Begriff und Abgrenzung der Krankmeldung
Als Krankmeldung wird die Mitteilung einer arbeitsunfähigen Person an den Arbeitgeber verstanden, dass eine Krankheit vorliegt und die vertraglich geschuldete Arbeit vorübergehend nicht erbracht werden kann. Sie umfasst die Pflicht, die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen und deren voraussichtliche Dauer mitzuteilen. Die Krankmeldung ist vom ärztlichen Nachweis der Arbeitsunfähigkeit zu unterscheiden.
Krankmeldung versus Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Die Krankmeldung ist die zeitnahe Information an den Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (ärztlicher Nachweis) dient als Beleg, dass eine Erkrankung die Arbeitsleistung tatsächlich unmöglich macht und wie lange dies voraussichtlich andauert. Die Diagnose bleibt hierbei grundsätzlich vertraulich und wird nicht mitgeteilt.
Zweck der Krankmeldung
Die Krankmeldung dient der Absicherung beider Vertragsparteien. Arbeitgeber können die Personalplanung anpassen und Lohnfortzahlung rechtlich einordnen. Arbeitnehmende schützen mit der ordnungsgemäßen Anzeige ihre Ansprüche aus dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, insbesondere auf Entgeltfortzahlung und gegebenenfalls Krankengeld.
Rechtliche Pflichten: Anzeige- und Nachweispflicht
Anzeigepflicht
Die Arbeitsunfähigkeit ist dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. Dabei ist die voraussichtliche Dauer anzugeben. Zulässige Kommunikationswege ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag, betrieblichen Regelungen oder der üblichen Praxis, etwa Telefon, E-Mail oder ein vorgesehenes Meldeportal. Die Anzeigepflicht gilt unabhängig davon, ob eine ärztliche Bescheinigung bereits vorliegt.
Nachweispflicht
Eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit muss ab einer bestimmten Dauer vorgelegt werden. Arbeitgeber können vertraglich, durch betriebliche Regelungen oder im Einzelfall verlangen, dass der Nachweis früher erfolgt. Die maßgeblichen Fristen beziehen sich auf Kalendertage. Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit wird regelmäßig eine Folgebescheinigung erforderlich.
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsdaten (eAU)
In der gesetzlichen Krankenversicherung werden die für Arbeitgeber bestimmten Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch bereitgestellt. Behandelnde Praxen übermitteln diese an die Krankenkassen; Arbeitgeber rufen die Daten ab. Die Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung bleibt hiervon unberührt. Bei Konstellationen außerhalb der elektronischen Übermittlung, etwa bestimmter privater Versicherungsverhältnisse, erfolgt der Nachweis weiterhin in Papierform.
Inhalt und Umfang der Bescheinigung
Der ärztliche Nachweis bestätigt Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit und ob es sich gegebenenfalls um eine Folgebescheinigung handelt. Diagnosen werden dem Arbeitgeber grundsätzlich nicht mitgeteilt. Für die Lohnfortzahlung genügt die Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit; ergänzende Gesundheitsdaten sind nicht erforderlich.
Rechtsfolgen und Pflichten während der Arbeitsunfähigkeit
Entgeltfortzahlung
Bei unverschuldeter krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit besteht für einen begrenzten Zeitraum Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung. Der Anspruch gilt pro Erkrankungsfall. Bei erneutem Auftreten derselben Erkrankung gelten besondere Regeln zur Anrechnung und zum Neubeginn des Anspruchszeitraums; maßgeblich sind insbesondere Unterbrechungen und zeitliche Grenzen zwischen den Erkrankungsphasen.
Krankengeld
Endet die Entgeltfortzahlung, kann in der gesetzlichen Krankenversicherung Krankengeld beansprucht werden, sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Für privat Versicherte können abweichende Modelle wie Krankentagegeld gelten. Die Leistungsdauer und -höhe richten sich nach den jeweiligen Versicherungsordnungen.
