Begriff und Grundgedanke
Definition
Eine künftige Leistung ist eine vertraglich oder gesetzlich geschuldete Handlung, Duldung oder Unterlassung, die erst zu einem späteren Zeitpunkt erbracht werden soll. Der Anspruch darauf entsteht häufig bereits mit dem Abschluss eines Rechtsgeschäfts, die Erfüllung wird aber erst in der Zukunft fällig. Typisch sind Lieferungen zu einem späteren Liefertermin, wiederkehrende Leistungen in Dauerschuldverhältnissen oder die Herstellung eines Werkes innerhalb einer vereinbarten Frist.
Abgrenzungen
Eine künftige Leistung unterscheidet sich von einer sofort geschuldeten Leistung durch den Leistungszeitpunkt. Sie ist ferner von bloßen Absichtserklärungen zu trennen: Nur wenn eine rechtlich bindende Verpflichtung besteht und die Leistung hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist, liegt eine künftige Leistung vor. Reine Erwartungen ohne Bindungswillen begründen keinen Anspruch.
Entstehung und Rechtsnatur
Vertragliche Begründung
Am häufigsten entsteht die Pflicht zur künftigen Leistung durch Vertrag. Bereits der Vertragsschluss begründet den Anspruch, selbst wenn der Leistungsgegenstand noch nicht existiert oder der Termin in der Zukunft liegt. Entscheidend ist, dass Inhalt, Gegenstand und Zeitpunkt der Leistung ausreichend bestimmt oder bestimmbar sind.
Einseitige Versprechen und Dauerschuldverhältnisse
Künftige Leistungen können auch durch einseitige Versprechen oder kraft Gesetzes entstehen, etwa bei Unterhalts- oder Rentenansprüchen. In Dauerschuldverhältnissen (z. B. Miete, Energieversorgung, Abonnements) werden regelmäßig fortlaufende künftige Leistungen geschuldet.
Bedingungen und Termine
Künftige Leistungen können an Bedingungen oder Termine geknüpft sein. Bei einer aufschiebenden Bedingung entsteht die Durchsetzbarkeit erst mit dem Eintritt des Ereignisses. Bei einer auflösenden Bedingung entfällt die Verpflichtung, wenn das Ereignis eintritt. Ein kalendermäßig bestimmter Termin oder ein nach objektiven Kriterien bestimmbares Ereignis regelt, wann die Leistung fällig wird.
Fälligkeit, Erfüllbarkeit und Durchsetzbarkeit
Fälligkeit
Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, ab dem der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Sie ergibt sich aus Vereinbarungen, aus dem Leistungszweck oder aus ergänzenden gesetzlichen Grundsätzen. Vor Fälligkeit besteht grundsätzlich kein Anspruch auf sofortige Leistung.
Erfüllbarkeit
Erfüllbarkeit ist der Zeitpunkt, ab dem der Schuldner die Leistung leisten darf. In vielen Fällen fallen Fälligkeit und Erfüllbarkeit zusammen, sie können aber auseinanderfallen, wenn ein Vertrag eine Vorleistung erlaubt oder ausschließt.
Durchsetzung
Die gerichtliche Durchsetzung künftiger Leistungen ist regelmäßig erst ab Fälligkeit möglich. Bei wiederkehrenden Leistungen können Feststellungen oder Titel so gestaltet sein, dass auch künftig fällig werdende Raten erfasst sind. Vor Fälligkeit kann in bestimmten Konstellationen die Feststellung des Bestehens der Verpflichtung in Betracht kommen, um Rechtsklarheit zu schaffen.
Risiko- und Haftungsfragen
Unmöglichkeit vor Fälligkeit
Wird die künftige Leistung dauerhaft unmöglich, hängt die Haftung davon ab, wer das Risiko trägt und ob ein Verschulden vorliegt. Ohne Verantwortlichkeit des Schuldners kann die Leistungspflicht entfallen. Bei Verantwortlichkeit kommen Ausgleichs- oder Ersatzansprüche in Betracht.
Verzug und Folgen
Verzug tritt erst nach Fälligkeit ein. Er setzt in der Regel eine Mahnung oder einen vertraglich oder objektiv bestimmten Leistungszeitpunkt voraus. Bei Verzug können Ansprüche auf Ersatz des Verzögerungsschadens entstehen; bei Geldschulden ist dies typischerweise ein Zinsanspruch. Weitere Rechte richten sich nach Art und Bedeutung der Verzögerung.
