Begriff und rechtliche Einordnung der Kündigungsschutzklage
Die Kündigungsschutzklage ist ein im deutschen Arbeitsrecht vorgesehenes Rechtsmittel, mit dessen Hilfe sich Arbeitnehmer gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung zur Wehr setzen können. Ziel der Kündigungsschutzklage ist es, gerichtlich feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ausgesprochene Kündigung nicht beendet wurde.
Gesetzliche Grundlagen
Die Kündigungsschutzklage ist in § 4 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) geregelt. Daneben finden sich ergänzende Regelungen in der Zivilprozessordnung (ZPO) und im Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Die maßgeblichen Vorschriften betreffen sowohl den Ablauf als auch die Fristen und die prozessualen Voraussetzungen der Klageerhebung.
Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes
Das Kündigungsschutzgesetz findet regelmäßig Anwendung auf Arbeitsverhältnisse, die länger als sechs Monate bestanden haben (§ 1 Abs. 1 KSchG) und in Betrieben mit regelmäßig mehr als zehn Vollzeitmitarbeitenden geführt werden (§ 23 KSchG). Auch außerhalb dieses Anwendungsbereichs kann eine Kündigungsschutzklage erhoben werden, jedoch gelten dann ausschließlich die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Ziel der Kündigungsschutzklage
Mit der Kündigungsschutzklage verfolgt der klagende Arbeitnehmer das Ziel, feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Arbeitgebers beendet worden ist. Wird der Klage stattgegeben, besteht das Arbeitsverhältnis fort, und der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Weiterbeschäftigung sowie fortlaufende Lohnzahlungen.
Tenor der Klage
Klassischerweise lautet der Klageantrag:
„Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom [Datum] nicht aufgelöst ist.“
Begleitende Klageanträge
Ergänzend zur Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung können weitere Anträge gestellt werden, beispielsweise zur Weiterbeschäftigung oder zur Zahlung ausstehenden Gehalts.
Arten der Kündigung
Die Kündigungsschutzklage kann sich sowohl gegen die ordentliche als auch gegen die außerordentliche (fristlose) Kündigung richten. Unterschieden werden dabei:
- Ordentliche (fristgerechte) Kündigung: Beendigung mit gesetzlicher, tarifvertraglicher oder vertraglicher Kündigungsfrist.
- Außerordentliche (fristlose) Kündigung: Beendigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist (§ 626 BGB).
- Änderungskündigung: Beendigung des bisherigen und Angebot eines neuen Arbeitsvertrages zu geänderten Bedingungen.
Zulässigkeit und Fristen der Kündigungsschutzklage
Klagefrist
Gemäß § 4 Satz 1 KSchG muss die Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Eine verspätete Klage führt grundsätzlich zur Unwirksamkeit des Klagebegehrens (§ 7 KSchG), es sei denn, eine nachträgliche Zulassung der Klage wird beantragt und bewilligt.
Klage vor dem Arbeitsgericht
Die Kündigungsschutzklage ist beim für den Betrieb örtlich zuständigen Arbeitsgericht einzureichen. Das arbeitsgerichtliche Verfahren ist in erster Instanz kostenfrei für den klagenden Arbeitnehmer. Für die Klage reicht grundsätzlich die einfache Schriftform aus, eine anwaltliche Vertretung ist im ersten Rechtszug nicht zwingend erforderlich.
Ablauf des Kündigungsschutzverfahrens
Gütetermin
Nach Klageerhebung terminiert das Arbeitsgericht zunächst eine Güteverhandlung (§ 61a ArbGG), in der eine einvernehmliche Lösung zwischen den Parteien, etwa durch Abschluss eines Vergleichs, angestrebt wird.
Kammertermin
Führt der Gütetermin nicht zu einer Einigung, folgt der Kammertermin, in dem das Gericht Beweise erhebt und die Sach- sowie Rechtslage umfassend würdigt. Das Gericht entscheidet dann durch Urteil über die Wirksamkeit der Kündigung.
Beweislast
Im Kündigungsschutzprozess trägt grundsätzlich der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Kündigungsgründe, der Arbeitnehmer hingegen hat allein die form- und fristgemäße Klageerhebung nachzuweisen.
Prüfungsmaßstab des Gerichts
Das Arbeitsgericht prüft im Rahmen der Kündigungsschutzklage die Wirksamkeit der Kündigung umfassend. Es werden unter anderem folgende Punkte einer rechtlichen Bewertung unterzogen:
Sozialwidrigkeit gemäß § 1 KSchG
Eine ordentliche Kündigung ist sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam, wenn sie nicht durch Gründe in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.
Personenbedingte Kündigung
Beispiele: langandauernde Krankheit, fehlende Eignung oder Qualifikation.
Verhaltensbedingte Kündigung
Beispiele: wiederholte Pflichtverletzungen, Arbeitsverweigerung, Störungen des Betriebsfriedens.