Nebenpflichten während der Krankmeldung
Während der Arbeitsunfähigkeit bestehen arbeitsvertragliche Nebenpflichten fort. Hierzu gehört insbesondere ein genesungsförderliches Verhalten. Tätigkeiten, die die Genesung gefährden oder Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründen können, sind rechtlich relevant. Eine Erreichbarkeit für Rückfragen zum Arbeitsverhältnis kann in angemessenem Umfang bestehen. Ortsveränderungen sind rechtlich zu beurteilen, wenn sie die Genesung beeinträchtigen oder die Kommunikation mit Arbeitgeber oder Krankenkasse verhindern könnten.
Datenschutz und Persönlichkeitsrechte
Gesundheitsdaten unterliegen besonderem Schutz. Arbeitgeber dürfen nur solche Informationen verarbeiten, die für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich sind. Dazu gehören die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und deren Dauer. Die Diagnose bleibt grundsätzlich privat. Betriebsärztliche Einschätzungen betreffen in der Regel die Einsatzfähigkeit, nicht die Offenlegung medizinischer Details.
Besondere Konstellationen
Probezeit, Befristung, Teilzeit und Minijob
Die Anzeigepflichten und der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit gelten unabhängig von der Vertragsart. Entgeltfortzahlung und daran anknüpfende Leistungen richten sich nach den allgemeinen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Auch geringfügig Beschäftigte können hiervon umfasst sein, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.
Homeoffice und mobile Arbeit
Arbeitsunfähigkeit bezieht sich auf die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit. Sie besteht auch dann, wenn die Arbeit grundsätzlich ortsunabhängig erbracht werden könnte. Teilweise Arbeitsfähigkeit und alternative Einsatzmöglichkeiten sind rechtlich gesondert zu betrachten und bedürfen einer abgestimmten Einordnung im Einzelfall.
Wiederholte oder langandauernde Erkrankungen
Bei länger anhaltenden oder wiederkehrenden Erkrankungen sind für die Entgeltfortzahlung die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Episoden, Unterbrechungen und die zeitlichen Grenzen maßgeblich. Nach Ausschöpfen der Entgeltfortzahlung kommt Krankengeld in Betracht. Für den Bestand des Arbeitsverhältnisses können bei langdauernder Arbeitsunfähigkeit besondere Schutzmechanismen und Prüfungsmaßstäbe relevant sein.
Erkrankung von Kindern und Pflegeverantwortung
Für die Betreuung erkrankter Kinder bestehen gesetzlich verankerte Freistellungs- und Leistungsansprüche, die von der Versicherungssituation und dem Alter des Kindes abhängen. Diese Ansprüche sind von der eigenen Krankmeldung zu unterscheiden und folgen eigenen Regeln zum Nachweis und zur Dauer.
Erkrankung im Ausland
Erkrankungen während eines Auslandsaufenthalts sind unverzüglich mitzuteilen und nachzuweisen. Die Anerkennung ausländischer Bescheinigungen und die Beteiligung der Krankenkasse folgen besonderen formalen Anforderungen. Eine zeitnahe Information erleichtert die Klärung der Entgeltfortzahlung und gegebenenfalls des Krankengeldes.
Betriebliche und kollektive Regelungen
Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag
Vertragliche oder kollektive Regelungen können die Form der Krankmeldung, die Frist zur Vorlage des ärztlichen Nachweises und die Kommunikationswege konkretisieren. Häufig ist festgelegt, dass der Nachweis bereits am ersten Krankheitstag vorgelegt werden soll oder dass bestimmte Meldekanäle zu nutzen sind.
Krankmeldung bei Schichtarbeit
In schichtbasierten Betrieben spielt die rechtzeitige Anzeige für die Einsatzplanung eine besondere Rolle. Betriebliche Vorgaben zur Erreichbarkeit und zur Meldung vor Schichtbeginn sind üblich, sofern sie angemessen sind und die gesetzlichen Mindeststandards wahren.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Krankmeldung
Kündigung während Krankheit
Eine Erkrankung schützt nicht pauschal vor Kündigung. Die Zulässigkeit richtet sich nach allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzvorgaben. Erkrankungsbedingte Kündigungen unterliegen strengen Anforderungen. Unabhängig davon bleiben Anzeige- und Nachweispflichten bestehen.
