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Krawallschäden


Begriff und Definition von Krawallschäden

Krawallschäden sind Sach- oder Vermögensschäden, die infolge von Ausschreitungen, Unruhen oder gezielten Gewalttaten – insbesondere im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen oder Demonstrationen – entstehen. Sie betreffen vor allem das private wie auch das öffentliche Eigentum und sind im deutschen Recht differenziert zu betrachten. Die Unterscheidung zu anderen Schadensarten, etwa Vandalismus oder allgemeine Sachbeschädigung, ergibt sich insbesondere aus der kollektiven, oft politisch oder gesellschaftlich motivierten Komponente der Entstehung.

Rechtliche Grundlagen von Krawallschäden

Zivilrechtliche Einordnung

Krawallschäden materieller Art werden im Zivilrecht regelmäßig unter die Vorschriften der unerlaubten Handlung (§§ 823 ff. BGB) subsumiert. Wird eine Sache durch Gewaltanwendung während eines Krawalls beschädigt, so besteht für den Geschädigten grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Schädiger. Die Durchsetzbarkeit dieser Ansprüche ist jedoch häufig dadurch erschwert, dass die Täter entweder nicht identifiziert werden können oder materiell nicht leistungsfähig sind.

Gesamtschuldnerische Haftung

Werden während eines Krawalls mehrere Personen gemeinsam an einem Schaden beteiligt, kann eine gesamtschuldnerische Haftung (§ 840 BGB) in Betracht kommen. Auch Gruppenhaftung gemäß § 830 BGB ist möglich, wenn der Schaden nicht einer einzelnen Person zugeordnet werden kann, aber sicher ist, dass er von mehreren gemeinsam verursacht wurde.

Strafrechtliche Bewertung

Schäden an Sachen im Rahmen von Krawallen sind häufig strafrechtlich relevant. Neben Sachbeschädigung (§ 303 StGB) kommen insbesondere Landfriedensbruch (§ 125 StGB), besonders schwerer Landfriedensbruch (§ 125a StGB), oder auch Körperverletzungsdelikte (§§ 223 ff. StGB) in Betracht. Die Strafvorschriften dienen überwiegend dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und sollen massenhaft auftretende, gewaltsame Ausschreitungen verhindern.

Tatbestandsvoraussetzungen

Eine zentrale Rolle spielt dabei der Begriff des „auf einen Ort zusammengeballten Menschenmenge, die mit vereinten Kräften Gewalt gegen Personen oder Sachen verübt“. Für das Vorliegen des Straftatbestandes genügt bereits eine gesteigerte Gewaltbereitschaft der Gruppe, die nicht zwingend in einheitlichem Willen handeln muss.

Öffentlich-rechtliche Aspekte und Staatshaftung

Zudem können öffentlich-rechtliche Ansprüche bei Krawallschäden bestehen. In bestimmten Fällen regelt das Grundgesetz (Art. 14 Abs. 3 GG) sowie Landeskatastrophenschutzgesetze und das Polizeirecht die Haftung des Staates, insbesondere wenn öffentliche Stellen rechtswidrig oder schuldhaft untätig geblieben sind. Soweit eine Schadensregulierung über den Staat möglich ist, ist dies häufig an enge Voraussetzungen geknüpft.

Polizeirechtliche Kostenerstattung

Besondere Bedeutung kommt dem Polizeirecht zu: Werden Krawallschäden durch Versammlungen verursacht, kann es zu Kostenauferlegungen gemäß Polizeigesetz gegenüber Veranstaltern oder Anmeldern kommen, falls diese ihren Sicherungs- und Kooperationspflichten nicht nachkommen.

Entschädigungen aus öffentlichen Fonds

Einige Landesentschädigungsgesetze sehen die Möglichkeit einer finanziellen Kompensation für Vermögensschäden infolge von Krawallen vor. Die detaillierten Voraussetzungen variieren je nach Bundesland und Gesetz, sind aber regelmäßig subsidiär gegenüber etwaigen Haftungsansprüchen gegen Schädiger oder Versicherungen.

