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Kreisstraßen


Begriff und Einordnung der Kreisstraßen

Kreisstraßen sind straßenrechtlich eine Kategorie öffentlicher Straßen, die insbesondere innerhalb des deutschen Straßenrechts eine eigenständige Rolle einnehmen. Kreisstraßen liegen in der Hierarchie öffentlicher Straßen unter den Landesstraßen, aber oberhalb der Gemeindestraßen. Sie dienen vorrangig dem überörtlichen Verkehr innerhalb eines Landkreises und stellen die Verbindung zwischen den Gemeinden eines Landkreises sowie zu benachbarten Landkreisen her.

Das rechtliche Verständnis und die Verwaltung der Kreisstraßen sind in den Straßen- und Wegerechtsgesetzen der Bundesländer geregelt, mit spezifischer Ausgestaltung im jeweiligen Landesrecht.


Gesetzliche Grundlagen und Definition

Allgemeine Einordnung

Im deutschen Straßenrecht existieren verschiedene Straßennetzkategorien: Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen), Landesstraßen (Staatsstraßen in Bayern und Sachsen), Kreisstraßen und Gemeindestraßen. Kreisstraßen werden von den Landkreisen gebaut und unterhalten und erfüllen dabei eine Verbindungsfunktion zwischen Gemeinden, sonstigen Kreiseinrichtungen und anderen Straßen von übergeordneter Bedeutung.

Nach § 3 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) und den Vorschriften der Landesstraßengesetze zählen Kreisstraßen zu den sogenannten „klassifizierten Straßen“, jedoch nicht zu den Bundesfernstraßen.

Rechtliche Zuordnung

Die Klassifizierung und Widmung als Kreisstraße erfolgt durch einen Verwaltungsakt der zuständigen Straßenbaubehörde beziehungsweise des Kreises. Kriterien sind insbesondere die Verkehrs- und Verbindungsfunktion im Landkreis.


Zuständigkeit und Trägerschaft

Die Trägerschaft für Kreisstraßen liegt beim jeweiligen Landkreis als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Der Landkreis ist gemäß § 48 Bundesbaugesetz (BbG) bzw. den jeweiligen Landesstraßengesetzen „Straßenbaulastträger“ der Kreisstraßen.

Straßenbaulast

Die Straßenbaulast umfasst Bau, Unterhaltung, Verwaltung, Betrieb und gegebenenfalls Ausbau oder Stilllegung der Straße. Dazu zählen insbesondere

  • bauliche Unterhaltung und Instandsetzung,
  • Sicherstellung der Verkehrssicherheit,
  • Überwachung und Durchführung von Verkehrssicherungsmaßnahmen,
  • Management von Winter- und Räumdiensten,
  • Umsetzung und Prüfung von Verkehrsanlagen (z.B. Radwege, Brücken, Kreuzungen),
  • Durchführung von Maßnahmen zum Umweltschutz.

Finanzierung

Die Finanzierung erfolgt vorrangig aus den Haushaltsmitteln des Landkreises. In bestimmten Fällen sind zweckgebundene Landeszuweisungen oder Fördermittel möglich, etwa beim Ausbau oder der Sanierung besonders bedeutsamer Kreisstraßen oder Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verbesserung überörtlicher Infrastruktur.


Widmung, Umstufung und Einziehung

Widmung

Die Widmung als Kreisstraße ist eine zwingende Voraussetzung für die Rechtsqualität und Benutzbarkeit als öffentliche Straße. Die Widmung wird nach Maßgabe des jeweiligen Straßen- und Wegegesetzes des Bundeslandes erteilt und ist als Verwaltungsakt öffentlich-rechtlicher Natur ausgestaltet. Sie ist im Amtsblatt bzw. in ortsüblicher Weise bekanntzumachen.

Umstufung

Eine Umstufung von oder zu einer Kreisstraße ist möglich, wenn sich die Funktion oder Bedeutung der Straße ändert. Sie wird ebenfalls durch Verwaltungsakt beschlossen und folgt einem festgelegten Verfahren, in das auch betroffene Träger öffentlicher Belange und private Rechtsinhaber einbezogen werden können. Häufige Gründe für Umstufungen sind Änderungen der Verkehrsführung, Eingliederung in das Landesstraßennetz oder Übertragung an Gemeinden.