Betriebsbedingte Kündigung
Beispiele: Auftragsmangel, Stilllegung von Betriebsteilen, Outsourcing.
Formelle Anforderungen
Die Kündigung muss stets schriftlich erfolgen (§ 623 BGB). Mündliche oder elektronische Kündigungen sind nichtig. Zudem muss die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer nachweislich zugehen.
Besonderer Kündigungsschutz
Bestimmte Personengruppen, wie Schwangere, Elternzeitnehmer, Schwerbehinderte und Betriebsratsmitglieder, unterliegen erhöhten Schutzvorschriften. Hier sind weitere Anforderungen an die Zulässigkeit der Kündigung zu beachten, wie etwa die Zustimmung von Behörden.
Folgen der Kündigungsschutzklage
Weiterbeschäftigungsanspruch
Im Falle der erfolgreichen Kündigungsschutzklage besteht das Arbeitsverhältnis fort. In bestimmten Fällen kann ein Anspruch auf tatsächliche (vorläufige) Weiterbeschäftigung während des laufenden Prozesses bestehen.
Abfindung
Eine Abfindung ist grundsätzlich nicht zwingend, wird jedoch häufig im Rahmen eines Vergleichs zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart. Das Gericht kann in Ausnahmefällen auf Antrag gemäß § 9, 10 KSchG eine Abfindung zusprechen, etwa wenn dem Arbeitnehmer eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.
Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag
Ist die Kündigung unwirksam, bleibt das Arbeitsverhältnis unverändert bestehen. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Nachzahlung der Differenz zwischen Arbeitslosengeld und entgangenem Arbeitslohn.
Besonderheiten und praktische Hinweise
Rücknahme der Klage
Eine Rücknahme der Kündigungsschutzklage ist jederzeit bis zum Eintritt in die mündliche Verhandlung möglich, ab diesem Zeitpunkt bedarf sie der Zustimmung der Gegenseite.
Versäumung der Klagefrist
Bei schuldloser Versäumung der dreiwöchigen Klagefrist kann innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der Umstände ein Antrag auf nachträgliche Klagezulassung gestellt werden (§ 5 KSchG).
Auswirkungen auf Arbeitslosengeld
Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage beeinträchtigt nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Im Falle eines Prozessvergleichs kann jedoch eine Sperrzeit eintreten, etwa bei Mitwirkung an einer arbeitnehmerseitigen Vertragsbeendigung.
Literatur und weiterführende Informationen
- Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
- Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 622, 623, 626
- Zivilprozessordnung (ZPO)
Fazit
Die Kündigungsschutzklage ist das zentrale Instrument für Arbeitnehmer, um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen. Das Verfahren folgt strengen formellen und materiellen Vorgaben, deren Einhaltung für erfolgreiche Klageführung unabdingbar ist. Die Urteile der Arbeitsgerichte bestimmen maßgeblich, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung als rechtmäßig anerkannt werden kann. Eine sorgfältige Prüfung sowohl der Kündigungsgründe als auch der einzuhaltenden Fristen ist daher essentiell für den Ausgang des Verfahrens.
Häufig gestellte Fragen
Welche Fristen gelten für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage?
Nach dem Kündigungsschutzgesetz (§ 4 KSchG) muss eine Kündigungsschutzklage grundsätzlich innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Diese Frist ist eine sogenannte Ausschlussfrist, das heißt, nach ihrem Ablauf kann die Klage nur in seltenen Ausnahmefällen, beispielsweise bei nachweislichem Nichtverschulden der Fristversäumnis, nachträglich zugelassen werden. Eine Verlängerung der Frist ist im Regelfall nicht möglich. Wird die Klage nicht fristgerecht erhoben, gilt die Kündigung gesetzlich als wirksam (§ 7 KSchG), selbst wenn sie materiell-rechtliche Mängel aufweist. Die Frist beginnt an dem Tag, an dem das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer nachweisbar zugegangen ist, unabhängig davon, ob dieser taggleich Kenntnis nimmt oder nicht; der Zugang kann auch durch Einwurf in den Hausbriefkasten am vereinbarten oder gewöhnlichen Arbeitsort erfolgen.
Welche Anforderungen bestehen an den Inhalt einer Kündigungsschutzklage?
Die Klageschrift muss den arbeitsgerichtlichen Mindestanforderungen gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 253 ZPO entsprechen. Sie muss das Gericht, die Parteien (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) einschließlich vollständiger Ladungsfähiger Anschriften, das streitige Rechtsverhältnis (hier konkret: die angegriffene Kündigung) sowie einen bestimmten Klageantrag enthalten. Der häufigste Antrag lautet: „Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom [Datum] nicht aufgelöst wird.“ Die Kündigungsart (ordentliche oder außerordentliche Kündigung), das Kündigungsdatum sowie der Zugang der Kündigung beim Kläger sollten präzise angegeben werden. Eine kurze Begründung ist nicht zwingend erforderlich, kann aber sinnvoll sein, insbesondere im Hinblick auf die Darlegung möglicher Unwirksamkeitsgründe gemäß Kündigungsschutzgesetz. Die Klage ist eigenhändig zu unterzeichnen oder bei der Rechtsantragsstelle des Gerichts zur Niederschrift zu erklären.
