Leistung stellt eine Verpflichtung dar, deren Erfüllung zu einem zukünftigen Zeitpunkt geschuldet ist oder von zukünftigen, noch ungewissen Umständen abhängt. Typischerweise tritt sie im Kontext von Schuldverhältnissen, insbesondere bei Austauschverträgen, in Erscheinung und kennzeichnet Verpflichtungen, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erfüllen sind.


Rechtsnatur der Künftigen Leistung

Abgrenzung zur Gegenwärtigen und zur Fälligen Leistung

Die künftige Leistung ist strikt von der sogenannten gegenwärtigen Leistung sowie der fälligen Leistung zu unterscheiden. Während gegenwärtige Leistungen sofort zu bewirken sind, liegt die künftige Leistung zeitlich nach vorne gerichtet, wobei die Fälligkeit der Leistung – also der Zeitpunkt, zu dem die Erfüllung verlangt werden kann – ein entscheidendes Differenzierungskriterium bildet.

Begriffliche Umschreibung im Zivilrecht

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird die künftige Leistung insbesondere im Zusammenhang mit Forderungen behandelt, die sich auf in der Zukunft liegende Ereignisse oder Zeitpunkte beziehen. Künftige Leistungen können sowohl aus einseitigen Rechtsgeschäften als auch aus vertraglichen Vereinbarungen resultieren.


Anwendungsbereiche der Künftigen Leistung

Kaufvertrag und Werkvertrag

Künftige Leistungen treten häufig im Rahmen des Kaufvertrags (§§ 433 ff. BGB) auf, etwa bei sogenannten Sukzessivlieferungsverträgen, bei denen mehrere Leistungen zu bestimmten, zukünftigen Terminen geschuldet werden. Auch im Werkvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB) sind künftige Leistungen von Bedeutung, wenn sich der Unternehmer verpflichtet, ein Werk zu einem zukünftigen Zeitpunkt herzustellen und zu übergeben.

Dauerschuldverhältnis

Bei Dauerschuldverhältnissen (z. B. Miet-, Pacht- oder Dienstverträge) handelt es sich typischerweise um Verträge, bei denen wiederkehrende künftige Leistungen vereinbart werden. Hierzu zählen Miete oder Arbeitsentgelt, deren Erfüllung sich regelmäßig oder fortlaufend auf die Zukunft erstreckt.


Künftige Leistung und Forderungsrecht

Anspruch auf Künftige Leistung

Ein Anspruch auf künftige Leistung entsteht bereits mit Begründung eines Schuldverhältnisses, auch wenn die Leistungsverpflichtung noch nicht sofort eintritt. Die rechtliche Möglichkeit, eine künftige Leistung bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beanspruchen, ist für die Anspruchssicherung und etwaige vorzeitige Maßnahmen (z. B. Sicherungszession, Verpfändung) von besonderer Relevanz.

Übertragbarkeit Künftiger Forderungen

Künftige Leistungen werden häufig im Rahmen der Abtretung (§§ 398 ff. BGB) thematisiert, insbesondere im Zusammenhang mit der Abtretung künftiger Forderungen. Die Abtretung solcher Forderungen ist rechtlich zulässig, sofern die betroffene Forderung ausreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Dies spielt etwa im Rahmen der Sicherungsabtretung und bei der Finanzierung eine wesentliche Rolle.


Künftige Leistung im Zwangsvollstreckungsrecht

Vollstreckbarkeit Künftiger Leistungen

Das Zwangsvollstreckungsrecht (§ 259 ZPO) regelt, dass auch künftige Leistungen unter bestimmten Umständen vollstreckbar sind. Das Gericht kann einen Titel über künftige wiederkehrende Leistungen (zum Beispiel Unterhalt) erlassen, sofern ein Recht auf diese künftigen Leistungen besteht und die Voraussetzungen nachgewiesen werden.

Streitige Künftige Leistungen

Im Fall von Streitigkeiten um künftige Leistungen kann eine sogenannte Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erhoben werden, um das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs auf eine künftige Leistung gerichtlich klären zu lassen.


Besonderheiten bei Künftigen Leistungen

Bedingte und Befristete Künftige Leistung

Künftige Leistungen sind entweder befristet oder bedingt. Eine befristete künftige Leistung ist durch ein zukünftiges, gewisses Ereignis (beispielsweise ein vereinbarter Liefertermin) bestimmt, während eine bedingte künftige Leistung vom Eintritt eines ungewissen Ereignisses abhängig ist (z. B. Zahlung bei Eintritt eines bestimmten Erfolgs).

Künftige Leistung und Insolvenzrecht

Im Insolvenzfall kommt der künftigen Leistung besondere Bedeutung zu. Noch nicht fällige, bereits begründete Ansprüche müssen in der Insolvenztabelle angemeldet werden. Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen besondere Regelungen für die Erfüllung und Durchsetzung künftiger Forderungen.