Einziehung

Die Einziehung einer Kreisstraße setzt voraus, dass sie für den öffentlichen Verkehr entbehrlich ist. Die Einziehung ist durch das Straßen- und Wegegesetz des jeweiligen Bundeslandes detailliert geregelt. Nach Einziehung verliert sie ihren öffentlichen Straßencharakter und kann privatrechtlich verwertet werden.


Rechtliche Besonderheiten bei Kreisstraßen

Widmungszweck und Benutzungsregelungen

Mit der Widmung wird das Recht zur Nutzung als öffentliche Straße begründet. Damit sind Kreisstraßen grundsätzlich für jedermann zur verkehrsüblichen Nutzung frei zugänglich, soweit keine Verkehrsbeschränkungen bestehen. Einschränkungen können durch straßenrechtliche Anordnungen, Verkehrszeichen oder spezielle Nutzungsgenehmigungen (z.B. für Veranstaltungen) erfolgen.

Haftung und Verkehrssicherungspflicht

Der Landkreis als Straßenbaulastträger unterliegt der Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet, er hat die erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren für die Verkehrsteilnehmer zu treffen. Die Verletzung dieser Pflicht kann zu Schadensersatzansprüchen führen, geregelt etwa in § 823 BGB (Schadenshaftung aus unerlaubter Handlung).


Kreisstraßen im Verhältnis zu anderen Straßentypen

Im Gegensatz zu Landes- oder Bundesstraßen werden Kreisstraßen ausschließlich von den Ländern beziehungsweise Landkreisen klassifiziert und verwaltet. Sie verbinden die gemeindlichen Straßen mit dem überregionalen Straßennetz (Landes- und Bundesstraßen) und nehmen damit eine intermediäre Stellung ein. Kreisstraßen unterstehen ausschließlich der Baulast und Verwaltung des Landkreises, während beispielsweise Gemeindestraßen von den Kommunen betreut werden.


Kennzeichnung und Nummerierung von Kreisstraßen

Kreisstraßen werden in Straßenkarten mit einem „K“ und einer fortlaufenden Nummer bezeichnet (z.B. K 24). Die Kennzeichnung dient der eindeutigen Identifikation im Straßen- und Verwaltungsnetz. In manchen Bundesländern erfolgt die Nummerierung in Kombination mit Kürzeln für den jeweiligen Landkreis.


Bau-, Planungs- und Genehmigungsverfahren

Planungsrechtliche Grundlagen

Die Bauvorhaben für Kreisstraßen unterliegen den Bestimmungen des jeweiligen Landesstraßenrechts, der Bauleitplanung nach Baugesetzbuch (BauGB) und einschlägigen Umweltgesetzen. Bei Neubau, Ausbau oder wesentlichen Änderungen sind ggf. Planfeststellungsverfahren durchzuführen.

Umwelt- und Naturschutzrecht

Bei Planung und Bau von Kreisstraßen sind umweltrechtliche Belange zu berücksichtigen, etwa nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), Wasserhaushaltsgesetz (WHG) oder Immissionsschutzrecht. Hierzu können Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) oder spezielle Gutachten vorgeschrieben sein.


Besondere Vorschriften und Ausnahmefälle

Kreisstraßen in kreisfreien Städten

In kreisfreien Städten können Straßen gemäß Landesrecht die rechtliche Eigenschaft einer „Kreisstraße“ erhalten, wenn sie deren Funktion erfüllen, auch wenn die Kommune (Stadt) selbst Träger der Baulast ist.

Veränderungen durch Gebietsreformen

Im Rahmen von Gebietsreformen kann es zur Umstufung, Zusammenlegung oder Neuordnung von Kreisstraßen kommen, wodurch sich Zuständigkeits- und Verantwortungslagen verschieben.


Rechtsprechung und Verwaltungspraxis

Gerichtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit Kreisstraßen betreffen häufig Konflikte hinsichtlich der Widmung, Verkehrssicherungspflicht, Umstufung oder Durchsetzung von Baumaßnahmen. Die Verwaltungsgerichte überprüfen die Rechtmäßigkeit von Widmungs-, Umstufungs- und Einziehungsentscheidungen sowie die Ausübung der Verkehrssicherungspflicht.


Zusammenfassung

Kreisstraßen sind ein zentrales Element der öffentlichen Straßeninfrastruktur in Deutschland. Sie werden rechtlich durch die Straßen- und Wegegesetze der Länder geregelt und stellen eine eigenständige Klasse unterhalb von Landesstraßen, aber oberhalb von Gemeindestraßen dar. Die rechtlichen Kernpunkte umfassen Widmung, Straßenbaulast, Umstufung, Einziehung und Nutzung sowie umfangreiche Pflichten des Trägers im Hinblick auf Bau, Unterhaltung und Verkehrssicherung. Durch ihre verbindende Funktion zwischen Gemeinden und anderen übergeordneten Straßennetzen sind Kreisstraßen unverzichtbar für die regionale Verkehrsinfrastruktur.


