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Krankmeldung


Begriff und rechtliche Grundlagen der Krankmeldung

Die Krankmeldung bezeichnet im deutschen Arbeitsrecht die Mitteilung eines Arbeitnehmers an den Arbeitgeber über eine bestehende Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit oder eines anderen gesundheitlichen Umstands. Sie ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme des sogenannten Entgeltfortzahlungsanspruchs und stellt ein zentrales Element im gegenseitigen Austauschverhältnis von Arbeitnehmer und Arbeitgeber dar. Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Krankmeldung sind überwiegend im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt.


Voraussetzungen und Ablauf der Krankmeldung

Meldepflicht des Arbeitnehmers

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. „Unverzüglich“ bedeutet ohne schuldhaftes Zögern, in der Regel spätestens zu Beginn der regulären Arbeitszeit.

Zeitpunkt der Krankmeldung

Die Krankmeldung muss grundsätzlich am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Erfolgt die Anzeige verspätet, kann dies eine Abmahnung oder im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung zur Folge haben.

Form der Krankmeldung

Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form der Krankmeldung vor. Sie kann mündlich, telefonisch, per E-Mail oder über andere Kommunikationswege erfolgen, sofern dem Arbeitgeber die Information zeitnah zugeht. In manchen Unternehmen bestehen betriebsinterne Regelungen, die eine bestimmte Form oder einen bestimmten Meldeweg vorschreiben können.


Nachweispflicht der Arbeitsunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung („gelber Schein“)

Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG ist der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, umgangssprachlich auch „gelber Schein“ genannt, zu erbringen. Diese Bescheinigung muss dem Arbeitgeber spätestens am vierten Kalendertag der Erkrankung vorliegen. Der Arbeitgeber ist jedoch berechtigt, diese bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit zu verlangen.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Seit 2023 soll die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) schrittweise abgelöst werden. Die eAU wird direkt von der Praxis an die Krankenkasse übermittelt, die dem Arbeitgeber die Daten elektronisch bereitstellt.


Rechtliche Folgen und Schutzwirkungen der Krankmeldung

Entgeltfortzahlungsanspruch

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist in § 3 EFZG geregelt. Er besteht bis zu einer Dauer von sechs Wochen pro Krankheit, sofern die Arbeitsunfähigkeit vom Arbeitnehmer nicht verschuldet wurde und ein gültiges Arbeitsverhältnis besteht. Die ordnungsgemäße Krankmeldung ist hierbei elementare Anspruchsvoraussetzung.

Ansprüche bei verspäteter oder unterlassener Krankmeldung

Wird die Krankmeldung nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben, kann der Anspruch auf Lohnfortzahlung ruhen, solange der Nachweis nicht vorliegt (§ 7 EFZG). Zudem kann das Verhalten arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (Abmahnung, Kündigung).


Verhältnis zur Krankenkasse und Datenschutz

Informationspflichten gegenüber der Krankenkasse

Bei gesetzlich Versicherten erfolgt seit 2021 die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten von der Arztpraxis direkt an die Krankenkasse. Der Arbeitnehmer ist weiterhin verpflichtet, den Arbeitgeber ordnungsgemäß und rechtzeitig zu informieren (§ 5 Abs. 1a EFZG).

Datenschutzrechtliche Aspekte

Die im Rahmen der Krankmeldung erhobenen und weitergegebenen Daten unterliegen den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Es dürfen ausschließlich die für die Bearbeitung der Arbeitsunfähigkeit erforderlichen Informationen erhoben und verarbeitet werden. Details zur Diagnose oder zur Art der Erkrankung sind dem Arbeitgeber grundsätzlich nicht mitzuteilen, ausgenommen gesetzliche Sondertatbestände (z. B. im Bereich Infektionsschutz).


Sonderregelungen und Ausnahmen

Besonderheiten bei wiederholter Arbeitsunfähigkeit

Tritt während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auf, kann sich der Zeitraum der Entgeltfortzahlung verlängern (§ 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG), wenn dies ärztlich nachgewiesen ist.

Besonderheiten im Rahmen von Nebentätigkeiten und Urlaub

Auch Beschäftigte mit Nebentätigkeiten und während des genehmigten Urlaubs sind verpflichtet, eine Krankmeldung vorzunehmen, sobald sie aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig werden.


Regelungen im Rahmen spezieller Arbeitsverhältnisse

Geringfügig Beschäftigte und Auszubildende

Auch für geringfügig Beschäftigte sowie Auszubildende gelten die Regelungen des EFZG zur Krankmeldung entsprechend.

Beamte und Beschäftigte im öffentlichen Dienst

Für Beamte gelten gesonderte Regelungen, insbesondere auf Basis der Beamtengesetze des Bundes und der Länder sowie ergänzender Verordnungen (z. B. die Arbeitsunfähigkeitsverordnung).


Krankmeldung und Arbeitsrecht: Übersicht über Rechte und Pflichten

Das deutsche Arbeitsrecht stellt an die Krankmeldung klare Anforderungen, die dem Ziel des Schutzes sowohl des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers dienen. Die schnelle und ordnungsgemäße Krankmeldung ist unerlässlich, um die Ansprüche auf Entgeltfortzahlung und die bestehenden arbeitsrechtlichen Schutzrechte zu gewährleisten. Verstöße können zu Nachteilen bei der Lohnfortzahlung und zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen führen. Hinsichtlich Datenschutz und Übermittlungspflichten sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen zu besonderem Schutz der Gesundheitsdaten verpflichtet.