Versicherungsrechtliche Einordnung

Deckung durch Sachversicherungen

Ob Krawallschäden durch Versicherungen gedeckt sind, hängt maßgeblich vom jeweiligen Versicherungsvertrag ab.

Gebäude- und Hausratversicherung

Viele Gebäude- und Hausratversicherungen enthalten nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen Schutz gegen Schäden durch Vandalismus, teils ausdrücklich auch gegen „Böswilligkeit“ oder „Unruhen“. Als Unruhe gelten im Versicherungsrecht Schäden durch „Zusammenrottungen“ von mindestens „drei oder mehr Personen, die aus gemeinsamer feindlicher Haltung heraus Gewalttaten ausüben“. Schäden durch politische Aufstände oder innere Unruhen sind häufig ausgeschlossen, soweit der Umfang der Ausschreitungen als „bürgerschaftliche Unruhe“ im Sinne der Versicherungsbedingungen angesehen wird.

Kfz-Versicherung

In der Teilkaskoversicherung sind nach den Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) (§ 2 AKB) Krawallschäden durch „Unruhen, sofern der Versicherungsnehmer nicht selbst aktiv teilgenommen hat“, versichert. Eine aktive Beteiligung am Krawallereignis schließt die Leistungspflicht jedoch aus.

Ausschlüsse und Obliegenheiten

Ein Leistungsausschluss besteht, wenn der Versicherungsnehmer etwa selbst am Krawall beteiligt ist oder gegen Mitwirkungspflichten verstößt, wie etwa die unverzügliche Schadensanzeige. Die Beweislast für den Ausschluss liegt beim Versicherungsunternehmen.

Abgrenzung zu ähnlichen Schadensbegriffen

Krawallschäden sind abzugrenzen von allgemeinen Sachschäden infolge von simpler Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder witterungsbedingten Schäden. Charakteristisches Merkmal ist stets das Entstehen des Schadens infolge einer kollektiven Gewaltanwendung im Kontext einer öffentlichen Unruhe oder eines Aufstands.

  • Vandalismus: Meist individuell verursacht, ohne kollektiven oder politischen Bezug;
  • Plünderung: Teilweise als Krawallschaden einzuordnen, sofern es im Rahmen einer Unruhe erfolgt;
  • Brandstiftung: Kann als Krawallschaden vorliegen, wenn sie Teil einer kollektiven Gewalttat ist.

Praktische Relevanz und aktuelle Entwicklungen

Krawallschäden treten insbesondere im Zusammenhang mit Großereignissen, politischen Demonstrationen, Sportveranstaltungen oder sogenannten „Randaletouren“ im öffentlichen Raum auf. Gerade infolge internationaler politischer Ereignisse, Großdemonstrationen oder anlässlich globaler Sportereignisse steigt das Risiko für großflächige Schäden.

Reformen und Tendenzen

Die rechtliche Bewertung und die Haftungslage werden fortlaufend diskutiert, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an den Nachweis der Schadenskausalität und Verbesserungen für Geschädigte in der Durchsetzung von Ersatzansprüchen. Die Rechtsprechung entwickelt die Anforderungen an die Beweislast und die Voraussetzungen für die Staatshaftung weiter.

Zusammenfassung

Krawallschäden stellen einen besonderen Schadensfall dar, bei dem eine Vielzahl von haftungs-, straf- und versicherungsrechtlichen Besonderheiten zu beachten sind. Die Anspruchsdurchsetzung gegen Schädiger ist oftmals schwierig, weshalb Schadenskompensation in der Praxis stark von den Möglichkeiten privater Versicherung oder staatlicher Ersatzleistungen abhängt. Der rechtliche Umgang mit Krawallschäden ist durch die Abwägung verschiedener Interessen und die detaillierte Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen geprägt.

Häufig gestellte Fragen

Wer haftet für Krawallschäden an privaten oder gewerblichen Immobilien?

