Begriff und rechtliche Grundlagen der Kreisverwaltung
Die Kreisverwaltung ist eine zentrale Verwaltungseinheit auf der Ebene des Landkreises im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist für die Erfüllung der Aufgaben zuständig, die dem Landkreis als kommunaler Gebietskörperschaft zugewiesen sind. Die Kreisverwaltung fungiert als Behörde mit eigener Rechtspersönlichkeit und ist eingebettet in das System der staatlichen und kommunalen Organisationen. Rechtsgrundlage bildet insbesondere das Kommunalrecht der Bundesländer, ergänzt durch bundesweit geltende Gesetze und Verwaltungsvorschriften.
Rechtsstellung und Organisation der Kreisverwaltung
Verfassungsrechtlicher Rahmen
Die Organisation der Kreisverwaltung gründet sich maßgeblich auf die jeweiligen Landesverfassungen sowie die Gemeinde- und Landkreisordnungen der Länder (zum Beispiel die Landkreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen oder die Landkreisordnung für Bayern). Als Teil der Selbstverwaltung garantiert das Grundgesetz in Art. 28 Abs. 2 GG das Recht der Landkreise zur eigenverantwortlichen Angelegenheitenregelung im Rahmen der Gesetze.
Organisatorischer Aufbau
Die Kreisverwaltung setzt sich aus verschiedenen Ämtern, Fachdiensten und Sachgebieten zusammen. Leitendes Organ ist der Landrat oder die Landrätin, der beziehungsweise die sowohl Behördenleiter als auch Vertretungsperson des Landkreises ist. Je nach Bundesland wird der Landrat direkt von der Bevölkerung gewählt oder durch den Kreistag bestimmt. Die übrigen Mitarbeitenden sind beamtete und tariflich beschäftigte Bedienstete, die unter der organisatorischen Leitung des Landrats/einer Landrätin die Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.
Der Kreistag und weitere Gremien
Wesentliche Entscheidungen mit grundsätzlicher Bedeutung werden durch den Kreistag, das politische Vertretungsorgan des Landkreises, getroffen. Daneben bestehen oftmals weitere Ausschüsse, Beiräte und Kommissionen, die sich mit speziellen Angelegenheiten im Geschäftsbereich der Kreisverwaltung beschäftigen.
Aufgaben und Zuständigkeiten der Kreisverwaltung
Pflichtaufgaben und freiwillige Aufgaben
Die Kreisverwaltung nimmt Pflichtaufgaben und freiwillige Aufgaben wahr. Pflichtaufgaben werden aufgrund gesetzlicher Vorgaben auf kommunaler Ebene zwingend erfüllt (z. B. Straßenbau, Abfallentsorgung, öffentliche Sicherheit und Ordnung). Freiwillige Aufgaben betreffen darüber hinausgehende Leistungen, die von der Kommune nach eigenem Ermessen erbracht werden können (z. B. Kulturförderung, Sportstättenbetrieb).
Übertragene und eigene Angelegenheiten
Die Kreisverwaltung unterscheidet zwischen übertragenen Aufgaben im Auftrag des Staates (sogenannte Auftragsangelegenheiten, z. B. Pass- und Meldewesen, Führerscheinstellen, Bauaufsicht) und eigenen Angelegenheiten, die in der Selbstverwaltung beschlossen und umgesetzt werden. Die rechtliche Zuordnung ist dabei jeweils in den Kommunalverfassungs-, Verwaltungsverfahrens- und Fachgesetzen geregelt.
Aufsicht und Rechtskontrolle
Die Tätigkeit der Kreisverwaltung unterliegt einer Mehrzahl von Kontrollinstanzen. Bei eigenen Angelegenheiten erfolgt eine Kommunalaufsicht (Fachaufsicht, Rechtsaufsicht) durch übergeordnete Landesbehörden. Bei Auftragsangelegenheiten besteht zudem eine unmittelbare Fachaufsicht durch staatliche Instanzen, um die Einhaltung von Bundes- und Landesrecht sicherzustellen.
Rechtsbeziehungen und Verfahren der Kreisverwaltung
Verwaltungsverfahren
Das Verwaltungsverfahren der Kreisverwaltung erfolgt grundsätzlich nach den Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), das gegebenenfalls durch landesrechtliche Vorschriften ergänzt wird. Die Kreisverwaltung erlässt Verwaltungsakte, erstellt Bescheide, Genehmigungen und trifft sonstige hoheitliche Maßnahmen, die im Rahmen eines formalisierten Verwaltungsverfahrens ergehen müssen.
