Kündigungsfristen im Arbeitsrecht: Begriff, Zweck und Einordnung
Kündigungsfristen bezeichnen die Zeitspanne zwischen dem Zugang einer Kündigungserklärung und dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses. Sie dienen der Planungssicherheit beider Seiten, sichern eine geordnete Beendigung des Arbeitsverhältnisses und schaffen einen zeitlichen Rahmen für die Übergabe von Aufgaben und die berufliche Neuorientierung.
Arten von Kündigungsfristen
Ordentliche Kündigungsfristen
Die ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf einer Frist. Gesetzlich vorgesehen sind Mindestfristen, von denen vertraglich oder durch Tarifvertrag abgewichen werden kann, soweit dies rechtlich zulässig ist. Regelmäßig gilt: Für Beschäftigte besteht eine einheitliche Mindestfrist, während sich die Frist für Arbeitgeber stufenweise mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit verlängert und bei sehr langer Zugehörigkeit mehrere Monate betragen kann.
Außerordentliche Kündigung und Fristen
Die außerordentliche Kündigung erfolgt in der Regel fristlos. Sie setzt einen wichtigen Grund voraus, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Zusätzlich existiert eine kurze Erklärungsfrist, innerhalb derer die außerordentliche Kündigung nach Kenntnis des maßgeblichen Sachverhalts erklärt werden muss. Wird daneben hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen, gelten für diese die einschlägigen ordentlichen Fristen.
Befristete Arbeitsverhältnisse
Bei befristeten Arbeitsverhältnissen endet das Arbeitsverhältnis grundsätzlich mit Fristablauf. Eine ordentliche Kündigung während der Laufzeit ist nur möglich, wenn dies vertraglich oder tariflich ausdrücklich vorgesehen ist. Andernfalls kommt während der Befristung lediglich eine außerordentliche Kündigung in Betracht.
Besondere Beschäftigtengruppen
Für bestimmte Personengruppen bestehen besondere Schutzvorschriften (beispielsweise während bestimmter Schutzzeiten oder bei besonders geschützten Funktionen). Häufig ist vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung einer Stelle erforderlich. Diese Erfordernisse beeinflussen den Zeitpunkt, ab dem eine Kündigung wirksam zugehen kann, ändern jedoch den Charakter der Kündigungsfrist als solcher nicht.
Gesetzliche, vertragliche und tarifliche Grundlagen
Gesetzliche Mindestfristen
Gesetzlich ist eine Mindestkündigungsfrist vorgesehen. Für Beschäftigte beträgt sie typischerweise vier Wochen, gerechnet zu bestimmten Stichtagen (üblicherweise zum 15. oder zum Monatsende). Für Arbeitgeber verlängert sich die Frist mit zunehmender Dauer des Arbeitsverhältnisses stufenweise und kann bei sehr langer Betriebszugehörigkeit bis zu sieben Monate zum Monatsende erreichen.
Vertragliche Verlängerungen oder Verkürzungen
Arbeitsverträge können Kündigungsfristen verlängern. Eine Benachteiligung durch eine längere Kündigungsfrist nur für die Beschäftigtseite ist in der Regel unzulässig; zulässig sind gleich lange Fristen für beide Seiten oder längere Fristen für den Arbeitgeber. Verkürzungen unter die gesetzlichen Mindestfristen sind nur in engen Grenzen möglich, etwa im Rahmen einer vereinbarten Probezeit, in der eine deutlich kürzere Frist gelten kann.
Tarifliche Abweichungen
Tarifverträge können von gesetzlichen Fristen abweichen, sie verlängern oder in bestimmten Konstellationen auch verkürzen. Tarifliche Regelungen gehen vertraglichen Abreden vor, sofern sie auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.