Literaturverzeichnis und weiterführende Quellen

  • Straßen- und Wegegesetze der Bundesländer
  • Bundesfernstraßengesetz (FStrG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 823
  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  • Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
  • Baugesetzbuch (BauGB)
  • Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte
  • Kommunal- und Landkreisordnungen der Länder

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Unterhaltung und Instandsetzung von Kreisstraßen zuständig?

Für die Unterhaltung und Instandsetzung von Kreisstraßen ist gemäß den jeweiligen Straßengesetzen der Bundesländer grundsätzlich der Landkreis als Straßenbaulastträger verantwortlich. Diese Verpflichtung ergibt sich in der Regel aus den Landesstraßengesetzen, beispielsweise § 48 des Niedersächsischen Straßengesetzes (NStrG) oder den entsprechenden Regelungen in anderen Bundesländern. Der Landkreis muss die Kreisstraßen so unterhalten, dass die Verkehrssicherheit gewährleistet bleibt, Schäden rechtzeitig behoben und die Straßen den Anforderungen des öffentlichen Verkehrs genügen. Zu den Unterhaltungsmaßnahmen zählen die regelmäßige Kontrolle der Fahrbahn, die Beseitigung von Fahrbahnschäden, das Reinigen von Entwässerungseinrichtungen, der Grünschnitt sowie der Winterdienst. Die Instandsetzung umfasst sowohl kleinere Reparaturen als auch größere Maßnahmen wie die Erneuerung der Fahrbahndecke. Der Landkreis kann seine Pflichten Dritten, beispielsweise bauausführenden Unternehmen, übertragen, bleibt jedoch im Außenverhältnis zum Bürger verantwortlich. Unterlassene oder mangelhaft durchgeführte Unterhaltung kann zu Haftungsansprüchen bei Unfällen führen.

Können Kreisstraßen eingezogen oder abgestuft werden und falls ja, wie ist das Verfahren geregelt?

Kreisstraßen können sowohl eingezogen (entwidmet) als auch abgestuft (herabgestuft) werden. Die Einziehung erfolgt gemäß den Landesstraßengesetzen, etwa § 8 des Bundesfernstraßengesetzes, durch einen Verwaltungsakt, wenn die Straße keine Verkehrsbedeutung mehr hat oder durch den Bau neuer Verkehrswege ersetzt wurde. Das Verfahren beginnt meist mit einer öffentlichen Bekanntmachung und einer Anhörung der betroffenen Gemeinden. Die Einziehung muss ausführlich begründet und mit dem öffentlichen Interesse abgewogen werden. Eine Abstufung von der Kreisstraße zur Gemeindestraße wird notwendig, wenn eine Straße nur noch der Erschließung gemeindlicher Gebiete dient. Auch hier ist ein Verwaltungsakt notwendig; die betroffenen Gemeinden müssen beteiligt werden und können gegebenenfalls Rechtsmittel einlegen. Die rechtliche Kontrolle dieser Maßnahmen erfolgt durch die Verwaltungsgerichte.

In welchem Umfang besteht eine Verkehrssicherungspflicht für Kreisstraßen?

Die Verkehrssicherungspflicht für Kreisstraßen obliegt in erster Linie dem Landkreis als Straßenbaulastträger. Sie umfasst die Pflicht, den Verkehr vor atypischen, nicht ohne Weiteres erkennbaren Gefahren zu schützen, die sich aus dem Zustand oder der Benutzung der Straße ergeben können. Dies beinhaltet insbesondere die regelmäßige Kontrolle auf Straßenschäden, das Beseitigen von Hindernissen (z. B. Ästen, Ölspuren), das Aufstellen von Warnschildern bei Gefahrenstellen sowie den Winterdienst (Schnee- und Eisglättebeseitigung). Die konkrete Ausgestaltung hängt von der Bedeutung und verkehrlichen Belastung der Straße ab. Verstöße gegen die Verkehrssicherungspflicht können Schadensersatzansprüche gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG begründen, wenn ein Verkehrsteilnehmer durch eine unterlassene Maßnahme zu Schaden kommt. Gerichtsurteile betonen regelmäßig die Bedeutung der Dokumentation sämtlicher Kontroll- und Unterhaltsmaßnahmen durch die Landkreise.

