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Kreisausschuss


Begriff und rechtlicher Rahmen des Kreisausschusses

Der Kreisausschuss ist ein zentrales Organ der kommunalen Selbstverwaltung in den meisten deutschen Flächenstaaten. Er ergänzt die Funktion des Kreistages als Vertretungsorgan und übernimmt dabei wesentliche exekutive und administrative Aufgaben. Die rechtliche Ausgestaltung des Kreisausschusses ist im Wesentlichen im jeweiligen Landeskommunalrecht geregelt und variiert entsprechend den landesrechtlichen Vorschriften. Im Folgenden werden die rechtlichen Grundlagen, Aufgaben, Zusammensetzung, Funktionsweise sowie die Abgrenzung zu weiteren Kreisor­ganen umfassend behandelt.


Rechtsgrundlagen des Kreisausschusses

Verankerung im Landesrecht

Die Rechtsgrundlagen für die Einsetzung, Organisation und Arbeitsweise des Kreisausschusses finden sich im Kommunalrecht der Bundesländer. Zentrale Vorschriften sind insbesondere z. B.:

  • Gemeindeordnung und Kreisordnung für das jeweilige Land (z. B. § 46-56 HGO für Hessen, §§ 37-43 NKomVG für Niedersachsen, Art. 34-39 LKrO BY für Bayern, § 34-40 KrO NW für Nordrhein-Westfalen).
  • Verwaltungsverfahrensgesetze und ergänzende landesrechtliche Vorschriften.

Stellung im System der Kommunalverfassung

Der Kreisausschuss ist regelmäßig das Verwaltungsgremium des Landkreises; er fungiert als „ausführendes Organ“ (Exekutivorgan) und nimmt Verwaltungsaufgaben sowie Kontroll- und Entscheidungsfunktionen wahr, die ihm durch Gesetz oder durch Übertragung seitens des Kreistages zugewiesen sind.


Aufgaben und Zuständigkeiten des Kreisausschusses

Pflicht- und Übertragungsaufgaben

Die Aufgaben des Kreisausschusses lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien unterteilen:

  1. Pflichtaufgaben kraft Gesetzes:

Zu diesen zählen insbesondere die laufende Verwaltung, Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen des Kreistages, sowie die Überwachung der Einhaltung geltender Gesetze und Vorschriften im Aufgabenbereich des Landkreises.

  1. Übertragene Aufgaben durch den Kreistag:

Der Kreistag hat das Recht, bestimmte Aufgaben an den Kreisausschuss zu delegieren. Dies betrifft häufig Entscheidungsbefugnisse in Routineangelegenheiten, finanzielle Angelegenheiten bis zu bestimmten Betragsgrenzen sowie Organisationsaufgaben im Verwaltungsbetrieb.

Einzelne Aufgabenfelder

  • Rechtsaufsicht und Verwaltungsführung: Der Kreisausschuss stellt den ordnungsgemäßen Ablauf der Verwaltung sicher, überwacht Dienstgeschäfte, ernennt und entlässt Personal und ist zentrale Entscheidungsstelle für Angelegenheiten der laufenden Verwaltung.
  • Vorbereitung und Durchführung: Der Ausschuss bereitet die Sitzungen des Kreistags vor, arbeitet Beschlussvorschläge aus und sorgt für die Umsetzung der getroffenen Entscheidungen.
  • Haushalts- und Finanzverwaltung: Er entscheidet im Rahmen der vom Kreistag vorgegebenen Haushaltsgrundlagen über Ausgaben, Investitionen und den zentralen Zahlungsverkehr des Landkreises.
  • Vertretung des Landkreises: In bestimmten Rechtsangelegenheiten und im Rahmen laufender Verwaltungsvorgänge vertritt der Kreisausschuss den Landkreis nach außen.

Zusammensetzung und Wahl des Kreisausschusses

Mitgliederstruktur

Der Kreisausschuss besteht regelmäßig aus dem Landrat als Vorsitzendem und einer vom Kreistag bestimmten Zahl von weiteren, meist ehrenamtlichen Mitgliedern (sog. Beigeordnete). Die genaue Anzahl und das Verfahren der Wahl regelt das jeweilige Landesrecht.