Im rechtlichen Kontext richtet sich die Haftung für Krawallschäden grundsätzlich nach Verursacherprinzip und Versicherungsrecht. Verursachen namentlich bekannte Einzelpersonen einen Schaden durch Gewalt, etwa durch Einwerfen von Fensterscheiben an einem Geschäft oder Entzünden von Fahrzeugen, könnten diese deliktisch nach § 823 BGB (Schadensersatzpflicht) in Anspruch genommen werden. Allerdings ist die Durchsetzbarkeit der Ansprüche stark eingeschränkt, wenn die Täter unbekannt oder mittellos sind, wie es bei Krawallen vielfach der Fall ist. In solchen Konstellationen spielt die Versicherung eine tragende Rolle: Wohngebäude- oder Geschäftsversicherungen beinhalten oft eine Absicherung gegen „Krawall“, „Vandalismus“ oder „böswillige Beschädigung“. Entscheidend ist, ob das jeweilige Ereignis vom Versicherungsvertrag und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) abgedeckt ist. Während die Hausrat- oder Gebäudeversicherung nach Krawallen unter Umständen für Glasbruch, Einbruch oder Brandfolgen eintritt, sind reine Vandalismusschäden nicht immer standardmäßig versichert. In der gewerblichen Versicherungspraxis empfiehlt sich daher die explizite Prüfung, ob Krawallschäden mitversichert wurden. Im Falle einer versicherten Deckung ist die Versicherung der erste Ansprechpartner für die Schadensregulierung. Die Haftung des Staates kommt nach geltendem Recht lediglich ausnahmsweise, etwa im Rahmen einer „Staatshaftung“ bei unzureichenden Schutzmaßnahmen in Betracht, wobei die Hürden hier sehr hoch liegen.

Welche Fristen müssen bei der Schadensmeldung eingehalten werden?

Nach Eintritt eines Krawallschadens schreiben Versicherungen strikte Melde- und Anzeigefristen vor. In der Regel ist der Versicherungsfall unverzüglich, das heißt „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 BGB), idealerweise innerhalb weniger Tage, dem Versicherer schriftlich anzuzeigen. Unterlassungen oder verspätete Schädenmeldungen können zu Leistungskürzungen oder Leistungsfreiheit führen. Darüber hinaus kann die Versicherung verlangen, dass eine polizeiliche Anzeige des Vorfalls erfolgt, die auch für mögliche spätere strafrechtliche Ermittlungen notwendig ist. Die konkrete Frist und das genaue Prozedere ergeben sich aus den Versicherungsbedingungen; in der Sachversicherung werden häufig Fristen zwischen 3 und 7 Tagen gesetzt. Versäumt der Versicherungsnehmer diese gesetzlichen und/oder vertraglichen Pflichten, kann der Anspruch auf Versicherungsleistung ganz oder teilweise entfallen.

Sind Krawallschäden durch die Hausrat- oder Gebäudeversicherung abgedeckt?

Die Abdeckung von Krawallschäden durch Hausrat- oder Gebäudeversicherungen hängt wesentlich von den vertraglichen Vereinbarungen und den jeweils geltenden Versicherungsbedingungen ab. Standard-Hausratversicherungen erfassen in aller Regel Schäden durch Einbruchdiebstahl, Raub, Vandalismus nach Einbruch sowie Feuer- und Leitungswasserschäden. Schäden, die unmittelbar durch Krawallhandlungen entstehen – etwa mutwillige Zerstörung von Fenstern oder Mobiliar – sind jedoch häufig nur im Rahmen zusätzlicher Klauseln („erweiterter Versicherungsschutz gegen böswillige Beschädigung oder Vandalismus“) mitversichert. Ähnliches gilt für Gebäudeversicherungen: Schäden infolge von Brandstiftung im Zuge eines Krawalls wären meist gedeckt, nicht jedoch reine Sachbeschädigungen ohne Brand. Gewerbliche Immobilienversicherungen enthalten zumeist umfassendere Deckungen, erfordern jedoch oft explizite Vereinbarungen zur Krawallbeteiligung. Eine sorgfältige Prüfung der eigenen Police und Bedingungen ist daher essentiell.

Gibt es Anspruch auf staatliche Entschädigung bei Krawallschäden?