Gefahrtragung bei künftigen Sachen
Beim Erwerb von erst noch herzustellenden oder zu erzeugenden Sachen liegt das Risiko der Herstellung regelmäßig beim Leistenden bis zur Übergabe oder bis zu einem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt. Die Einzelheiten richten sich nach der vereinbarten Risikoverteilung und der Art des Vertrags (Lieferung bestehender Ware, Herstellung eines Werkes, Lieferung generischer Ware).
Künftige Leistung in ausgewählten Bereichen
Kauf künftiger Sachen
Der Kaufvertrag über eine künftige Sache (etwa die nächste Ernte oder ein noch zu fertigendes Produkt) ist möglich. Die Verpflichtung zur Lieferung entsteht bereits, das Eigentum kann jedoch erst übertragen werden, wenn die Sache existiert und übergeben werden kann. Bis dahin besteht eine Bindung zur späteren Leistungserbringung.
Werk- und Bauverträge
Hier ist regelmäßig die Herstellung eines konkreten Erfolgs in der Zukunft geschuldet. Abnahme, Gefahrübergang und Vergütung knüpfen häufig an die Vollendung oder an vereinbarte Baufortschritte an. Änderungen des Leistungsumfangs können künftige Leistungen anpassen, sofern dies vereinbart ist oder sich aus ergänzenden Regelungen ergibt.
Miet- und sonstige Dauerschuldverhältnisse
Bei fortlaufenden Verträgen werden wiederkehrende Leistungen (z. B. Gebrauchsüberlassung und Zahlung von Miete) geschuldet. Diese sind typischerweise kalendermäßig fällig und bilden eine Abfolge künftiger Leistungspflichten, die bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses fortbestehen.
Arbeitsverhältnisse
Arbeitsverträge begründen wechselseitig künftige Leistungen: die Erbringung der Arbeitsleistung und die Zahlung der Vergütung in regelmäßigen Intervallen. Fälligkeit, Annahmeverzug und Entgeltfortzahlung folgen den allgemeinen Grundsätzen, angepasst an die Besonderheiten persönlicher Dienstleistung.
Verbraucherverträge und Abonnements
Bei Bestellungen mit Liefertermin in der Zukunft oder bei Abonnements werden Leistungen regelmäßig erst nach Vertragsschluss erbracht. Informationspflichten, Widerrufsrechte und Regelungen zu Lieferterminen sollen Transparenz über den Zeitpunkt und Umfang künftiger Leistungen schaffen.
Sicherungs- und Gestaltungsinstrumente
Abtretung künftiger Forderungen
Ansprüche, die erst künftig entstehen, können im Grundsatz abgetreten werden, wenn sie ausreichend bestimmbar sind. Mit Entstehung der Forderung geht sie automatisch auf den neuen Gläubiger über. Dies wird häufig zur Sicherung von Kreditverhältnissen genutzt.
Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung
Bei der Lieferung von Waren kann vereinbart werden, dass das Eigentum erst mit vollständiger Zahlung übergeht. Erweiterte Gestaltungen beziehen sich teilweise auf künftige Waren oder auf Erlöse aus Weiterveräußerungen. Auch die Sicherungsübertragung kann sich auf künftig zu erwerbende Gegenstände beziehen, die mit ihrem Entstehen in die Sicherheit fallen.
Anzahlungen und treuhänderische Modelle
In Konstellationen mit künftigen Leistungen kommen Vorleistungen, Teilzahlungen oder treuhänderische Abwicklungen vor. Sie verteilen das Risiko zwischen den Beteiligten und strukturieren den Zahlungs- und Leistungsfluss bis zur endgültigen Erfüllung.
Insolvenzrechtliche Einordnung
Beiderseits noch nicht vollständig erfüllte Verträge
Wenn bei Verfahrenseröffnung beide Seiten ihre Pflichten noch nicht vollständig erfüllt haben, stellt sich die Frage, ob und wie der Vertrag fortgesetzt wird. Die Entscheidung hierüber beeinflusst, ob die künftigen Leistungen noch erbracht werden oder ob stattdessen Ansprüche auf Ausgleich geltend zu machen sind.