Amtsdauer und Abberufung

  • Die Amtsdauer der Mitglieder des Kreisausschusses entspricht der Wahlperiode des Kreistags (in der Regel fünf, in manchen Ländern sechs Jahre).
  • Eine vorzeitige Abberufung ist aus wichtigen Gründen durch den Kreistag möglich, wobei meist qualifizierte Mehrheiten und besondere Verfahrensvorschriften gelten.

Sitzungen und Beschlussfassung

  • Der Kreisausschuss tagt regelmäßig, mindestens jedoch so oft, wie es die Aufgabenwahrnehmung erfordert.
  • Die Sitzungen sind in der Regel nicht öffentlich, Ausnahmen können bei besonderem öffentlichen Interesse vorgesehen sein.
  • Der Ausschuss ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit der Mitglieder anwesend ist; Entscheidungen werden mit Stimmenmehrheit getroffen.

Verhältnis zu anderen Kreisorganen

Abgrenzung zum Kreistag

  • Der Kreistag ist das oberste Entscheidungsorgan und legislatives Organ der kommunalen Selbstverwaltung. Er erlässt Satzungen, entscheidet über Grundsatzfragen und kontrolliert die Amtsführung des Kreisausschusses.
  • Der Kreisausschuss nimmt exekutive Aufgaben wahr, führt die laufenden Geschäfte der Verwaltung aus und setzt die Kreistagsbeschlüsse um.

Verhältnis zum Landrat

  • Der Landrat ist sowohl Mitglieder als auch Vorsitzender des Kreisausschusses und leitet die Verwaltung des Landkreises. Er hat das Recht, an allen Sitzungen teilzunehmen und diese zu leiten. In manchen Ländern ist der Landrat zugleich „Hauptverwaltungsbeamter“ mit eigenem Zuständigkeitsbereich, während in anderen der Landrat vor allem als Vorsitzender und Repräsentant des Kreisausschusses fungiert.

Rechtsstellung und rechtliche Kontrolle

Stellung als Kollegialorgan

Der Kreisausschuss ist ein Kollegialorgan mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit im Rahmen der Kommunalverfassung. Seine Entscheidungen sind rechtlich verbindlich und unterliegen ggf. der Kontrolle durch die Kommunalaufsicht.

Rechtsmittel und Kontrolle

  • Die Beschlüsse des Kreisausschusses unterliegen der Kontrolle durch den Kreistag, der Kommunalaufsichtsbehörde und – in bestimmten Fällen – der gerichtlichen Überprüfung im Wege der Kommunalverfassungsstreitigkeit.
  • Bei grober Rechtswidrigkeit kann der Kreistag Beschlüsse aufheben oder der Kommunalaufsicht anfechten.

Besondere Ausgestaltungen und Varianten

Unterschiede im Bundesländervergleich

Die konkrete Rechtsstellung und Aufgabenverteilung des Kreisausschusses variiert landesrechtlich stark, insbesondere hinsichtlich:

  • Größe und Zusammensetzung
  • Wahlmodus und Amtsdauer der Mitglieder
  • Übertragbarer Entscheidungsbefugnisse und innerorganisatorischer Abläufe

Beispielhaft zu erwähnen sind die unterschiedlichen Bezeichnungen (z. B. „Beigeordnete“ in Nordrhein-Westfalen, ehrenamtliche Mitglieder in Bayern), und die Möglichkeit, weitere Ausschüsse mit Sonderkompetenzen zu bilden.


Bedeutung des Kreisausschusses für die kommunale Selbstverwaltung

Der Kreisausschuss ist als zentrales Verwaltungs- und Beschlussorgan unverzichtbarer Bestandteil des Verwaltungssystems auf Landkreisebene. Er gewährleistet eine sachgerechte, kontinuierliche und effektive Verwaltungsarbeit und bildet die Nahtstelle zwischen politischer Steuerung durch den Kreistag und operativer Verwaltungstätigkeit. Die Kontrollmechanismen des Kreistages sowie die Einbindung einer parlamentarischen Minderheit in den Kreisausschuss dienen der demokratischen Kontrolle und Transparenz der Verwaltung.


Literatur und weiterführende Hinweise

  • Kommunalrechtliche Kommentare und Handbücher der jeweiligen Bundesländer
  • Kreisordnungen, Gemeindeordnungen und einschlägige Verwaltungsvorschriften
  • Veröffentlichungen zum deutschen Kommunalverfassungsrecht

Hinweis: Die genaue Ausgestaltung des Kreisausschusses ist abhängig von der jeweiligen Landesgesetzgebung und kann in einzelnen Landkreisen individuell geregelt werden.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Wahl der Mitglieder des Kreisausschusses zuständig und wie erfolgt diese?

