Begriffserläuterung: Kreis im Rechtskontext
Definition und allgemeine Bedeutung
Der Begriff „Kreis“ besitzt im deutschen Recht eine vielschichtige Bedeutung. Er wird sowohl als territoriale Verwaltungseinheit als auch als beschreibender Begriff für verschiedene Personenzusammenhänge verwendet. Im Mittelpunkt steht dabei der Landkreis beziehungsweise Stadtkreis, der als Gebietskörperschaft eine wesentliche Rolle in der staatlichen Organisation und Verwaltung Deutschlands einnimmt. Darüber hinaus findet der Begriff in unterschiedlichen Rechtsgebieten Anwendung, etwa im Zivilrecht, Datenschutzrecht oder Gesellschaftsrecht.
Kreis als kommunale Gebietskörperschaft
Verfassungsrechtliche Einordnung
Kreise sind in der Bundesrepublik Deutschland kommunale Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts. Sie bestehen als Landkreise oder kreisfreie Städte gemäß den jeweiligen Landesverfassungen und den Kommunalverfassungen der Länder. Ihre rechtliche Grundlage ergibt sich vor allem aus den Landesgesetzen zur Kommunalverwaltung, etwa dem Landkreisordnungsgesetz.
Funktionen und Aufgaben
Kreise erfüllen eigene und übertragene Aufgaben. Zu den eigenen Aufgaben gehören insbesondere:
- Daseinsvorsorge
- Schulträgerfunktion für weiterführende Schulen
- Öffentliche Gesundheitsdienste
- Abfallwirtschaft
- Straßenbau und -unterhaltung
Übertragene Aufgaben sind solche, die ihnen durch Bundes- oder Landesbehörden anvertraut werden. Kreise nehmen staatliche Aufgaben beispielsweise als untere Verwaltungsbehörde im Bereich Ausländerrecht, Meldewesen oder Gewerberecht wahr.
Selbstverwaltungsgarantie
Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz garantiert den Kreisen das Recht auf Selbstverwaltung. Sie sind rechtlich eigenständige Verwaltungsträger mit dem Recht, ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze eigenverantwortlich zu regeln.
Organe des Kreises
Die Organe eines Kreises sind in der Regel:
- Kreistag: Das gewählte Vertretungsorgan der Kreisbürger
- Landrat oder Landrätin: Gesetzlicher Vertreter und Leiter der Kreisverwaltung
- Kreisverwaltung: Verwaltungsapparat
Die rechtlichen Kompetenzen und das Zusammenwirken dieser Organe werden durch die jeweilige Kreisordnung des Bundeslandes geregelt.
Rechtliche Struktur und Grenzen des Kreises
Kreisangehörige und kreisfreie Städte
Kreise gliedern sich in kreisangehörige Gemeinden beziehungsweise Städte. Dagegen stehen kreisfreie Städte, die selbst die Aufgaben eines Kreises erfüllen und damit keiner weiteren Kreisverwaltung unterstellt sind. Die genauen Abgrenzungen ergeben sich aus den jeweiligen Landesgesetzen und Rechtsverordnungen.
Gebietshoheit und Satzungsautonomie
Kreise genießen Gebietshoheit, das heißt die Ausübung öffentlicher Gewalt innerhalb ihres räumlichen Zuständigkeitsbereichs. Ihre Satzungsautonomie berechtigt sie, in bestimmten Bereichen eigene Rechtsnormen (Satzungen) zu erlassen, beispielsweise zur Einrichtung kommunaler Abgaben.
Finanzhoheit
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben verfügen Kreise über eine Finanzhoheit, einschließlich des Rechts zur Erhebung von Kreisumlagen von kreisangehörigen Gemeinden und zur Wahrnehmung weiterer Einnahmequellen nach Maßgabe der Kommunalabgabengesetze.
Kreis im weiteren Rechtsverständnis
Kreis im Zivilrecht
Im Zivilrecht beschreibt der Begriff „Kreis“ darüber hinaus bestimmte Personengruppen oder Einheiten, beispielsweise im Rahmen des Vereinsrechts, wenn von einem „Mitgliederkreis“ die Rede ist, oder im Zusammenhang mit Personengruppen im Datenschutzrecht.
Kreis im Gesellschaftsrecht
Im Gesellschaftsrecht wird der „Kreis der Gesellschafter“ definiert. Dabei können gesetzliche Regelungen zur Übertragbarkeit von Anteilen oder zur Ausübung gesellschaftlicher Rechte von der Zusammensetzung eines Kreises abhängen.
Datenschutzrechtliche Aspekte
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz und der DSGVO ist häufig vom „Kreis der berechtigten Empfänger“ oder „Kreis der Betroffenen“ die Rede, der den Umfang der Zugriffs- und Informationsrechte bestimmt.
Abgrenzung: Kreis und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften
Unterschied zu Gemeinden und Städten
Anders als Gemeinden erfüllen Kreise überwiegend Aufgaben mit überörtlicher Bedeutung. Ihr Rechtsstatus unterscheidet sich hinsichtlich Autonomie, Aufgabenportfolio und Vertretungsstruktur.