Steuerrechtliche Relevanz der Künftigen Leistung

Im Steuerrecht sind künftige Leistungen insbesondere im Zusammenhang mit der Besteuerung wiederkehrender Einnahmen und mit dem Zuflussprinzip relevant. Steuerlich unterscheidet sich der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf eine künftige Leistung häufig vom tatsächlichen Zufluss, was für die Besteuerung maßgeblich ist.


Zusammenfassung

Die künftige Leistung ist ein vielseitig relevanter Begriff im deutschen Recht, der in verschiedenen Bereichen – vom Vertrags- über das Forderungs- bis hin zum Zwangsvollstreckungsrecht – eine bedeutende Rolle spielt. Sie bezeichnet Verpflichtungen, deren Erfüllung erst in der Zukunft ansteht, und wirft zahlreiche rechtliche Fragestellungen hinsichtlich Fälligkeit, Durchsetzbarkeit und Übertragbarkeit auf. Die differenzierte Behandlung künftiger Leistungen trägt maßgeblich zur Rechtssicherheit in vertraglichen und schuldrechtlichen Beziehungen bei.

Häufig gestellte Fragen

Wie unterscheidet sich die künftige Leistung von der bereits entstandenen Leistung im rechtlichen Kontext?

Im rechtlichen Kontext beschreibt die künftige Leistung eine solche, deren Eintritt oder deren Anspruchsgrund noch nicht verwirklicht ist, sondern erst in der Zukunft entstehen wird. Im Gegensatz dazu steht die bereits entstandene Leistung, bei der der Anspruch bereits entstanden und fällig ist. Bei der künftigen Leistung hängt die Wirksamkeit etwaiger Abtretungen, Sicherungsübereignungen oder sonstiger Verfügungen regelmäßig davon ab, ob der betreffende Anspruch tatsächlich entsteht (sog. expectant right). Wichtig ist auch, dass die Abtretung künftiger Leistungen grundsätzlich zulässig ist (§ 398 BGB), sie steht aber unter der aufschiebenden Bedingung ihres Entstehens. Die Verfügung wird mithin erst mit dem Entstehen der Forderung wirksam (sog. Anwartschaft). Juristisch relevant ist dies insbesondere im Insolvenzrecht, bei Sicherungsabtretungen oder beim verlängerten Eigentumsvorbehalt, da im Moment der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur solche Vermögensgegenstände zur Insolvenzmasse gehören, die bereits tatsächlich existieren, während künftige Leistungen zunächst noch nicht dazu zählen.

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Abtretung künftiger Leistungen?

Die Abtretung (Zession) künftiger Leistungen ist nach deutschem Recht grundsätzlich möglich, unterliegt aber bestimmten rechtlichen Anforderungen. Zunächst muss der abgetretene Anspruch hinreichend bestimmbar sein. Das bedeutet, die Parteien müssen die künftige Leistung so konkret umschreiben, dass sie bei ihrem Entstehen eindeutig identifizierbar ist. Unbestimmte oder generelle Formulierungen genügen nicht, um eine wirksame Abtretung herzustellen. Ferner wird die Abtretung erst mit dem tatsächlichen Entstehen des Anspruchs wirksam, was als „Anwartschaftsrecht“ des Zessionars bezeichnet wird. Zudem dürfen keine Abtretungsverbote oder gesetzliche Hindernisse (wie z. B. § 399 BGB) entgegenstehen. Besonders relevant ist die Abtretung künftiger Forderungen im Rahmen von Sicherungsabtretungen, wie sie etwa bei Banken als Kreditsicherheit eingesetzt werden.

Welche Bedeutung haben künftige Leistungen im Insolvenzverfahren?

Im Insolvenzverfahren kommt künftigen Leistungen eine besondere Bedeutung zu. Nach § 35 InsO (Insolvenzordnung) gehören grundsätzlich nur bereits entstandene Ansprüche und Rechte zur Insolvenzmasse. Ansprüche auf künftige Leistungen, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, werden der Masse grundsätzlich nicht automatisch zugeordnet. Sie können aber nach § 81 InsO Gegenstand der Insolvenzmasse werden, wenn sie vor Verfahrenseröffnung wirksam abgetreten oder anderweitig verfügt wurden, vorausgesetzt, sie entstehen nach Maßgabe der Abtretungsvereinbarung. Für die Begründung von Massezugehörigkeit ist der Zeitpunkt der Anspruchsbegründung von zentraler Bedeutung; es wird unterschieden, ob eine Forderung bereits begründet war oder es sich nur um eine künftige Leistung handelt, die bei Verfahrenseröffnung noch nicht entstanden war.

Welche Risiken bestehen bei Verträgen über künftige Leistungen?