Rechtsschutz und Verwaltungsgerichtsbarkeit
Gegen Entscheidungen der Kreisverwaltung können Rechtsmittel eingelegt werden. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit prüft die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns. Bürger können je nach Sachverhalt Widerspruch einlegen oder direkt Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben.
Personalrechtliche Aspekte der Kreisverwaltung
Dienstrecht der Beschäftigten
Die Beschäftigten der Kreisverwaltung unterliegen besonderem Dienstrecht. Beamtinnen und Beamte finden Anwendung des Bundesbeamtengesetzes bzw. des jeweiligen Landesbeamtengesetzes. Für Tarifbeschäftigte gilt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD-VKA). Besondere Regelungen bestehen für das Auswahlverfahren, die Aufgabenwahrnehmung, die Rechte und Pflichten sowie die dienstrechtliche Aufsicht.
Aufgabenwahrnehmung durch Ehrenamtliche
Neben dem hauptamtlichen Verwaltungspersonal arbeiten auch ehrenamtliche Gremiumsmitglieder, insbesondere im Kreistag und in Ausschüssen, an der Willensbildung und Aufgabenwahrnehmung der Kreisverwaltung mit.
Beziehungen zu anderen Behörden und Institutionen
Zusammenarbeit mit Kommunen und staatlichen Stellen
Die Kreisverwaltung nimmt vielfach koordinierende Aufgaben wahr, insbesondere bei der Zusammenarbeit zwischen Kreisangehörigen Gemeinden, Nachbarkreisen und übergeordneten Behörden. Bei der Umsetzung übergreifender Aufgaben bestehen rechtliche Regelungen zur interkommunalen Zusammenarbeit und zur Arbeitsteilung zwischen Landkreisen, Städten, Gemeinden und staatlichen Institutionen.
Mitgliedschaft in öffentlichen Verbänden
Viele Kreisverwaltungen sind Mitglieder in kommunalen Spitzenverbänden auf Landes- und Bundesebene, um ihre Interessen gemeinschaftlich zu vertreten und Verwaltungsfragen abzustimmen.
Schlussbemerkung
Die Kreisverwaltung ist ein zentraler Bestandteil des öffentlichen Verwaltungsaufbaus in Deutschland mit einem komplexen und vielschichtigen rechtlichen Rahmen. Die Aufgaben, Befugnisse, das Verfahren und die Organisation sind detailliert durch das Kommunal- und Verwaltungsrecht geregelt und bilden die Grundlage für die kommunale Selbstverwaltung auf Landkreisebene. Die Kreisverwaltung gewährleistet sowohl hoheitliche als auch gemeinwohlorientierte Dienstleistungen für Bürger und Wirtschaft und erfüllt damit eine zentrale Rolle im staatlichen und gesellschaftlichen Gefüge.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Aufgaben und Zuständigkeiten der Kreisverwaltung?
Die Aufgaben und Zuständigkeiten der Kreisverwaltung ergeben sich insbesondere aus dem jeweiligen Kommunalrecht der Bundesländer, namentlich den Gemeinde- und Kreisordnungen (z.B. Kreisordnung für Nordrhein-Westfalen, Kommunalverfassungsgesetz in Brandenburg etc.) sowie spezialgesetzlichen Regelungen auf Bundes- und Landesebene. Die Kreisverwaltung erfüllt sowohl Selbstverwaltungsaufgaben der Kreise (eigener Wirkungskreis), als auch übertragene Aufgaben (übertragener Wirkungskreis), die aufgrund von Gesetzen oder Verordnungen an sie delegiert wurden. Rechte und Pflichten der Kreisverwaltung werden insbesondere durch Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz, der die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung enthält, garantiert. Im übertragenen Wirkungskreis handelt die Kreisverwaltung als untere staatliche Verwaltungsbehörde und ist hier weisungsgebunden gegenüber übergeordneten staatlichen Stellen. Im eigenen Wirkungskreis existiert dagegen eine Entscheidungsautonomie, bei der lediglich die Rechtsaufsicht, nicht aber die Fachaufsicht, durch staatliche Instanzen gegeben ist. Die gesetzlichen Grundlagen bedingen auch die gerichtliche Kontrolle, etwa durch Verwaltungsgerichte im Rahmen der Rechtsmittel gegen Verwaltungsakte der Kreisverwaltung.