Verhältnis zu anderen Verwaltungseinheiten
Kreise stehen im föderalen System der Länder zwischen den Gemeinden und dem Land selbst. Darüber hinaus können auf Ebene der Kreise Zweckverbände oder andere Körperschaften gebildet werden, um bestimmte Aufgaben gemeinschaftlich wahrzunehmen.
Rechtsquellen zum Kreis
Gesetzliche Grundlagen
- Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Art. 28 Abs. 2 GG)
- Landesgesetze zur Kommunal- und Kreisordnung (z.B. Nordrhein-Westfalen: Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Saarland: Kommunalverwaltungsgesetz)
- Kommunalabgabengesetze der Länder
- Weitere einschlägige Fachgesetze (z.B. Abfallgesetz, Straßenbaugesetz)
Gerichtliche Entscheidungen
Die gerichtliche Kontrolle über Maßnahmen und Satzungen der Kreise obliegt der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Insbesondere die Verwaltungsgerichte prüfen die Rechtmäßigkeit aufsichtsrechtlicher Maßnahmen und die Einhaltung der Selbstverwaltungsgarantie.
Bedeutung und Entwicklung
Historischer Kontext
Die Entwicklung der Kreise als Verwaltungseinheiten reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück und wurde maßgeblich durch die preußischen Reformen geprägt. Heute sind Kreise elementarer Bestandteil der öffentlichen Verwaltung in Deutschland.
Reformen und aktuelle Entwicklungen
Die Kreisgebietsreformen der vergangenen Jahrzehnte zielten auf eine Effizienzsteigerung der Verwaltung und stärkere Auslastung der personellen und finanziellen Ressourcen ab. Solche Reformen können Zusammenschlüsse oder Auflösung von Kreisen bewirken und sind regelmäßig Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Überprüfungen.
Zusammenfassung
Der Kreis ist im deutschen Recht eine kommunale Gebietskörperschaft mit umfangreichen gesetzlichen Aufgaben, Rechten und Pflichten. Als rechtlich selbstständige und demokratisch legitimierte Verwaltungseinheit obliegt ihm insbesondere die Erfüllung überörtlicher kommunaler Aufgaben. Ergänzend wird der Begriff im Zivil-, Gesellschafts- und Datenschutzrecht für bestimmte Personen- oder Empfängerkreise verwendet. Die konkrete Ausgestaltung der Kreise unterliegt der Gesetzgebung und Verwaltungspraxis der einzelnen Bundesländer und ist fortlaufender Weiterentwicklung unterworfen.
Häufig gestellte Fragen
Was sind die rechtlichen Grundlagen für die Bildung und Organisation von Kreisen in Deutschland?
Die rechtlichen Grundlagen für die Bildung, Organisation und Verwaltung von Kreisen in Deutschland ergeben sich hauptsächlich aus dem jeweiligen Landesrecht der Bundesländer, insbesondere den Kommunalverfassungen oder Kommunalordnungsgesetzen. Diese Gesetze bestimmen, ob und wie ein Landkreis (Kreis) gegründet, aufgelöst, zusammengelegt oder in seinem Gebietsbestand verändert werden kann. Darüber hinaus sind einschlägige bundesrechtliche Vorgaben, zum Beispiel das Grundgesetz (insbesondere Artikel 28 GG), zu beachten, welches die kommunale Selbstverwaltung garantiert. Einzelne Kreise können durch Landesgesetze oder Rechtsverordnungen Gebietsreformen unterliegen, etwa zur Anpassung an demographische oder wirtschaftliche Entwicklungen. Auch die Aufgabenwahrnehmung, Zuständigkeiten der Organe (wie Kreistag, Landrat) und die Rechte und Pflichten gegenüber den kreisangehörigen Gemeinden sind dort geregelt. Hierdurch wird ein rechtlich fest strukturierter Rahmen geschaffen, in dem Kreise als Verwaltungseinheiten sowohl Exekutivaufgaben für das Land als auch eigene Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen.
Welche rechtliche Stellung hat der Kreis als Gebietskörperschaft?
Der Kreis ist eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts und stellt eine juristische Person dar, die mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestattet ist. Dadurch kann er selbstständig am Rechtsverkehr teilnehmen, Klagen erheben sowie verklagt werden und Vermögen besitzen. Als Körperschaft genießt der Kreis zudem die kommunale Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 GG, die ihm unter der Rechtsaufsicht der Länder eine eigenverantwortliche Wahrnehmung der ihm durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zugewiesenen Aufgaben ermöglicht. Die innere Organisation, etwa durch seine Organe (Kreistag, Landrat, Kreisverwaltung), beruht auf Rechtsnormen und gewährleistet demokratische Mitbestimmung und Rechtssicherheit bei seinen Entscheidungen.
Wie wird die Rechtsaufsicht über einen Kreis ausgeübt?