Die Wahl der Mitglieder des Kreisausschusses ist im deutschen Kommunalrecht detailiert geregelt. Zuständig für die Wahl ist der Kreistag, das zentrale Organ der kreislichen Selbstverwaltung. Die rechtlichen Grundlagen ergeben sich insbesondere aus der jeweiligen Kommunalverfassung des Bundeslandes, etwa § 46 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) oder den analogen Vorschriften anderer Länder. Die Wahl der weiteren Mitglieder erfolgt in geheimer Abstimmung unter den Kreistagsmitgliedern, wobei in der Regel die Mehrheitswahl Anwendung findet – bei Stimmengleichheit entscheidet oftmals das Los. Die zu wählenden Mitglieder müssen grundsätzlich dem Kreistag angehören, sofern gesetzlich nichts anderes vorgesehen ist. Nicht selten kann die Hauptsatzung des Kreises auch – innerhalb der durch Landesrecht gezogenen Grenzen – regeln, dass sachkundige Einwohner berufen werden dürfen. Weitere Voraussetzungen wie die Amtsdauer, Nachwahl bei Ausscheiden und mögliche Abberufung sind ebenfalls in der jeweiligen Kommunalverfassung bzw. in der Hauptsatzung des Landkreises geregelt.

Welche gesetzlichen Rechte und Pflichten hat ein Mitglied des Kreisausschusses?

Mitglieder des Kreisausschusses haben spezifische Rechte und Pflichten, die sich aus dem jeweiligen Landeskommunalrecht ergeben. Zu den Rechten zählen vor allem das Stimmrecht bei Abstimmungen, das Antragsrecht, das Recht auf Anhörung und das Teilnahmerecht an Sitzungen. Besonders relevant ist die Verschwiegenheitspflicht gemäß den einschlägigen Datenschutzbestimmungen (§ 43 Absatz 2 NKomVG, analoge Regelungen in anderen Ländern), die auch nach dem Ausscheiden fortbesteht. Pflichtverletzungen können zu Ordnungsmaßnahmen oder in schweren Fällen zur Entlassung führen. Zu den Pflichten zählt unter anderem die Pflicht zur unparteiischen Amtsausübung (Neutralitätsgebot), die Pflicht zur persönlichen Teilnahme an Sitzungen und die Pflicht zur gewissenhaften Aufgabenerfüllung im Sinne der kommunalen Daseinsvorsorge. Eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht kann disziplinarrechtliche und, sofern ein Vermögensschaden entsteht, haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Welche Aufgaben darf der Kreisausschuss laut Gesetz nicht an sich ziehen?

Die Kommunalgesetze bestimmen einen klaren Aufgabenrahmen, in dem der Kreisausschuss tätig werden darf. Nach dem Prinzip der Organzuständigkeit obliegen dem Kreisausschuss grundsätzlich nur die Aufgaben, die ihm ausdrücklich vom Kreistag übertragen wurden oder ihm kraft Gesetzes zugewiesen sind. Bestimmte originäre Aufgabenbereiche stehen jedoch ausschließlich dem Kreistag zu und dürfen laut Gesetz nicht delegiert werden. Hierzu zählen in der Regel: Satzungsbeschlüsse, Haushaltssatzungsbeschlüsse, wesentliche Beschlüsse zur Gebietsreform, Entscheidungen über die Auflösung des Landkreises, über die Bildung neuer Körperschaften oder den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken von erheblicher Bedeutung sowie andere Angelegenheiten von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Tragweite. Die Landesgesetze enthalten hierzu erschöpfende Listen, die nicht durch Hauptsatzung oder Geschäftsordnung umgangen werden dürfen. Jede unzulässige Kompetenzübertragung wäre unwirksam und rechtswidrig.

Wie ist der Kreisausschuss beschlussfähig und welche Mehrheit ist für Beschlüsse erforderlich?