Urlaub und Krankheit
Erkrankt eine Person während des Urlaubs, werden entsprechende Tage bei ordnungsgemäßem Nachweis nicht auf den Urlaub angerechnet. Bei längerer Arbeitsunfähigkeit kann der Urlaubsanspruch unter bestimmten Voraussetzungen in spätere Zeiträume übertragen werden. Für Verfall und Übertragung gelten besondere Fristen.
Arbeitszeugnis und Fehlzeiten
Krankheitszeiten werden im Zeugnis grundsätzlich nicht erwähnt. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn dies zur zutreffenden Darstellung des Werdegangs erforderlich und zulässig ist, etwa bei sehr kurzer Beschäftigungsdauer mit ausschließlich krankheitsbedingter Abwesenheit, ohne dabei Gesundheitsdaten preiszugeben.
Sanktionen bei Pflichtverstößen
Arbeitsrechtliche Konsequenzen
Bei verspäteter oder unterlassener Meldung sowie fehlendem Nachweis kommen arbeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht. Hierzu zählen Abmahnung, Zurückbehaltung der Vergütung für nicht nachgewiesene Zeiten und in gravierenden Fällen eine Kündigung. Das Vortäuschen einer Erkrankung kann arbeits- und strafrechtliche Folgen haben.
Prüfungen und Beweisfragen
Arbeitgeber können bei begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit die Einschaltung gutachterlicher Stellen veranlassen. Die ärztliche Bescheinigung hat einen hohen Beweiswert; dessen Erschütterung setzt substanzielle Einwände voraus. Die Mitwirkung an zumutbaren Prüfprozessen ist Teil der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten.
Häufig gestellte Fragen
Ab wann muss eine Krankmeldung erfolgen?
Die Rechtslage sieht vor, dass die Arbeitsunfähigkeit und ihre voraussichtliche Dauer unverzüglich mitgeteilt werden. Maßgeblich ist eine zeitnahe Information, damit Arbeitgeber Dispositionen treffen und Ansprüche rechtlich eingeordnet werden können.
Wann ist eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erforderlich?
Eine Bescheinigung ist ab einer bestimmten Dauer der Erkrankung vorzulegen. Arbeitgeber dürfen durch vertragliche oder betriebliche Regelungen eine frühere Vorlage verlangen. Bei fortdauernder Erkrankung werden Folgebescheinigungen erwartet.
Darf der Arbeitgeber die Diagnose verlangen?
Die Diagnose unterliegt dem Schutz der Gesundheitsdaten und wird grundsätzlich nicht offengelegt. Erforderlich und ausreichend sind Angaben zur Arbeitsunfähigkeit und zu deren voraussichtlicher Dauer.
Kann während einer Krankmeldung gekündigt werden?
Eine Kündigung ist nicht allein wegen der Krankmeldung ausgeschlossen. Ihre Wirksamkeit richtet sich nach allgemeinen und besonderen Schutzvorschriften. Erkrankungsbedingte Kündigungen unterliegen erhöhten Anforderungen an Begründung und Verhältnismäßigkeit.
Wie werden wiederholte Erkrankungen mit derselben Ursache bei der Entgeltfortzahlung behandelt?
Bei erneuter Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Ursache wird die bereits gewährte Entgeltfortzahlung angerechnet. Ein erneuter Anspruch entsteht unter bestimmten zeitlichen Voraussetzungen, insbesondere bei ausreichender Unterbrechung oder nach Ablauf bestimmter Fristen.
Wie funktioniert die elektronische Arbeitsunfähigkeitsmeldung (eAU)?
Behandelnde Praxen übermitteln die relevanten Daten an die Krankenkassen, von denen Arbeitgeber die Informationen abrufen. Die Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung gegenüber dem Arbeitgeber bleibt bestehen. In Konstellationen ohne elektronische Übermittlung erfolgt der Nachweis in Papierform.
Darf man trotz Krankmeldung verreisen?
Eine Reise ist rechtlich danach zu beurteilen, ob sie die Genesung beeinträchtigt oder die Erfüllung von Mitwirkungspflichten verhindert. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere Erreichbarkeit und die medizinische Situation.