Die Rechtsaufsicht über einen Kreis obliegt der zuständigen Aufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes, meist der Bezirksregierung oder dem Innenministerium. Die Kontrolle beschränkt sich typischerweise auf die Einhaltung von Gesetz und Recht („Rechtsaufsicht“ im Gegensatz zur „Fachaufsicht“ bei Pflichtaufgaben nach Weisung). Sie umfasst etwa das Prüfen von Satzungen, Verwaltungshandeln, Haushaltsführung und der ordnungsgemäßen Besetzung der Organe. Die Aufsicht kann bei Rechtsverstößen korrigierend eingreifen, Entscheidungen aufheben oder anordnen, bestimmte Maßnahmen zu unterlassen oder zu ergreifen. Jedoch bleibt die Selbstverwaltungsgarantie gewahrt, indem die Aufsicht primär nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit handelt und die kommunale Eigenverantwortlichkeit respektiert.
Welche rechtlichen Pflichten treffen einen Kreis gegenüber seinen Mitgliedsgemeinden?
Ein Kreis ist rechtlich verpflichtet, die Interessen und Belange seiner kreisangehörigen Gemeinden zu vertreten und zu fördern. Dazu zählt insbesondere die Erfüllung gesetzlich übertragener Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge (z.B. Abfallwirtschaft, Rettungswesen, weiterführende Schulen, Verkehrswege). Der Kreis muss die Gemeinden gleichbehandeln, darf keine willkürliche Benachteiligung erlauben und ist verpflichtet, das Benehmen mit den Gemeinden herzustellen, etwa bei Planungen oder Änderungen, die deren Interessen berühren. Zudem müssen Mitgliedsgemeinden bei wichtigen Entscheidungen maßgeblich mitwirken können, was durch verschiedene Mitwirkungs- und Anhörungsrechte geregelt ist. Geraten Kreis und Gemeinden in rechtlichen Streit, sind hierfür meist Verwaltungsgerichte zuständig.
Welche rechtlichen Voraussetzungen gelten für die Wahl des Landrats und die Besetzung des Kreistags?
Die Wahl des Landrats sowie die Zusammensetzung und Wahl des Kreistags unterliegen den Kommunalwahlgesetzen der jeweiligen Bundesländer, die genaue Anforderungen an Wahlrecht, Passivität (Wählbarkeit), aktives Wahlrecht, Wahlverfahren, Amtszeit und mögliche Abwahl regeln. Der Landrat wird in den meisten Bundesländern direkt von den wahlberechtigten Kreisangehörigen auf Zeit gewählt, während der Kreistag in allgemeiner, gleicher, geheimer und unmittelbarer Wahl bestimmt wird. Darüber hinaus bestehen gesetzliche Vorgaben zum Minderheitenschutz, etwa durch Sperrklauseln und Möglichkeiten der Listenverbindung. Anfechtungen gegen Wahlergebnisse richten sich nach den Vorschriften des Kommunalwahlrechts und sind bei den Verwaltungsgerichten geltend zu machen.
Inwieweit haftet der Kreis für Schäden, die aus seiner Tätigkeit resultieren?
Der Kreis haftet als juristische Person bürgerlichen Rechts grundsätzlich nach den für die öffentliche Hand maßgeblichen Vorschriften, etwa gemäß § 839 BGB (Amtshaftung) in Verbindung mit Art. 34 GG, wenn ein Organ oder ein Bediensteter schuldhaft eine Amtspflicht verletzt und dadurch ein Dritter zu Schaden kommt. Auch besondere Haftungsregelungen nach Landesrecht oder spezialgesetzliche Haftungsnormen (etwa im Straßenrecht, Umweltrecht oder bei Gefahrenabwehrmaßnahmen) können einschlägig sein. Die Haftung kann sich sowohl auf Vermögensschäden als auch auf Personenschäden erstrecken. In bestimmten Fällen besteht Regressmöglichkeit gegenüber dem handelnden Amtsträger, wenn dieser vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Für einfache Verwaltungsfehler haftet in aller Regel jedoch der Kreis selbst.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, Beschlüsse eines Kreises anzufechten?
Beschlüsse des Kreistags oder sonstige Verwaltungsakte des Kreises können je nach betroffenem Personenkreis auf unterschiedliche Weise rechtlich angegriffen werden. Für Bürger ist insbesondere der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, etwa mittels Widerspruch und gegebenenfalls anschließender Verwaltungsgerichtsklage. Kreismitglieder (z.B. Gemeinden) können unter bestimmten Voraussetzungen Kommunalverfassungsstreitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten austragen. Gewählte Mitglieder des Kreistags haben durch die Landeskommunalgesetze das Recht, rechtwidrige Beschlüsse durch einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit oder auf Beanstandung anzugreifen. Zudem haben übergeordnete Aufsichtsbehörden die Möglichkeit, eigene Beanstandungen oder Aufhebungen vorzunehmen, falls ein Beschluss gegen geltendes Recht verstößt. Die jeweiligen Fristen, Formerfordernisse und Zulässigkeitsvoraussetzungen richten sich nach den einschlägigen Verwaltungsgesetzen und der jeweiligen Rechtsnatur der angegriffenen Entscheidung.