Für die Beschlussfähigkeit des Kreisausschusses sehen die jeweilige Kommunalverfassung sowie die Hauptsatzung des Kreises bestimmte Vorgaben vor. In der Regel ist der Kreisausschuss beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner gesetzlichen Mitglieder anwesend sind (§ 50 NKomVG, Art. 33 BayKommZG). Sollte die Beschlussfähigkeit nicht gegeben sein, muss die Sitzung vertagt werden. Hinsichtlich der für Beschlüsse erforderlichen Mehrheit gilt grundsätzlich das einfache Mehrheitsprinzip, sofern durch Gesetz oder Hauptsatzung keine qualifizierte Mehrheit vorgesehen ist. Das bedeutet, Beschlüsse werden mit den Stimmen der Mehrheit der anwesenden Mitglieder gefasst. Bei Stimmengleichheit gibt in der Regel die Stimme des Landrats als Vorsitzenden den Ausschlag. Für besonders bedeutsame Beschlüsse – etwa Personalentscheidungen – kann die Hauptsatzung eine qualifizierte Mehrheit, wie die Zwei-Drittel-Mehrheit, vorschreiben.

In welchem Umfang unterliegt der Kreisausschuss der Kontrolle durch den Kreistag?

Der Kreisausschuss unterliegt einer umfassenden, rechtlich normierten Kontrolle durch den Kreistag. Der Kreistag hat das allgemeine Recht auf Berichterstattung und Unterrichtung über sämtliche Angelegenheiten, die der Kreisausschuss bearbeitet. Übertragene Aufgaben kann der Kreistag jederzeit durch Widerruf wieder an sich ziehen, wobei zwingende Beschlusskompetenzen des Kreisausschusses durch Gesetz nicht entzogen werden können. Der Kreistag ist zudem berechtigt, dem Kreisausschuss Weisungen für die Ausführung bestimmter Aufgaben zu erteilen, soweit keine weisungsfreien Pflichtaufgaben vorliegen. Ein Initiativrecht in Form von Anträgen ist dem Kreistag ebenfalls gegeben. Kontrollinstrumente wie Fragestunden oder Aktenvorlagen sind durch Landesrecht oder durch die Hauptsatzung geregelt und gewährleisten eine lückenlose Einsicht in die Arbeit des Kreisausschusses.

Unterliegt der Kreisausschuss der Rechtsaufsicht und wie vollzieht sich diese?

Das kommunale Aufsichtsrecht erstreckt sich auch auf die Tätigkeit des Kreisausschusses. Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde – meist die Kommunalaufsicht bzw. die Bezirksregierung – überwacht, ob der Kreisausschuss die Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Satzungen beachtet. Grundlage ist jeweils das Landeskommunalrecht, welches das Instrumentarium von Beanstandungen, Anweisungen, Ersatzvornahmen bis zur Auflösung rechtswidriger Beschlüsse bereitstellt. Der Prüfungsmaßstab ist dabei auf die Rechtmäßigkeit, nicht auf die Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns beschränkt. Die Aufsichtsbehörde kann Beschlüsse des Kreisausschusses beanstanden und im Extremfall für nichtig erklären, wenn sie rechtswidrig sind. Beschwerden über Maßnahmen des Kreisausschusses sind schriftlich an die Aufsichtsbehörde zu richten, die wiederum zur umfassenden Akteneinsicht berechtigt ist.

Kann gegen Beschlüsse des Kreisausschusses gerichtlich vorgegangen werden?

Die Anfechtbarkeit von Kreisausschuss-Beschlüssen ist gesetzlich geregelt und unterliegt bestimmten Voraussetzungen. Betroffene Dritte oder Mitglieder des Kreistages haben die Möglichkeit, gegen rechtswidrige Beschlüsse des Kreisausschusses im Rahmen der Kommunalverfassungsstreitigkeit den Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten. Aktivlegitimiert sind etwa Kommunalabgeordnete, die durch die Beschlussfassung in eigenen Rechten verletzt sein könnten (§ 42 Abs. 2 VwGO). Bürger und juristische Personen können klagebefugt sein, wenn sie durch Verwaltungsakte des Kreisausschusses unmittelbar betroffen sind und keine anderen Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Rechtmäßigkeit des Beschlusses sowie die Einhaltung ordnungsgemäßer Verfahren und gesetzlicher Zuständigkeiten. Bei formellen Fehlern (z. B. Beschlussunfähigkeit) oder materiell-rechtlichen Verstößen (z. B. Kompetenzüberschreitung) kann das Verwaltungsgericht den Beschluss aufheben oder für unwirksam erklären.