Berechnung und Beginn der Kündigungsfrist
Zugang der Kündigung
Die Kündigungsfrist beginnt mit dem Zugang der Kündigung. Zugang liegt vor, wenn die Erklärung so in den Machtbereich der empfangenden Seite gelangt, dass unter gewöhnlichen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist (zum Beispiel Einwurf in den Hausbriefkasten während der üblichen Zustellzeiten). Maßgeblich ist nicht das Absendedatum, sondern der tatsächliche Zugang.
Stichtage und Laufzeit
Kündigungsfristen knüpfen oft an Stichtage an, in der Praxis häufig an das Monatsende oder die Monatsmitte. Wird die Frist in Wochen bemessen, endet sie nach Ablauf der Wochenfrist zum vorgesehenen Stichtag. Wird sie in Monaten bemessen, wird bis zum jeweiligen Stichtag des Folgemonats beziehungsweise zum vertraglich vorgesehenen Termin gerechnet. Fehlt eine besondere Stichtagsregel, ist regelmäßig das Monatsende der relevante Beendigungszeitpunkt.
Unterbrechungen und Anrechnung von Zeiten
Urlaub, Krankheit oder Freistellung unterbrechen die laufende Kündigungsfrist grundsätzlich nicht. Die Frist läuft weiter, es sei denn, besondere Schutzvorschriften stehen dem Wirksamwerden der Kündigung entgegen oder es gelten verfahrensrechtliche Wartezeiten, die den frühestmöglichen Beendigungstermin nach hinten verschieben.
Vorbeschäftigungen, Betriebsübergang und Unternehmenswechsel
Für die Berechnung der arbeitgeberseitigen Frist ist regelmäßig die ununterbrochene Dauer des aktuellen Arbeitsverhältnisses maßgeblich. Bei einem Übergang des Betriebs auf einen neuen Inhaber bleibt die Dauer des Arbeitsverhältnisses in der Regel erhalten. Frühere Beschäftigungszeiten können je nach Kontinuität und rechtlicher Ausgestaltung berücksichtigt werden; längere Unterbrechungen wirken sich meist trennend aus.
Pflichten und Rechte während der Kündigungsfrist
Während der Kündigungsfrist bestehen die gegenseitigen Hauptpflichten grundsätzlich fort: Arbeitsleistung auf der einen, Vergütung auf der anderen Seite. Resturlaub kann gewährt und unter Anrechnung genommen werden. Eine einseitige bezahlte Freistellung ist möglich, wenn die arbeitsvertraglichen und rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Arbeitsmittel sind geordnet zurückzugeben; der Anspruch auf ein qualifiziertes oder einfaches Arbeitszeugnis bleibt unberührt.
Freistellung und Anrechnung
Bei Freistellung kann der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen Urlaub und Zeitguthaben anrechnen. Die Freistellung ändert die Länge der Kündigungsfrist nicht; sie betrifft lediglich die Arbeitspflicht während dieses Zeitraums.
Aufhebungsvertrag als Alternative
Beenden die Parteien das Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen nicht automatisch. Der Endzeitpunkt wird dann vertraglich festgelegt. Dies ist von der Kündigung mit Frist strikt zu unterscheiden.
Abgrenzungen und Fristen im Umfeld der Kündigung
Kündigungsfrist versus Klagefristen
Neben der Kündigungsfrist existieren eigenständige, sehr kurze Fristen zur gerichtlichen Überprüfung der Wirksamkeit einer Kündigung. Diese sind strikt und beginnen ebenfalls mit dem Zugang der Kündigung. Sie haben einen anderen Zweck als die Kündigungsfrist und entscheiden darüber, ob die Kündigung rechtlich verbindlich wird.
Kündigungsfrist und Probezeit
Wird eine Probezeit vereinbart, kann für diese Zeit eine deutlich verkürzte Kündigungsfrist gelten. Nach Ablauf der Probezeit greifen die regulären gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Fristen.