Welche Befugnisse hat die Kreisverwaltung im Rahmen der Gefahrenabwehr und öffentlichen Sicherheit?
Die Kreisverwaltung nimmt als untere Ordnungsbehörde vielfältige Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr und öffentlichen Sicherheit wahr. Diese ergeben sich rechtlich aus Landesgesetzen über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (z.B. Landespolizeigesetz, Ordnungsbehördengesetz). Die Kreisverwaltung ist befugt, im Wege des Verwaltungsaktes Anordnungen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu erlassen. Hierzu kann sie auf Grundlage des Opportunitätsprinzips eigenverantwortlich Maßnahmen wählen, solange keine speziellen gesetzlichen Vorgaben den Handlungsspielraum beschränken. Sie kann Platzverweise, Untersagungen von Veranstaltungen oder Verfügungen zur Gefahrenabwehr aussprechen. Insbesondere im Katastrophenschutz (z.B. nach dem Katastrophenschutzgesetz des jeweiligen Landes) obliegen der Kreisverwaltung Koordinierungs- und Leitungsfunktionen für Einsätze von Feuerwehren und Rettungsdiensten. Rechtsgrundlage dieser Befugnisse ist regelmäßig das Verwaltungsverfahren gemäß Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), das auch für die Beteiligten entsprechende Rechte auf Anhörung und Rechtsschutz gewährleistet.
Wie gestaltet sich die Rechtsaufsicht über die Kreisverwaltung?
Die Rechtsaufsicht über die Kreisverwaltung wird im Wesentlichen durch das jeweilige Bundesland ausgeübt, in der Regel durch die Bezirksregierungen bzw. Regierungspräsidien. Sie beschränkt sich auf die Überprüfung, ob die Kreisverwaltung geltendes Recht einhält (Rechtskontrolle), und unterscheidet sich grundlegend von der Fachaufsicht, die fachliche Weisungen oder Eingriffe ermöglichen würde. Im eigenen Wirkungskreis des Kreises darf die Aufsichtsbehörde lediglich bei Rechtsverstößen einschreiten, typischerweise durch Beanstandungen, Anweisungen zur Rücknahme rechtswidriger Verwaltungshandlungen und gegebenenfalls Ersatzvornahme. Stärker ist die Aufsicht im übertragenen Wirkungskreis, wo die übergeordnete Behörde Weisungen zur Erfüllung der Aufgaben erteilen kann. Grundlage hierfür sind die jeweiligen Kommunal- bzw. Kreisordnungen der Länder. Der Rechtsweg gegen Maßnahmen der Aufsichtsbehörde ist in der Regel zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.
Welche Mitwirkungsrechte haben Bürger gegenüber der Kreisverwaltung?
Bürger haben im Kontakt mit der Kreisverwaltung in zahlreichen Verfahren gesetzliche Mitwirkungsrechte und Verfahrensgarantien. Im Verwaltungsverfahren (nach VwVfG) steht ihnen in der Regel das rechtliche Gehör und ein Anspruch auf Akteneinsicht zu. Sie können Anträge stellen, Einwendungen erheben, Anregungen vorbringen und müssen im Rahmen der Betroffenheit angehört werden, beispielsweise im Baugenehmigungsverfahren oder bei Planfeststellungsverfahren im Umweltrecht. Weiterhin bestehen Beteiligungsrechte nach speziellen Gesetzen wie dem Umweltinformationsgesetz oder Transparenzgesetzen der Länder. Über Beschwerden und Anträge auf Amtshandlungen entscheidet die Kreisverwaltung als Ausgangsbehörde; gegebenenfalls besteht das Recht auf Widerspruch und Klage gegen belastende Verwaltungsakte. Zudem sieht das Kommunalrecht öffentliche Beteiligung etwa bei Satzungsbeschlüssen oder Wahlen vor, wobei hier das jeweils einschlägige Landesmitbestimmungsrecht gilt.
Inwieweit unterliegt die Kreisverwaltung dem Datenschutzrecht?