Weblinks und weiterführende Informationen


Hinweis: Diese Zusammenfassung bietet einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Aspekte der Krankmeldung im deutschen Arbeitsrecht, stellt jedoch keine rechtliche Beratung dar. Für spezielle Fragen empfiehlt es sich, die aktuelle Gesetzeslage sowie die arbeitsvertraglichen, betrieblichen oder tariflichen Regelungen zu prüfen.

Häufig gestellte Fragen

Wann muss eine Krankmeldung dem Arbeitgeber vorgelegt werden?

Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (auch „gelber Schein“ genannt) ist spätestens am vierten Kalendertag der Erkrankung erforderlich; der Arbeitgeber kann jedoch bereits vorher die Vorlage verlangen, was rechtlich ausdrücklich zulässig ist. Wird diese Anzeigepflicht verletzt, drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen wie eine Abmahnung oder im Wiederholungsfall sogar die Kündigung. Zu beachten ist, dass die Frist „spätestens ab dem dritten Krankheitstag“ nach Kalendertagen zählt, nicht nach Arbeitstagen. Fällt also etwa ein Wochenende oder ein Feiertag in diesen Zeitraum, bleibt die Anzeigepflicht hiervon unberührt.

Welche Angaben muss eine Krankmeldung enthalten?

Die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss enthalten: Name des Arbeitnehmers, Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit sowie das Ausstellungsdatum der Bescheinigung (§ 5 Abs. 1a EFZG). Es wird ausdrücklich kein Grund für die Erkrankung (Diagnose) angegeben; dies dient dem Schutz der Privatsphäre des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber hat keinen Anspruch darauf, die Krankheitsart oder -ursache zu erfahren. Lediglich die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit und deren zeitlicher Umfang sind relevant für die Entgeltfortzahlungspflicht.

Kann der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzweifeln?

Ja, der Arbeitgeber kann die vorgelegte Bescheinigung anzweifeln, wenn begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen. Solche Zweifel könnten sich ergeben, wenn der Arbeitnehmer die Krankmeldung regelmäßig in zeitlichem Zusammenhang mit Wochenenden, Feiertagen oder nach einer Urlaub-Ablehnung einreicht. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht berechtigt, eigenmächtig zu entscheiden, ob die Krankheit tatsächlich vorliegt. Bei begründeten Zweifeln kann er die Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) veranlassen (§ 275 SGB V). Der MDK prüft dann, ob die Arbeitsunfähigkeit ärztlich nachvollziehbar ist. Die Entscheidung des MDK ist für den Arbeitgeber bindend.

Muss die Krankmeldung im Original vorgelegt werden?

Seit dem 01.01.2023 gilt das elektronische Meldeverfahren zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Ärzte melden die Arbeitsunfähigkeitsdaten digital an die Krankenkassen. Arbeitgeber sind verpflichtet, die Daten ihrer gesetzlich versicherten Arbeitnehmer direkt elektronisch bei der Krankenkasse abzurufen. Arbeitnehmer müssen aber weiterhin unverzüglich ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber mitteilen – idealerweise am ersten Tag telefonisch oder per E-Mail. Privatversicherte Arbeitnehmer müssen dem Arbeitgeber weiterhin die Papierbescheinigung im Original vorlegen, da das elektronische Meldeverfahren nicht gilt. Auch für gesetzlich Versicherte bleibt nach wie vor die Bescheinigung für die eigenen Unterlagen bestehen.

Können Arbeitnehmer während ihrer Krankmeldung gekündigt werden?

Eine Kündigung während der Krankheit ist rechtlich zulässig. Weder das Entgeltfortzahlungsgesetz noch das Kündigungsschutzgesetz sehen einen besonderen Schutz vor Kündigung während einer Erkrankung vor. Allerdings kann eine Kündigung bei langer oder häufiger Arbeitsunfähigkeit zum Beispiel als personenbedingte Kündigung begründet werden. Voraussetzung ist, dass die krankheitsbedingte Abwesenheit zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen führt und keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht. Die weiteren Voraussetzungen – insbesondere bei Vorliegen eines allgemeinen oder besonderen Kündigungsschutzes – müssen beachtet werden. Eine Kündigung allein wegen Anzeige der Erkrankung oder wegen der Inanspruchnahme der Arbeitsunfähigkeit ist jedoch unzulässig und kann eine unzulässige Benachteiligung darstellen.

Muss der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung bei verspäteter Krankmeldung leisten?

Wird die Krankmeldung nicht fristgerecht vorgelegt, entfällt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung grundsätzlich so lange, bis die ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgereicht wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG). Der Arbeitgeber ist ohne Vorlage der Krankmeldung grundsätzlich nicht verpflichtet zu zahlen. Sobald die Bescheinigung eingereicht wurde, besteht die Nachweispflicht rückwirkend, und eine Lohnnachzahlung ist möglich. In Ausnahmefällen – beispielsweise bei unverschuldeter verspäteter Vorlage – kann der Anspruch aber bestehen bleiben. Beispielsweise, wenn der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass die Verzögerung nicht in seinem Verantwortungsbereich lag.

Gibt es eine Mitteilungspflicht auch gegenüber der Krankenkasse?

Die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse erfolgt für gesetzlich Versicherte grundsätzlich elektronisch durch den behandelnden Arzt. Dennoch kann die Krankenkasse zusätzliche Informationen wie den Arbeitgeber oder Details zum Beschäftigungsverhältnis benötigen. Privat Versicherte müssen weiterhin eigenständig eine Meldung an ihre Versicherung vornehmen. Unterlassene Mitteilungen können zu Nachteilen beim Krankengeldbezug führen. Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht gegenüber der Krankenkasse kann, insbesondere bei wiederholten Versäumnissen, zu Verzögerungen oder gar zur Ablehnung der Leistung führen.