Wer ist für bauliche Maßnahmen oder Umbauten an Kreisstraßen genehmigungsbefugt?

Genehmigungen für bauliche Maßnahmen an Kreisstraßen, wie beispielsweise eine Verbreiterung, Neubau von Kreuzungen oder Anlage von Radwegen, erteilt grundsätzlich der Landkreis als Träger der Straßenbaulast. Allerdings müssen derartige Maßnahmen im Rahmen des Straßenrechts und gegebenenfalls des Planfeststellungsrechts erfolgen. Je nach Umfang des Vorhabens kann eine Planfeststellung oder Plangenehmigung notwendig sein, wofür die Kreisverwaltung selbst oder eine übergeordnete Aufsichtsbehörde zuständig ist. Im Rahmen größerer Projekte werden die betroffenen Gemeinden und interessierte Öffentlichkeit beteiligt. Weiterhin sind ggfs. umweltrechtliche Vorgaben, wie die Umweltverträglichkeitsprüfung, zu berücksichtigen. Baustellen und deren Absicherung unterliegen ebenfalls rechtlichen Regelungen, insbesondere der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO).

Dürfen Dritte Leitungen und Anlagen (z.B. Strom, Gas, Telekommunikation) in Kreisstraßen verlegen, und falls ja, unter welchen Voraussetzungen?

Das Verlegen von Leitungen und Anlagen durch Dritte in Kreisstraßen bedarf einer Sondernutzungserlaubnis nach den einschlägigen Vorschriften des Straßenrechts der Länder, etwa § 18 StrG NRW. Diese wird vom Straßenbaulastträger, also dem Landkreis, erteilt. Voraussetzung ist ein schriftlicher Antrag, in dem der geplante Verlauf, die technische Ausführung und alle erforderlichen Absicherungsmaßnahmen dargestellt werden. Der Antragsteller trägt die Kosten für Verlegung, Unterhaltung und Rückbau der Leitungen sowie eventuelle Folge-/Reparaturschäden an der Straße. Zudem können Auflagen, wie die Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Straßenbelags oder die Zahlung einer Sondernutzungsgebühr, erteilt werden. Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn die geplante Nutzung den Widmungszweck der Straße oder die Verkehrssicherheit gefährdet.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für die Beschilderung und Verkehrsanordnungen auf Kreisstraßen?

Die Anordnung von Verkehrszeichen und -einrichtungen (z.B. Tempolimits, Zebrastreifen, Baustellenbeschilderung) auf Kreisstraßen erfolgt gemäß § 45 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ausschließlich durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde. Die Straßenbaubehörde (Landkreis) kann Vorschläge machen, ist aber nicht für die eigenständige Aufstellung verantwortlich. Verkehrsanordnungen bedürfen sachlich nachvollziehbarer Gründe, häufig auf Basis verkehrsrechtlicher oder sicherheitsrelevanter Erwägungen (z.B. Schulweg, Unfallhäufung). Es kommt regelmäßig zur Beteiligung der Polizei und zu Abstimmungen mit anderen betroffenen Behörden. Fehlerhafte Anordnungen oder unzulässige Beschilderungen sind gerichtlich anfechtbar. Die Umsetzung und Wartung der Beschilderung obliegt wiederum meist dem Straßenbaulastträger.

Welche Besonderheiten gelten im Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte im Zusammenhang mit Kreisstraßen?

Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte im Zusammenhang mit Kreisstraßen, wie etwa bei Einziehung, Abstufung oder Sondernutzung, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Betroffene – wie Anlieger, Gemeinden oder Unternehmen – haben das Recht, gegen belastende oder ablehnende Verwaltungsakte Widerspruch einzulegen und anschließend Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben. Die Klagen haben in der Regel keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, das Gericht ordnet dies an. Im Falle enteignungsgleicher Eingriffe, beispielsweise wenn durch bauliche Maßnahmen Anlieger unverhältnismäßig beeinträchtigt werden, kommen Entschädigungsansprüche nach dem Landesrecht oder dem Grundgesetz (Art. 14 GG) in Betracht. Besondere Beachtung verdient zudem der Umstand, dass förmliche Verwaltungsakte öffentlich bekannt gemacht werden und eine Anfechtungsfrist von einem Monat einzuhalten ist.