Typische Sonderkonstellationen
Krankheit, Urlaub, Feiertage
Eine Kündigung kann auch während Krankheit oder Urlaubs vorliegen; entscheidend ist der Zugang. Krankheit oder Urlaubsabwesenheit hemmen die Frist nicht. Fällt das Fristende auf einen gesetzlichen Feiertag oder ein Wochenende, verschiebt sich das Beendigungsdatum grundsätzlich nicht automatisch; maßgeblich bleibt der vertraglich oder gesetzlich bestimmte Stichtag.
Massenentlassungen und Anzeigeverfahren
Bei umfangreichen Entlassungen sind besondere Anzeige- und Beteiligungsverfahren vorgesehen. Diese können eine zusätzliche Wartezeit bewirken, bevor Kündigungen wirksam werden dürfen. Solche Verfahren beeinflussen den frühestmöglichen Beendigungszeitpunkt, nicht jedoch die Berechnungslogik der individuellen Kündigungsfrist.
Besonderer Schutz bestimmter Personengruppen
Für bestimmte Personengruppen bestehen Zustimmungserfordernisse oder erweiterte Schutzmechanismen, die vor dem Ausspruch einer Kündigung zu beachten sind. Dies kann den Zeitpunkt des wirksamen Zugangs einer Kündigung verschieben und damit mittelbar den Beginn der Kündigungsfrist beeinflussen.
Häufig gestellte Fragen
Ab wann beginnt die Kündigungsfrist?
Die Kündigungsfrist beginnt mit dem Zugang der Kündigung. Zugang bedeutet, dass die Erklärung so in den Machtbereich der empfangenden Seite gelangt ist, dass unter gewöhnlichen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist, etwa durch Einwurf in den Briefkasten während üblicher Zustellzeiten.
Welche Frist gilt in der Probezeit?
Ist eine Probezeit vereinbart, kann eine deutlich verkürzte Kündigungsfrist gelten. Nach Ende der Probezeit greifen die regulären Fristen.
Kann der Arbeitsvertrag die gesetzliche Kündigungsfrist ändern?
Der Arbeitsvertrag kann Kündigungsfristen verlängern. Eine einseitige Verlängerung nur zu Lasten der Beschäftigten ist regelmäßig unwirksam. Verkürzungen unter die gesetzlichen Mindestfristen sind nur in engen, gesetzlich vorgesehenen Konstellationen zulässig.
Wie wirkt sich die Dauer der Betriebszugehörigkeit auf die Frist aus?
Für Arbeitgeber verlängert sich die ordentliche Kündigungsfrist stufenweise mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit und kann bei sehr langer Zugehörigkeit mehrere Monate betragen. Für Beschäftigte gilt demgegenüber eine einheitliche Mindestfrist, sofern keine wirksamen Abweichungen vereinbart wurden.
Gilt die Kündigungsfrist auch bei Krankheit oder Urlaub?
Ja. Krankheit oder Urlaub hemmen die Frist nicht. Entscheidend ist, wann die Kündigung zugeht. Besondere Schutzvorschriften können den Ausspruch oder die Wirksamkeit der Kündigung jedoch beeinflussen.
Welche Rolle spielen Tarifverträge?
Tarifverträge können die gesetzlichen Kündigungsfristen modifizieren, sie verlängern oder in bestimmten Fällen verkürzen. Sie gelten vorrangig, wenn das Arbeitsverhältnis tarifgebunden ist oder der Tarifvertrag arbeitsvertraglich in Bezug genommen wurde.
Wie werden Stichtage und Fristende bestimmt?
Viele Kündigungsfristen knüpfen an Stichtage an, typischerweise an den 15. oder das Monatsende. Ohne besondere Stichtagsregelung ist häufig das Monatsende maßgeblich. Für den Fristbeginn ist stets der Zugang entscheidend.
Kann ein befristeter Vertrag vorzeitig ordentlich gekündigt werden?
Nur, wenn dies vertraglich oder tariflich ausdrücklich vorgesehen ist. Andernfalls kommt während der Befristung lediglich eine außerordentliche Kündigung in Betracht; die vereinbarte Laufzeit endet dann mit Ablauf der Befristung.