Ein Anspruch auf staatliche Entschädigung für Krawallschäden besteht im deutschen Recht grundsätzlich nicht automatisch. Das Opferentschädigungsgesetz (OEG) etwa greift nur bei personellen – nicht bei rein sachlichen – Schäden infolge vorsätzlicher Gewalttaten. Eine Ausnahme kann es in wenigen Bundesländern geben, in denen landesgesetzliche Entschädigungsfonds für Geschädigte politisch motivierter Straftaten existieren; diese sind aber eng begrenzt. Staatshaftungsansprüche gegen die öffentliche Hand, etwa wegen unterlassener Polizeipräsenz oder Fehlverhalten von Behörden, sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nahezu ausgeschlossen – nur bei grober Pflichtverletzung durch die Behörden im Polizeieinsatz wäre eine Haftung denkbar, allerdings ist die Beweisführung hierfür in der Praxis äußerst schwierig. Die Rechtsdurchsetzung ist daher im Regelfall auf zivilrechtliche Ansprüche gegenüber Tätern oder Versicherern beschränkt.

Welche Nachweise werden zur Schadenregulierung verlangt?

Zur rechtssicheren Schadenregulierung bei Krawallschäden ist die Mitwirkungspflicht des Anspruchstellers von zentraler Bedeutung. Versicherer und gegebenenfalls Behörden fordern umfassende Dokumentation: Fotobeweise des Schadens unmittelbar nach Feststellung, detaillierte Aufstellungen der betroffenen Gegenstände, Kostenvoranschläge für Reparaturen oder Wiederbeschaffung sowie Nachweise über Eigentum und den Wert der beschädigten Güter (z.B. Kaufbelege, Inventarlisten). Zusätzlich ist eine polizeiliche Anzeige des Vorfalls, inklusive Aktenzeichen und Ermittlungsstand, regelmäßig Pflichtbestandteil. Bei gewerblichen Schäden können auch Steuerunterlagen oder betriebswirtschaftliche Auswertungen zum Nachweis des Schadensumfangs und eventueller Betriebsunterbrechung erforderlich werden. Die Nichtbeibringung von Nachweisen kann zur Ablehnung von Leistungen oder zur Kürzung der Entschädigung führen.

Wie erfolgt die rechtliche Bewertung von „Krawall“ im Versicherungsfall?

Die juristische Qualifikation, ob ein Schaden als „Krawallschaden“ im Sinne der Versicherungsbedingungen gilt, erfolgt anhand einer wertenden Betrachtung der Ereignisse durch den Versicherer und gegebenenfalls durch ein Gericht. Ausschlaggebend ist die Definition in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die den Begriff des Krawalls (häufig als „Zusammenrottung“ oder „böswillige Beschädigung in Ausübung von Gewalt gegen Sachen“) meist konkretisieren. Die Beweislast, dass es sich um einen solchen Vorgang handelt, liegt grundsätzlich beim Versicherungsnehmer. Das Ereignis muss klar abgrenzbar von Einzelvandalismus oder Einzeldiebstahl sein und sich durch eine staatsgefährdende, tumultartige Menschenmenge oder organisiertes Vorgehen manifestieren. In Zweifelsfällen kommt es auf die Auslegung der Versicherungsbedingungen und die Umstände des Einzelfalls an; Klauseln, die den Versicherungsschutz zu umfassend beschränken, können zudem gesetzlich unwirksam sein.

Welche Rolle spielt grobe Fahrlässigkeit bei der Schadensregulierung?

Im Zusammenhang mit Krawallschäden kann auch die Frage relevant werden, ob der Geschädigte durch grobe Fahrlässigkeit zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Nach § 81 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) verliert der Versicherungsnehmer seinen Anspruch ganz oder teilweise, wenn er den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat. Im Kontext von Krawallen wird dies beispielsweise geprüft, wenn Geschäftsräume trotz angekündigter Demonstrationen mit Krawallpotenzial offen oder ungesichert gelassen wurden oder wertvolle Gegenstände nicht gesichert wurden. Versicherer prüfen solche Umstände genau, und die Leistung kann entsprechend anteilig gekürzt werden. Im Zweifel kommt es – wie stets im Privatrecht – auf die nachweisbaren Umstände und die Risikoverteilung zwischen Versichertem und Versicherer an.