Die Kreisverwaltung ist verpflichtet, die einschlägigen Bestimmungen des Datenschutzrechts einzuhalten. Dies umfasst sowohl die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union wie auch ergänzende nationale Regelungen, insbesondere das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze. Personenbezogene Daten dürfen grundsätzlich nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden, soweit dies für die rechtmäßige Aufgabenerfüllung erforderlich ist und eine gesetzliche Grundlage besteht oder die betroffene Person eingewilligt hat. Betroffene Personen haben umfangreiche Rechte, darunter Auskunft, Berichtigung, Löschung und Widerspruch. Die Kreisverwaltung ist verpflichtet, einen behördlichen Datenschutzbeauftragten zu bestellen, der die Einhaltung der Datenschutzanforderungen überwacht. Datenschutzverstöße können verwaltungsrechtlich, zivilrechtlich und gegebenenfalls strafrechtlich sanktioniert werden.
Unterliegt die Kreisverwaltung der Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle?
Ja, sämtliche Maßnahmen und Entscheidungen der Kreisverwaltung unterliegen grundsätzlich der gerichtlichen Kontrolle im Rahmen des Verwaltungsrechtswegs. Rechtsgrundlage hierfür sind die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Kommunalverfassungen der Länder sowie Spezialgesetze. Gegen Verwaltungsakte der Kreisverwaltung – etwa Bescheide, Leistungs- oder Untersagungsverfügungen – kann Widerspruch eingelegt werden; nach erfolglosem Vorverfahren besteht das Recht auf Klage zum Verwaltungsgericht. Die gerichtliche Kontrolle umfasst die Überprüfung auf formelle und materielle Rechtmäßigkeit, also insbesondere auf Einhaltung der Zuständigkeit, des Verfahrens, der Ermessensausübung sowie die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Auch unterlassene Verwaltungstätigkeiten („Verpflichtungsklage“) oder die Feststellung der Rechtswidrigkeit aufrechterhaltener Maßnahmen können eingeklagt werden. In spezifischen Fällen sind Sondergerichte oder Fachgerichte (z.B. Sozialgericht oder Finanzgericht) zuständig.
Welche Anforderungen bestehen an die formelle Ausgestaltung von Verwaltungsakten der Kreisverwaltung?
Verwaltungsakte der Kreisverwaltung müssen nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) bestimmten formellen Anforderungen genügen, um rechtmäßig zu sein. Dazu gehören insbesondere die Bestimmtheit des Verwaltungsaktes (§ 37 VwVfG), die Angabe von Ermessen und Begründung (§ 39 VwVfG), die ordnungsgemäße Zustellung (§§ 41 ff. VwVfG) sowie die Dokumentation der Anhörung der Betroffenen. Fehler in diesen formellen Anforderungen können zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes führen und Konsequenzen für seine Bestandskraft und Anfechtbarkeit nach sich ziehen. Besondere Anforderungen existieren außerdem bei grundrechtsrelevanten Maßnahmen (z. B. Eingriffe in die Eigentumsfreiheit oder Versammlungsfreiheit), bei denen regelmäßig strikte Voraussetzungen an die Begründung und den Nachweis des öffentlichen Interesses zu erfüllen sind.
Welche Rolle spielt das Haushaltsrecht für die Kreisverwaltung?
Die Kreisverwaltung ist im Rahmen des Haushaltsrechts verpflichtet, den vom Kreistag beschlossenen Haushalt umzusetzen und die Mittel nach den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 77 ff. Gemeindeordnung, § 82 ff. Kommunalverfassungsgesetz etc.) zu verwenden. Sie unterliegt dabei rechtlichen Bindungen, wie etwa der Zweckbindung von Haushaltsmitteln, der Notwendigkeit von Haushaltsausgleich und Verschuldungsgrenzen sowie der periodischen Rechnungslegung und Prüfung durch die zuständigen Rechnungsprüfungsämter oder staatlichen Rechnungsprüfungsbehörden. Investitionen, Kreditaufnahmen und größere Haushaltsverpflichtungen bedürfen meist besonderer Genehmigungen durch die Aufsichtsbehörde. Fehlentwicklungen oder Verstöße im Haushaltsvollzug können aufsichtsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Anordnung einer Haushaltssicherung nach sich ziehen. Das Haushaltsrecht wirkt somit als zentrales Steuerungs- und Kontrollinstrument für das Verwaltungshandeln auf Kreisebene.