Verträge, die künftige Leistungen zum Gegenstand haben, bergen verschiedene rechtliche Risiken. Das zentrale Risiko besteht darin, dass der Eintritt der künftigen Leistung ungewiss ist – der Leistungserfolg ist also nicht sicher. Fällt die künftige Leistung aus, etwa weil die Anspruchsvoraussetzungen nicht eintreten, scheitert auch die auf sie bezogene Rechtsposition (z. B. die Abtretung). Ferner besteht die Gefahr der Unbestimmtheit, wenn die künftige Leistung nicht ausreichend individualisiert wurde, sodass im Streitfall unklar bleibt, ob und welche Leistung betroffen ist. Außerdem ist es möglich, dass sich rechtliche Rahmenbedingungen zwischen Vertragsabschluss und Entstehung der Leistung ändern und damit Einfluss auf die Durchsetzbarkeit des Anspruchs genommen wird (z. B. Gesetzesänderungen, Insolvenzeröffnung oder Eintritt von Abtretungsverboten).

Müssen künftige Leistungen bei der Vertragsgestaltung besonders behandelt werden?

Ja, künftige Leistungen verlangen eine sorgfältige und präzise Vertragsgestaltung. Im Vertrag ist genau zu bestimmen, welche Leistung in der Zukunft entstehen soll und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch darauf besteht. Werden künftige Leistungen abgetreten, muss vor allem geregelt werden, wann sie als abgetreten gelten und wie mit möglicherweise nicht entstehenden Leistungen zu verfahren ist. Oft ist es sinnvoll, Rücktritts-, Rückübertragungs- oder Anpassungsklauseln einzubauen, um auf den Ausfall einer künftigen Leistung adäquat reagieren zu können. Zudem sollten mögliche Abtretungsverbote Dritter und gesetzliche Einschränkungen überprüft und berücksichtigt werden. Bei Finanzierungen oder Sicherungsübereignungen verlangt insbesondere das Bankrecht detaillierte Regelungen zur Überleitung künftiger Ansprüche.

Kann ein Sicherungseigentum auch an künftigen Leistungen bestehen?

Im Grundsatz ist es auch möglich, an künftigen Leistungen oder Ansprüchen ein Sicherungseigentum zu bestellen. Das trifft insbesondere im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts oder bei Sicherungsabtretungen zu, wo zukünftige Herausgabe- oder Zahlungsansprüche als Sicherheit dienen. Voraussetzung ist stets, dass der Gegenstand oder Anspruch hinreichend bestimmt ist und dass die gesicherte Forderung klar bezeichnet wird. Das Sicherungseigentum wird allerdings erst mit Entstehen der künftigen Leistung wirksam; bis dahin besteht ein sogenanntes Anwartschaftsrecht, das in der Insolvenz nach Maßgabe seiner Entwicklung zur Masse gezogen werden kann. Die rechtlichen Regelungen hierzu finden sich primär in den §§ 929 ff. BGB (Übereignung) und werden durch das Sicherungsabrede flankiert, die die Rechte und Pflichten der Parteien regelt.

Welche Besonderheiten gelten im Steuerrecht für künftige Leistungen?

Im Steuerrecht sind künftige Leistungen insbesondere im Hinblick auf die Periodisierung und den Zufluss oder Abfluss von Einnahmen und Ausgaben relevant. Grundsätzlich gilt das Zufluss-Abfluss-Prinzip (§ 11 EStG), wonach Einnahmen und Ausgaben in dem Zeitpunkt zu erfassen sind, in dem sie realisiert werden – was bei künftigen Leistungen erst mit deren tatsächlichem Eintritt der Fall ist. Leistungen, die einem Steuerpflichtigen erst künftighin zufließen sollen, können daher erst dann erfasst werden, wenn sie tatsächlich entstehen. Besondere Vorschriften gelten etwa bei Rückstellungen oder passiven Rechnungsabgrenzungsposten, die für künftige Verpflichtungen zu bilden sind, und in Fällen der verdeckten Einlage oder Entnahme, wenn künftige Ansprüche oder Verpflichtungen übertragen werden.

Wie wirken sich gesetzliche Abtretungsverbote auf künftige Leistungen aus?

Gesetzliche Abtretungsverbote (§ 399 BGB) können auch künftige Leistungen betreffen, wenn das Gesetz oder vertragliche Regelungen die Abtretbarkeit solcher Ansprüche einschränken. Ist ein Abtretungsverbot vereinbart oder gesetzlich vorgesehen, ist eine Verfügung über künftige Leistungen im Umfang dieses Verbots bereits im Vorfeld ausgeschlossen. Das bedeutet, auch bevor der Anspruch überhaupt entsteht, ist eine rechtliche Verfügung im Vorfeld nicht wirksam. In der Praxis findet dies insbesondere im Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsrecht Anwendung, wo bestimmte künftige Ansprüche (wie Gehälter, Renten oder Sozialleistungen) generell nicht abgetreten werden dürfen, um den Anspruchsberechtigten zu schützen. Im Zweifel ist eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalles und der einschlägigen Spezialgesetze erforderlich.