Einordnung von Ansprüchen
Ansprüche aus künftigen Leistungen, die vor der Verfahrenseröffnung begründet wurden, können je nach Entstehungszeitpunkt und Rechtsgrund unterschiedlich eingeordnet werden. Davon hängt ab, wie und in welcher Rangfolge sie im Verfahren berücksichtigt werden.
Auswirkungen auf Vorleistungen
Bereits erbrachte Vorleistungen werden insolvenzrechtlich nach Entstehung, Zweck und Gegenleistung bewertet. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Rückabwicklung oder die abgesonderte Befriedigung in Betracht kommen. Künftige Leistungen aus Dauerschuldverhältnissen können für die Zeit nach Verfahrenseröffnung gesondert behandelt werden.
Internationaler Bezug
Rechtswahl und Leistungsort
Bei grenzüberschreitenden Verträgen über künftige Leistungen können die maßgeblichen Regeln von der vereinbarten Rechtsordnung und vom Leistungsort abhängen. Rechtswahlklauseln, Lieferklauseln und Gerichtsstandsvereinbarungen bestimmen den rechtlichen Rahmen für Fälligkeit, Gefahrübergang und Haftung.
Abgrenzung zu bloßen Erwartungen und unverbindlichen Ankündigungen
Nicht jede Ankündigung oder Werbung begründet eine Verpflichtung zur künftigen Leistung. Erforderlich ist ein Bindungswille, der sich in einer Vereinbarung oder einem anderen Verpflichtungsgrund niederschlägt. Fehlt es daran, bleibt es bei einer unverbindlichen Aussicht ohne Anspruchscharakter.
Beweis und Bestimmbarkeit
Für künftige Leistungen ist die Bestimmbarkeit von Gegenstand, Umfang, Qualität und Zeitpunkt von zentraler Bedeutung. Klare Beschreibungen, Meilensteine und objektive Kriterien erleichtern die Feststellung, ob, wann und wie die Leistung zu erbringen ist, und bilden die Grundlage für Fälligkeit, Abnahme und Haftungsfolgen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „künftige Leistung“ konkret?
Darunter versteht man eine vertraglich oder gesetzlich geschuldete Leistung, die erst zu einem späteren Zeitpunkt erbracht werden soll. Der Anspruch entsteht häufig schon heute, die Erfüllung ist aber erst künftig fällig.
Ab wann kann eine künftige Leistung verlangt werden?
Sie kann ab Fälligkeit verlangt werden. Diese ergibt sich aus Vereinbarungen, dem Zweck der Leistung oder ergänzenden Regeln. Vor Fälligkeit besteht grundsätzlich kein Anspruch auf sofortige Erfüllung.
Kann man Ansprüche auf künftige Leistungen übertragen?
Ansprüche, die künftig entstehen oder fällig werden, können im Grundsatz abgetreten werden, sofern sie ausreichend bestimmt oder bestimmbar sind. Mit Entstehen beziehungsweise Fälligkeit wirken solche Übertragungen.
Was passiert, wenn die künftige Leistung unmöglich wird?
Wird die Leistung dauerhaft unmöglich, kommt es auf die Verantwortlichkeit und die Risikoverteilung an. Ohne Verschulden kann die Leistungspflicht entfallen; bei Verantwortlichkeit kommen Ausgleichs- oder Ersatzansprüche in Betracht.
Welche Rolle spielen Bedingungen und Termine?
Bedingungen knüpfen die Durchsetzbarkeit an den Eintritt eines Ereignisses. Termine bestimmen den Zeitpunkt der Fälligkeit. Beides strukturiert, wann eine künftige Leistung verlangt und wann sie erbracht werden muss.
Wie werden künftige Leistungen in der Insolvenz behandelt?
Ob und in welchem Umfang künftige Leistungen zu erbringen sind, hängt davon ab, ob der Vertrag fortgeführt wird und wie Ansprüche zeitlich und sachlich einzuordnen sind. Davon hängt die Behandlung im Verfahren und die Rangfolge ab.
Kann Eigentum an künftigen Sachen schon heute übertragen werden?
Eine endgültige Eigentumsübertragung setzt die Existenz der Sache voraus. Verpflichtungen zur späteren Übereignung sind möglich; das Eigentum geht jedoch erst über, wenn die Sache entstanden ist und die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.