Welche Instanz ist für eine Kündigungsschutzklage zuständig?
Für Kündigungsschutzklagen ist in erster Instanz ausschließlich das Arbeitsgericht zuständig (§ 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG). Örtlich zuständig ist in der Regel das Arbeitsgericht am Sitz des Betriebs oder an dem Ort, an dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung gewöhnlich erbringt (§ 48 ArbGG i.V.m. § 12 ZPO). Die Arbeitsgerichte arbeiten nach dem Beschleunigungsgrundsatz und leiten daher zügig das sogenannte Güteverfahren ein, um eine gütliche Einigung zwischen den Parteien zu fördern. Wird in erster Instanz kein Einvernehmen erzielt, schließt sich das streitige Verfahren mit einer ggf. mündlichen Verhandlung an.
Welche Kosten entstehen bei einer Kündigungsschutzklage?
Grundsätzlich fallen im arbeitsgerichtlichen Verfahren Gerichtskosten und ggf. Anwaltskosten an. In der ersten Instanz übernimmt jedoch jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten selbst, unabhängig vom Ausgang (§ 12a ArbGG). Gerichtskosten entstehen nur, wenn das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen oder eine Rücknahme der Klage erfolgt (§ 12 GKG), und berechnen sich nach dem Streitwert. Der Streitwert beträgt typischerweise drei Bruttomonatsgehälter (§ 42 Abs. 4 GKG), kann jedoch in atypischen Fällen abweichen. Wer über ein geringes Einkommen verfügt, kann Prozesskostenhilfe beantragen, wodurch bei entsprechender Bewilligung die eigenen Kosten für Gericht und gegebenenfalls Anwalt übernommen werden.
Welche Rolle spielt das Kündigungsschutzgesetz bei der Klage?
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist das zentrale Rechtsinstrument für die Prüfung und Entscheidung über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung bei Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern und einer mehr als sechsmonatigen Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers. Die Klage hat vornehmlich die Zielsetzung, feststellen zu lassen, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam war (§ 1 KSchG). Im Rahmen des Verfahrens prüft das Gericht insbesondere soziale Gesichtspunkte (Person, Verhalten, betriebliche Erfordernisse), die ordnungsgemäße Sozialauswahl sowie etwaige Verstöße gegen Sonderkündigungsschutz, z.B. für Schwangere, Betriebsräte oder schwerbehinderte Menschen. Liegen diese Schutzvoraussetzungen nicht vor, beurteilt sich die Wirksamkeit der Kündigung nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften.
Was sind die typischen Ergebnisse einer Kündigungsschutzklage?
Im Ergebnis einer Kündigungsschutzklage stellt das Arbeitsgericht entweder fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die angegriffene Kündigung nicht aufgelöst wurde (Kündigung ist unwirksam), oder es weist die Klage ab (Kündigung ist wirksam). Häufig werden jedoch im Verlauf des Verfahrens Vergleiche geschlossen, etwa auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder auf Zahlung einer Abfindung gegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung besteht im Kündigungsschutzprozess grundsätzlich nicht (§ 1a KSchG enthält lediglich eine Regelung für betriebsbedingte Kündigungen bei gleichzeitiger Abfindungszusage im Kündigungsschreiben). Wird die Klage abgewiesen, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist; wird ihr stattgegeben, besteht Anspruch auf Weiterbeschäftigung und Lohnnachzahlung.
Wie läuft das Verfahren vor dem Arbeitsgericht ab?
Das arbeitsgerichtliche Verfahren beginnt mit Einreichung der Klageschrift und Zustellung an den Arbeitgeber. Es schließt sich ein Gütetermin an, der in der Regel innerhalb weniger Wochen nach Klageeinreichung stattfindet. Ziel ist eine einvernehmliche Lösung. Kommt keine Einigung zustande, folgt der Kammertermin (Hauptverhandlung), bei dem das Gericht Beweise erhebt, Zeugen anhört und die Sach- und Rechtslage bewertet. Anschließend ergeht ein Urteil, das bei Unzufriedenheit mit dem Ausgang im Wege der Berufung (Landesarbeitsgericht) und ggf. Revision (Bundesarbeitsgericht) überprüft werden kann. Während des gesamten Verfahrens besteht grundsätzlich weiter ein Anspruch auf Beschäftigung, sofern nicht besondere Umstände (z.B. Vertrauensverlust) entgegenstehen.